Ottonische Renaissance

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Majestas Domini des Gero-Kodex, Reichenauer Buchmalerei, um 970
Majestas Domini des Petershausener Sakramentars, Reichenau, um 970
Das Wiederaufgreifen karolingischer Motive durch die ottonische Buchmalerei, hier dargestellt durch die Gegenüberstellung von karolingischem Vorbild und ottonischen Bildzitaten, wird als eine zentrale Idee der Ottonischen Renaissance verstanden.

Als Ottonische Renaissance wird teilweise die Anknüpfung an die byzantinische und spätantike Kunst während der politisch maßgeblich von den Ottonen beeinflussten 10. und 11. Jahrhunderte bezeichnet. Die Ottonische Renaissance spiegelt sich besonders in der Architektur und der Goldschmiedekunst durch Verwendung von Spolien und in der Buchmalerei wider. Besonders begünstigt wurde der Einfluss der byzantinischen Kultur durch die Heirat Ottos II. mit der byzantinischen Prinzessin Theophanu.

Das Konzept der Ottonischen Renaissance ist in der kunsthistorischen Forschung umstritten: Problematisch ist sowohl die Verknüpfung mit dem Geschlecht der Ottonen als auch der Begriff der Renaissance. Die Ottonen hatten zwar als Auftraggeber bedeutender Kunstwerke Einfluss auf die Moden ihrer Zeit, waren aber nur ein Geschlecht unter vielen, das Bauwerke oder Kunstwerke in Auftrag gab.[1]

Der Begriff der Renaissance ist, wie auch bei der Karolingischen Renaissance, umstritten, weil er das Gewicht zu stark auf das Wiederaufleben der Antike und die Säkularisierung des Denkens legt. Den Auftraggebern von Kunstwerken des 10. und 11. Jahrhunderts ging es beispielsweise bei der Verwendung von Spolien nicht darum, die Antike wieder aufleben zu lassen, sondern darum, durch die Spolie dem neuen Objekt in seiner Zeit eine höheren Bedeutungswert zu geben. Wichtig war lediglich das Alter, nicht eine Begeisterung für die Antike als Epoche oder den ursprünglichen Bedeutungsinhalt der Spolie. Beim Essener Kreuz mit den großen Senkschmelzen dient eine Spolie, eine antike Gemme einer die Medusa darstellenden Theatermaske, sogar als ikonographisches Symbol für das durch Christus überwundene Übel. Auch Hrotswit von Gandersheim schrieb ihre Dramen nicht, um die antike Dramentradition wieder aufleben zu lassen, sondern um die als anstößig empfundenen antiken Dramen als Lektüre durch zeitgemäßen christlichen Inhalt zu ersetzen.

Literatur

  • Oskar Rückert: Ottonische Renaissance. Ausgewählte Stücke aus Widukind von Corvey, Ruotger, Liudprand von Cremona, Hrotsvit von Gandersheim, Ekkehard IV. von St. Gallen. Teubner, Leipzig 1926.
  • Hans Naumann: Karolingische und ottonische Renaissance. Englert und Schlosser, Frankfurt a. M. 1926. (Vortrag in der Festsitzung der Vereinigung der Freunde und Förderer der Universität Frankfurt am Main im Dezember 1926)
  • Klaus Gereon Beuckers, Johannes Cramer, Michael Imhof: Die Ottonen. Kunst – Architektur – Geschichte. 2. Auflage, Petersberg 2006, ISBN 3-932526-91-0.

Anmerkungen

  1. Ein für die Problematik exemplarischer Fall: Meinwerk, der Auftraggeber der Bartholomäuskapelle in Paderborn, die als erste Hallenkirche Deutschlands häufig als Beispiel der Ottonischen Renaissance bezeichnet wird, war mit den Ottonen nur sehr entfernt verwandt. Das um 1017 entstandene Bauwerk, an dem nach einer Quelle „griechische Baumeister“ beteiligt waren, weist zudem keine feststellbaren byzantinischen Einflüsse auf.