Patentklassifikation
Patentklassifikationen dienen der Ordnung von Patentdokumenten anhand der in ihnen beschriebenen technischen Sachverhalte. Sie ermöglichen eine Recherche von Patentdokumenten, die von der in ihnen benutzten Sprache und Terminologie unabhängig ist.
Allgemeines
Die im Patentbereich genutzten Klassifikationen besitzen eine monohierarchische Struktur (Baumstruktur). Die Anordnung der Unterteilungen (Sektionen, Klassen, Gruppen) einer Klassifikation wird als Klassifikationsverzeichnis bezeichnet. Die Kennzeichnung der Unterteilungen erfolgt durch Klassifikationssymbole und die Inhalte (Abdeckung) der Unterteilungen wird durch deren Titel festgelegt. Änderungen der Klassifikationsverzeichnisse werden als Revisionen bezeichnet.
Einordnung der Patentdokumente in die Klassifikationssysteme
Die Einordnung eines Patentdokuments in eine Patentklassifikation erfolgt durch Zuordnung des (der) zutreffenden Klassifikationssymbols (Klassifikationssymbole). Diese Arbeit wird normalerweise von den Prüfern der zuständigen Patentämter durchgeführt. Hierbei können Technik-übergreifenden Patentdokumenten auch mehrere Klassifikationssymbole aus unterschiedlichen Bereichen einer Klassifikation zugeordnet werden. Werden die einem Patentdokument zugeordneten Klassifikationssymbole geändert, so spricht man von einer Reklassifizierung des Patentdokuments. Reklassifikation ist häufig eine Folge einer Revision.
Nutzung für die Patentrecherche
Patentklassifikationen ermöglichen in Kombination mit entsprechenden Patent-Datenbanken (oder -Sammlungen) die sprachunabhängige Recherche von Patentdokumenten. Die Recherche erfolgt ausgehend von den Klassifikationssymbolen wobei als Treffer alle Patentdokumente ausgegeben werden, denen das eingegebene Klassifikationssymbol zugeordnet wurde. Diese Art der Patentrecherche bietet neben der Text-Recherche eine wichtige Möglichkeit zur Ermittlung des Stands der Technik. Auch die kombinierte Klassifikations-Text-Recherche wird häufig genutzt.
Kurzbeschreibung einzelner Patentklassifikationen
- IPC (Internationale Patentklassifikation)
Mit Hilfe der IPC werden Patentdokumente seit 1975 weltweit einheitlich klassifiziert. Dies schafft eine Gemeinsamkeit, die eine schnelle und Länder-übergreifende Recherche von Patentdokumenten ermöglicht. Die IPC bildet zudem die Basis für feiner unterteilte Patentklassifikationen (ECLA, DEKLA, FI). Auch Ämter, die intern ein eigenes Klassifikationssystem nutzen (z. B.: EPA, USPTO, JPO), zeichnen ihre Patentdokumente nach der IPC aus. Die Auszeichnung geschieht in diesen Fällen zum Teil mittels Konkordanzlisten, was bei starken Unterschieden zwischen den Klassifikationssystemen häufig zu falsch vergebenen IPC-Symbolen führt. Dies ist vor allem bei der Umwandlung der USPC-Daten der US-Dokumente in die entsprechenden IPC-Daten der Fall.
- ECLA (Europäische Patentklassifikation)
Die ECLA ist die interne Klassifikation des Europäischen Patentamts (EPA). Die ECLA ist eine Erweiterung der IPC und besitzt etwa doppelt so viele Unterteilungen wie diese. Nach der ECLA wird hauptsächlich die PCT-Minimum Dokumentation klassifiziert. Ab dem 1. Januar 2013 wird die ECLA im Europäischen Patentamt durch die Cooperative Patent Classification (CPC) abgelöst.
