In der Funktionentheorie ist das Residuum einer komplexwertigen Funktion ein Hilfsmittel zur Berechnung von komplexen Kurvenintegralen mit Hilfe des Residuensatzes.
Sei ein Gebiet, isoliert in und holomorph. Dann existiert zu jedem Punkt eine punktierte Umgebung , die relativ kompakt in liegt, mit holomorph.
In diesem Fall besitzt auf eine Laurententwicklung .
Dann erhält man das Residuum von in als Koeffizienten der Laurent-Reihe
Wenn ein Pol erster Ordnung ist, dann ist
Wenn ein Pol n-ter Ordnung ist, dann ist
Aus dem Residuensatz folgt, dass man das Residuum als
berechnen kann.
Die obige Definition kann man auch auf die Riemannsche Zahlenkugel erweitern. Sei wieder eine diskrete Menge in und eine holomorphe Funktion.
Dann ist für alle mit das Residuum ebenfalls durch die obige Definition erklärt.
Für setzt man
Wenn
ist, dann kann man das Residuum im Unendlichen durch
berechnen. Wenn hingegen
ist, dann errechnet sich das Residuum in Unendlich zu
- Sei ein Gebiet und eine holomorphe Funktion in . Dann kann der Cauchysche Integralsatz angewendet werden, woraus folgt, dass das Residuum von in null ist.
- An der Integraldarstellung erkennt man, dass man auch vom Residuum der Differentialform sprechen kann.
- Es gilt der Residuensatz.
- Für rationale Funktionen gilt die sogenannte Geschlossenheitsrelation: . Dabei ist die Menge aller Pole von und die Riemannsche Zahlenkugel.
Folgende Regeln können zur Berechnung von Residuen von komplexwertigen Funktionen im Punkt in der Praxis verwendet werden:
- Das Residuum ist -linear, d. h. für gilt:
- Hat in eine Polstelle 1. Ordnung, gilt:
- Hat in eine Polstelle 1. Ordnung und ist in holomorph, gilt:
- Hat in eine Nullstelle 1. Ordnung, gilt:
- Hat in eine Nullstelle 1. Ordnung und ist in holomorph, gilt:
- Hat in eine Polstelle -ter Ordnung, gilt:
- Hat in eine Nullstelle -ter Ordnung, gilt: .
- Hat in eine Nullstelle -ter Ordnung und ist g in holomorph, gilt: .
- Hat in eine Polstelle -ter Ordnung, gilt: .
- Hat in eine Polstelle -ter Ordnung und ist g in holomorph, gilt: .
- Sei in einem zur reellen Achse symmetrischen Gebiet , d. h. , holomorph bis auf isolierte Singularitäten. Weiterhin gelte . Dies ist nach dem schwarzschen Spiegelungsprinzip und dem Identitätssatz äquivalent zu . Es gilt sodann .[1]
- Ist das Residuum am Punkt zu berechnen, so gilt . Denn mit gilt
Die Regeln über die logarithmische Ableitung sind in Verbindung mit dem Residuensatz auch von theoretischem Interesse.
- Wie bereits erwähnt, ist , wenn auf einer offenen Umgebung von holomorph ist.
- Ist , so hat in einen Pol 1. Ordnung, und es ist .
- , wie man sofort mit der Linearität und der Regel von der logarithmischen Ableitung sieht, denn hat in eine Nullstelle 1. Ordnung.
- Die fortgesetzte Gammafunktion hat in für Pole 1. Ordnung, und das Residuum dort ist .
Es seien ein Körper und eine zusammenhängende reguläre eigentliche Kurve über . Dann gibt es zu jedem abgeschlossenen Punkt eine kanonische Abbildung
die jeder meromorphen Differentialform ihr Residuum in zuordnet.
Ist ein -rationaler Punkt und eine lokale Uniformisierende, so kann die Residuenabbildung wie folgt explizit angegeben werden: Ist eine meromorphe Differentialform und eine lokale Darstellung, und ist
die Laurentreihe von , so gilt
Insbesondere stimmt das algebraische Residuum im Fall mit dem funktionentheoretischen überein.
Das Analogon des Residuensatzes ist richtig: Für jede meromorphe Differentialform ist die Summe der Residuen null:
- Eine Konstruktion der algebraischen Residuenabbildung.
- ↑ Steffen Timmann: Repetitorium der Funktionentheorie. Binomi Verlag, 1998, ISBN 978-3-923923-56-4, S. 120.