Rückkehrhilfegesetz

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 9. Oktober 2016 um 15:15 Uhr durch Stechlin (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Basisdaten
Titel: Gesetz zur Förderung der Rückkehrbereitschaft von Ausländern
Kurztitel: Rückkehrhilfegesetz
Abkürzung: RückHG
Art: Bundesrechtsverordnung
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmaterie: Sozialrecht
Fundstellennachweis: 89-9
Erlassen am: 28. November 1983
(BGBl. I S. 1377)
Inkrafttreten am: 28. November 1983
Letzte Änderung durch: Art. 268 der Neunten ZuständigkeitsanpassungsVO vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407)
Inkrafttreten der
letzten Änderung:
31. Oktober 2006
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Das Rückkehrhilfegesetz (RückHG) ist ein deutsches Gesetz, mit dem der Wegzug von arbeitslosen Ausländern aus der Bundesrepublik gefördert werden sollte. Die Förderung erfolgte durch Zahlung einer so genannten Rückkehrhilfe. Anträge auf Rückkehrhilfe konnten bis zum 30. Juni 1984 gestellt werden. Nach dem Ablauf dieser Frist hatte das Gesetz keine praktische Bedeutung in Hinblick auf finanzielle Leistungen mehr. Es ist aber bis heute in Kraft und gibt rückkehrinteressierten Ausländern, gleich welcher Nationalität, einen Rechtsanspruch auf Beratung gegenüber der Bundesagentur für Arbeit (§ 7 RückHG). Diese Beratungsleistung wird durch die Mobilitätsberaterinnen und -berater der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) erbracht.

Gründe, Aufbau und Regelungen

Im Hinblick auf die große Zahl der in der Bundesrepublik Deutschland zur Zeit lebenden ausländischen Arbeitnehmer, der Arbeitslosenquote dieser Ausländer (rund 300.000 ausländische Arbeitnehmer waren 1983 ohne Beschäftigung) und der allgemeinen Beschäftigungssituation war es von der Bundesregierung beabsichtigt, durch finanzielle Anreize die Rückkehrbereitschaft von Ausländern zu fördern. Anspruchsberechtigt waren nur Ausländer die nicht mit einem Deutschen verheiratete Staatsangehörige eines Staates waren, mit dem die Bundesregierung Vereinbarungen über Anwerbung und Beschäftigung von Arbeitnehmern abgeschlossen hatte und die nicht Mitglied der Europäischen Gemeinschaften (EG) waren.

Das Gesetz sah eine gezielte finanzielle Rückkehrhilfe sowie die vorzeitige Einlösung bestimmter Ansprüche vor. Die Rückkehrhilfe in Höhe von 10.500 DM zuzüglich 1.500 DM je Kind konnten Staatsangehörige aus Jugoslawien, Marokko, Nordkorea, Portugal, Spanien, Südkorea, der Türkei und Tunesien erhalten, wenn sie nach dem 30. Oktober 1983 bis zum 30. Juni 1984 infolge der Stilllegung des ganzen Betriebes oder von wesentlichen Betriebsteilen oder durch Konkurs arbeitslos geworden sind oder werden. Rückkehrhilfe erhielten die ausländischen Arbeitnehmer auch dann, wenn sie mindestens sechs Monate vor der Antragstellung von Kurzarbeit nach § 9 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) betroffen waren.

Arbeitnehmer aus Staaten, mit denen die Bundesrepublik Deutschland bisher kein Sozialversicherungsabkommen (SVA) bestand (u.a. Portugal und die Türkei), erhielten außerdem ihre Beiträge zur Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) erstattet und durften ohne Verlust staatlicher Vergünstigungen über ihre Spar- und Bausparverträge (Wohnungsbauprämie) verfügen.

Auswirkungen

Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel vom 17. September 1984 aufgrund von Angaben des Bundesarbeitsministeriums sollen im Rahmen des Rückkehrhilfegesetzes rund 150.000 ausländische Arbeitnehmer die Bundesrepublik Deutschland verlassen haben. Der Berliner Ausländer-Experte Nikolaus Stumpfögger, Politologe an der Freien Universität, hat ermittelt, dass jeder zweite rückkehrwillige Ausländer zusätzlich auch noch eine Abfindung durch seinen Arbeitgeber in mindestens gleicher Höhe erhalten hat wie durch die Rückkehrhilfe. Die Bundesregierung sei, so der Wissenschaftler, nur noch „auf einen fahrenden Zug“ aufgesprungen und habe bei vielen ausländischen Arbeitern lediglich „staatliche Unterstützung zu Massenentlassungen“ geleistet.

