Wolf-Rayet-Stern

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Wolf-Rayet-Sterne, in der Fachliteratur auch WR-Sterne abgekürzt, sind die freigelegten Kerne ehemals massereicher Sterne. Sie sind nach den französischen Astronomen Charles Wolf (1827–1918) und Georges Rayet (1839–1906) benannt.

Wolf-Rayet-Stern WR-124 mit umgebendem planetarischen Nebel M1-67 (Aufnahme des Hubble-Teleskops)

Eigenschaften

Die bislang gemessenen Massen der Wolf-Rayet-Sterne liegen zwischen 10 und 265 Sonnenmassen,[1] obwohl ursprünglich eine theoretische Obergrenze bei etwa 150 Sonnenmassen erwartet wurde. Die Oberflächentemperatur liegt zwischen 30.000 und 120.000 K.

WR-Sterne stoßen große Mengen Materie in ihre Umgebung ab. Diese Sternwinde werden durch die Strahlung des Sterns auf bis zu 4000 km/s beschleunigt,[2] was dem kontinuierlichen Spektrum starke, sehr breite Emissionslinien überlagert. Ein WR-Stern kann bis zu 10−4 Sonnenmassen pro Jahr verlieren. Episodenweise kann die Massenverlustrate sogar noch auf ein Zehnfaches davon steigen.[3] Der Sternwind von kohlenstoffreichen Wolf-Rayet-Sternen mit einem späten Spektraltyp WC kondensiert zu Staubteilchen. Dies geschieht in einem größeren Abstand, wo der Staub nicht mehr durch die intensive Ultraviolettstrahlung dissoziiert wird. Es handelt sich dabei nicht um einen kontinuierlichen Prozess, sondern es bilden sich diskrete Wolken um den Wolf-Rayet-Stern. In der Folge kommt es zu Helligkeitsschwankungen aufgrund der veränderlichen Absorption durch den kohlenstoffreichen Staub.[4]

Weiterhin entstehen WR-Sterne in engen Doppelsternsystemen. Beginnt ein massenreicher Stern sich von der Hauptreihe weg zu bewegen und dehnt sich dabei aus, so kann er die Roche-Grenze überschreiten. Dabei ist die äußere Sternatmosphäre nicht mehr an den Stern gebunden und kann abströmen. Die weitere Entwicklung des Sterns führt zu einer weiteren Expansion und die äußeren Schichten gehen verloren. Zurück bleibt ein WR-Stern mit einer spektralen Signatur, die die thermonuklearen Reaktionen des Wasserstoffbrennens und/oder Heliumbrennens im ehemaligen Kern zeigt. Das bekannteste Beispiel für einen WR-Stern in einem Doppelsternsystem ist V444 Cygni.[5]

Einteilung

Wolf-Rayet-Sterne werden in zwei Hauptkategorien eingeteilt[6][7][8] (Benennung nach dem überwiegenden Element der Emissionslinien; Reihenfolge gilt auch für die zeitliche Entwicklung, s. u.):

  • Der WN-Typ zeigt hauptsächlich Emissionslinien des Heliums und mehrfach ionisierten Stickstoffs.
  • Der WC-Typ zeigt hauptsächlich Emissionslinien des Sauerstoffs und mehrfach ionisierten Kohlenstoffs. WO-Sterne stellen eine Erweiterung des WC-Typs dar und sind sehr selten; bei ihnen dominieren die Sauerstofflinien.

Diese Elemente stammen aus der Nukleosynthese des Wolf-Rayet-Sterns, die sichtbar werden, wenn er seine wasserstoffreiche Atmosphäre abbläst.

Entwicklung

Die typische Entwicklung eines Wolf-Rayet-Sterns hängt von der Anfangsmasse des ursprünglichen Sterns ab. Dabei ist zu beachten, dass bereits während der Entwicklung zum Wolf-Rayet-Stern Massenverlust stattfindet, so dass die Massen der WR-Sterne deutlich niedriger als die Anfangsmassen sein können.

