Pejorativum

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Als Pejorativum (Pl.: Pejorativa) oder Pejorativ (Pl.: Pejorative) (zu lat. peior ‚schlechter‘) wird in der Sprachwissenschaft, namentlich in der Semantik, ein sprachlicher Ausdruck dann genannt, wenn er das mit ihm Bezeichnete „implizit abwertet“.[1] (Das zugehörige Adjektiv pejorativ bedeutet ‚abwertend‘.) Ein Pejorativum ist demnach keine grammatikalische Wortart, sondern deutet auf die Absicht des Sprechers hin, mit einem solchen Ausdruck etwas oder jemanden bewusst schlechter darzustellen. Hinsichtlich der Wortbildung sind Pejorativa oftmals durch bestimmte Vor- oder Nachsilben gekennzeichnet. Ausdrückliche Pejorativa sind Schimpfwörter; ähnlich einem Pejorativum ist ein Dysphemismus. Das Gegenteil eines Pejorativums ist die Affirmation.

Arten und Bildung von Pejorativa

Als Pejorativa können an sich wertneutrale oder gar positiv konnotierte Wörter fungieren. Solche Ausdrücke haben nur dann eine pejorative Funktion, wenn es vom Sprecher ausdrücklich so gewünscht wird und er bewusst die entsprechende Wortwahl trifft. So bekommt das neutrale Wort Schuppen für ein Gebäude eine abwertende Funktion, wenn etwa ein Tanzlokal damit bezeichnet wird. Das an sich positive Wort talentiert wird zu einem Pejorativ, wenn man eine tatsächlich hochbegabte Person herabmindernd als bloß „talentiert“ bezeichnen will.[2] Die Einstufung "vornehmes Restaurant" vermittelt Kultur und Atmosphäre, während die Benennung desselben Etablissements als "teurer Laden" aufgrund der Betonung des profan-kommerziellen Aspekts geringschätzig wirkt. Die Bezeichnung Naturvolk wird abwertend, wenn sie – wie in der frühen Völkerkunde geschehen – als gegensätzlicher Begriff (Dichotomie) zu Kulturvolk verwendet wird und somit impliziert, die einen haben Kultur und die anderen nicht.

Ein Teil der an sich wertneutralen Ausdrücke sind solche, die in bildhafter Weise die Merkmale oder das Verhalten eines Menschen ins Lächerliche oder Krankhafte, ins Fäkalische, Tierische oder in einen ähnlichen Bereich ziehen. Beispiele sind etwa Logorrhoe für ‚Redseligkeit‘, Schlafmütze für eine Person mit langsamem Verhalten, Schwein, Affe, Esel für tierische Vergleiche. Solche (nicht nur auf Menschen bezogene) Zuschreibungen können sich im Laufe der Zeit verselbständigen und entweder mit vorrangig abwertender Bedeutung oder gar als eindeutige Schimpfwörter sich im Wortschatz festigen (Lexikalisierung). Beispiele solcher Wörter, bei denen die pejorative Funktion im Vordergrund steht und die ursprüngliche, „eigentliche“ Bedeutung zurücksteht, sind etwa Bande, Köter oder plärren. Einen derartigen Prozess der Wortverschlechterung nennt man Pejoration.

Zu dieser Gruppe von Ausdrücken, die schon von vornherein als negativ empfunden und als abwertendes Vokabular gekennzeichnet sind, gehören besonders auch diejenigen Wörter, die mittels Wortbildungsprozessen aus wertneutralen oder positiv konnotierten Wörter neu entstanden sind. Dazu zählen

  • Ableitungen mittels sogenannter Pejorativsuffixe: Schönling (von schön), kindisch (von Kind), Gesinge und Gerede (von singen bzw. reden), Feigling (von feige), Protestler (aus Protest) usw.
  • Kompositum- oder Phrasenbildung: schönreden, Schönfärberei oder ... schön blöd!, aber auch Deonymisierungen, also Bildungen mit Personennamen wie -hans(el), -fritz oder -suse (Polithansel, Pressefritze, Heulsuse) etc.

Pejorativ, Dysphemismus und Schimpfwort

Die drei Begriffe Pejorativ, Dysphemismus und Schimpfwort werden oft synonym gebraucht, da sich ihre Bedeutungen teilweise überlagern. Während Pejorativ sich aber eher auf die Untersuchung des Wortes hinsichtlich seiner Semantik und Wortbildung bezieht, steht bei einem Dysphemismus der pragmatische Aspekt, also die Sichtweise in Bezug auf das sprachliche Handeln, mithin der Akt des Abwertens selbst im Vordergrund. Das Mengenverhältnis von Schimpfwörtern zu Pejorativen besteht darin, dass alle Schimpfwörter Pejorative sind, doch umgekehrt nicht alle Pejorative ein Schimpfwort darstellen.

Dysphemismen und Schimpfwörter unterscheiden sich etwa darin, dass Schimpfwörter sich in erster Linie auf Menschen beziehen, Dysphemismen aber auch Dinge, Ereignisse und Zustände betreffen. Zudem können – im Gegensatz zu eindeutigen Schimpfwörtern – andere pejorativ verwendete Ausdrücke gleichzeitig auch scherzhaften Charakter haben (s. etwa obiges Beispiel Schuppen), sodass damit ein Teil der mit dem Wort ausgedrückten Abwertung im selben Augenblick wieder zurückgenommen wird. Im Falle von Schimpfwörtern kann dies nur gelegentlich mit der Verwendung einer Verkleinerungsform (Diminutiv) bewerkstelligt werden (beispielsweise Schweinderl/Schweinchen statt Schwein).

Literatur

Weblinks

Wiktionary: pejorativ – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Helmut Rehbock: Pejorativ. In: Helmut Glück (Hrsg.): Metzler Lexikon Sprache. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Metzler, Stuttgart–Weimar 2000, ISBN 3-476-01519-X, S. 515.
  2. Diese und weitere Beispiele vorwiegend aus Rehbock 2000 und Bußmann 1990.