Saloumia

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Saloumia
Zeitliches Auftreten
Mittleres Eozän
47,8 bis 41,3 Mio. Jahre
Fundorte
Systematik
Afrotheria
Paenungulata
Tethytheria
Rüsseltiere (Proboscidea)
incertae sedis
Saloumia
Wissenschaftlicher Name
Saloumia
Tabuce, Sarr, Adnet, Lebrun, Lihoreau, Martin, Sambou, Thiam & Hautier, 2020

Saloumia ist eine ausgestorbene Gattung aus der Ordnung der Rüsseltiere. Sie gehört zu den ursprünglichen Vertretern dieser Säugetiergruppe und lebte im Mittleren Eozän vor rund 44 Millionen Jahren im westlichen Afrika. Bisher liegt lediglich ein einzelner Zahn aus dem Senegal vor. Aufgrund der ausgeprägten höckerigen Kauoberfläche steht Saloumia wohl in einer näheren verwandtschaftlichen Beziehung zu Moeritherium. Die Gattung wurde im Jahr 2020 wissenschaftlich eingeführt, der zugehörige Fund hingegen kam bereits in den 1950er Jahren zu Tage.

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der bisher einzige bekannte Fund von Saloumia umfasst einen rechten oberen Molaren von 10,7 mm Länge und 12,3 mm Breite, dem aber der hintere Teil fehlt. Die Ausmaße des Zahns vermitteln zwischen den kleineren Eritherium und Phosphatherium und dem größeren Moeritherium. Der Zahn war niederkronig (brachyodont), deutlicher noch als bei Moeritherium. Die Kauoberfläche zeichnete sich durch vier Höcker aus (Paraconus und Metaconus wangenseitig, Protoconus und Hypoconus zungenseitig). Deren Spitzen waren aber offensichtlich noch vor der Fossilisation abgebrochen. Die vier Höcker formten je zwei Paare, die sich senkrecht zur Zahnlängsachse anordneten. Der Zahn war dadurch bilophodont gebaut, was den sehr frühen Rüsseltieren entspricht. Das vordere Höckerpaar (Paraconus und Protoconus) wies keine zusätzliche Leisten oder Grate auf, so dass von einem bunodonten Zahnbau gesprochen werden kann. Die Basen der beiden Höcker waren aber miteinander verbunden, ebenso erhob sich mit dem Paraconule ein kleines Nebenhöckerchen. Das hintere Höckerpaar (Metaconus und Hypoconus) ist beschädigt, der Hypoconus stand aber ursprünglich relativ zentral und war sehr groß, seine Ausmaße entsprachen denen des Protoconus. Seine nach innen verschobene Position unterscheidet sich von dessen eher randlichen Lage bei Moeritherium. Ein Metaconule, also ein weiteres Nebenhöckerchen, bestand am zweiten Höckerpaar nicht. Die zentrale Längsrille, die den Zahn einschließlich der beiden Höckerpaare in zwei Hälften teilt, war nur schwach ausgebildet. Ein gut entwickeltes Cingulum, ein niedriger Zahnschmelzwulst, umzog den Mahlzahn vom Paraconus über die Vorderkante bis zur zungenseitigen Zahnflanke. Die zungenseitige Lage des Cingulums teilt Saloumia als besonderes Merkmal mit Moeritherium. Sowohl auf der Zungenseite wie auf der Wangenseite des Zahns ging das Cingulum in eine Scherkante über (Entostyl und Ectostyl). Der Zahnschmelz insgesamt war dick und stark gefurcht.[1]

Fossilfunde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von Saloumia liegt derzeit lediglich ein einzelner Zahn vor. Dieser wurde aus der Lam-Lam-Formation naher der Ortschaft M’Bodione Dadere nördlich der Stadt Kaolack im zentral-westlichen Teil von Senegal zu Tage gefördert. Die Landschaft in der Region ist relativ flach und wird vom Fluss Saloum durchflossen, die auflagernden Schichten bilden mehrere Meter mächtige quartäre Sande. Zugang zu Fossilaufschlüssen gewährleisten zumeist nur Brunnenschächte und Bohrungen. Die Lam-Lam-Formation besteht aus einem Kalkstein reich an Mollusken und Seeigeln (Schillkalkstein), der sich mit einem tonigen Kalkstein und mit Mergeln abwechselt. Die Kalksteine enthalten verschiedene Foraminiferen, von denen unter anderem Globigerinatheka, Cassigerinelloita und Pseudohastigerina typisch für das Lutetium sind, was dem Mittleren Eozän entspricht. Der Zahnfund dürfte somit rund 44 Millionen Jahre alt sein. Andere Wirbeltiere aus der Lam-Lam-Formation lassen sich den Strahlenflossern zuweisen.[2] Die auflagernde spätmitteleozäne Taïba-Formation barg des Weiteren Reste eines Urwals, der wahrscheinlich den Basilosauridae nahesteht.[3][1]

Systematik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verkürzte innere Systematik der frühen Rüsseltiere nach Hautier et al. 2021[4]
  Proboscidea  

 Eritherium


   

 Phosphatherium


   

 Daouitherium


   

 Numidotherium


   

 Barytherium


   

 Arcanotherium


   

 Omanitherium


   

 Saloumia


   

 Moeritherium


   

 Deinotheriidae


  Elephantiformes  


 Palaeomastodon


   

 Phiomia


   

 jüngere Rüsseltiere (Elephantimorpha)




   