M☉ Entwicklungsweg
> 75 O-Stern → WN (wasserstoffreich) → LBV → WN (wasserstoffarm) → WC → SN Ic
40 – 75 O-Stern → LBV → WN (wasserstoffarm) → WC → SN Ic
< 40 O-Stern → LBV oder Roter Überriese → WN (wasserstoffarm) → SN Ib

Trotz umfangreicher Durchmusterungen wie der Palomar Transient Factory ist es bisher noch nicht gelungen, die Vorläufer von Supernovae vom Typ Ibc auf Aufnahmen vor dem Ausbruch zu identifizieren. Dabei sollte es sich bei den Vorläufern um leuchtkräftige Wolf-Rayet-Sterne handeln mit einer absoluten visuellen Helligkeit, die circa 150 Mal höher sind als die durchschnittlicher Wolf-Rayet-Sterne. Simulationsrechnungen massiver WR-Sterne, die sich in Supernovae vom Typ Ibc entwickeln, zeigen einen fast vollständigen Verlust ihrer Heliumatmosphäre kurz vor dem Kernkollaps. Dabei steigt die Oberflächentemperatur auf Werte von über 150.000 K an und entsprechend dem Wienschen Verschiebungsgesetzes wird die meiste Strahlung im Bereich des fernen Ultravioletts abgegeben. Daher sind Wolf-Rayet-Sterne kurz vor ihrem Kernkollaps recht lichtschwache Sterne mit absoluten visuellen Helligkeiten MV von −2 und damit ungefähr um einen Faktor 100 lichtschwächer als die meisten WR-Sterne.[9] Die Lebensdauer von massereichen Wolf-Rayet-Sternen sollte nach rechnerischen Simulationen in der Größenordnung von 500.000 Jahren liegen.[10]

Nach dem Kollapsar-Modell könnten schnell rotierende Wolf-Rayet-Sterne auch die Vorläufer von langen Gammablitzen sein. Erstens ist der Zusammenhang zwischen langen Gammablitzen und Supernovae vom Typ Ibc inzwischen durch Beobachtungen verifiziert worden und zweitens sind in den optischen Spektren der langen Gammablitze blauverschobene Absorptionslinien mit Geschwindigkeiten von 3.000 bis 4.000 km/s nachgewiesen worden. Die Eigenschaften dieser blauverschobenen Absorptionslinien passen zu einer Wechselwirkung der Supernova mit zirkumstellarer Materie, die durch den Sternwind eines Wolf-Rayet-Sterns entstanden ist.[11]

Zentralsterne mit Planetarischem Nebel

Aufgrund morphologischer Ähnlichkeiten des Spektrums (starke und breite Emissionslinien) werden auch etwa 10 % der Zentralsterne planetarischer Nebel als Wolf-Rayet-Sterne bezeichnet.[12] Es handelt sich hierbei um masseärmere Sterne (etwa 0,6 Sonnenmassen, Anfangsmassen unter 8 Sonnenmassen) mit einer wasserstoffarmen Atmosphäre.

Um Verwechslungen zu vermeiden, hat sich für diese Objekte die engl. Abkürzung WR-CSPN (Wolf-Rayet - Central Star with Planetary Nebula) bzw. [WC] (mit eckigen Klammern), gelegentlich auch [WR], durchgesetzt.

Es wird vermutet, dass [WR]-CSPN aus Post-AGB-Sternen durch einen Helium-Flash entstehen, bei dem der Großteil des Wasserstoffs im Stern nach unten gemischt und dort verbrannt wird. Die zurückbleibende Atmosphäre besteht im Wesentlichen aus Helium, Kohlenstoff und Sauerstoff. Der Stern entwickelt sich nun zu einem weißen Zwerg.

Die Massenverlustraten infolge des starken Sternwindes liegen bei etwa 10−7 bis 10−5 Sonnenmassen pro Jahr und damit etwa 10- bis 100-mal höher als bei normalen, wasserstoffreichen Zentralsternen. Die Entwicklung der entdeckten [WC]-Sterne verläuft von einem [WC] über einen PG1159-Stern zu einem wasserstoffarmen Weißen Zwerg, was durch eine einfache Abkühlungssequenz erklärt werden kann.

Der Zentralstern von IC 4663 und Pb8 sind [WN]-Sterne, deren Atmosphäre zu 95 % aus Helium besteht. Die [WN]-Sterne könnten durch die Verschmelzung von zwei Weißen Zwergen entstehen, da dies die Ursache für den hohen Anteil an Neon und Stickstoff in der Atmosphäre des Zentralsterns eines planetarischen Nebels erklären würde.[13] Ein alternatives Szenario ist eine diffusion-induzierte Nova. Dabei zündet das Heliumbrennen in einem Post-AGB-Stern erneut und durch die dabei ausgelöste starke Konvektion wird Material aus dem CNO-Kernbereich in die Atmosphäre gemischt.[14]

Interessanterweise haben Beobachtungen planetarischer Nebel keinen systematischen Unterschied zwischen solchen gewöhnlicher und wasserstoffarmer (WR-)Zentralsterne ergeben. Dies lässt vermuten, dass die Entwicklung zum wasserstoffarmen Zentralstern zufallsbedingt ist.

Beispiele

Weblinks

Commons: Wolf-Rayet-Sterne – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Jonathan Amos: Astronomers detect 'monster star'. auf: BBC News. 21. Juli 2010.
  2. Bergmann, Schäfer: Sterne und Weltraum. S. 251.
  3. A. Unsöld, B. Baschek: Der neue Kosmos. 7. Auflage. Springer, Berlin 2002, ISBN 3-662-45992-2, S. 254.
  4. Alexandre David-Uraz, Anthony F. J. Moffat, André-Nicolas Chené, Jason F. Rowe, Nicholas Lange, David B. Guenther, Rainer Kuschnig, Jaymie M. Matthews, Slavek M. Rucinski, Dimitar Sasselov, Werner W. Weiss: Using MOST to reveal the secrets of the mischievous Wolf-Rayet binary CV Ser. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2012, arxiv:1207.6032v1.
  5. Georges Meynet, Cyril Georgy, Raphael Hirschi, Andre Maeder, Phil Massey, Norbert Przybilla, M.-Fernanda Nieva: Red Supergiants, Luminous Blue Variables and Wolf-Rayet stars: the single massive star perspective. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2011, arxiv:1101.5873.
  6. A. Unsöld, B. Baschek: Der neue Kosmos. 7. Auflage. 2002, S. 189.
  7. Wolf-Rayet Stars auf harvard.edu
  8. Wolf-Rayet bei der AG Spektroskopie der VdS (PDF; 173 kB)
  9. S.-C. Yoon, G. Gräfener, J. S. Vink, A. Kozyreva, R. G. Izzard: On the nature and detectability of Type Ib/c supernova progenitors. In: Astronomy & Astrophysics. Band 544, 2012, S. L11, doi:10.1051/0004-6361/201219790.
  10. R. Margutti u. a.: A panchromatic view of the restless SN 2009IP reveals the explosive ejection of a massive star envelope. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2013, arxiv:1306.0038v1.
  11. G. Gräfener, J. S. Vink, T. J. Harries, N. Langer: Rotating Wolf-Rayet stars in a post RSG/LBV phase. An evolutionary channel towards long-duration GRBs? In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2012, arxiv:1210.1153.
  12. PDF bei www.crya.unam.mx
  13. Brent Miszalski, Paul A. Crowther, Orsola De Marco, Joachim Köppen, Anthony F.J. Moffat, Agnes Acker, Todd C. Hillwig: IC4663: the first unambiguous [WN]Wolf-Rayet central star of a planetary nebula. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2012, arxiv:1210.0562.
  14. H. Todt u. a.: Abell 48 - a rare WN-type central star of a planetary nebula. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2013, arxiv:1301.1944.