- CPC (Cooperative Patent Classification)
Die Cooperative Patent Classification ist eine gemeinsame Klassifikation des Europäischen Patentamts (EPA) und des US Patent- und Markenamts (USPTO). Beim EPA löst diese Klassifikation die bis dahin gültige ECLA zum 1. Januar 2013 ab. Ab Januar 2015 wurde beim USPTO ebenfalls die CPC Klassifikation eingeführt, welche die zuvor benutzte USPC Klassifikation ablöste (ausgenommen Patente für Saat- und Pflanzgut, Designpatente)[1].
- DEKLA (Deutsche Klassifikation)
Die DEKLA bildet zusammen mit der IPC die interne Klassifikation des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA). Die DEKLA ist eine Erweiterung der IPC und besitzt ca. 40.000 Unterteilungen. Die IPC und die DEKLA besitzen zusammen ca. 110.000 Unterteilungen. Die DEKLA / IPC dient den Prüfern des DPMA zur Pflege ihres Prüfstoffs (Patentdokumente, die für die Patentprüfung benötigt werden). Auf den deutschen Patentdokumenten wird ausschließlich die IPC abgebildet, die unabhängig von der DEKLA / IPC vergeben wird.
- FI (file index)
FI ist die interne Klassifikation des Japanischen Patentamts (JPO, Japan Patent Office). FI ist wie die ECLA und die DEKLA eine Erweiterung der IPC und wird ausschließlich für die Klassifizierung japanischer Patentdokumente genutzt. Nicht alle IPC-Revisionen sind in das FI-System übertragen worden, so dass diese in einigen Bereichen noch auf alten Ausgaben der IPC beruht. Dies sollte bei der Suche nach und der Recherche mit FI-Symbolen berücksichtigt werden.
- F-term
Das F-term-System ist ein weiteres Klassifikationssystem, dass für die Klassifizierung japanischer Patentdokumente genutzt wird. Das F-term System wurde in Anlehnung an die IPC bzw. FI entwickelt (d.h. technische Bereich von IPC bzw. FI wurden parallel im F-term-System umgesetzt), besitzt aber einen völlig anderen Aufbau. Hier werden Patentdokumente teilweise nach anderen Gesichtspunkten als in der IPC / FI klassifiziert. Zudem werden die Dokumente in einem bestimmten technischen Bereich nach mehreren Gesichtspunkten klassifiziert (Multiaspekt-Klassifikation), was sehr spezifische Suchanfragen ermöglicht.
- USPC (US classification system)
Die USPC ist die interne Klassifikation des US Patent- und Markenamts (USPTO, United States Patent and Trademark Office) und wird ausschließlich für die Klassifikation von US-Patentdokumenten genutzt. Die USPC besitzt einen anderen Aufbau als die IPC, was bei der automatischen Erzeugung der, auf den US-Patentdokumenten abgebildeten, IPC-Symbolen zu Fehlern führt (siehe oben). Bei der Recherche nach US-Patentdokumenten ist daher die Nutzung der USPC vorteilhafter.
Zum Jahresbeginn 2015 wurde die bis dato benutzte USPC Klassifikation durch die CPC Klassifikation ersetzt. Neu angemeldete Patente werden somit ab Januar nur noch mittels der CPC klassifiziert. Eine Ausnahme stellen dabei Patente für Saat- und Pflanzengut als auch Designpatente dar, diese werden weiterhin nach USPC klassifiziert[2].
- DWPI Classification (Derwent World Patents Index Classification)
DWPI Classification ist ein einfaches Klassifikationssystem, mit dem Patentdokumente aus den Bereichen Chemie, Ingenieurwesen und Elektronik kategorisiert werden. Diese Arbeit wird von Mitarbeitern des Unternehmens Thomson Reuters durchgeführt.
