Kriegsschule (Potsdam)

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Reichskriegsschule
Kreml
Reichskriegsschule
Luftbild der gesamten Anlage (2008)
Basisdaten
Ort: Potsdam
Bauzeit: 1899–1902
Eröffnung: 2. August 1902
Sanierung: mehrfach
Status: Denkmalschutz
Baustil: Historismus
Architekt: Franz Schwechten
Architekten: Garnison-Bauinspektor
Martin Meyer (Bauleiter)
Nutzung/Rechtliches
Eigentümer: Land Brandenburg
Bauherr: Kaiser Wilhelm II.
Technische Daten
Höhe bis zur Spitze: 50 m
Nutzungsfläche: 5600 m²

Die Reichskriegsschule, zuerst Königlich-Preußische Kriegsschule, ist ein Gebäudekomplex, der von 1899 bis 1902 auf Weisung Kaiser Wilhelms II. auf dem Potsdamer Brauhausberg errichtet wurde. Das Gebäudeensemble wurde nach der Auflösung der Kriegsschule im Jahr 1914 ständig neu genutzt; von 1946 bis 1952 und von 1990 bis 2013 beherbergte es den Brandenburgischen Landtag. Von 2015 bis voraussichtlich 2017[veraltet] ist sie eine Flüchtlingsunterkunft.

Baugeschichte

Die neue Kriegsschule 1902

Das Gebäude entstand von 1899 bis 1902 nach Plänen von Franz Schwechten. Die architektonische Auslegung im Stil der englischen Cottage-Bauweise mit Fachwerk und weißgeputzten Feldern unter Verwendung von Renaissance-Motiven erfolgte nach den Vorgaben des Kaisers. Als Standort favorisierte Wilhelm II. unter Bezugnahme auf Schanzanlagen, die an dieser Stelle 1813 errichtet worden waren, den Brauhausberg. Dieser befand sich im Besitz der Forst-Verwaltung des Kreises Zauch-Belzig und wurde nun langfristig gepachtet.[1] Die Bauleitung wurde dem Garnison-Bauinspektor Martin Meyer[2] übertragen. Der Neubau sollte eine alte Einrichtung in der Potsdamer Waisenstraße (heute Dortustraße) ersetzen, die für die gestiegenen Ansprüche nach der Reichsgründung nicht mehr geeignet war.

Für den Haupteingang diente die Porta Palio in Verona als Vorbild. Zentraler Teil des Gebäudekomplexes war ein 1804 nach dem Wunsch von Friedrich Wilhelm III. für Königin Luise errichteter 64 Meter hoher Aussichtsturm, der in das Bauensemble integriert wurde.

Am 14. April 1945 wurde das Gebäude bei Bombardierungen der Royal Air Force teilweise zerstört; die hier gelagerten Akten wurden, trotz erster Auslagerungen bereits ab 1943, zum großen Teil vernichtet.

Erst Ende der 1940er Jahre ließ der nun zuständige neugegründete Rat der Stadt Potsdam die Gebäude notdürftig wieder instand setzen, weil sie als Schule genutzt werden sollten, was jedoch nicht erfolgte.

Zu den technischen Besonderheiten des Gebäudes gehört unter anderem die Niederdruckdampfheizung, die seit 1902 fast unverändert in Betrieb ist. Von derartigen Anlagen gibt es ansonsten weltweit nur noch einige in Frankreich.

Im Zuge des Umbaus des Gebäudekomplexes in ein Magazin wurde 1935 der Turm auf 50 Meter reduziert. Durch die SED-Bezirksleitung erfolgten weitere Anbauten, so dass ein fast geschlossener Hofkomplex entstanden ist.

Preußische Kriegsschule

Die Kriegsschule, zunächst in der Waisenstraße (heute Dortustraße) in Potsdam angesiedelt, erhielt auf Weisung Wilhelms II. einen Neubau auf dem Brauhausberg. Sie diente der Ausbildung von Offizieren der preußischen Armee im Deutschen Kaiserreich. Der erste Lehrgang begann einen Tag nach der Einweihung des Gebäudes mit Fähnrichen. Sie wurde mit Beginn des Ersten Weltkriegs aufgelöst.[3] Die straßenseitige Fassade des Gebäudes steht unter Denkmalschutz.[4]

Direktoren der Kriegsschule

1902–1906: Ernst von Arnim, Oberstleutnant
1906–1911: Guido Sontag, Oberst
1911–1913: August von Geyso, Oberstleutnant
1914–0000: Grube, Oberstleutnant

1919: Aus der Kriegsschule wird das Reichs- und Heeresarchiv

Turm des Reichs- und Heeresarchivs auf dem Potsdamer Brauhausberg, 1929
Das ganze Gebäude aus der Totalen, 1930

Während des Ersten Weltkriegs wurde die Reichskriegsschule als Bataillonssammelstelle genutzt. Durch den Versailler Vertrag wurden 1919 Kriegsschulen in Deutschland verboten. Deshalb wurde beschlossen, in dem Gebäude künftig die zivilen und militärischen Akten des Deutschen Reiches zu verwalten. Das Gebäude wurde nun zum Reichsarchiv umgerüstet, dessen Hauptaufgaben darin bestanden,

