„Einfache Sprache“ – Versionsunterschied

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'''Einfache Sprache''' ist im Gegensatz zur [[Standardsprache]] oder [[Fachsprache]] ein betont klarer und deutlicher [[Sprachstil]]. Sie vermeidet sehr lange Sätze, unübersichtliche Satzstrukturen, unbekannte [[Fremdwörter]], schwer verständliche [[Stilfigur]]en und ungebräuchliche bildhafte Wendungen sowie Anspielungen. Sie wird verwendet, um einen einfachen Zugang zu literarischen Texten und Gebrauchsliteratur zu bieten. Nicht [[bildungsferne]] Gruppen sind Zielgruppe der Einfachen Sprache; vielmehr geht es darum, schwierige Texte an die Lesekompetenz breiter Bevölkerungsgruppen anzupassen.
'''Einfache Sprache''' ist eine sprachlich vereinfachte Version von [[Standardsprache]] oder [[Fachsprache]]. Der [[Sprachstil]] ist betont einfacher, verständlicher und klarer. Texte in Einfacher Sprache haben kürzere Sätze, einfache Satzstrukturen und wenig Kommata. [[Fremdwörter]], schwer verständliche [[Stilfigur]]en, wie etwa [[Redewendung]]en oder [[Metapher]]n, werden in der Einfachen Sprache ebenso wenig benutzt, wie ungebräuchliche bildhafte Wendungen sowie Anspielungen. Texte in Einfacher Sprache ermöglichen einem Großteil der Bevölkerung Zugang zu Informationen oder Literatur und ist damit auch Teil von [[Barrierefreiheit]]. Bei der Einfachen Sprache geht es also nicht darum, Texte für [[bildungsferne]] Gruppen zu verfassen, sondern schwierige Texte an die Lesekompetenz breiter Bevölkerungsgruppen anzupassen. Boulevard-Zeitungen in Deutschland haben häufig das Niveau von Einfacher Sprache. Vergleicht man Einfache Sprache mit dem Erwerb von einer Fremdsprache, so ist sie im [[Gemeinsamer europäischer Referenzrahmen für Sprachen|gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen]] etwa auf dem Niveau A2-B1. Einfache Sprache besitzt im Gegensatz zur [[Leichten Sprache]] kein festes Regelwerk. Systematisch verwendet wird der Begriff Einfache Sprache nicht. Ansätze einer Definition finden sich in der Studie ''Leichte Sprache - Einfache Sprache''<ref> Andreas Baumert: [https://serwiss.bib.hs-hannover.de/frontdoor/index/index/docId/697 ''Leichte Sprache – Einfache Sprache''], 11. Januar 2016, 293 S., frei zugänglich.</ref> von Andreas Baumert und beim Verleger Ralf Beekveldt, der einen Bedarf für Literatur auf einem sprachlichen Niveau zwischen Leichter Sprache und Normalsprache sieht.
Systematisch verwendet wird der Begriff Einfache Sprache nicht. Ansätze einer Definition finden sich in der Studie ''Leichte Sprache - Einfache Sprache''<ref> Andreas Baumert: [https://serwiss.bib.hs-hannover.de/frontdoor/index/index/docId/697 ''Leichte Sprache – Einfache Sprache''], 11. Januar 2016, 293 S., frei zugänglich.</ref> von Andreas Baumert und beim Verleger Ralf Beekveldt, der einen Bedarf sieht an Literatur auf einem sprachlichen Niveau, das zwischen [[Leichte Sprache|Leichter Sprache]] und Normalsprache liegt.


== Hintergrund ==
== Hintergrund ==
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Nach den Ergebnissen der [[PISA-Studien]]<ref name="LEO2010" /> 2010 für Deutschland haben 18,5 % der 15-jährigen keine ausreichenden Lesefähigkeiten und nur 7,6 % der Schülerinnen und Schüler können sehr gut lesen.
Nach den Ergebnissen der [[PISA-Studien]]<ref name="LEO2010" /> 2010 für Deutschland haben 18,5 % der 15-jährigen keine ausreichenden Lesefähigkeiten und nur 7,6 % der Schülerinnen und Schüler können sehr gut lesen.


Bei den Erwachsenen kommt die Level One Studie von 2011 zu dem Ergebnis: „Fehlerhaftes Schreiben trotz gebräuchlichen Wortschatzes zeigt sich bei […] fünfundzwanzig Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung, dies betrifft vor allem die Rechtschreibung (Lage auf Alpha-Level 4, 18–64 Jahre). Das entspricht über 13 Millionen Menschen in Deutschland.“
Bei den Erwachsenen kommt die Level One Studie von 2011 zu dem Ergebnis: „Fehlerhaftes Schreiben trotz gebräuchlichen Wortschatzes zeigt sich bei […] fünfundzwanzig Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung, dies betrifft vor allem die Rechtschreibung (Lage auf Alpha-Level 4, 18–64 Jahre). Das entspricht über 13 Millionen Menschen in Deutschland.“<ref>[http://blogs.epb.uni-hamburg.de/leo/files/2011/12/leo-Presseheft_15_12_2011.pdf leo. – Level-One Studie]. Literalität von Erwachsenen auf den unteren Kompetenzniveaus.</ref>


In der einschlägigen Studie ''Leichte Sprache -–Einfache Sprache''<ref name="LEO2010" /> plädiert Prof. Dr. Andreas Baumert dafür, die Standardisierte Einfache Sprache Deutsch (SESD) als Standardsprache mit Wissenschaftlern zu entwickeln.
In der einschlägigen Studie ''Leichte Sprache -–Einfache Sprache''<ref name="LEO2010" /> plädiert Prof. Dr. Andreas Baumert dafür, die Standardisierte Einfache Sprache Deutsch (SESD) als Standardsprache mit Wissenschaftlern zu entwickeln.
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== Regelwerk ==
== Regelwerk ==
Anders als etwa die [[Leichte Sprache]] sieht die Einfache Sprache keine zwingenden Regeln vor. Richtlinien verstehen sich als Empfehlungen und räumen den [[Autor]]en die Möglichkeit der Abweichung ein.
Anders als etwa die [[Leichte Sprache]] sieht die Einfache Sprache keine zwingenden Regeln vor. Richtlinien verstehen sich als Empfehlungen und räumen den [[Autor]]en die Möglichkeit der Abweichung ein.
Unter anderem werden folgende Empfehlungen ausgesprochen:
Unter anderem werden folgende Empfehlungen<ref>https://einfachesprachebonn.de/grundregeln_einfache_sprache.html</ref> ausgesprochen:
* Die [[Satzstruktur]] ist einfach und logisch; Gedankensprünge werden vermieden.
* Die [[Satzstruktur]] ist einfach und logisch; Gedankensprünge werden vermieden.
* Die [[Satzlänge]] einfacher Sätze beschränkt sich in der Regel auf rund zehn bis elf Wörter, bei Verwendung von Nebensätzen auf fünfzehn Wörter.
* Die [[Satzlänge]] einfacher Sätze beschränkt sich in der Regel auf rund zehn bis elf Wörter, bei Verwendung von Nebensätzen auf fünfzehn Wörter.
* Ein Gedanke pro Satz.
* Nebensätze sollten verwendet werden, wenn sich dadurch das Textverständnis verbessert.
* Verwendung des [[Aktiv und Passiv im Deutschen|Aktiv]]
* Verwendung des [[Aktiv und Passiv im Deutschen|Aktiv]]
* Die Wortwahl orientiert sich an gesprochener Sprache
* Die Wortwahl ähnelt oft der gesprochener Sprache.
* Die Wörter sollten allgemein bekannt und möglichst eindeutig sein. Zum Beispiel Geld, statt Zahlungsmittel oder evangelische Kirche statt Gotteshaus.
* [[Fremdwort|Fremdwörter]] und schwierige Wörter werden durch einfache Entsprechungen ersetzt. Notwendige [[Fremdwort|Fremdwörter]] werden im Anhang in einer Wörterliste erklärt.
* [[Fremdwort|Fremdwörter]], in ihrer Bedeutung komplexe oder lange zusammengesetzte Wörter sollten durch einfache und eindeutige Wörter ersetzt werden. Wenn diese Wörter aber Kern der Aussage sind, sollten sie erklärt und durch Beispiele verdeutlicht werden.
* [[Metapher]]n und [[Redewendung]]en werden durch Alternativen ersetzt
* [[Metapher]]n, [[Ironie]] und [[Redewendung]]en werden durch Alternativen ersetzt
* [[Abstraktion|Abstrakte]] Begriffe werden durch [[Konkretisierung|konkrete]] ersetzt
* [[Abstraktion|Abstrakte]] Begriffe werden durch [[Konkretisierung|konkrete]] ersetzt
* Wörter werden nicht getrennt


== Vergleich von Einfacher Sprache und [[Leichte Sprache|Leichter Sprache]] ==
== Vergleich von Einfacher Sprache und [[Leichte Sprache|Leichter Sprache]] ==
[[Leichte Sprache]] wurde in den 1970er Jahren in den USA für und mit Menschen mit geistiger Behinderung entwickelt. Etwa 20 Jahre später kam das Konzept auch nach Deutschland. Bis dahin gab es für Menschen mit geistiger Einschränkung nahezu keine Informationen.<ref>https://www.leichte-sprache.org/die-geschichte/</ref> Der Zugang zu Informationen ist ein wichtiger Teil der [[Inklusion]]. Leichte Sprache hat feste Regeln, die vom Netzwerk Leichte Sprache besprochen und festgelegt werden.<ref>https://www.leichte-sprache.org/wp-content/uploads/2017/11/Regeln_Leichte_Sprache.pdf</ref> So müssen die Texte zum Beispiel von Menschen mit geistiger Behinderung auf ihre Verständlichkeit geprüft und daraufhin korrigiert werden. Texte in Leichter Sprache sind leichter als Einfache Sprache zu erkennen, da sie sich schon rein optisch von der Alltagssprache unterscheidet: Die Sätze sind sehr kurz, es gibt Zeilenumbrüche nach jedem Satz, der Genitiv wird nicht genutzt, zusammengesetzte Wörter werden mit Trennstrichen geschrieben, viele Bilder und Fotos zur Veranschaulichung des Textes. Leichte Sprache ist deutlich einfacher als Einfache Sprache.
[[Leichte Sprache]], die aus Gründen der [[Soziale Inklusion|Inklusion]] entwickelt wurde, verfolgt ein ähnliches Konzept wie die Einfache Sprache. Sie weist jedoch Eigenheiten auf, die in der Normalsprache nicht vorkommen, wie z.&nbsp;B. Trennstriche in zusammengesetzten Wörtern, extrem kurze Sätze und Zeilenumbrüche nach jedem Satz. Einfache Sprache bewegt sich auf dem Niveau A2/B1 des Gemeinsamen europäische Referenzrahmen für Sprachen, Leichte Sprache deutlich darunter.<ref> {{Webarchiv|text=''Leichte Sprache und einfache Sprache.'' |url=http://www.leichtesprache.org/images/Leichte_und_einfache_Sprache.pdf |wayback=20151129081633 |archiv-bot=2018-04-07 22:58:55 InternetArchiveBot }} In: ''leichtesprache.org'', abgerufen am 25. April 2017. (PDF; 294 kB)</ref>


== Beispiel für einen Text in Einfacher Sprache ==
== Beispiel für einen Text in Einfacher Sprache ==
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Der ORF bietet seit 4. Juli 2017 in [[Teletext]] neu das Angebot ''Nachrichten leicht verständlich'' an.
Der ORF bietet seit 4. Juli 2017 in [[Teletext]] neu das Angebot ''Nachrichten leicht verständlich'' an.
<ref>[http://orf.at/#/stories/2397952/ „Nachrichten leicht verständlich“ neu in ORF Teletext] orf.at, 4. Juli 2017, abgerufen 4. Juli 2017.</ref><!--hab ich das jetzt zu kompliziert, eckig ausgedrückt? Helium4-->
<ref>[http://orf.at/#/stories/2397952/ „Nachrichten leicht verständlich“ neu in ORF Teletext] orf.at, 4. Juli 2017, abgerufen 4. Juli 2017.</ref><!--hab ich das jetzt zu kompliziert, eckig ausgedrückt? Helium4-->
Die Aktion Mensch veröffentlicht auf ihrer Webseite ausgewählte Texte sowohl in Alltagssprache als auch in Einfacher Sprache.<ref>https://www.aktion-mensch.de/dafuer-stehen-wir/foerderprojekte-aktionen/menschen-magazin/einfache-sprache.html</ref>


== Literatur ==
== Literatur ==
* Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.): ''Leichte Sprache. Ein Ratgeber.'' BMAS, Berlin 2014 ([http://www.bmas.de/DE/Service/Medien/Publikationen/a752-leichte-sprache-ratgeber.html Volltext PDF, 127 Seiten, 3,5 MB]), abgerufen am 28. September 2014.
* Duden (Hrsg.): [http://www.duden.de/Shop/Ratgeber-Leichte-Sprache ''Duden – leichte Sprache.''] Bibliographisches Institut GmbH – Dudenverlag, Berlin 2016, ISBN 978-3-411-75616-2
* Andreas Baumert: ''Leichte Sprache – Einfache Sprache.'' 11. Januar 2016, 293 S. ([https://serwiss.bib.hs-hannover.de/frontdoor/index/index/docId/697 online])
* Andreas Baumert: ''Leichte Sprache – Einfache Sprache.'' 11. Januar 2016, 293 S. ([https://serwiss.bib.hs-hannover.de/frontdoor/index/index/docId/697 online])
* Bundeszentrale für politische Bildung: ''Leichte und Einfache Sprache.'' 21.02.2014, 40 Seiten ([http://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/179351/leichte-und-einfache-sprache?blickinsbuch])


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
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{{Wiktionary|Leichte Sprache}}
{{Wiktionary|Leichte Sprache}}
* [http://www.pro-einfache-sprache.de/ Servicestelle Einfache Sprache (Bremer Volkshochschule)]
* [http://www.pro-einfache-sprache.de/ Servicestelle Einfache Sprache (Bremer Volkshochschule)]
* [https://einfachesprachebonn.de/ Einfache Sprache Bonn]
* [http://spassamlesenverlag.de/ Spaß am Lesen Verlag]
* [http://spassamlesenverlag.de/ Spaß am Lesen Verlag]
* [http://www.leichtesprache.org/ Netzwerk Leichte Sprache]
* [http://www.leichtesprache.org/ Netzwerk Leichte Sprache]

Version vom 11. April 2018, 16:34 Uhr

Einfache Sprache ist eine sprachlich vereinfachte Version von Standardsprache oder Fachsprache. Der Sprachstil ist betont einfacher, verständlicher und klarer. Texte in Einfacher Sprache haben kürzere Sätze, einfache Satzstrukturen und wenig Kommata. Fremdwörter, schwer verständliche Stilfiguren, wie etwa Redewendungen oder Metaphern, werden in der Einfachen Sprache ebenso wenig benutzt, wie ungebräuchliche bildhafte Wendungen sowie Anspielungen. Texte in Einfacher Sprache ermöglichen einem Großteil der Bevölkerung Zugang zu Informationen oder Literatur und ist damit auch Teil von Barrierefreiheit. Bei der Einfachen Sprache geht es also nicht darum, Texte für bildungsferne Gruppen zu verfassen, sondern schwierige Texte an die Lesekompetenz breiter Bevölkerungsgruppen anzupassen. Boulevard-Zeitungen in Deutschland haben häufig das Niveau von Einfacher Sprache. Vergleicht man Einfache Sprache mit dem Erwerb von einer Fremdsprache, so ist sie im gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen etwa auf dem Niveau A2-B1. Einfache Sprache besitzt im Gegensatz zur Leichten Sprache kein festes Regelwerk. Systematisch verwendet wird der Begriff Einfache Sprache nicht. Ansätze einer Definition finden sich in der Studie Leichte Sprache - Einfache Sprache[1] von Andreas Baumert und beim Verleger Ralf Beekveldt, der einen Bedarf für Literatur auf einem sprachlichen Niveau zwischen Leichter Sprache und Normalsprache sieht.

Hintergrund

Analphabetismus

Neben rund 7,5 Millionen funktionalen Analphabeten in Deutschland – unter anderem Menschen mit einer schweren Lese- und Rechtschreibschwäche, geistig Behinderte und Menschen, die Deutsch als Fremdsprache sprechen – gibt es rund 13 Millionen Mitbürger mit schwacher Lesekompetenz in zahlreichen Abstufungen. Wie in der Grundbildungsstudie 2010[2] näher ausgeführt, ist die Lesekompetenz von rund 25 % der Bevölkerung in Deutschland für einen literarisch anspruchsvollen Text nicht ausreichend, ohne dass diese zum Personenkreis des funktionalen Analphabetismus gehörten. Dieser Personenkreis ist die Zielgruppe für Einfache Sprache. Einige dieser Personen sind während der Schulbildung nicht über ein niedriges Leseniveau hinausgekommen. Andere müssen das Lesen nach schwerer Krankheit wieder ganz neu erlernen. Geringe Lesefähigkeit erschwert oder versperrt den Zutritt zu vielen Lebensbereichen – Erwerbsarbeit, Mediennutzung, öffentliches Leben. Einfache Sprache soll diesen Personen einen Einstieg in die Schriftsprache erleichtern. „Einfache Sprache können […] laut der ‚Aktion Mensch‘ 95 Prozent der Bevölkerung lesen und verstehen“, so Lynn Osselmann im Artikel Die Kunst der Einfachheit. Sechs Autoren schreiben Literatur in einfacher Sprache.[3]

Einschlägige Studien

Nach den Ergebnissen der PISA-Studien[2] 2010 für Deutschland haben 18,5 % der 15-jährigen keine ausreichenden Lesefähigkeiten und nur 7,6 % der Schülerinnen und Schüler können sehr gut lesen.

Bei den Erwachsenen kommt die Level One Studie von 2011 zu dem Ergebnis: „Fehlerhaftes Schreiben trotz gebräuchlichen Wortschatzes zeigt sich bei […] fünfundzwanzig Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung, dies betrifft vor allem die Rechtschreibung (Lage auf Alpha-Level 4, 18–64 Jahre). Das entspricht über 13 Millionen Menschen in Deutschland.“[4]

In der einschlägigen Studie Leichte Sprache -–Einfache Sprache[2] plädiert Prof. Dr. Andreas Baumert dafür, die Standardisierte Einfache Sprache Deutsch (SESD) als Standardsprache mit Wissenschaftlern zu entwickeln.

Regelwerk

Anders als etwa die Leichte Sprache sieht die Einfache Sprache keine zwingenden Regeln vor. Richtlinien verstehen sich als Empfehlungen und räumen den Autoren die Möglichkeit der Abweichung ein. Unter anderem werden folgende Empfehlungen[5] ausgesprochen:

  • Die Satzstruktur ist einfach und logisch; Gedankensprünge werden vermieden.
  • Die Satzlänge einfacher Sätze beschränkt sich in der Regel auf rund zehn bis elf Wörter, bei Verwendung von Nebensätzen auf fünfzehn Wörter.
  • Ein Gedanke pro Satz.
  • Verwendung des Aktiv
  • Die Wortwahl ähnelt oft der gesprochener Sprache.
  • Die Wörter sollten allgemein bekannt und möglichst eindeutig sein. Zum Beispiel Geld, statt Zahlungsmittel oder evangelische Kirche statt Gotteshaus.
  • Fremdwörter, in ihrer Bedeutung komplexe oder lange zusammengesetzte Wörter sollten durch einfache und eindeutige Wörter ersetzt werden. Wenn diese Wörter aber Kern der Aussage sind, sollten sie erklärt und durch Beispiele verdeutlicht werden.
  • Metaphern, Ironie und Redewendungen werden durch Alternativen ersetzt
  • Abstrakte Begriffe werden durch konkrete ersetzt

Vergleich von Einfacher Sprache und Leichter Sprache

Leichte Sprache wurde in den 1970er Jahren in den USA für und mit Menschen mit geistiger Behinderung entwickelt. Etwa 20 Jahre später kam das Konzept auch nach Deutschland. Bis dahin gab es für Menschen mit geistiger Einschränkung nahezu keine Informationen.[6] Der Zugang zu Informationen ist ein wichtiger Teil der Inklusion. Leichte Sprache hat feste Regeln, die vom Netzwerk Leichte Sprache besprochen und festgelegt werden.[7] So müssen die Texte zum Beispiel von Menschen mit geistiger Behinderung auf ihre Verständlichkeit geprüft und daraufhin korrigiert werden. Texte in Leichter Sprache sind leichter als Einfache Sprache zu erkennen, da sie sich schon rein optisch von der Alltagssprache unterscheidet: Die Sätze sind sehr kurz, es gibt Zeilenumbrüche nach jedem Satz, der Genitiv wird nicht genutzt, zusammengesetzte Wörter werden mit Trennstrichen geschrieben, viele Bilder und Fotos zur Veranschaulichung des Textes. Leichte Sprache ist deutlich einfacher als Einfache Sprache.

Beispiel für einen Text in Einfacher Sprache

„Immer größer wurde der Tumult. Leute hielten
Plakate mit der Aufschrift «Keine Gewalt» in die
Höhe. Polizisten prügelten mit Schlagstöcken
auf sie ein. Einige versuchten, aus der Menge
auszubrechen. Die Polizisten waren sofort hinter
ihnen her und rissen sie zu Boden. Menschen
schrien. Sirenen heulten. Polizeiwagen fuhren vor.
Es herrschte ein entsetzliches Durcheinander.
Zwei Polizisten packten mich und wollten mich
wegschleifen. In dem Moment sah ich sie. Im feinen
roten Abendkleid, die Handtasche über dem Arm.
Meine Mutter.“[8]

Anwendung

Der ORF bietet seit 4. Juli 2017 in Teletext neu das Angebot Nachrichten leicht verständlich an. [9] Die Aktion Mensch veröffentlicht auf ihrer Webseite ausgewählte Texte sowohl in Alltagssprache als auch in Einfacher Sprache.[10]

Literatur

  • Andreas Baumert: Leichte Sprache – Einfache Sprache. 11. Januar 2016, 293 S. (online)
  • Bundeszentrale für politische Bildung: Leichte und Einfache Sprache. 21.02.2014, 40 Seiten ([1])

Siehe auch

Wiktionary: Einfache Sprache – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Leichte Sprache – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Andreas Baumert: Leichte Sprache – Einfache Sprache, 11. Januar 2016, 293 S., frei zugänglich.
  2. a b c LEO – Level-One Studie 2010 In: epb.uni-hamburg.de, abgerufen am 28. Mai 2017.
  3. Die Kunst der Einfachheit. Sechs Autoren schreiben Literatur in „einfacher Sprache“ In: migazin.de, 18. April 2017, abgerufen am 28. Mai 2017.
  4. leo. – Level-One Studie. Literalität von Erwachsenen auf den unteren Kompetenzniveaus.
  5. https://einfachesprachebonn.de/grundregeln_einfache_sprache.html
  6. https://www.leichte-sprache.org/die-geschichte/
  7. https://www.leichte-sprache.org/wp-content/uploads/2017/11/Regeln_Leichte_Sprache.pdf
  8. Eva Dix: Goodbye, Lenin! Text in Einfacher Sprache., Spaß am Lesen Verlag, Münster 2015, S. 25, ISBN 978-3-944668-22-2 (Auszug)
  9. „Nachrichten leicht verständlich“ neu in ORF Teletext orf.at, 4. Juli 2017, abgerufen 4. Juli 2017.
  10. https://www.aktion-mensch.de/dafuer-stehen-wir/foerderprojekte-aktionen/menschen-magazin/einfache-sprache.html