Durch das Rückkehrhilfegesetz wurden allerdings die Gesetzlichen Rentenversicherungen um rund 1,5 Milliarden DM entlastet, da den Ausländern nur die von ihnen selbst geleisteten Arbeitnehmerbeiträge, nicht aber der Arbeitgeberanteil ausgezahlt wurden. Die vormals versicherten ausländischen Arbeitnehmer haben mit der einmaligen Auszahlung von durchschnittlich 10.000 DM bis 15.000 DM ihren Anspruch auf Altersruhegeld verwirkt.

Finanzielle Auswirkungen für die Jahre 1983–1984 nach Berechnung des Bundesarbeitsministerium bei der Einführung der Rückkehrhilfe:[1]

  • Kosten in Höhe von 220 Mio. DM durch Auszahlungen der Rückkehrhilfe einschließlich eines pauschalen Kinderzuschlags
  • Kosten von 30 Mio. DM für die vorzeitige prämienunschädliche Rückzahlung von Sparleistungen (Wohnungsbau-Prämiengesetz), die in den Folgejahren wieder zu einer Entlastung führen
  • Kosten bei der Gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 680 Mio. DM, die in den Folgejahren wieder zu einer Entlastung führen, darunter 1985–1987 um 370 Mio. DM
  • Einsparungen bei der Arbeitslosenversicherung und beim Kurzarbeitergeld von 83 Mio. DM
  • Einsparungen beim Kindergeld in Höhe von 42 Mio. DM; weitere Einsparungen 1985–1987 wurden mit 195 Mio. DM beziffert.

Das Bundesverfassungsgericht hat später in einem Beschluss der 3. Kammer vom 29. Oktober 1990 zur Frage der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe nach dem Rückkehrhilfegesetz (RückHG) festgestellt, dass mit der vorzeitigen Erstattung der Rentenversicherungsbeiträgen, eine Konkretisierung der Negativschranke des § 2 Abs. 1 Ausländergesetz (AuslG) a.F. darstellt und damit Personen, die die Rückkehrhilfe in Anspruch genommen haben, „von Rechts wegen von einem Daueraufenthalt im Bundesgebiet grundsätzlich“ ausgeschlossen sind.[2] Ein künftiger Aufenthalt liegt auch nicht begründet durch die Überlassung der ehemals durch den Arbeitgeber eingezahlte Rentenversicherungsbeiträge an den Staat.[3]

Der Begriff „Negativschranke“ im Ausländergesetz (AuslG): Die Negativschranke steht der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht entgegen, wenn sich ein zum Besuch legal eingereister Ausländer erst nach der Einreise entschließt, seinen Aufenthalt zu einem anderen, sichtvermerkspflichtigen Zweck fortzusetzen.[4][5]

Flüchtlingskrise in Europa

Im Zusammenhang zur Flüchtlingskrise in Europa 2015 stellt die Schweiz freiwillig heimkehrenden Flüchtlingen einen finanziellen Bonus zur Verfügung.[6] Dieser wird im Verhältnis zur Wartezeit des allgemeinen Asylverfahrens gern angenommen.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. IAB - Chronik der Arbeitsmarktpolitik (PDF; 295 kB)
  2. BVerfG, Beschluss vom 29. Oktober 1990, Az. 2 BvR 303/89, Leitsatz.
  3. Sieveking Uni Bremen (PDF; 2,4 MB)
  4. BVerwG, Urteil vom 4. September 1986, Az. 1 C 19.86, Volltext = BVerwGE 75, 20 (Aufgabe der bisherigen Senatsrechtsprechung)
  5. vorausgehend VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Oktober 1985, Az. 13 S 1957/85, Volltext.
  6. Rückkehrhilfe ist ein wichtiges Element der Migrationspolitik der Schweiz