 Dagbatitherium




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Saloumia ist eine ausgestorbene Gattung aus der Ordnung der Rüsseltiere (Proboscidea). Aufgrund ihres bilophodont gebauten Backenzahns gehört sie zu den frühesten Vertretern dieser Ordnung, die teilweise in der Gruppe der Plesielephantiformes zusammengefasst werden. Hierin stehen unter anderem auch Formen wie Eritherium, Phosphatherium, Numidotherium, Moeritherium, Daouitherium und andere, gemeinsam mit diesen Frühformen bildet Saloumia hiermit eine der bisher vollständigsten Sequenzen aus der Frühgeschichte einer Säugetierordnung. Als weiteres gemeinsames Kennzeichen der Plesielephantiformes kann der im Unterschied zu späteren Rüsseltieren noch horizontale Zahnwechsel angegeben werden.[5][6] Aus systematischer Sicht wurde Saloumia noch keiner bestimmten Familie innerhalb der Rüsseltiere zugewiesen. Das wiederum bunodonte, also höckerige Kauflächenmuster des Zahns verbindet die Gattung stärker mit Moeritherium als mit den anderen frühen Formen wie Phosphatherium, Numidotherium oder Barytherium, die sich durch stärkere Leistenbildungen zwischen den Höckern, also lophodonte Zähne, auszeichnen. Weitere Gemeinsamkeiten mit Moeritherium finden sich in dem gewinkelten Zahnschmelz und dem zungenseitig ausgebildeten Cingulum. Möglicherweise steht Saloumia dadurch an der Basis der Entwicklung moeritheriider Rüsseltiere.[7][8][1]

Die wissenschaftliche Erstbeschreibung von Saloumia erfolgte im Jahr 2020 durch Rodolphe Tabuce und Forscherkollegen basierend auf dem Zahnfund aus der Lam-Lam-Formation im zentral-westlichen Senegal. Der Gattungsname leitet sich vom Fluss Saloum ab, der die insgesamt flachwellige Landschaft der Typusregion durchfließt. Gemeinsam mit der Gattung wurde die Art S. gorodiskii aufgestellt. Das Artepitheton ehrt den Geologen Alexandre Gorodiski, der 1952 den Zahn bei Kartierungsarbeiten in der Region um M’Bodione Dadere in einem 20 m tiefen Brunnenschacht entdeckt hatte. Gorodiski publizierte ein Jahr später den Fund gemeinsam mit René Lavocat. Dabei verwiesen sie ihn zu Moeritherium, merkten aber an, dass der deutlich stärkere bunodonte Charakter des Molaren im Vergleich zu Moeritherium eventuell einen eigenständigen Gattungsstatus rechtfertigen würde.[1]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Rodolphe Tabuce, Raphaël Sarr, Sylvain Adnet, Renaud Lebrun, Fabrice Lihoreau, Jeremy E. Martin, Bernard Sambou, Mustapha Thiam und Lionel Hautier: Filling a gap in the proboscidean fossil record: a new genus from the Lutetian of Senegal. Journal of Paleontology 94 (3), 2020, S. 580–588, doi:10.1017/jpa.2019.98

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d Rodolphe Tabuce, Raphaël Sarr, Sylvain Adnet, Renaud Lebrun, Fabrice Lihoreau, Jeremy E. Martin, Bernard Sambou, Mustapha Thiam und Lionel Hautier: Filling a gap in the proboscidean fossil record: a new genus from the Lutetian of Senegal. Journal of Paleontology 94 (3), 2020, S. 580–588, doi:10.1017/jpa.2019.98
  2. Maureen A. O’Leary, Raphaël Sarr, Raymond Malou, El Hdji Sow, Christopher J. Lepre und Robert V. Hill: A New Fossil Amiid from the Eocene of Senegal and the Persistence of Extinct Marine Amiids after the Cretaceous–Paleogene Boundary. Copeia 4, 2012, S. 603–608
  3. Phillip D. Gingerich: Cetacea. In: Lars Werdelin und William Joseph Sanders (Hrsg.): Cenozoic Mammals of Africa. University of California Press, Berkeley, London, New York, 2010, S. 873–899
  4. Lionel Hautier, Rodolphe Tabuce, Mickaël J. Mourlam, Koffi Evenyon Kassegne, Yawovi Zikpi Amoudji, Maëva Orliac, Frédéric Quillévéré, Anne-Lise Charruault, Ampah Kodjo Christophe Johnson und Guillaume Guinot: New Middle Eocene proboscidean from Togo illuminates the early evolution of the elephantiform-like dental pattern. Proceedings of th Royal Society of London B Biological Sciences 288 (1960), 2021, S. 20211439, doi:10.1098/rspb.2021.1439
  5. Jeheskel Shoshani, W. J. Sanders und Pascal Tassy: Elephants and other Proboscideans: a summary of recent findings and new taxonomic suggestions. In: G. Cavarretta et al. (Hrsg.): The World of Elephants – International Congress. Consiglio Nazionale delle Ricerche. Rom, 2001, S. 676–679
  6. Jeheskel Shoshani und Pascal Tassy: Advances in proboscidean taxonomy & classification, anatomy & physiology, and ecology & behavior. Quaternary International 126–128, 2005, S. 5–20
  7. Emmanuel Gheerbrant: Paleocene emergence of elephant relatives and the rapid radiation of African ungulates. PNAS 106 (6), 2009, S. 10717–10721.
  8. Emmanuel Gheerbrant, Baadi Bouya und Mbarek Amaghzaz: Dental and cranial anatomy of Eritherium azzouzorum from the Paleocene of Marocco, earliest known proboscidean material. Palaeontographica, Abteilung A 297 (5/6), 2012, S. 151–183.