  1. das Schriftgut des Heeres und der Kriegsgesellschaften des Ersten Weltkrieges zu übernehmen und die archivreifen Akten der Reichsbehörden zu erfassen,
  2. für Verwaltungs- und Wissenschaftszwecke Auskünfte zu erteilen und
  3. eine eigene wissenschaftliche Erforschung der Geschichte des Deutschen Reiches insbesondere des Ersten Weltkrieges, durchzuführen.[5]

Wegen beengter Lagerungsmöglichkeiten wurden zunächst einige Außenstellen in der Stadt eingerichtet, auf dem Gelände stellte man Baracken auf, begann jedoch gleichzeitig einen festen Anbau, der 1935 bezogen wurde. Im gleichen Jahr wurden die zivilen Archivbestände ausgelagert, so dass die Gebäude nun das Heeresarchiv Potsdam bildeten. Ab 1936 wurde das Heeresarchiv zu einer selbstständigen Behörde unter Leitung von Friedrich von Rabenau; Ernst Zipfel blieb bis 1945 Leiter des Reichsarchivs, das seinen Dienstsitz in Potsdam behielt.

Präsidenten des Reichsarchivs

Einige Mitarbeiter

Verwendung von 1945 bis 1990

In der Nachkriegszeit gab es Auseinandersetzungen um die Instandsetzung und Verwendung der beschädigten Gebäude zwischen dem Rat der Stadt Potsdam und dem sowjetischen Militärkommandanten Oberst Andrej Werin. Bis zum Juni 1948 nutzte die sowjetische Militäradministratur das Gebäude, danach übergab man „das Haus des Deutschen Staatsarchivs in Potsdam, Am Havelblick Str. Objekt 2227 mit der gesamten Fußbodenfläche von 5600 m²“ an das Land Brandenburg. Die Abteilung Finanzen und Steuerwesen des Finanzministeriums zog zunächst hier ein. Da der Landesverband Brandenburg der SED den Gebäudekomplex für ihre eigene Verwaltung beanspruchte, wurde die ehemalige Reichskriegsschule 1949 Sitz der SED-Landesleitung Brandenburg und ging gleichzeitig in das Eigentum dieser Partei über. Bald darauf, am 1. August 1952 wurden die Länder aufgelöst und Bezirke der DDR gegründet. So wurde der Schulgebäudekomplex nun von der SED-Bezirksleitung Potsdam genutzt. Im Volksmund hieß das Parteihaus bald der „Kreml“, weil hier die Vorgaben der Sowjetunion auf DDR-Möglichkeiten umgesetzt wurden. Der Einzug der SED-Bezirksleitung führte zum Übergang bisher genutzter Immobilien (Hebbelstraße 49, Friedrich-Ebert-Straße 37 und 67) an die Stadt Potsdam.

Landtagssitz von 1990 bis 2013

Das Gebäude als Landtagssitz, 2008

Nachdem der 1990 gewählte Brandenburgische Landtag beschlossen hatte, seinen Sitz in die ehemalige Reichskriegsschule zu verlegen, wurde diese 1991 mit Millionenaufwand wieder hergerichtet und am 25. September des Jahres bezogen. Das Vermögen der früheren SED ging mit der Wiedervereinigung in den Besitz des Landes Brandenburg über und damit auch die Immobilie auf dem Brauhausberg. Das Gebäude selbst entsprach dabei auch mit den in der DDR-Zeit hinzugefügten Anbauten nie in vollem Umfang den Anforderungen eines Landesparlaments, es erforderte hohe Unterhaltungskosten und hatte auch eine eher ungünstige Lage. So wurde es schon als Provisorium bezogen, während 1995 erste konkrete Forderungen nach einem Ersatz aufkamen.[6][7] Am 22. November 2013 fand dann schließlich die letzte Landtagssitzung statt, nachdem zuvor das Stadtschloss am Potsdamer Alten Markt wieder aufgebaut worden war, wo der Landtag seit Januar 2014 seinen Sitz hat.[8]

Nutzung ab 2015

In den Folgejahren soll das Gelände zum Wohn- und Gewerbestandort entwickelt werden. Seit der Flüchtlingskrise von 2015 wird es aber zunächst als Flüchtlingsunterkunft genutzt.[9][veraltet]

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Von der Kriegsschule zum Parlament. S. 7
  2. Verzeichnis der im preußischen Staate und bei Behörden des deutschen Reiches angestellten Baubeamten: Bei der Intendantur der militärischen Institute (PDF; 1,3 MB): S. 199 Martin Meyer, abgerufen am 16. März 2012
  3. Geschichte der Brandenburger Landtage
  4. Stadt Potsdam (PDF) Denkmalliste des Landes Brandenburg
  5. Von der Kriegsschule zum Parlament. S. 8
  6. Chronologie: Der lange Weg zum Potsdamer Stadtschloss auf manager-magazin.de
  7. Andrea Beyerlein: Der schäbigste Landtag bundesweit. In: Berliner Zeitung, 7. November 2008
  8. Letzte Landtagssitzung am Brauhausberg rbb-online.de, 22. November 2013
  9. „Kreml“-Büros für Hunderte Flüchtlinge pnn.de, 17. Oktober 2015


Koordinaten: 52° 23′ 14,9″ N, 13° 3′ 47″ O