Übersicht der einzelnen Patentklassifikationen
Patentklassifikation | IPC | ECLA | CPC | DEKLA | FI | F-term | USPC | DWPI Classification |
Erstellung der Klassifikation | international, verwaltet durch die WIPO | EPA | EPA, USPTO | DPMA | JPO | JPO | USPTO | Thomson Reuters |
Abdeckung der technischen Gebiete | gesamt | gesamt | gesamt | gesamt | gesamt | ca. 70 % der IPC | gesamt | Chemie, Ingenieurwesen, Elektronik |
Abdeckung der Länder | > 100 | PCT-Minimum Dokumentation | unbekannt | AT, CH, DE, EP, FR, GB, JP, US, WO | JP | JP | US | 41 |
Zeitliche Abdeckung | bibl.: ab ca. 1975, rekl.: hauptsächlich ab 1920;2 | unbekannt | ab 1912/ 1914 | ab 1912/ 1914 | ab 1940 | ab 1974 | ||
IPC oder Erweiterung der IPC | ja | ja | ja | ja | ja | nein | nein | nein |
Anzahl der Unterteilungen (ca.) | 70.000 | 160.000 | 250.000 | 110.000 | 190.000 | 340.000 | 130.000 | 291 |
Revisionszyclen | Die Basisversion alle 3 Jahre, die Vollversion alle 3 Monate | monatlich | unbekannt | DEKLA Untergruppen: täglich möglich, IPC-Bestandteile: wie die IPC | 2 Jahre | 1 Jahr | 2 Monate | |
Reklassifizierung | bibl.: nein, rekl.: ja2 | ja | unbekannt | ja;3 | ja | ja | ab 1940 | |
Recherche in nicht- kommerziellen Datenbanken;4 | DEPATISnet, esp@cenet | esp@cenet | esp@cenet | DEPATISnet | IPDL | IPDL | USPTO Patent/Patent Application Full-text and Image Database | nein |
2bibl. = bibliographische IPC, rekl. = reklassifizierte IPC.
3Reklassifizierung nach IPC-Revisionen erfolgt nur teilweise.
4Bei Datenbank-Recherchen sollten Sie die zeitliche und Länder-Abdeckung der jeweiligen Datenbank beachten.
Weitere Schutzrechts-Klassifikationen
Für andere Schutzbereiche des Geistigen Eigentums gibt es andere Klassifikationen: die Internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen (Nizza-Klassifikation, siehe auch Markenklassifikation), die Internationale Klassifikation der Bildbestandteile von Marken (Wiener Klassifikation) und die Internationale Klassifikation für gewerbliche Muster und Modelle Locarno-Klassifikation.
Weblinks
Verzeichnisse der Patentklassifikationen
- IPC
- ECLA
- DEKLA / IPC (deutsch)
- FI / F-term
- USPC
- DWPI Classification System
Datenbanken
Datenbanken, die eine Patentrecherche ausgehend von Klassifikationssymbolen ermöglichen.
- espacenet (IPC-, ECLA-Recherche von Patentdokumenten)
- DEPATISnet (IPC-, DEKLA-Recherche von Patentdokumenten)
- IPDL (FI-, F-term-Recherche von JP-Patentdokumenten)
- USPTO Patent/Patent Application Full-text and Image Database (USPC-, IPC-Recherche von US-Patentdokumenten)
Quellen
- WIPO - World Intellectual Property Organization
- EPA - Europäisches Patentamt
- DPMA - Deutsches Patent- und Markenamt
- JPO - Japan Patent Office
- IPDL - Industrial Property Digital Library
- USPTO - United States Patent And Trademark Office
- Thomson Reuters, DWPI Classification System
- Allgemeine Informationen zu Schutzrechts-Klassifikation bei der WIPO
Einzelnachweise
- ↑ Making the Switch from USPC to CPC: What Attorneys and Searchers Need to Know - Technology & Patent Research. In: Technology & Patent Research. 12. Oktober 2015 (tprinternational.com [abgerufen am 6. Oktober 2016]).
- ↑ Making the Switch from USPC to CPC: What Attorneys and Searchers Need to Know - Technology & Patent Research. In: Technology & Patent Research. 12. Oktober 2015 (tprinternational.com [abgerufen am 6. Oktober 2016]).