Schrottsammler

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Berlin 1920er Jahre: Ein Lumpensammler und seine Frau auf dem Weg zur Arbeit Foto: Bundesarchiv

Ein Schrottsammler oder ambulanter Altwarenhändler verdient seinen Lebensunterhalt mit der Sammlung von Alt- und Abfallstoffen aus Metall, die nach ihrem Verkauf erneut als Ausgangs- und Wertstoffe in der Produktion Verwendung finden können.

Geschichte

Historisch handelt es sich um eine Tätigkeit, die das Altstoffsammeln der vorindustriellen Zeit fortführt. Der Lumpen- oder der Knochenhändler der frühen Neuzeit entsorgte die vor allem bei der ländlichen Bevölkerung sich ansammelnden, von ihr nicht weiter verwertbaren Reststoffe und gab dafür billige Haushaltsgegenstände (Irdengeschirr, Kurzwaren). In der Papier- oder Knochenmühle erhielt er für sein Sammelgut Geld, mit dem er die bei den Herstellern seines Tauschguts auf Kommission gekaufte Ware bezahlte: eine Kreislauf- und zugleich Nischenökonomie, die den gesellschaftlich und ökonomisch Marginalisierten eine Existenzmöglichkeit bot. Sie zwang zur Dauermigration, denn war ein Dorf abgelaufen, hatte die Nachfrage sich erschöpft, musste der nächste Ort angesteuert werden. Mit der Industrialisierung verloren Lumpen für die Papierherstellung durch den Übergang auf andere Ausgangsstoffe ihre Rolle, während die Wiederverwertung von Altstoffen aus Metall erheblich an Bedeutung zunahm. Dort, wo Menschen von der Altstoffverwertung lebten, wechselten sie den Gegenstand ihrer Tätigkeit. Es erstaunt auf diesem Hintergrund nicht, dass in der Fortführung traditioneller Erwerbsweisen bis heute zahlreiche Roma sowie Jenische, wie sie sagen, „schrotteln“. In Verbindung mit dieser Tätigkeit steht der ebenfalls traditionell von diesen Gruppen ausgeübte Antiquitätenhandel, indem auch alte Gebrauchsgegenstände gesammelt und verkauft wurden, die keinen Materialwert hatten (wie z. B. Möbel), aber als Sammelobjekte an interessierte Kreise veräußert werden konnten. Auch hier spielte die Mobilität eine Rolle, indem etwa Bauernmöbel auf dem Land gekauft und in Städten an Sammler oder weitere Händler veräußert wurden.

Soziale Ausgrenzung

Die soziale Marginalisierung der Altstoffsammler, die bis heute fortexistiert, spiegelt sich in dem Schimpfwort Haderlump, abgeleitet von Hadern für Lumpen. Insbesondere die leinenen Stoffreste waren gefragtes Sekundärmaterial für die Herstellung hochwertiger Papiere (Hadernpapier). Die Risiken dieser Tätigkeit spiegeln sich in der Bezeichnung Haderkrankheit für den Milzbrand. Die Erkrankung ging auf den ständigen und engen Kontakt mit infizierten Lumpen zurück. In der Gegenwart führen die hohen Preise für Altmetall zu häufigem Metalldiebstahl, daher werden auch seriöse Altmetallsammler oft mit Argwohn betrachtet.

Gegenwart

In fortgeschrittenen Industrieländern ist die Tätigkeit als individuelle Erwerbsweise weitgehend fortgefallen, da das Recycling von industriellen Unternehmen vorgenommen wird. In der Öffentlichkeit der Bundesrepublik und anderer entwickelter Industrienationen betätigen sich Pfandflaschensammler am Rande von Massenveranstaltungen ebenso wie beim regelmäßigen Durchsuchen von Papierkörben und Mülltonnen nach Pfandgut.

Dennoch gibt es in einigen deutschen Städten (vornehmend im Ruhrgebiet) sogenannte Klüngelskerle, welche mit einem Lieferwagen und lauter, vom Band abgespielter Flöten-Musik (früher mit Piccoloflöte) durch die Straßen fahren, um Metallschrott einzusammeln. Hierfür rufen oder pfeifen die Bewohner den Klüngelskerl laut an, um auf sich aufmerksam zu machen, damit eben dieser ihren Schrott entgeltlos einsammelt und mitnimmt. Dies nimmt in unseren Zeiten von Arbeitslosigkeit, Zuwanderung von Personen ohne Chancen auf dem Arbeitsmarkt und steigenden Schrottpreisen wieder zu, auch in Gebieten über das Ruhrgebiet hinaus.

In Entwicklungsländern mit einem starken informellen Sektor ist das Sammeln und Aufarbeiten von Alt- und Reststoffen insgesamt jedoch nach wie vor bedeutend als Lebensgrundlage der Menschen an einem breiten sozialen Rand.

Einige Details zur früheren und heutigen Alltagspraxis

Lumpenhändler in Indien (1944)

Die mit regional differierenden Bezeichnungen (in Westdeutschland etwa Klüngel(s)kerl, Klüngelspit oder einfach Pitter) belegten Schrottsammler fuhren mit Pferdekarren oder Handwagen, später mit Autos in der Form der Pritschenwagen die Straßen ab und forderten zur Abgabe vor allem von Metallschrott jeder Art auf. Ihr Ruf „Lumpen, Alteisen, Papier“ belegt, dass das Sammelrepertoire grundsätzlich darüber hinausging. Dieser Ruf, begleitet durch eine Handglockegeläute oder auch eine kurze Melodie auf einer Blechflöte während der Fahrt wirkten auf die Präsenz im Stadtviertel. Kinder begleiteten dann die Blechflötenmelodie durch ein Spottlied („Lumpen, Eisen, Knochen und Papier – ausgefallne Zähne sammeln wir“). Während des Nationalsozialismus ist, spätestens für das Jahr 1937, eine Abwandlung des Textes (als Sammellied) mit wirtschaftlichem Inhalt belegt:[1]

Lumpen, Eisen, Silber und Papier,
ausgeschlagne Zähne sammeln wir.
Onkel Hermann braucht den Kram
für den Vierjahresplan.

Auf dem Hintergrund der allgemeinen Knappheit metallischer Rohstoffe hat das „Schrotteln“ noch einmal an Bedeutung gewonnen. Die heutigen Sammler setzen Lautsprecher ein, um wie eh und je mit einer Melodie auf sich aufmerksam zu machen. In jüngerer Zeit mit gestiegener Nachfrage nach Metall ist sogar mitunter eine weitergehende Werbung zu beobachten, indem die Abholung von Schrott etwa durch Autobeschriftungen, Verteilen von Handzetteln oder sogar Zeitungsanzeigen angeboten wird.

Schrott-Tagespreis

Schrotthändler oder Schrottsammler kaufen auch größere Mengen Schrott von Firmen/Privathaushalten zu einem Schrott-Tagespreis auf. Der Schrottpreis unterliegt der freien Marktwirtschaft von Angebot und Nachfrage. Dieser Preis kann sich täglich ändern.

Einzelnachweise

  1. Horst Adler: Schweidnitz in den Jahren 1934–1939. Materialien zu einer Stadtgeschichte. Sammellied auf Seite 14 (PDF; 387 kB), abgerufen am 28. Februar 2013.