Stemphylium vesicarium

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Stemphylium vesicarium
Systematik
Klasse: Dothideomycetes
Unterklasse: Pleosporomycetidae
Ordnung: Pleosporales
Familie: Pleosporaceae
Gattung: Stemphylium
Art: Stemphylium vesicarium
Wissenschaftlicher Name
Stemphylium vesicarium
(Wallr.) E.G. Simmons

Stemphylium vesicarium ist ein Pilz, der die Schwarzfleckenkrankheit an Birnen verursacht.[1] Dadurch entstehen große wirtschaftliche Schäden im Birnenanbau.

Schwarzfleckenkrankheit am Blatt von Josephine von Mechelen. Die helleren Bereiche im Inneren mancher Flecke sind getrocknetes totes Gewebe.
Schwarzfleckenkrankheit auf einem Blatt am Seitentrieb des Stammbildners einer Zwergbirne Gute Luise. Die hellen Strukturen auf dem Blatt sind Mancozeb-Staub an den Rändern getrockneter Regentropfen.
Schwarzfleckenkrankheit direkt am Seitentrieb.

Beschreibung

Der Pilz hat zwei Entwicklungsstadien. Das asexuelle, anamorphe Stadium heißt Stemphylium vesicarium. Das sexuelle, teleomorphe Stadium heißt Pleospora allii.[2] Pleospora allii lebt am Boden saprophytisch auf abgefallenem Laub, Früchten und anderen Pflanzenresten. Es bildet Asco-Sporen in Pseudotheciun-Fruchtkörpern.[3] Die Asco-Sporen werden durch Regen aufgewirbelt und gelangen auf Pflanzen. Bei geeigneter Temperatur und Feuchtigkeit keimen sie und es entsteht Stemphylium vesicarium aus den Asco-Sporen. Bei 21 bis 23 °C etwa 48 Stunden nach Befeuchtung.[4] Asco-Sporen, die auf den Birnenblättern gelandet waren, infizieren so die Pflanzen mit Stemphylium vesicarium. Das geschieht meist ab dem späten Frühjahr. Stemphylium vesicarium produziert die beiden Gifte SV-toxin I und SV-toxin II. Damit tötet es das Gewebe der Pflanze ab.[5] Auf dem abgestorbenen Gewebe wächst dann der Pilz. Die abgestorbenen Bereiche bilden wachsende schwarze Flecke. Die Flecke können an allen grünen Bereichen der Pflanze auftreten. Sie befinden sich meist an den Blättern aber auch an den Früchten und an grünen Ästen, bei jungen Früchten an den Kelchblättern (Calyx), bei reiferen Früchten mehr in der Mitte. Die ersten Symptome werden im späten Frühjahr sichtbar, wachsen und vermehren sich dann während der Vegetationsperiode. Wachstum und Entwicklung der Pflanze werden gehemmt. Die Ernte wird bis 95 % reduziert.[4] Im Sommer bildet Stemphylium vesicarium Konido-Sporen. Die Konido-Sporen werden durch Wind weggetragen und verbreiten die Infektion auf andere Pflanzen.[4] An allen abgestorbenen Bereichen der Pflanzen sind Konido-Sporen zu finden, jedoch nicht auf den grünen lebenden Bereichen.[2] Die Konido-Sporen sitzen auf aufrechten Konidiophoren (Konidienträgern) mit einer einzelnen End-Konidie.[6]

Die unterschiedlichen Birnensorten sind unterschiedlich anfällig. Kleinere Pflanzen sind am stärksten betroffen. Junge Pflanzenteile sind anfälliger als ausgewachsene.[4]

Einmal infizierter Boden der Obstplantage produziert über Jahre Sporen. Flächen mit Laub von Birnbäumen produzieren etwa fünfmal so viel Asco-Sporen wie Weideland. Konido-Sporen werden von beiden Flächen etwa gleich viel produziert. Asco-Sporen werden von Dezember bis April und von August bis Oktober produziert. Im Winter mehr auf dem Weideland. Im Sommer mehr auf dem Birnenlaub. Konido-Sporen werden von April bis November produziert. Die meisten Konido-Sporen werden jedoch von Juli bis September produziert.[7] Häufige Bewässerung und fehlende Bodenbearbeitung begünstigen die Ausbreitung der Krankheit.[4]

Vorkommen

Der Pilz trat bisher vor allem in den wärmeren Gegenden Europas auf, ist aber nun auch in Deutschland verbreitet, Ende der 70er Jahre in Italien, in den 80er Jahren in Spanien und Frankreich, 1997 in den Niederlanden und 2002 in Belgien.[8] Die weltweite Infektionshäufigkeit beträgt schätzungsweise 1 bis 10 %.[6]

Anfälligkeiten der Birnensorten

Liste nach E. Montesinos.[9]

Anfällige Sorten

Sortiert von sehr anfällig bis wenig anfällig.

