„Fleischskandal“ – Versionsunterschied

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==Auswirkungen und Verbraucherschutz==
==Auswirkungen und Verbraucherschutz==
Es besteht nach der Bundesvereinigung der deutschen Ernährungswirtschaft der Verdacht auf eine weit größere Menge von '''15.000 Tonnen Gammelfleisch'''<ref>[http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,437404,00.html Spiegel online: BEFÜRCHTUNG DER ERNÄHRUNGSWIRTSCHAFT: 15.000.000 Kilogramm Gammelfleisch]</ref> an bisher nicht entdecktem Gammelfleisch. Der effektive Verbraucherschutz<ref>[http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,476361,00.html Spiegel online: VERBRAUCHERSCHUTZ: "Seehofer hat bisher nichts umgesetzt"]</ref> ist auch durch immer neue, nur zufällig entdeckte Skandale<ref>[http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,436869,00.html 9/2006: Spiegel online: LEBENSMITTEL-SKANDAL:Tonnenweise Gammelfleisch in Großküchen verarbeitet]</ref> und Behördenversäumnisse<ref>[http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,435327,00.html Spiegel online: GAMMELFLEISCH-SKANDAL: Behörden waren seit Monaten informiert]</ref><ref>[http://www.epochtimes.de/articles/2006/12/21/74665.html Foodwatch hält Gammelfleisch in Deutschland für den „Normalfall“]</ref> nicht sicher gewährleistet, wobei es nicht realistisch ist, nur bestimmte Gruppen oder Erzeugnisse zu kritisieren<ref>[http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,436828,00.html Spiegel online: GAMMELFLEISCH: Türken wittern Döner-Verschwörung]</ref><ref>[http://magazine.web.de/de/themen/gesundheit/ernaehrung/gesund-ernaehren/1818628.html Gammelfleisch in Hamburger Supermarkt beschlagnahmt]</ref>. Auch das im April 2007 beschlossene neue Verbraucherinformationsgesetz<ref>[http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,475684,00.html Spiegel online: NEUFASSUNG - Kabinett beschließt Verbraucherinformationsgesetz]</ref> ändert daran nach Ansicht des Bundesverbandes der [[Verbraucherzentrale]]n wenig.
Es besteht nach der Bundesvereinigung der deutschen Ernährungswirtschaft der Verdacht auf eine weit größere Menge von '''15.000 Tonnen'''<ref>[http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,437404,00.html Spiegel online: BEFÜRCHTUNG DER ERNÄHRUNGSWIRTSCHAFT: 15.000.000 Kilogramm Gammelfleisch]</ref> an bisher nicht entdecktem Gammelfleisch. Der effektive Verbraucherschutz<ref>[http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,476361,00.html Spiegel online: VERBRAUCHERSCHUTZ: "Seehofer hat bisher nichts umgesetzt"]</ref> ist auch durch immer neue, nur zufällig entdeckte Skandale<ref>[http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,436869,00.html 9/2006: Spiegel online: LEBENSMITTEL-SKANDAL:Tonnenweise Gammelfleisch in Großküchen verarbeitet]</ref> und Behördenversäumnisse<ref>[http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,435327,00.html Spiegel online: GAMMELFLEISCH-SKANDAL: Behörden waren seit Monaten informiert]</ref><ref>[http://www.epochtimes.de/articles/2006/12/21/74665.html Foodwatch hält Gammelfleisch in Deutschland für den „Normalfall“]</ref> nicht sicher gewährleistet, wobei es nicht realistisch ist, nur bestimmte Gruppen oder Erzeugnisse zu kritisieren<ref>[http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,436828,00.html Spiegel online: GAMMELFLEISCH: Türken wittern Döner-Verschwörung]</ref><ref>[http://magazine.web.de/de/themen/gesundheit/ernaehrung/gesund-ernaehren/1818628.html Gammelfleisch in Hamburger Supermarkt beschlagnahmt]</ref>. Auch das im April 2007 beschlossene neue Verbraucherinformationsgesetz<ref>[http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,475684,00.html Spiegel online: NEUFASSUNG - Kabinett beschließt Verbraucherinformationsgesetz]</ref> ändert daran nach Ansicht des Bundesverbandes der [[Verbraucherzentrale]]n wenig.


Dennoch helfen die klaren europaweiten ([[Verordnung (EG) Nr. 178/2002]]) und deutschen Vorschriften der [[Lebensmittelhygiene-Verordnung]] und die [[Rückverfolgbarkeit]] bei der Aufdeckung der [[Lebensmittelskandal]]e.
Dennoch helfen die klaren europaweiten ([[Verordnung (EG) Nr. 178/2002]]) und deutschen Vorschriften der [[Lebensmittelhygiene-Verordnung]] und die [[Rückverfolgbarkeit]] bei der Aufdeckung der [[Lebensmittelskandal]]e.

Version vom 3. September 2007, 14:39 Uhr

Fleisch, das die Hygiene-Kriterien erfüllt

Gammelfleisch ist ein umgangssprachlicher, negativ besetzter Begriff, der im November/Dezember 2005 während einer Welle von Lebensmittelskandalen in Deutschland geprägt wurde. Zahlreiche Politiker und Medien nutzen das Schlagwort Gammelfleisch als Umschreibung für nach dem Lebensmittelrecht zu menschlichem Genuß untauglichem Fleisch bzw. Fleisch- und Wurstwaren. Als Synonym wird auch „Ekelfleisch“ benutzt.

Begriff

Gammel ist ein niederdeutsches Wort, das soviel bedeutet wie „das Alte“. Umgangssprachlich abwertend bezeichnet Gammel laut Duden „minderwertiges, wertloses, unbrauchbares Zeug verschiedener Art“. Im Gegensatz zu minderwertigem, aber nicht gesundheitsschädlichem Freibank-Fleisch, das in der Fleischbeschau als „bedingt tauglich“ zum menschlichen Genuss eingestuft wurde, steht Gammelfleisch für zu menschlichem Genuss untauglichem Fleisch. Gammelfleisch wird nicht gebraucht für Fleisch, das als generell untauglich eingestuft wurde (z. B. BSE-verseucht[1]), welches in Tierkörperbeseitigungsanlagen vernichtet bzw. verarbeitet werden muss.

Der sich in sehr kurzer Zeit etablierte bzw. weit verbreitet benutzte Begriff Gammelfleisch wird umgangssprachlich abwertend gebraucht für:

  • Fleisch bzw. Fleisch- und Wurstwaren zum menschlichen Gebrauch, die das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten haben
  • Fleisch bzw. Fleisch- und Wurstwaren, die nicht zum menschlichen Gebrauch bestimmt sind, aber dafür verwendet werden oder ein entsprechender Versuch gemacht wurde. Es handelt sich dabei nach der EU-Verordnung Nr.1774/2002 mit Gültigkeit vom 1. Mai 2003 um 3 Kategorien[2]:
  1. Kategorie 1 enthält Fleisch und tierische Nebenprodukte mit dem höchsten Risiko (z. B. TSE, Rückstände verbotener Stoffe) und muss vollständig als Abfall entsorgt werden. Eine widerrechtliche Verwendung dieser Kategorie als Gammelfleisch ist nach Stand 08/2007 noch nicht erfolgt.
  2. Kategorie 2 enthält Fleisch und Nebenprodukte mit dem Risiko anderer, nicht übertragbarer Krankheiten. Sie dürfen zur Kompostierung oder Fettverarbeitung verwendet werden, nicht jedoch zur Futtermittelherstellung. Eine widerrechtliche Verwendung dieser Kategorie als Gammelfleisch ist nach Stand 08/2007 noch nicht erfolgt.
  3. Kategorie 3 besteht u. a. aus Schlachtkörperteilen, die nicht gesundheitsschädlich sind, die jedoch aus kommerziellen Gründen nicht für den menschlichen Verzehr bestimmt sind:
  • Schlachtkörperteile, die genussuntauglich sind, die jedoch keine Anzeichen einer übertragbaren Krankheit zeigen und die von Tieren stammen, die genusstauglich sind
  • Häute, Hufe und Hörner, Schweineborsten und Federn von Tieren, die nach einer Schlachttieruntersuchung in einem Schlachthof geschlachtet wurden
  • Blut (nicht von Wiederkäuern) von Tieren, die nach einer Untersuchung in einem Schlachthof geschlachtet wurden
  • Tierische Schlachtkörperteile und Nebenprodukte, die bei der Herstellung von für den menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnissen angefallen sind, und entfettete Knochen und Grieben
  • Ehemalige tierische Lebensmittel, die aus anderen, nicht gesundheitsschädlichen Folgen, z.B. Verpackungsmängeln, für den menschlichen Verzehr nicht mehr bestimmt sind
Dieses unverzüglich zu kennzeichnende Fleisch darf nur entweder zur Tiernahrungsherstellung in einem zugelassenen Heimtierfutterbetrieb oder zu nicht mehr essbaren Produkten verarbeitet, z. B. zu Schmierfetten verwendet werden. Es darf auch zur Kompostierung oder Biogasherstellung verwendet werden. Dennoch wird Fleisch der sogenannten Handelskategorie 3[3] widerrechtlich dafür verwendet:

