Sankt-Nikolai-Kirche (Magdeburg)

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Ausschnitt der Stadtansicht Magdeburgs von Matthäus Merian, gedruckt 1653, gezeichnet sicher vor der Zerstörung der Stadt 1631; St. Nicolai mit Nr. 10

Die Sankt-Nikolai-Kirche Magdeburg war eine Stiftskirche in der Magdeburger Altstadt, die dem heiligen Nikolaus geweiht war. Sie wurde nach schweren Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg abgerissen.

Geschichte

Erster Standort

Eine erste Nikolaikirche, die sich etwa an der Stelle befand, an der später der südliche Turm des Magdeburger Doms errichtet wurde, wurde von Wenden zerstört. Nach anderer Ansicht soll sich der erste Standort im Bereich des späteren Klosters Unser Lieben Frauen befunden haben. Um 1012 soll diese Kirche unter Erzbischof Waltard neu errichtet worden sein. Andere Angabe datieren den Bau der Nikolaikirche, die zusätzlich auch Sankt Petrus geweiht war, auf den Zeitraum um das Jahr 1023 unter Erzbischof Humfried. Diese Kirchen wiesen einen runden Grundriss auf. Sie fungierte als Baptisterium und somit Taufkirche des damaligen Doms.

Erzbischof Adelgot von Veltheim begründete, den Wunsch Hunfrieds erfüllend, im Jahr 1107 oder 1108 bei dieser Kirche ein Stift, zu dessen Ländereien das (ehemalige) Dorf Zernitz gehörte.[1] Der alte Kirchenbau wurde beim Bau des Magdeburger Doms um 1240 abgerissen, um an dessen Platz den südlichen Domturm zu errichten; die Reste wurden beim Dombau verwandt.

Zweiter Standort

Das Nikolaistift erhielt als Ersatz von Erzbischof Burchard III. von Schraplau 1310 ein deutlich größeres Grundstück im nordwestlichen Bereich des Domplatzes (damals noch Neuer Markt). Bis zum Jahr 1360 entstand dort nun eine schlicht gestaltete Kirche aus Grauwacke-Bruchstein und behauenem Sandstein ohne Turm, die jedoch als größte Hallenkirche der Stadt galt. Das Hallengewölbe bestand aus drei gleich hohen Schiffen, die auf zwei Arkadenreihen mit je acht Pfeilern ruhten. Der Grundriss der Kirche war rechteckig. An der Nordseite der Kirche wurde ein Kreuzgang errichtet.

Reformation

1540 beschädigte ein Brand den Kreuzgang und die Kirche, die Mönche des Klosters Berge daraufhin als Scheune nutzten, bis sie wieder instand gesetzt wurde.

Während der Reformation wurde Sankt Nikolai evangelisch. Der erste evangelische Gottesdienst erfolgte am 6. Dezember 1573. Das Stift verlor seine ursprüngliche Bedeutung.

Dreißigjähriger Krieg

Während der Erstürmung Magdeburgs im Dreißigjährigen Krieg am 10. Mai 1631 wurde auch Sankt Nikolai beschädigt. Bei der Erneuerung 1654 wurde das ursprüngliche Gewölbe nicht wiedererrichtet, sondern eine Flachdecke entstand. Erste Gottesdienste fanden ab 1693 statt. Sankt Nikolai verfügte jedoch über keine eigene Gemeinde. Mangels Bedarfs wurden die Gottesdienste daher bald wieder eingestellt. Die Nutzung beschränkte sich dann auf regelmäßige geistliche Gesänge. Der im Krieg stärker beschädigte Kreuzgang verfiel zur Ruine.

Änderung der Nutzung

1716 erhielt Leberecht von Guericke die Genehmigung, eine Familienbegräbnisstätte anzulegen.

Um eine Passage vom Domplatz zum Breiten Weg zu schaffen, ließ 1724 der Gouverneur Fürst Leopold I. von Anhalt-Dessau den Kreuzgang abreißen. Noch heute trägt in diesem Bereich eine Straße den Namen Kreuzgangstraße.

Französische Besatzung

In der Zeit der französischen Besatzung diente die Kirche als Lazarett und Kaserne. Die Inneneinrichtung, sogar viele der Epitaphe, wurden entfernt, der Fußboden um 30 cm erhöht.

Im Jahr 1810 beschloss man, die Sankt-Nikolai-Kirche aufzugeben; das Stift wurde aufgehoben. Das Gebäude sollte als Ersatz für das 1812 abgebrannte Zeughaus dienen.

Profanierung der Kirche

Die Umbauarbeiten zum Zeughaus begannen 1824, die Kirche wurde dadurch zum schmucklosen Zweckbau. Nach Auflösung des Zeughauses diente das Gebäude als Zeughausmuseum und später als Möbellager.

Ruine der Kirche nach Ende des Zweiten Weltkrieges
Modell der Nikolai-Kirche

Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg

Die Nationalsozialisten gestalteten die Kirche 1938 um als Weihestätte für die Bewegung des Nationalsozialismus und Stahlhelmmuseum.

Beim schweren Luftangriff auf Magdeburg am 16. Januar 1945 wurde auch die Sankt-Nikolai-Kirche stark zerstört. Es blieben im Wesentlichen nur die Außenmauern erhalten. In der südwestlichen Ecke fehlten auch diese.

Abriss und Neubebauung

1959 wurde die Ruine abgerissen. An der Stelle der Kirche entstand zunächst ein Wohngebäude in Plattenbauweise und später, 2005, das Hundertwasserhaus Magdeburg. Im Keller des Hundertwasserhauses wurde ein Saal eingerichtet, der mit geborgenen Steinen der Kirche hergerichtet wurde. Heute erinnert ein vor Ort aufgestelltes Modell an die Sankt-Nikolai-Kirche.

Literatur

  • Hans-Joachim Krenzke: Kirchen und Klöster zu Magdeburg. Stadtplanungsamt Magdeburg, 2000, DNB 962764434.
  • Sabine Ullrich: Die Geschichte des Magdeburger Domplatzes. Stadtplanungsamt Magdeburg, 2001, DNB 965016951.

Einzelnachweise

  1. Matthias Friske: Mittelalterliche Kirchen im westlichen Fäming und Vorfläming. Berlin 2007, S. 96

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Koordinaten: 52° 7′ 35,3″ N, 11° 38′ 0,8″ O