Kaum anfällige Sorten

Varianten

Es gibt Varianten von Stemphylium vesicarium, die Zwiebeln,[10] Spargel,[8][11] Doldenblütler,[12] Knoblauch oder Mango befallen. Die unterschiedlichen Varianten von Stemphylium vesicarium produzieren unterschiedliche Gifte. Die Gifte sind speziell an die zu befallenden Wirtspflanzen angepasst. Die Variante für Birnen tötet das Gewebe bereits ab einer Gift-Konzentration von 10−8 (0,01 Mikrogramm je Gramm).[4] Die anderen Varianten machen Birnen nicht krank. Die Variante für Petersilie schädigt zwar auch andere Doldenblütler. Sie kann Birnen jedoch nur an bereits verletzten Stellen infizieren.[12] Unterschiedlichen Varianten können gleichzeitig nebeneinander auftreten. Die Sporen der Varianten können durch Analyse der Desoxyribonukleinsäure voneinander unterschieden werden.[8]

Bekämpfung

Viele Fungizide sind wirksam. Die Bekämpfung durch Spritzen von Fungiziden ist jedoch kaum erfolgreich.[13] Die abgestorbenen Bereiche der Pflanzen können nicht geheilt werden. Zudem wirkt der infizierte Boden unter den Pflanzen als Inokulum. Er liefert ständig Sporen, womit die Pflanzen neu infiziert werden.[8]

Es ist egal, ob wöchentlich gespritz wird oder nach Warnsystem. Beide Varianten bringen gleich schlechte Ergebnisse. Spritzung erst nach dem Auftreten der ersten Symptome bringt noch schlechtere Ergebnisse.[14] Am aussichtsreichsten ist die Kombination von Fungizidspritzung während der Wachstumsperiode mit der Beseitigung von infizierten Pflanzenteilen während des gesamten Jahres, um die Ansteckungsgefahr zu reduzieren.[6] Die befallenen Pflanzenreste sollten vergraben werden. Vor dem Vergraben mit Harnstoff benetzen, damit der mikrobielle Abbau beschleunigt wird.[4]

Einigermaßen wirksam aber aufwendig ist die Umhüllung der Birnbäume mit Folie nach der Blüte bis zur Ernte.[15]

Große Beachtung als Inokulum verdient der Boden unter den Birnbäumen. Häufige Bodenbearbeitung mindert die Produktion von Sporen.[4] Durch das Infizieren der Pflanzenreste am Boden mit antagonistischen Trichoderma-Pilzen kann die Produktion von Stemphylium-Sporen während der Wachstumsperiode gut reduziert werden.[16]

Kupfersalze und Fosetyl-aluminium wirken in verdünnter Form bei Birnen als Pflanzenstärkungsmittel. Sie reduzieren die Empfindlichkeit der Birnbäume gegen die Gifte von Stemphylium vesicarium. Bei anderen Krankheiten werden sie als Fungizide eingesetzt.[4]

Die Birnbäume sollten mit genügend Abstand gepflanzt werden. Sie sollten so geschnitten werden, dass der Wind alle Pflanzenteile leicht erreicht, damit sie nach Regen schnell abtrocknen. Je länger die Blättern feucht sind, desto mehr Sporen können keimen.

Es gibt Versuche, die Infektion von Zwiebeln durch vorher gespritzte Pflanzenstärkungsmittel zu reduzieren.[17]

Literatur

  • I. Llorente, C. Moragrega, L. Ruz, E. Montesinos: An update on control of brown spot of pear. In: Trees. 26, 2012, S. 239–245, doi:10.1007/s00468-011-0607-1.