Skandale (Auswahl)

  1. Bei dem Gammelfleischskandal im November 2005 um einen Fleisch-Großhändler aus Gelsenkirchen wurden 131 Tonnen Rind- und Putenfleisch in NRW, Niedersachsen und Hamburg sichergestellt[4][5]. Gegen das Gelsenkirchener Unternehmen wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.
  2. Im gleichen Zeitraum (Herbst 2005) wurden auch andere Skandale bekannt, die in der Öffentlichkeit oft nicht deutlich vom bisherigen unterschieden wurden[6]. Insgesamt wurden Tausende Tonnen verdorbenes, abgelaufenes oder umetikettiertes Fleisch beschlagnahmt [7].
  3. Im September 2006 wurden in München nur noch etwa 100 Tonnen einer ursprünglich wesentlich größeren Menge an verdorbenem Fleisch – darunter Döner- und Entenfleisch – sichergestellt. Das sichergestellte Fleisch war bis zu vier Jahre alt. Eine weitaus größere Menge ist an 26 Betriebe in München beliefert worden und wurde verzehrt[8].
  4. Im Oktober 2006 wurden in Hamburg über 5 Tonnen teilweise grünlich verfärbtes Gammelfleisch beschlagnahmt[9]. Es besteht der Verdacht auf eine weit größere, schon verzehrte Menge. Es wurde ein Strafverfahren eingeleitet.
  5. September bis Dezember 2006 wurden in Berlin mehrere Beschlagnahmungen von teilweise überaltertem Dönerfleisch, Putenfleisch[10] und Bratwürstchen[11] bekannt.
  6. Februar 2007 gab es einen "kleineren" Skandal der Umettiketierung bei der Supermarktkette Real [12]. Siehe dazu auch:[13][14].
  7. Im August 2007 wurde in Memmingen/Wertingen (Bayern) ein Skandal von etwa 200 Tonnen sogenanntem K3-Fleisch (Handelskategorie 3) veröffentlicht, das nur für Tiernahrung verwendet werden darf. Die Ware sei bei dem Großhändler als K3-Material angekommen und wurde nach bisherigen Erkenntnissen umetikettiert. Verwendet wurde das Fleisch angeblich vorwiegend zwischen Juni 2006 und August 2007 zur Herstellung von Döner Kebap in Berlin, aber auch in Gesamt-Deutschland (siehe [15][16][17]). Äußerungen, dass dieses Fleisch unerkannt verwendet wurde, widerspricht Berlins größter Döner-Produzent Remzi Kaplan: „So etwas sieht und riecht man.“[18].

Auswirkungen und Verbraucherschutz

Es besteht nach der Bundesvereinigung der deutschen Ernährungswirtschaft der Verdacht auf eine weit größere Menge von 15.000 Tonnen[19] an bisher nicht entdecktem Gammelfleisch. Der effektive Verbraucherschutz[20] ist auch durch immer neue, nur zufällig entdeckte Skandale[21] und Behördenversäumnisse[22][23] nicht sicher gewährleistet, wobei es nicht realistisch ist, nur bestimmte Gruppen oder Erzeugnisse zu kritisieren[24][25]. Auch das im April 2007 beschlossene neue Verbraucherinformationsgesetz[26] ändert daran nach Ansicht des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen wenig.

Dennoch helfen die klaren europaweiten (Verordnung (EG) Nr. 178/2002) und deutschen Vorschriften der Lebensmittelhygiene-Verordnung und die Rückverfolgbarkeit bei der Aufdeckung der Lebensmittelskandale.

Quellen

  1. Foodwatch: BSE-Auslöser Tiermehl weiter im Handel
  2. BTKV: Übersicht über K1, K2 und K3-Material
  3. 11/2005: Foodwatch: Schlachtabfälle in Lebensmitteln
  4. 10/2005: Umwelt & Ernährung: Gammelfleisch aus Gelsenkirchen
  5. 11/2005: 131 Tonnen sichergestellt, Skandal um Gammelfleisch weitet sich aus
  6. 12/2005: Foodwatch: Ein Gammelfleisch-Skandal nach dem anderen
  7. 1/2006: Fraunhofer IZM: Gescannte Frische: Tausende Tonnen verdorbenes, abgelaufenes oder umetikettiertes Fleisch wurden in den letzten Monaten beschlagnahmt
  8. 6/2006: Focus online: Ernährungs-Skandal: Ekelfleisch überwiegend verzehrt
  9. 10/2006: HAMBURG:Polizei beschlagnahmt 5,5 Tonnen Gammelfleisch
  10. 12/2006: Gammelfleisch in Berlin beschlagnahmt: Putenfleisch stammt aus Italien
  11. 12/2006: 10.000 Würstchen auf Weihnachtsmarkt beschlagnahmt
  12. 3/2007:Hackfleischskandal Umetikettiertes Hackfleisch bei real
  13. Interview Staatsanwalt: "Strafrahmen wenig ausgeschöpft"
  14. 2/2007: Foodwatch: Tiermehl-Schmuggel Dunkle Geschäfte mit Tiermehl und Schlachtabfällen
  15. 8/2007: Tagesspiegel online: Akkordausbeiner und Gammeldöner
  16. 8/2007: Spiegel online: Bis zu 180 Tonnen Ekelfleisch ausgeliefert
  17. 8/2007: Focus online: LEBENSMITTEL-SKANDAL: Bis zu 180 Tonnen Gammelfleisch
  18. 8/2007: Tagesspiegel online: Gammelfleisch Dönerskandal weitet sich aus
  19. Spiegel online: BEFÜRCHTUNG DER ERNÄHRUNGSWIRTSCHAFT: 15.000.000 Kilogramm Gammelfleisch
  20. Spiegel online: VERBRAUCHERSCHUTZ: "Seehofer hat bisher nichts umgesetzt"
  21. 9/2006: Spiegel online: LEBENSMITTEL-SKANDAL:Tonnenweise Gammelfleisch in Großküchen verarbeitet
  22. Spiegel online: GAMMELFLEISCH-SKANDAL: Behörden waren seit Monaten informiert
  23. Foodwatch hält Gammelfleisch in Deutschland für den „Normalfall“
  24. Spiegel online: GAMMELFLEISCH: Türken wittern Döner-Verschwörung
  25. Gammelfleisch in Hamburger Supermarkt beschlagnahmt
  26. Spiegel online: NEUFASSUNG - Kabinett beschließt Verbraucherinformationsgesetz

Siehe auch

Literatur

  • K. Meyer-Kullmann: Lebensmittelskandale und Konsumentenreaktionen. Analyse der Auswirkungen von Lebensmittelskandalen unter besonderer Berücksichtigung des Informationsverhaltens. Dargestellt am Beispiel BSE. Lang, Frankfurt a. M. u. a. 1999, ISBN 3-631-34928-9 (Dissertation an der Technischen Universität München)
  • Matthias Horst, Otto A. Strecker (Hrsg.): Krisenmanagement in der Lebensmittelindustrie. Behr, Hamburg 2006, ISBN 3-89947-302-7

Weblinks

Wiktionary: Lebensmittelskandal – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen