Wolf Haas

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 2. März 2007 um 09:23 Uhr durch Sinn (Diskussion | Beiträge) (zurück auf Schaufi 14:31, Feb. 23. 2007). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Datei:Wolf Haas 2001.jpg
Wolf Haas, 2001

Wolf Haas (* 14. Dezember 1960 in Maria Alm am Steinernen Meer / Bundesland Salzburg, Österreich) ist ein österreichischer Schriftsteller. Bekannt wurde er zunächst als Werbe- und Radiotexter, dann als Autor von Kriminalromanen, von denen drei den Deutschen Krimipreis gewannen.

Biografie

Jugend / Ausbildung

Seine ersten zehn Lebensjahre verbrachte Haas in seinem Geburtsort Maria Alm, der gerade zu dieser Zeit – in den 60er Jahren – touristisch erschlossen wurde. Seine Eltern arbeiteten beide als Kellner. 1970 kam Haas als Internatsschüler ins Borromäum nach Salzburg. Nach bestandener Matura studierte er ab 1978 an der Universität Salzburg zunächst Psychologie, ab 1980 dann Germanistik und Linguistik. Letzteres schloss er mit einer Dissertation zum Thema Die sprachtheoretischen Grundlagen der Konkreten Poesie ab. Anschließend, von 1988-90, arbeitete er als Universitäts-Lektor in Swansea (Südwales).

Werbe- und Radiotexter

Zurück in Österreich und immerhin schon knapp 30, begann er in Wien noch einmal von ganz „unten“ und bewarb sich als Juniortexter bei mehreren Werbeagenturen. Sein Spruch „Ich hab’ keine Ahnung von Werbung, aber ich werd’ den Job schon gut machen“ zeugte von gesundem Selbstvertrauen. Tatsächlich stellten sich bald schon Erfolge ein, und mit Radiospots wie Lichtfahrer sind sichtbarer, Ö1 gehört gehört (den er übrigens auch selbst gesprochen hat) sowie der Mazda-Werbung A Mazda müsst ma sein begründete Haas seinen Ruf als kreativer Werbe- bzw. Radiotexter. Höhepunkt war dann die fast schon legendäre Ö3-Wecker-Kasperliade Peda & Peda, die entstand, weil Haas und sein Pendant Herbert Haider nach der letzten Staffel der Mazda-Werbung ihre Idee der skurrilen Zwiegespräche nicht einfach sterben lassen wollten und sie Ö3 anboten. Doch mitten auf dem Weg nach „oben“ brach Haas seine Karriere ab und kündigte seine Stelle bei Demner & Merlicek – mit der Begründung:

„Es macht Spaß, etwas hinzuschmeißen, weil es funktioniert, und nicht, weil es nicht funktioniert!“

Autor

Seine zweite Karriere begann Haas erneut mit dem naiv-selbstbewussten Optimismus des Quereinsteigers, denn er bekannte, nur sehr wenige Krimis gelesen zu haben. Seine Arbeitsweise beschrieb er mit auf den ersten Blick widersprüchlichen Aussagen. Einmal äußerte er: „Ich schreib’ wie eine Wildsau und schau nachher, was mir gefällt“, und ein andermal: „Ich schreibe ein Buch, das irgendwie passt, aber es ist alles noch sehr rational kontrolliert. Und erst, wenn man seine Bremsen löst, wenn sozusagen mir selbst die Geschichte erzählt wird, beginnt das eigentlich Interessante. Darum nehme ich mir sehr viel Zeit. Wenn ich fertig bin mit einem Buch, möchte ich es noch ein halbes Jahr bei mir liegen haben, und dann leiste ich mir den Luxus der Zerstörung der eigenen Geschichte. Und dabei entsteht eigentlich das Buch.“

Dieses Bekenntnis zu einer Zerstörer-Mentalität verbindet Haas mit seinem Landsmann Thomas Bernhard, und dazu noch einiges mehr – mit Ausnahme natürlich des von ihm (bisher) favorisierten Genres. Hier folgt er am ehesten einem Credo von Friedrich Dürrenmatt, indem er „Kunst da tut, wo sie niemand vermutet“.

Seit Haas als freier Schriftsteller tätig ist, hat er binnen 7 Jahren (von 1996 bis 2003) insgesamt 7 Kriminalromane vorgelegt, 6 davon mit dem Detektiv Simon Brenner. Auf den einzigen „Non-Brenner“, den am Rande des Formel Eins-Zirkus angesiedelten Roman Ausgebremst, folgten dann 1998 und 1999 die zwei meistbeachteten Krimis des Brenner-Zyklus, Komm, süßer Tod und Silentium!, die beide auch verfilmt wurden.

Seine Kriminalromane zeichnen sich aus durch satirische Gesellschaftskritik, Spannung, lakonischen Witz, ein dichtes Motivgefüge und außerordentliches Sprachbewusstsein. Es ist jedoch vor allem sein absolut ungewöhnlicher, singulärer Stil, der seine Leserschaft in Verehrer und Verächter spaltet, die Literaturkritik nicht selten zu Lobeshymnen veranlasste („Mount-Everest-mäßig über dem Krimi-Hügelland“) und ihm mehrere Preise einbrachte, darunter dreimal den Deutschen Krimi Preis.

Nach dem Erscheinen des sechsten Brenner-Titels Das ewige Leben kündigte Haas an keine Krimis mehr zu schreiben. Konsequenterweise handelt es sich bei dem im September 2006 erschienenen und für den Deutschen Buchpreis nominierten Roman Das Wetter vor 15 Jahren um eine Liebesgeschichte, jedoch in der Form eines Interviews zwischen einer Literaturkritikerin und dem (fiktiven) Autor Wolf Haas über sein (fiktives) neues Werk. Für diesen Roman erhielt Haas 2006 den Wilhelm-Raabe-Literaturpreis.

Brenner-Krimis

Inhalt

Jeder der sechs Romane ist an einem anderen Ort Österreichs angesiedelt (weshalb der Autor seinen Detektiv Simon Brenner ohne festen Wohnsitz „vagabundieren“ lässt) und völlig eigenständig hinsichtlich Plot und Figurenensemble. Dass das Ganze dennoch einer Gesamtidee folgt, zeigt sich im abschließenden Band Das ewige Leben, der den inzwischen 53-jährigen Brenner zurück in seine Heimat (den Grazer Stadtteil Puntigam) verschlägt, wo er mit den Folgen einer – in den Bänden zuvor vage angedeuteten – Jugendsünde konfrontiert wird, die ihn mit seinen Ex-Polizeischulfreunden verbindet.

Die Brenner-Krimis gehören zu den Whodunits und stehen eindeutig in der Tradition des von Dashiell Hammett und Raymond Chandler begründeten hardboiled detective-Genres. Mit Sam Spade und Philip Marlowe schufen sie einen Typus, der – im Gegensatz zum eher soften, intellektuellen armchair detective vom Schlag eines Hercule Poirot oder Sherlock Holmes – nicht bloß eine knifflige Aufgabe löst, sondern dabei das raue Leben sucht, selbst eine raue Schale hat, um keine Antwort verlegen ist und keiner Herausforderung ausweicht (Frauenabenteuer ausdrücklich eingeschlossen). All dies trifft auch auf Simon Brenner zu. Seine wichtigsten Sondercharakteristika sind: Er ist Ex-Polizist, hat einen ausgeprägten Dickschädel, der zyklisch von Migräne-Attacken heimgesucht wird, und lässt sich am liebsten von Umwegen, seiner Intuition und unterbewussten Liedtexten leiten.

Sprache

Der eigenwillige, singuläre Stil, den Haas in seinen Brenner-Romanen entwickelt hat, wird vor allem getragen von einem Erzähler-Ich, dessen Identität sich erst ganz am Ende des letzten Bandes enthüllt. Obwohl bis dahin nie in die Handlung involviert, ist dieser Erzähler stets präsent durch seinen ständigen Dialog mit seinem fiktiven Zuhörer bzw. dem Leser, oft eingeleitet durch Floskeln wie „Jetzt pass auf, was ich dir sag“ oder „Ob du es glaubst oder nicht“. Dadurch entstehen effektvolle Schnitte, Perspektiv- und Tempowechsel bzw. Abschweifungen, die trotzdem wieder auf das Ganze verweisen (und zugleich auf die Eigenart des Detektivs Brenner, über Umwege zum Ziel zu kommen). Das markanteste Charakteristikum der Erzähler-Stimme sind die ungewöhnlichen syntaktischen Verknappungen, Brüche und Inkorrektheiten; Authentizität gewinnt sie außerdem durch ihre Nähe zur gesprochenen Sprache.

Auf die Frage, wie er zu dieser Sprache gefunden habe, erinnert Haas sich an sein Lektorat in Swansea: „Da hat es mir diese Sprache richtig heraufgespült. Wenn ich zu Hause anrief, habe ich plötzlich stärker im Dialekt geredet als vor meiner Abreise. Es war eine komische Erfahrung.“ Und an anderer Stelle bekennt er: „Meine Geschichten sind in dem Sinne autobiografisch, dass ich mich in die Sprache meiner Herkunft zurückschwindle. Ich bin ja ein Sozialaufsteiger vom Land, also in gewisser Weise entwurzelt. Und daran arbeite ich mich ab.“

Verfilmungen

Obwohl Haas seine Romane zunächst als unverfilmbar bezeichnete, wirkte er doch bei der Realisierung von Komm, süßer Tod und Silentium! entscheidend mit. Gemeinsam mit dem auch als Kabarettist bekannten Brenner-Darsteller Josef Hader schrieb er die Drehbücher und taucht außerdem am Rande beider Filme persönlich in winzigen Nebenrollen auf.

Einer der auffälligen Unterschiede gegenüber den Büchern ist, neben der unumgänglichen Zurückdrängung der Erzählerstimme, die in den Filmen sehr viel massiver wirkende Gewalt. Der Zuschauer ist auch weit mehr als der Leser gefordert hinsichtlich der Verstehbarkeit des österreichischen Idioms, weshalb die Filme in weiten Teilen Deutschlands mit hochdeutschen Untertiteln liefen. Dessen ungeachtet gilt Komm, süßer Tod als eine der erfolgreichsten österreichischen Filmproduktionen überhaupt.

Derzeit wird die Verfilmung von "Der Knochenmann" geplant.

Hörspiele

Sehr erfolgreich sind ebenfalls die Hörspielfassungen der Brenner-Krimis. 1999 bzw. 2000 wurden Auferstehung der Toten und Der Knochenmann von den Österreichischen Rundfunkhörern zum Hörspiel des Jahres gewählt. Ebenfalls vom ORF wurde Komm, süßer Tod im Jahr 2002 als Hörspiel in zwei Folgen produziert.

Auszeichnungen

Werke

Weblinks

Vorlage:PND