Warenwirtschaftssystem

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Ein Warenwirtschaftssystem (abgekürzt WWS oder WaWi) ist ein Modell zur Abbildung der Warenströme im Geschäftsprozess eines Unternehmens. Der Begriff wird überwiegend im Zusammenhang mit Unternehmenssoftware für Disposition und Logistik verwendet.

Eigenschaften und Funktionen

Warenwirtschaftssysteme betreffen mehrere Bereiche:

  • Der Einkauf benötigt Funktionen für die Bestellvorschlagsermittlung (Bedarfsermittlung) und die Bestellung. Anhand der Daten des Verkaufs und der Lagerhaltung kann ein WWS automatisiert Bestellvorschläge ermitteln bzw. eine Bestellung auslösen.
  • Die Lagerhaltung überwacht im WWS durch ein Modul für Lagerverwaltung die interne Bestandsführung. Damit die Bewegungsdaten, vor allem des Verkaufes (Auftragsbestätigungen, Lieferscheine), des Einkaufes (Bestellung, Wareneingang) und ggf. der internen Reservierung und Lagerentnahme für die Fertigung, automatisch in die Lagerverwaltung übernommen werden, ist die moderne Lagerverwaltungssoftware ein integriertes Modul eines WWS. Die Inventur der Waren wird dabei mit unterstützt. Lagerkennzahlen, die ein WWS mit unterstützen sollte, sind beispielsweise der Mindestbestand, der Meldebestand und der Höchstbestand.

Mögliche Bestandteile

Weitere mögliche Bestandteile eines WWS sind:

Offenes, geschlossenes und integriertes Warenwirtschaftssystem

Ein WWS wird als geschlossen bezeichnet, sofern es alle folgenden zentralen Module umfasst:

  • Wareneingangsmodul
  • Warenausgangsmodul
  • Dispositions- und Bestellwesenmodul
  • Ausgabe von Dispositionshilfen und Bestellvorschlägen
  • Bestellschreibung und Überwachung und
  • Marketing-/ Managementinformationsmodul

Fehlt eines dieser Module, handelt es sich um ein offenes Warenwirtschaftssystem. Von einem integrierten Warenwirtschaftssystem hingegen spricht man, wenn alle obig genannten Module vorhanden sind und zusätzlich noch Verbindungen nach außen, also beispielsweise zu Banken, Lieferanten, oder Marktforschungsinstituten, bestehen.

Unterschiede und Gemeinsamkeiten mit Enterprise Resource Planning-Systemen

Der Übergang zwischen Warenwirtschaftssystem und ERP-System ist nicht klar definiert. Die Abgrenzung erfolgt in der Regel anhand des Funktionsumfanges. Sind z. B. Funktionen oder Module im Bereich Controlling und Materialwirtschaft integriert, spricht man eher von einem ERP, als von einem WWS.

Der Aufbau der Anwendungssoftware eines WWS basiert auf einer Datenbank, die die Stammdaten und Bewegungsdaten mit folgender Datenbankstruktur verwaltet: Stammdaten sind die in Datensätzen verwalteten Objekte, vor allem Kunden, Lieferanten, Waren (Artikel) oder Stücklisten. Bezogen auf diese werden die Bewegungsdaten, die verwalteten wirtschaftlichen Transaktionen in Form von Geld (Eingangsrechnung, Rechnung an den Kunden...) und Waren (Lagereingang, Lieferschein) usw. in eigenen Datensätzen erfasst.

Vorteile der Einführung eines Warenwirtschaftssystems

Ein Warenwirtschaftssystem ist maßgeblich am Unternehmenserfolg beteiligt. Denn es sorgt für eine umfassende Lagerverwaltung. Mit einem solchen System ist stets bekannt, wie hoch der Lagerbestand ist. Dabei hilft beispielsweise eine scannergestützte Kommissionierung, mit der alle Artikel im System erfasst werden. Viele Systeme können mehrere Lager verwalten und immer den aktuellen Bestand anzeigen. Auch Buchungen über ein angeschlossenes Kassensystem oder einen eShop werden direkt im System verbucht. Unternehmen können ebenfalls auswerten, wie gut sich welche Artikel verkaufen und so eine Sortimentsoptimierung durchführen. Damit das Warenwirtschaftssystem dem Unternehmen einen Mehrwert bietet, muss dieses optimal auf das Unternehmen ausgerichtet sein und die Unternehmensprozesse unterstützen[1].

Steuerliche Vorlagepflicht im Rahmen der digitalen Betriebsprüfung

Es ist noch nicht höchstrichterlich geklärt, ob die Unterlagen aus dem WWS vorgelegt werden müssen.[2] Führt ein Gewerbetreibender freiwillig oder aus berufsrechtlichen Gründen weitergehende Aufzeichnungen als für einen Einzelhändler nach ständiger Rechtsprechung erforderlich, ist er zu deren Herausgabe nicht verpflichtet. Eine Vorlagepflicht der elektronischen Daten ergibt sich jedoch mittelbar bei Betrieben, wenn diese Daten für die Fortschreibung einer permanenten Inventur benötigt werden oder als Nachweis für Teilwertabschreibungen dienen. Die verweigerte Herausgabe dieser Unterlagen allein führt nicht zu einer Schätzungsbefugnis des Finanzamts. [3]

Literatur

  • Becker, Jörg; Vering, Oliver; Winkelmann, Axel: Softwareauswahl und -einführung in Industrie und Handel. Vorgehen bei und Erfahrungen mit ERP- und Warenwirtschaftssystemen. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York 2007, ISBN 978-3-540-47424-1.
  • Winkelmann, Axel; Knackstedt, Ralf; Vering, Oliver: Anpassung und Entwicklung von Warenwirtschaftssystemen - eine explorative Untersuchung. Handelstudie Nr. 3. Hrsg.: Becker, Jörg. Münster 2007. Studie zum Download (PDF; 543 kB)

Einzelnachweise

  1. Vorteile von Warenwirtschaftssystemen
  2. So bereits Taetzner/ Büssow, Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfung digitaler Unterlagen – Quo vadis? , BB 2002, 69, 73 Tz. V; vgl. auch FG des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss vom 15. Januar 2013 - 1 V 580/12 (HaufeIndex: 3651994)
  3. FG Münster, Urteil vom 10. Oktober 2013 – 2 K 4112/12 E –, DStZ 2014, Seite 55, online: openJur 2013, 44359