Verfassung von Griechenland

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Die Verfassung von Griechenland (Vorlage:ELSneu Syndagma tis Elladas) wurde von der Fünften Verfassungsändernden Parlamentsversammlung beschlossen und trat 1975 in Kraft. Sie wurde seitdem dreimal überarbeitet (1986, 2001 und 2008).

Der Syntagma-(Verfassungs-) Platz mit dem Parlamentsgebäude

Verfassungsgeschichte Griechenlands

Die Verfassungsgeschichte von Griechenland geht zurück auf den griechischen Unabhängigkeitskrieg (1821–1829), während dessen die ersten drei revolutionären griechischen Verfassungen verabschiedet wurden.

Im Januar 1822 proklamierte eine seit 15. Dezember 1821 in Epidauros tagende aus 67 Mitgliedern bestehende Nationalversammlung die Unabhängigkeit Griechenlands und verabschiedete eine provisorische Verfassung.[1] Politische Kämpfe führten im März 1823 zum Zusammentreten einer neuen Nationalversammlung in Astros, die die Verfassung modifizierte.

Noch bevor Griechenland in wechselhaften Kämpfen endgültig seine Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich erlangt hatte, war 1826 eine dritte Nationalversammlung wieder in Epidauros zusammengekommen, eine vierte aufgrund politischer Differenzen zunächst getrennt in Ägina und Kastri (heute Ermioni), bevor sie sich Anfang April 1827 in Trizina (damals noch Damalas) vereinigte. Die Nationalversammlung verabschiedete auf der Grundlage der Verfassung von Epidauros eine endgültige Verfassung für Griechenland.[2] Der gewählte Regent (κυβερνητής) Ioannis Kapodistrias regierte jedoch faktisch diktatorisch weitgehend an der Verfassung vorbei; dies wurde von der im Juli 1829 zusammengetretenen weiteren Nationalversammlung in Argos durch Modifikation der Verfassung bestätigt.

Die seit September 1831 in Argos tagende neue Nationalversammlung wählte am 17. März 1832 den Prinzen Otto von Bayern, den zweitgeborenen Sohn König Ludwigs I. von Bayern als König Otto I. (Vorlage:ELSneu) zum Von Gottes Gnaden, König von Griechenland. Griechenland wurde Monarchie und blieb es bis 1974. Otto übte die Regierungsgeschäfte nach Art eines absoluten Monarchen selbst aus, bis ihm 1843 eine Rebellion von Militär und Volk eine neue Verfassung abnötigte. 1864 wurde eine neue Verfassung verabschiedet.[3]

Die aktuelle Verfassung von 1975 (mit den Änderungen von 1986, 2001, und 2008) ist die letzte in einer Reihe von Verfassungen, die (mit Ausnahme der Verfassungen von 1968 und 1973 während der griechischen Militärdiktatur) demokratisch beschlossen wurden. Die Verfassung ist formal eine große Revision der Verfassung von 1952; sie enthält tiefgreifende Änderungen. Insbesondere wurde die Staatsform der „gekrönten Demokratie“ durch die der „parlamentarischen Demokratie“ ersetzt, nachdem die Monarchie 1974 in einer Volksabstimmung abgeschafft worden war. Nach der siebenjährigen Militärherrschaft wurden auch die Grundrechte detailliert formuliert.[4]

Verfassungsänderungen

Im Jahr 1986, im Jahr 2001 und im Jahr 2008 wurde die Verfassung von 1975 dreimal überarbeitet.

Aufbau und Inhalt

Präambel

Wie bei allen vorangegangenen Verfassungen beginnt die Verfassung mit den Worten „Im Namen der Heiligen, Wesensgleichen und Unteilbaren Dreifaltigkeit“. Die erstmals unter der Militärherrschaft 1968 eingeführte weitere pathetische Präambel[5] wurde weggelassen.

Gliederung

Die Verfassung besteht aus 120 Artikeln und ist in 4 Teile gegliedert:

  • Der erste Teil (Artikel 1–3) enthält Grundbestimmungen
    • Artikel 1 proklamiert Griechenland als „Präsidiale parlamentarische Demokratie“ (oder Republik)[6] auf der Grundlage der Volkssouveränität. Die Bezeichnung als „präsidial“ soll den Staatspräsidenten – Gegensatz zur früheren Monarchie – als Staatsoberhaupt bezeichnen, nicht etwa ein Präsidialsystem bezeichnen.
    • Artikel 2 hebt Achtung und Schutz der Menschenwürde als staatliche Verpflichtung hervor sowie die Förderung des Friedens, der Gerechtigkeit und der Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Völkern und Staaten unter Beachtung der Regeln des Völkerrechts.
    • Artikel 3 bestätigt die Vorherrschaft der orthodoxen Kirche in Griechenland.
Der Schutz der Grundrechte wurde durch die Revision von 2001 verstärkt, neue Bestimmungen zum Schutz personenbezogener Daten (in Artikel 9a) und zum Umweltschutz hinzugefügt.
  • Der dritte Teil (Artikel 26–105) enthält das Staatsorganisationsrecht:
    • in Artikel 30 bis 50 wird Wahl, Stellung und Aufgaben des Staatspräsidenten geregelt,
    • in Artikel 51 bis 80 Wahl und Aufgaben des Parlaments einschließlich der Gesetzgebung und der Steuer- und Finanzverfassung.
    • Artikel 81 bis 86 behandeln Zusammensetzung und Stellung der Regierung und
    • Artikel 87 bis 92 die Judikative.
    • Die Artikel 93 bis 105 behandeln Grundprinzipien der Verwaltung (Dezentralisierung) und des Beamtenrechts sowie Rechtsverhältnisse des Berg Athos.
  • Der vierte Teil (Artikel 106–120) enthält Schluss- und Übergangsbestimmungen.

Verfassungsänderungen

Das Parlament kann Änderungen oder Ergänzungen der Verfassung beschließen, mit Ausnahme der Artikel, die sich mit der Staatsform und einige unabänderlichen Menschenrechten und Grundfreiheiten befassen (Artikel 110 Abs. 1). Die Änderung der Verfassung wird durch eine Initiative von mindestens einem Sechstel der Abgeordneten eingeleitet und muss von einer Mehrheit von drei Fünfteln der Abgeordneten beschlossen werden, und zwar in zwei getrennten Abstimmungen (Lesungen), die zeitlich mindestens einen Monat auseinander liegen müssen. Die Änderung muss dann jedoch nochmals in der nächsten Legislaturperiode mit absoluter Mehrheit beschlossen werden; umgekehrt kann das nächste Parlament eine in der vorangegangenen Periode lediglich mit absoluter Mehrheit (nicht aber 3/5-Mehrheit) beschlossene Änderung mit 3/5-Mehrheit ratifizieren. Ein solches vom Vorgänger-Parlament mit der Befugnis zur Verfassungsänderung ausgestattetes Parlament wird als „Verfassungsänderndes Parlament“ bezeichnet.

Verfassungsrechtliche Besonderheiten

Die griechische Verfassung bestimmt als einzige Verfassung die orthodoxe Kirche zur Staatsreligion (Artikel 3,1), verbietet die Änderung des Wortlauts der Heiligen Schrift (Artikel 3,3) sowie die Abwerbung zwischen Konfessionen, auch Proselytismus genannt (Artikel 13,2).

Der Verfassungsplatz

Der Syntagma-Platz (Platia Syntagmatos) in Athen ist nach der ersten Verfassung des modernen griechischen Staates benannt.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Wortlaut der Verfassung von Epidauros 1822
  2. Wortlaut der Verfassung von Troizen 1827
  3. Wortlaut der Verfassung von 1864
  4. Zweiter Teil - Individuelle und soziale Rechte (Artikel 4 bis 25)
  5. www.verfassungen.eu: Volltext
  6. das griechische Wort δημοκρατία dimokratia umfasst sowohl den Begriff Demokratie als auch den Begriff Republik