„Narkolepsie“ – Versionsunterschied

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* [http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=25878 Mayer, Geert et al. ''Narkolepsie: Diagnose und Therapie''] im [[Ärzteblatt]]
* [http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=25878 Mayer, Geert et al. ''Narkolepsie: Diagnose und Therapie''] im [[Ärzteblatt]]
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* [http://www.spiegel.de/schulspiegel/wissen/0,1518,511950,00.html IMMERMÜDE JUGENDLICHE Wenn der Schlaf zur Qual wird ]


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Version vom 26. Oktober 2007, 19:46 Uhr

Die Narkolepsie im Volksmund auch „Schlafkrankheit“ oder „Schlummersucht“ genannt, gehört zur Gruppe der Schlafstörungen (Dyssomnie) der eine neurologische Erkrankung des Schlaf-Wach-Rhythmus zu Grunde liegt. Sie äußert sich bevorzugt durch einen starken Schlafdrang, manchmal in einem ausgelösten Schlafzwang. In der Abgrenzung zum übermäßigen Schlaf (Hypersomnie) handelt es sich hierbei um eine systemische Störung, die nicht nur durch ein allgemein erhöhtes Schlafbedürfnis, sondern vor allem durch eine tiefgreifende Störung der Schlafrhythmik charakterisiert ist.

Verbreitung und Häufigkeit

In Deutschland leiden Schätzungen der Deutsche Narkolepsie-Gesellschaft (DNG) zufolge rund 40.000 Menschen unter dieser Erkrankung (Prävalenz: ca. 26-50/100.000 bei einer hohen Dunkelziffer). Auch Kinder sind davon betroffen. Erste klinische Symptome treten jedoch selten vor der Pubertät auf. Der Erkrankungsgipfel wird mit „um das 25. Lebensjahr“ angegeben. Dabei verschiebt sich die Symptomatik mit zunehmendem Alter meist von bevorzugt kataplektischen Erscheinungen in der Jugend zu vermehrtem Schlafdrang im fortgeschrittenen Alter. Männer sind geringfügig häufiger betroffen als Frauen. Exakte epidemiologische Studien fehlen allerdings.

Symptome der Narkolepsie: Die Symptomatik wird in vier Bereiche untergliedert, die so genannte narkoleptische Tetrade oder Symptomkomplex.

  1. Schlafzwang
  2. Kataplexien (Verlust der Muskelanspannung)
  3. Abnormer Schlafrhythmus
  4. Schlaflähmung (Schlafparalyse) mit hypnagogen/hypnopompen Halluzinationen

Als weiteres Symptom, meist jedoch ebenfalls der Schlaflähmung (4) zugerechnet:

  • automatisiertes Handeln

Die Symptomatik ist individuell sehr verschieden. Kaum ein Narkoleptiker weist alle Symptome in voller Ausprägung auf. Meist lassen sich geringfügige Ausprägungen der übrigen Symptome erst bei sehr eingehenden Untersuchungen nachweisen. Schwierig ist es auch eine Narkolepsie ohne Kataplexien zu Diagnostizieren da sie nur schwer von anderen Hypersomnien zu unterscheiden ist. Die uneinheitliche Symptomatik dürfte mit ursächlich für eine geringe Zahl gesicherter Diagnosen und einer hohen vermuteten Dunkelziffer sein.

Schlafzwang

Der Schlafzwang besteht zum einen in einer ganztägig erhöhten Schläfrigkeit, die phasenweise unwiderstehlich werden kann. Daneben gibt es auch Fälle von imperativem Schlaf in ganz bestimmten auslösenden Situationen. Der Patient schläft in solchen Situationen ohne Kontrollmöglichkeit ein, wobei der Schlaf zwischen wenigen Sekunden und mehreren Minuten anhalten kann.

Kataplexie

Ausgelöst meist durch starke Emotionen (Freude, Lachen, Scham, Begeisterung, Ärger, Erregung oder Schreck) sind Kataplexien.Wenn Lachen der Auslöser ist häufig auch Lachschlag genannt.Darunter versteht man vorübergehende Muskelerschlaffungen bei wachem Bewusstsein, welche je nach individueller Ausprägung am gesamten Körper oder nur lokal auftreten. Beispielsweise fällt der Patient in sich zusammen, kann Dinge für einige Sekunden nicht mit der Hand festhalten, lässt den Kopf hängen, spricht undeutlich oder fängt an zu schielen. Im Extremfall fällt der Narkoleptiker ganz einfach hin, ohne dass er den Fall lenken kann. Dies ist mit der Gefahr von schweren Verletzungen und Folgeunfällen verbunden.

Abnormer Schlafrhythmus

Datei:003i.jpg
Zwei Schlafprofile eines narkoleptischen Patienten

Der dritte Symptomkreis besteht in einem abnormen Schlafrhythmus (beispielsweise 4 Stunden wach, 4 Stunden Schlaf, usw. tags und nachts), sowie in verschobenen REM-Phasen (Traumschlaf-Phasen), die untypisch dem traumlosen Schlaf vorausgehen. Dadurch können beim Einschlafen Wach- und Traumvorstellungen vermischt werden und zu sog. hypnagogen (dem Schlaf vorausgehenden) Halluzinationen führen.

Der nächtliche Schlaf ist auch dann gestört, wenn der Betroffene den üblichen Bettrhythmus einhält. Die Abbildung zeigt zwei nächtliche Schlafprofile einer narkoleptischen Patientin über jeweils 8 Stunden. Man sieht einen zerrissenen, fragmentierten Schlaf, der die Schlafzyklen nur ansatzweise erkennen lässt. Besonders eindrücklich ist, dass sich über verschiedene Nächte keine einheitlichen Muster erkennen lassen. Die Fraktierung ist in jeder Nacht anders. Die Betroffenen empfinden den Schlaf meist als wenig erholsam.

Schlaflähmung / Schlafparalyse

Der vierte Symptomkreis sind Schlaflähmungen. Beim Schlafbeginn oder beim Aufwachen tritt plötzlich eine Lähmung der Körpermuskulatur ein. Diese nennt man Schlafparalyse (Schlaflähmung). Der Betroffene nimmt seine Umgebung wahr, kann sich jedoch nicht bewegen. Entgegen Kataplexien können Schlafparalysen durch Berühren des Körpers unterbrochen werden.

Im Traum- bzw. REM-Schlaf und beim Aufwachen unterliegt die Muskulatur des Betroffenen der tiefschlaf- und REM-schlaftypischen Kontrolllosigkeit, obwohl der Betroffene eigentlich nicht schläft (ähnlich wie bei der Kataplexie, nur eben durch Müdigkeit und Schlaf, statt durch Emotionen ausgelöst). Willentliches Aufwachen und Aufstehen ist dadurch extrem erschwert bzw. für die Dauer der Schlaflähmung nicht möglich.

Automatisiertes Verhalten

Beim automatisierten Verhalten werden Tätigkeiten nur motorisch ausgeführt, also ohne bewusste Steuerung. Der Narkoleptiker schläft mitten in einer Handlung ein und führt sie im Schlaf fort. Dabei besteht erhöhte Unfall- und Verletzungsgefahr.

Konzentrations- und Lernstörungen sind ebenfalls häufig, fast immer zu beobachten.

Ursachen / Ätiologie der Narkolepsie

In ihrer Ausprägung zwischen den verschiedenen Symptomen unterliegt die Narkolepsie großen individuellen Schwankungen. Der eigentliche Grund für Narkolepsie ist unbekannt. Untersuchungen lassen die Hypothese immer wahrscheinlicher werden, dass Zentren im Gehirn beteiligt sind, die für die Steuerung des Wach-Schlaf-Rhythmus zuständig sind (Hypothalamus, Suprachiasmatischer Nucleus). Neuere Ergebnisse weisen auf einen Verlust der sog. Hypocretin/Orexin-Zellen im Hypothalamus hin.

Eine erbliche Komponente ist wahrscheinlich, da etwa 95% aller Narkoleptiker einen Blutfaktor aufweisen (HLA-DR15 (früher HLA-DR2) positiv), den in der Gesamtbevölkerung nur etwa 25% aller Menschen haben. (Nicht der Blutfaktor selbst scheint ursächlich zu sein, sondern sein Genlocus ist dem der hypothetischen Narkolepsieursache wahrscheinlich nahe benachbart.)

Therapie der Narkolepsie

Narkolepsie ist bis heute nicht heilbar. Die Tagesmüdigkeit kann aber durch Wirkstoffe wie Methylphenidat (Ritalin®,Concerta®) oder das neue Modafinil (Vigil®, Modasomil®(CH))teilweise gemildert werden. Kataplexien/Schlaflähmungen können je nach Patienten mit trizyklischen Antidepressiva oder den neueren Produkten wie Fluoxetin (Fluctin®, Fluctine®(CH)), (Prozac® in den Vereinigten Staaten) oder anderen SSRI Produkten behandelt werden.

Am 13. Oktober 2005 wurde der Wirkstoff 4-Hydroxybutansäure-Natriumsalz (Natriumoxybat) (Xyrem®) für die Behandlung der Kataplexie bei erwachsenen Patienten mit Narkolepsie in der gesamten Europäischen Union zugelassen. [1] Es soll auch günstig auf die Tagesschläfrigkeit wirken. Natriumoxybat ( Handelsname: Xyrem®) gilt als gut verträglich und hat wenig Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten.

Wirkung: Reduktion von Kataplexien und Tagesschläfrigkeit, bessere Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit, besserer Nachtschlaf, kein Hinweis auf Toleranzentwicklung: wirkt überwiegend als GABA-B - Rezeptoragonist

Wechselwirkungen: Alkohol ( verstärkte Wirkung von Xyrem® ), Hypnotika ( keine Kombination mit Xyrem®) Antidepressiva (mögliche additive Wirkung), Valproat, Phenytoin, Ethosuximid (mögliche Wechselwirkungen) [2]

Nebenwirkungen: Schwerwiegende Nebenwirkungen wurden bislang bei der Therapie mit Xyrem nicht beobachtet. Übelkeit, Kopfschmerz, Schwindel, Müdigkeit, Parästhesien, Tremor und Enuresis waren zumeist nur leicht ausgeprägt. [3]

Neue Erkenntnisse um die Pathologie des Hypocretin/Orexin Systems könnten neue Möglichkeiten der Behandlung eröffnen.

Narkolepsie im sozialen Umfeld

Die Narkolepsie geht nicht mit einer psychischen Störung oder mentalen Minderleistung einher. Die Patienten bleiben psychisch unauffällig, werden aber häufig als Schlafmützen, Simulanten oder Faulpelze angefeindet. Eine sachliche Information des sozialen Umfeldes über dieses Handicap ist deshalb dringend geboten.

Diese Anfeindungen bzw. Probleme im Tagesablauf können aber auch zu Depressionen und/oder sozialer Phobie führen. Die Betroffenen ziehen sich u. U. zurück und haben dadurch auch weniger soziale Kontakte. Wichtig ist, dass das unmittelbare Umfeld des Erkrankten die Krankheit akzeptiert und berücksichtigt. Dazu gehören auch die Akzeptanz von Schlafpausen u.ä.

Die Situation des Patienten kann durch die Wahl eines geeigneten Arbeitsplatzes, an dem er mit seiner Störung besser zurecht kommt, erheblich erleichtert werden. Je nach individueller Ausprägung der Symptomatik empfiehlt sich z.B. Bürotätigkeit anstatt einer Tätigkeit an beweglichen Maschinen, wenn Kataplexien zu fatalen Fehlbedienungen führen könnten. In anderen bekannten Fällen lösen gerade bestimmte Bürotätigkeiten (Bildschirmbeobachtung) eine Zwangsschlaf-Attacke aus, die wie im Fall eines Bankberaters im direkten Kundenverkehr nicht tolerierbar war.

Narkolepsie kann die Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit stark einschränken und kann in extremen Fällen den Schwerbehinderten-Status bis hin zur Erwerbsunfähigkeit begründen. Information und Hilfe bieten die unten verlinkten Narkolepsie-Gesellschaften mit ihren Selbsthilfegruppen.

Narkolepsie in Film und Literatur

  • Im Spielfilm Rat Race – Der nackte Wahnsinn wird Narkolepsie durch die Rolle des Enrico Pollini - dargestellt von Rowan Atkinson - thematisiert.
  • Ebenso gibt es einen Narkoleptiker in Moulin Rouge.
  • Außerdem gibt es einen französischen Film mit dem Namen Narco – Die wunderbare Welt des Gustave Klopp. In diesem Film geht es um das Leben eines Narkoleptikers.
  • In dem Film Kontroll wird Narkolepsie durch die Rolle des Mukki thematisiert (Er schläft ein, wenn er in einen Konflikt gerät).
  • In dem Film My Private Idaho gibt es ebenfalls einen Narkoleptiker, der in Kataplexie verfällt, wenn er unter Stress steht.
  • Auch im Film Fight Club glaubt der Protagonist unter Narkolepsie zu leiden, weil er manche Symptome zeigt.
  • In der Anime-Serie Detective Conan wird fälschlicherweise angenommen, dass der Privatdetektiv Kogoro Mori unter Narkolepsie leidet.
  • In der Comicserie Die Peanuts von Charles M. Schulz leidet die Figur Peppermint Patty an Narkolepsie.
  • In einer Folge der Fernsehserie Scrubs – Die Anfänger ist ein Narkoleptiker zu sehen, der bei sexueller Erregung einschläft.

Literatur

  • Susanne Schäfer, „Die Schlafkrankheit Narkolepsie“, Ein Erfahrungsbericht über Lachschlag, Schlaflähmung und Pennen in Pappkartons. Verlag Freies Geistesleben, ISBN 3-7725-1744-7. Sehr informativ für Narkoleptiker, Angehörige, Ärzte.
  • Susanne Schäfer „Mittler zwischen Hirn und Händen“. Verlag Freies Geistesleben, ISBN 3-7725-1815-X. Auch hier findet man einiges zu Narkolepsie, Parkinson und Antrophosophie.

Fachliteratur:

  • Mayer, Geert; Narkolepsie. Blackwell Wissenschafts-Verlag Berlin-Wien ISBN 3-89412-449-0 (Grundlagenwerk)
  • Mayer, Geert; Narkolepsie Taschenatlas Spezial. Thieme 2006 ISBN 3-13-134431-8

Siehe auch

Quellen

  1. EMEA Zulassung von Xyrem®
  2. Quellen: Taschenatlas spezial – Narkolepsie Geert Mayer, Thieme Verlag
  3. Quelle: EFNS – Leitlinien zum Management der Narkolepsie October 2006; Arzneimitteltherapie 2007; 25:82-6

Weblinks