Shōkō Asahara

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Shōkō Asahara (jap. 麻原 彰晃 Asahara Shōkō), bürgerlicher Name Chizuo Matsumoto (jap. 松本 智津夫 Matsumoto Chizuo; * 2. März 1955 auf Kyūshū), ist der Gründer und ehemalige Führer der japanischen Sekte Ōmu Shinrikyō (Aum-Sekte). Für seine Rolle bei den Giftgasanschlägen auf die Tokioter U-Bahn am 20. März 1995 wurde er 2004 zum Tode verurteilt, das Urteil wurde im September 2006 vom Obersten Gerichtshof Japans in letzter Instanz bestätigt.[1]

Leben

Matsumoto wurde 1955 in einem Dorf auf der südjapanischen Insel Kyūshū als sechstes von sieben Kindern geboren. Von Geburt an auf einem Auge blind und auf dem anderen schwer sehbehindert, wuchs er in ärmlichen Verhältnissen als Sohn eines Tatamimatten-Herstellers auf.

Matsumoto machte 1977 seinen Schulabschluss. Nachdem er durch die Aufnahmeprüfung der Universität von Tokio gefallen war, wandte er sich dem Studium der Akupunktur und der traditionellen chinesischen Medizin zu.

Mit seiner Frau Tomoko hat Matsumoto vier Töchter und zwei Söhne.

Wirken als Führer von Ōmu Shinrikyō

In den 1980er-Jahren trat Matsumoto der spirituellen Gruppe Agon Shu bei und gründete 1984 den Yoga-Verein Ōmu Shinsen no Kai. 1987 beanspruchte er für sich, bei einem Aufenthalt in Indien die Erleuchtung erlangt zu haben, änderte seinen Namen in Asahara Shōkō und wandelte seinen Yoga-Verein in Ōmu Shinrikyō um.

Seine Lehren entlehnte Asahara dem Hinduismus und Buddhismus, insbesondere dem altruistischen Ideal des Mahayana-Buddhismus,[2] sowie einer verzerrten Form des Guru-Yoga des Vajrayana-Buddhismus.[2] Zudem lehrte er Phowa. Mit seiner vom Buddhismus abweichenden Interpretation des Guru-Yoga begründete er den absoluten Gehorsam zum Lehrer (Guru) und etablierte eine Lehrer-Schüler-Beziehung, in der nur er die völlige Reinheit und Macht besaß. Asahara wurde von vielen Sektenmitgliedern als Wiederkunft Jesu Christi betrachtet.[3]

Asahara steigerte sich mit seinen Ansichten in die Gewaltfantasie hinein, mit der Phowa Menschen zum Tod zu führen, um sie so zu „erlösen“ und auf eine höhere spirituelle Ebene zu heben.[2] Daraus wurde der Wahn, die Welt mit Gewalt „erlösen“ zu können, was zum Giftgasanschlag in Tokio führte.

Mit Shinritō, dem politischen Arm der Sekte, kandidierte Asahara 1989 für das japanische Parlament. Die Wahl endete für ihn mit einem völligen Misserfolg, die Sekte bekam finanzielle Probleme und viele Mitglieder traten aus. Nach diesem Ereignis prophezeite Asahara das baldige Weltende, das er zunächst auf 1997 festsetzte. Außerdem ordnete er die Produktion von chemischen Kampfstoffen an.

Am 20. März 1995 verübten Ōmu-Shinrikyō-Mitglieder einen Giftgas-Anschlag auf die Tokioter U-Bahn, bei dem 12 Menschen starben und über 1000 verletzt wurden, 37 davon schwer.[4]

Gerichtsverfahren

Asahara Shōkō wurde wegen des U-Bahn-Anschlags und wegen seiner Beteiligung an einer Reihe von Morden am 16. Mai 1995 verhaftet und am 27. Februar 2004 zum Tode verurteilt; er nahm den Urteilsspruch schweigend zur Kenntnis. Trotz eines Berufungsantrags seiner Verteidiger wurde das Todesurteil vom Tokioter Gericht bestätigt. Die Rechtsanwälte legten allerdings auch dagegen Berufung ein, da sie nach eigener Aussage erhebliche Zweifel am Geisteszustand Asaharas hatten und sich bei über 140 Gesprächen kein einziges Mal vernünftig mit ihm unterhalten konnten.

Im März 2006 ließen Asaharas Anwälte eine letzte Einspruchsfrist verstreichen. Als Grund gaben sie an, dass keine Kommunikation mit dem Verurteilten möglich war. Auf dieser Grundlage reichten sie beim Obersten Gericht von Tokio einen Einspruch ein, der am 30. Mai 2006 abgewiesen wurde. Ein vom Gericht bestellter medizinischer Sachverständiger kam, anders als die Anwälte, zu dem Schluss, dass Asahara sehr wohl verstehe, was um ihn geschieht.

Nach dieser Entscheidung verblieb als letzte Möglichkeit die Anrufung des Obersten Gerichts. Ein entsprechendes Gesuch, das sich ebenfalls auf den schlechten Geisteszustand ihres Klienten bezog, reichten Asaharas Anwälte am 5. Juni 2006 ein,[5] es wurde jedoch am 15. September 2006 in letzter Instanz zurückgewiesen.[1][6]

Am 10. November 2008 reichten die Angehörigen Asaharas beim Bezirksgericht Tokio einen Antrag auf eine neue Verhandlung ein, dieser wurde im März 2009 abgelehnt.[7]

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b „Japanischer Sekten-Gründer wird hingerichtet“, Netzeitung vom 15. September 2006 netzeitung.de (Memento vom 19. März 2012 im Internet Archive)Vorlage:Webarchiv/Wartung/Linktext_fehlt
  2. a b c Robert Jay Lifton: Terror für die Unsterblichkeit, ISBN 3-446-19879-2, S. 27, 29, 33, 34
  3. Der Aum Shinri-Kyo-Kult des Shoko Asahara, Berliner Dialog 2/1995, von Prof. Dr. Alexander Dvorkin
  4. So long, Shoko, U.S. News & World Report, September 19, 2006
  5. BBC World Service: Chris Hogg: Japan cult boss petition rejected, 30. Mai 2006
  6. Bloomberg.com: Asahara to Make Last Appeal to Avoid Death for Tokyo Gas Attack, 5. Juni 2006
  7. Retrial plea filed for Asahara fails. In: The Japan Times. 19. März 2009, abgerufen am 28. Juli 2009 (englisch).