Einzelnachweise

  1. Rheinland-Pfalz: Dienstleistungszentren Ländlicher Raum: Stemphilium vesicarium, die Schwarzfleckenkrankheit bei Birnen.
  2. a b V. Rossi, E. Pattori, S. Giosué, R. Bugiani: Growth and sporulation of Stemphylium vesicarium, the causal agent of brown spot of pear, on herb plants of orchard lawns. In: European Journal of Plant Pathology. 111, 2005, S. 361–370, doi:10.1007/s10658-004-5273-3.
  3. I. Llorente, A. Vilardell, P. Vilardell, E. Montesinos: Evaluation of new methods in integrated control of brown spot of pear (Stemphylium vesicarium, teleomorph Pleospora allii). In: Acta horticulturae. Nr. 800, 2008, S. 825-832.
  4. a b c d e f g h i Ministerium für Landwirtschaft, Bologna: Maculatura bruna del pero, Maculatura bruna del pero.
  5. P. Singh, R. Bugiani, P. Cavanni, H. Nakajima, M. Kodama, H. Otani, K. Kohmoto: Purification and Biological Characterization of Host-Specific SV-Toxins from Stemphylium vesicarium Causing Brown Spot of European Pear. In: Phytopathology. Band 89, Nummer 10, Oktober 1999, S. 947–953, ISSN 0031-949X. doi:10.1094/PHYTO.1999.89.10.947. PMID 18944740.
  6. a b c I. Llorente, C. Moragrega, L. Ruz, E. Montesinos: An Update of brown spot of pear, Trees (2012) 26: 239.245
  7. Vittorio Rossi, Elisabetta Pattori, Riccardo Bugiani: Sources and seasonal dynamics of inoculum for brown spot disease of pear. In: European Journal of Plant Pathology. 121, 2008, S. 147–159, doi:10.1007/s10658-007-9258-x.
  8. a b c d J. Köhl, B. H. Groenenboom-de Haas, P. Kastelein, V. Rossi, C. Waalwijk: Quantitative detection of pear-pathogenic Stemphylium vesicarium in orchards. In: Phytopathology. Band 99, Nummer 12, Dezember 2009, S. 1377–1386, ISSN 0031-949X. doi:10.1094/PHYTO-99-12-1377. PMID 19900004.
  9. E. Montesinos, C. Moragrega, I. Llorente, P. Vilardell: Susceptibility of Selected European Pear Cultivars to Infection by Stemphylium vesicarium and Influence of Leaf and Fruit Age. (PDF; 577 kB) In: Plant Disease. 79, 1995, S. 471–473. doi:10.1094/PD-79-0471.
  10. T. Misawa, S. Yasuoka: The life cycle of Stemphylium vesicarium, the causal agent of Welsh onion leaf blight. In: Journal of General Plant Pathology. 78, 2012, S. 18–29, doi:10.1007/s10327-011-0352-8.
  11. Mary K. Hausbeck: Purple Spot Disease of Asparagus.. Michigan State University Extension, Department of Plant Pathology, 13. Mai 2011.
  12. a b Steven T. Koike, Nichole O’Neill, Julie Wolf, Peter Van Berkum, Oleg Daugovish: Stemphylium Leaf Spot of Parsley in California Caused by Stemphylium vesicarium In: Plant Disease. 97, 2013, S. 315–322, doi:10.1094/PDIS-06-12-0611-RE.
  13. G. Alberoni, D. Cavallini, M. Collina und A. Brunelli: Characterisation of the first Stemphylium vesicarium isolates resistant to strobilurins in Italian pear orchards. In: European Journal of Plant Pathology. 126, 2010, S. 453–457, doi:10.1007/s10658-009-9559-3.
  14. P.F.de Jong, B. Heijne, A. Boshuizen: Test of fungicides against Stemphylium vesicarium on pear with or without a warning system. In: Acta horticulturae. 2005 (ISHS) Nr. 671, S.615-620.
  15. P.F. de Jong, B. Heijne: Exclusion of the inoculum source of brown spot (Stemphylium vesicarium). In: Acta horticulturae. 2008 (ISHS) Nr. 800, S. 833–838.
  16. V. Rossi, E. Pattori: Inoculum reduction of Stemphylium vesicarium, the causal agent of brown spot of pear, through application of Trichoderma-based products. In: Biological Control. 49, 2009, S. 52–57, doi:10.1016/j.biocontrol.2008.12.012.
  17. A.-E. A. M. Kamal, H. M. A. Mohamed, A. A. D. Aly and H. A. H. Mohamed: Enhanced Onion Resistance against Stemphylium Leaf Blight Disease, Caused by Stemphylium vesicarium, by Di-potassium Phosphate and Benzothiadiazole Treatments. In: The Plant Pathology Journal. 24, 2008, S. 171–177, doi:10.5423/PPJ.2008.24.2.171.

Weblinks

Commons: Stemphylium vesicarium – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien