Sublinguale Mikrozirkulationsmessung

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Die sublinguale Intravitalmikroskopie ist eine nicht-invasive Methode, um die Durchblutung und die Dichte von Blutgefäßen unter der Zunge (sublingual) mit einem Durchmesser von unter 100 µm, insbesondere solcher kleiner als 20 µm (meist Kapillaren), zu beobachten. Dafür stehen beispielsweise Sidestream-Dark-Field (SDF) oder Incident-Dark-Field-Illumination (IDF) Mikroskope zur Verfügung.

Parameter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Um eine Vergleichbarkeit bei der Anwendung der sublingualen Mikrozirkulationsmessung zwischen Studien und verschiedenen Kameras zu gewährleisten, wurden verschiedene Konsensus-Parameter definiert.[1] Dazu gehören die De Backer Density und die Number of Crossings, die die Gefäßdichte pro Fläche beschreiben. Durch die Analyse der Erythrozytenbewegung können diese Gefäße in solche mit und ohne Blutfluss unterteilt werden, definiert als Perfused De Backer Density und Perfused Number of Crossings. Um den Anteil der perfundierten Gefäße an allen Gefäßen zu bewerten, wird die Percentage of Perfused Vessels berechnet und in Prozent angegeben.

SDF-Mikroskopie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein häufig verwendetes Gerät in klinischen Studien ist das MicroScan®-Mikroskop, das das sublinguale Kapillarnetz in vivo mittels der Sidestream-Dark-Field-Technologie visualisiert. Bei dieser Methode wird polarisiertes Licht von speziellen LEDs ausgesandt, das durch das Hämoglobin der roten Blutkörperchen depolarisiert wird. Dies ermöglicht die Erkennung von sich bewegenden und fixierten Erythrozyten. Durch die Synchronisation mit einer Spezialkamera des Intravitalmikroskops können die hämoglobinhaltigen Erythrozyten in Echtzeit auf einer Video-Software verfolgt werden. Diese Technik wird hauptsächlich zur Darstellung der sublingualen Mikrozirkulation verwendet, ist jedoch auch für andere Gewebe anwendbar. Durch die Einführung von Handheld-Geräten ist es möglich geworden, die Mikrozirkulation direkt am Krankenbett zu überwachen. Die Auswertung der aufgezeichneten Videos kann sowohl manuell, halbautomatisch als auch automatisch erfolgen. Dabei werden drei Hauptparameter bewertet: die Gefäßdichte (Anzahl und Art der Gefäße pro Fläche), die Perfusion (Bewegung oder Unbeweglichkeit der Erythrozyten) und das Flussprofil (homogen, heterogen oder „sluggish“ bei Stase). Die Menge der Perfusion (z. B. in Millilitern pro Zeit oder Fläche) kann mit dieser Technologie derzeit nicht quantifiziert werden. Die neueste Generation von Mikrozirkulationsbewertungsinstrumenten besteht aus benutzerfreundlichen Handgeräten, die einfach mit einem Notebook oder Personal Computer verbunden werden können. Auf diesen Geräten ist spezielle Analysesoftware installiert, z. B. AVA 4.3C von Microvision Medical in Amsterdam, die einen automatischen Algorithmus zur quantitativen Bilderkennung verwendet. Dadurch wird die Notwendigkeit der manuellen Interpretation der Bilder durch den Arzt (theoretisch) überflüssig.

Studienlage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sowohl die SDF- als auch die IDF-Geräte werden seit den 1990er Jahren für den klinischen Einsatz erprobt. Die bisher einzige randomisierte kontrollierte Studie (RCT), die versucht hat, mikrozirkulatorische Informationen in die Behandlungsentscheidungen bei Schockpatienten zu integrieren, war die DAMIS-Studie (Direct Assessment of Microcirculation in Shock) von Raphael R. Bruno et al.[2] Trotz einiger Limitationen stellt dies die bisher einzige Studie dar, die sublinguale Mikrozirkulationsmessung in der Intensivmedizin direkt zu nutzen[3]. Das Studiendesign berücksichtigte mehrere Aspekte: Die Analyse mittels handgehaltener Videomikroskopie sollte leicht verfügbar sein und Werte liefern, die von Intensivmedizinern verstanden werden können, die nicht unbedingt mit experimentellen mikrozirkulatorischen Bewertungen vertraut sind, die nur in wenigen Zentren weltweit verfügbar sind. Im Ergebnis konnte kein Überlebensvorteil in der Gruppe, in der sublinguale Mikrozirkulationsmessung bekannt war, gezeigt werden.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Can Inceet al.: Second consensus on the assessment of sublingual microcirculation in critically ill patients: results from a task force of the European Society of Intensive Care Medicine. In: Intensive Care Medicine. Band 44, Nr. 3, 1. März 2018, ISSN 1432-1238, S. 281–299, doi:10.1007/s00134-018-5070-7.
  2. Raphael Romano Bruno, Jakob Wollborn, Karl Fengler, Moritz Flick, Christian Wunder, Sebastian Allgäuer, Holger Thiele, Mara Schemmelmann, Johanna Hornemann, Helene Mathilde Emilie Moecke, Filiz Demirtas, Lina Palici, Marcus Franz, Bernd Saugel, Eduardo Kattan, Daniel De Backer, Jan Bakker, Glenn Hernandez, Malte Kelm, Christian Jung: Direct assessment of microcirculation in shock: a randomized-controlled multicenter study. In: Intensive Care Medicine. Band 49, Nr. 6, 1. Juni 2023, ISSN 1432-1238, S. 645–655, doi:10.1007/s00134-023-07098-5, PMID 37278760, PMC 10242221 (freier Volltext).
  3. Raphael Romano Bruno, Glenn Hernandez, Holger Thiele, Eduardo Kattan, Christian Jung, the DAMIS study group: A microcirculation-guided trial: never trying is worse than failing. In: Intensive Care Medicine. Band 49, Nr. 12, 1. Dezember 2023, ISSN 1432-1238, S. 1555–1556, doi:10.1007/s00134-023-07245-y.