Naturdenkmal

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Hinweisschild Naturdenkmal am Stamm des Ginkgo in Rödelheim in Frankfurt am Main
Der Brunnenpark in Hofgeismar ist als flächenhaftes Naturdenkmal ausgewiesen
Naturdenkmal 350-jährige Eiche auf dem Platnersberg in Nürnberg (2017)

Ein Naturdenkmal (abgekürzt: ND) ist ein natürlich entstandenes Landschaftselement, das unter Naturschutz gestellt ist. Es kann ein einzeln stehendes oder vorkommendes Gebilde wie eine Felsnadel oder ein einzeln stehender Baum sein, undefinierten Umfangs wie eine Höhle oder auch ein Gebiet oder Gebilde mit einer beschränkten Fläche und einer klaren Abgrenzung von seiner Umgebung wie ein Felsengarten oder eine Wiese; letztere werden als flächenhaftes Naturdenkmal oder Flächennaturdenkmal (abgekürzt: FND) bezeichnet.

Definition

Geschichte

Kennzeichnung eines Naturdenkmals in Österreich nach dem Reichsnaturschutzgesetz 1935

Das Naturdenkmal – ein Begriff, den Alexander von Humboldt in der Beschreibung seiner Amerikareise „Relation historique“[1] benutzt: „monuments de la nature“,[2][3] dennoch konnte der Begriff „Naturdenkmal“ in Wörterbüchern oder Lexika vor 1900 nicht nachgewiesen werden – wird oft als Naturschöpfung bezeichnet, kann jedoch gleichzeitig Zeuge der historischen Kulturlandschaft sein (markante gepflanzte Einzelbäume oder Aufschlüsse mit besonderen geologischen Bildungen).

Nachdem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Deutschland der Naturschutzgedanke aufgekeimt war, verfasste im Jahr 1900 der Botaniker Hugo Conwentz den ersten Band eines Nachweises „der beachtenswerthen und zu schützenden urwüchsigen Bestände, Bäume und Bestände im Königreich Preußen“[4], der Kandidaten für schützenswerte Naturdenkmäler inventarisierte.[3] Im Jahr 1904 verfasste Conwentz eine Denkschrift mit dem Titel Die Gefährdung der Naturdenkmäler und Vorschläge zu ihrer Erhaltung, die er bei dem Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten einreichte. Sie enthielt eine umfassende Definition des Begriffs Naturdenkmal, zu dem auch flächenhafte Elemente der Natur, „Landschafts-“ und „Lebenszustände“ zählten. Conwentz war es auch, der die Leitung der 1906 im damals preußischen Danzig eingerichteten ersten Staatlichen Stelle für Naturdenkmalpflege übernahm.

Artikel 150 der Weimarer Verfassung reihte den Schutz der Naturdenkmäler in den Schutz der Kultur- und Geschichtsdenkmäler ein.[3] Das Reichsnaturschutzgesetz (RNG) von 1935 sah neben dem Tier-, Pflanzen- und Naturschutz auch den Schutz von Naturdenkmälern vor. Bis 1940 wurden knapp 50.000 Naturdenkmäler ausgewiesen. Der in der Zeit des Nationalsozialismus ideologisch aufgeladene Naturschutz geriet jedoch immer wieder in Konflikt mit der höher priorisierten Intensivierung der Landwirtschaft und Ausbau von Verkehrswegen (→ Naturschutz im Nationalsozialismus). In der Bundesrepublik Deutschland löste 1976 das Bundesnaturschutzgesetz das RNG ab und regelt seitdem den Schutz von Naturdenkmalen (siehe Abschnitt #Deutschland).[3]

Kategorie der IUCN: Natural Monument or Feature

In der 1978 erstellten Schutzgebiets-Systematik der International Union for Conservation of Nature and Natural Resources (IUCN), der als internationaler Vergleichsmaßstab dient, bildet Natural Monument or Feature (deutsch meist Naturdenkmal) die Kategorie III.

“Protected areas set aside to protect a specific natural monument, which can be a landform, sea mount, submarine cavern, geological feature such as a cave, or even a living feature such as an ancient grove. They are generally quite small protected areas and often have high visitor value.”

„Gebiete, die besondere Naturerscheinungen schützen, etwa eine Geländeformation, einen untermeerischen Berg, eine Unterwasserhöhle, ein Geotop wie eine Höhle oder sogar ein lebendiges Gebilde wie ein alter Hain. Diese Gebiete sind meist recht klein und haben hohe Besucherwirksamkeit.“[5]

Wie bei allen IUCN-Kategorien liegt der Fokus der Klassierung auf der Gestaltung von Schutzziel und Management (Maßnahmen von Eingriffen und Verboten). Sie sind nicht darauf ausgerichtet, Ökosysteme zu bewahren, Biodiversität wird aber indirekt begünstigt.[6] Außerdem ist es eine Klasse, die beispielsweise auch in dicht bebautem Gebiet ausgewiesen werden kann und daher Naturreste schützen kann. Sonst gelten aber Naturdenkmäler insbesondere als „Botschafter“ des Umweltgedankens, da sie Schutzgut in seiner Vielfalt sehr eindrücklich darstellen (daher der deutsche Ausdruck Denkmal). Im Unterschied etwa zu Nationalparks tritt also der Erholungsgedanke in den Hintergrund, der didaktische Zweck in den Vordergrund.

Zur IUCN-Kategorie III gehören die Naturdenkmäler mitteleuropäischen Gepräges, aber auch zahlreiche andere Schutzgebiete in Natur- und Landschaftsschutz als ganze Klasse oder einzelne Schutzobjekte je nach nationalem Schutzziel und -ausmaß.

Nationales

Deutschland

In Deutschland ist der Schutz von Naturdenkmälern heute in § 28 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) verankert.[7] Geschützt werden können außer Einzelbäumen auch andere besondere Objekte der Natur (Naturgebilde) oder entsprechende Flächen bis zu 5 Hektar (Flächennaturdenkmale), sofern ihr Schutz wegen ihrer Seltenheit, Eigenart oder Schönheit oder aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen erforderlich ist. Der Schutz bedeutet ein weitgehendes Veränderungsverbot, das wie der jeweilige Schutzgegenstand und -zweck durch Rechtsverordnungen im Landesrechts näher bestimmt wird.

Die Landesnaturschutzgesetze enthalten dazu unterschiedliche Bestimmungen[8] und beriefen sich z. T. noch bis 2005 auf das Reichsnaturschutzgesetz von 1935.[9] Naturdenkmale, die zuvor nach DDR-Recht unter Schutz gestellt worden waren, wurden 1990 vorbehaltlich einer Neuregelung übergeleitet.[10] Daher kann es in den betreffenden Bundesländern Abweichungen, beispielsweise auch deutlich größere Flächennaturdenkmale geben. Es gibt in allen Bundesländern – außer in Bremen – verschiedene Naturdenkmale.

Japan

In Japan können Tiere, Pflanzen, geologische Formationen und Naturschutzgebiete zum Naturdenkmal (天然記念物, Tennen Kinenbutsu) deklariert werden. Die Einteilung erfolgt in Abgrenzung zum Kulturdenkmal (文化記念物, Bunka Kinenbutsu), das vom Menschen im Rahmen kultureller Aktivitäten geschaffen wird. In Japan erfolgt die amtliche Klassifikation von Naturdenkmälern nach dem Kulturgutschutzgesetz und den Kulturgutschutzbestimmungen der Gebietskörperschaften (地方自治体). Die Ernennung erfolgt durch den Minister für Bildung, Kultur, Sport, Wissenschaft und Technologie, die Klassifikation obliegt dem Amt für kulturelle Angelegenheiten. Die Ernennung zum Naturdenkmal kann durch den Zusatz „besonderes Naturdenkmal“ um eine Ernennungsstufe und damit auch in der Wertschätzung erhöht werden.[Anm. 1][11] Die Idee des Schutzes von Naturdenkmälern geht auf westliches Vorbild, insbesondere Deutschland, die Schweiz und Amerika, zurück und umfasst anders als in westlichen Breiten auch Lebewesen.

Der japanische Begriff für Naturdenkmal „Tennen Kinenbutsu“ geht auf einen Vorschlag des Botanikers Miyoshi Manabu (三好学, 1862–1939) der Kaiserlichen Universität Tokio zurück. Er ist eine analoge Nachbildung des deutschen Begriffs „Naturdenkmal“ von Alexander von Humboldt. In einem Aufsatz von 1906 über die Notwendigkeit alte Bäume vor der Abholzung[Anm. 2] zu schützen, führte er den Gedanken des Erhaltes von Naturdenkmälern in Japan ein und vertiefte ihn ein Jahr später mit zwei weiteren Schriften[Anm. 3], in denen er bereits den Begriff „Tennen Kinenbutsu“ verwendete. 1911 brachte er einen Antrag zum Erhalt von Naturdenkmälern, landschaftlich schönen Orten und historischen Stätten im japanischen Oberhaus ein, das 1919 das „Gesetz zum Erhalt historischer Stätten, landschaftlich schöner Orte und Naturdenkmäler“ verabschiedete und den Schutz administrativ verankerte. 1933 wurde das System zum Erhalt von Naturdenkmälern auch in Korea und Taiwan, die unter japanischer Herrschaft standen, ein- und nach dem Krieg bis heute fortgeführt. 1950 wurde das Gesetz von 1919 zu Gunsten des Kulturgutschutzgesetzes abgeschafft.

Gegenwärtig (Stand: 29. Juli 2014) sind 1012 Naturdenkmäler deklariert, darunter 75 als „besondere Naturdenkmäler“.

Österreich

Naturdenkmal in Tirol

In Österreich können Naturgebilde, besondere Einzelbäume oder Baumgruppen, Felsen, Höhlen und Wasserfälle, wegen ihrer Eigenart, Schönheit, Seltenheit oder ihres besonderen Gepräges, ihrer wissenschaftlichen oder kulturellen Bedeutung von der Bezirksverwaltungsbehörde zu Naturdenkmalen erklärt werden. Die Objekte werden von den Naturschutzabteilungen der Landesregierungen registriert und sind mit Tafeln mit Landeswappen gekennzeichnet. Sie sind in den Landesnaturschutzgesetzen definiert, da Naturschutz Ländersache ist, und in allen neun Bundesländern vorhanden.

Zur IUCN-Kategorie III gehören neben der Klasse Naturdenkmal auch meistens geschützter Landschaftsteil und diverse Spezialklassen der Landesebene, wie geschütztes Naturgebilde (Salzburg), Naturdenkmal von örtlicher Bedeutung (Vorarlberg) oder Örtliches Naturdenkmal (Kärnten), und diverser ex-lege-Schutz (nicht explizit ausgewiesene Naturgebilde, die prinzipiell unter Schutz stehen), wie der Höhlenschutz (sofern es zugängliche Schauhöhlen sind, sonst gilt Betretungsverbot für die Öffentlichkeit, womit sie in eine höhere Schutzkategorie fallen), oder die Baumschutzverordnung (Stadt Salzburg, für alle Bäume eines gewissen Alters/Stammdurchmessers).

Schweiz

In der Schweiz ist das Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz (NHG) maßgebend und die Schutzobjekte sind im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN) aufgeführt.

Serbien

In Serbien werden sogenannte Schutzgebiete (serbisch zaštićeno područje) in sechs Kategorien eingeteilt:

  • Nationalpark (nacionalni park)
  • Naturpark (park prirode)
  • Naturreservat (rezervat prirode)
  • Naturdenkmäler (spomenik prirode)
  • Schutzbiotope (zaštićeno stanište)
  • Bereiche außerordentlicher Qualität (predeo izuzetnih odlika)

Darunter werden ganzheitliche Gebiete verstanden, die eine spezifische geologische, biologische oder für das Ökosystem relevante Vielfalt aufweisen. Insbesondere geht mit der Ausweisung als Naturdenkmal das Verbot einher, auch nur Teile des Denkmals zu verändern. Naturdenkmäler können geologischen, geomorphologischen, speläologischen, hydrologischen oder botanischen Ursprungs sein und werden vom zuständigen Ministerium für Umwelt und Raumplanung (ministarstvo životne sredine i prostornog planiranja) ernannt. In Serbien gibt es fünf Nationalparks, 13 Naturparks, 74 Naturreservate, 78 Naturdenkmäler, 3 Schutzbiotope und 28 Bereiche außerordentlicher Qualität.

Siehe auch

Literatur

nach Autoren alphabetisch geordnet

  • Ernst-Rainer Hönes: Über den Schutz von Naturdenkmälern – Rund 100 Jahre Naturdenkmalpflege. In: Die Gartenkunst 16 (2/2004), S. 193–242.
  • Anette Lenzing: Der Begriff des Naturdenkmals in Deutschland. In: Die Gartenkunst 15 (1/2003), S. 4–27.
  • Reinhard Piechocki: Stichwort: Naturdenkmal. In: Naturwissenschaftliche Rundschau 59 (4), S. 233–234 (2006), ISSN 0028-1050
  • Rudolf Schröder: Entwidmung von Baum-Naturdenkmalen – eine ernste Gefahr für ausgewiesene Bäume. In: Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz e. V. 1/2019, S. 48–52

Weblinks

Commons: Naturdenkmäler – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Naturdenkmal – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Anmerkungen

  1. Grundlage für die Ernennung sind die „Bestimmungen zur Ernennung von Naturdenkmälern, landschaftlich schönen Orten und historischen Stätten, die Bestimmungen zur Ernennung besonderer historischer Stätten und Naturdenkmäler und die Bestimmungen zur Ernennung zum Wichtigen Kulturgut und Nationalschatz“ (「国宝及び重要文化財指定基準並びに特別史跡名勝天然記念物及び史跡名勝天然記念物指定基準」) von 1951.
  2. Genauer Titel des Aufsatzes: 「名木の伐滅幷びに其保存の必要」.
  3. Die Titel der beiden Schriften lauten: 「天然記念物保存の必要竝びに其保存策に就いて」, etwa: „Die Notwendigkeit des Erhaltes von Naturdenkmälern nebst einem Plan zum Erhalt derselben“ und 「自然物の保存及び保護」, etwa: „Schutz und Erhalt der Natur“.

Einzelnachweise

  1. Neudruck, hrsg. v. Hanno Beck, Stuttgart 1970, Band 1, S. 617.
  2. dt. Übersetzung: „Reise in die Aequinoctial-Gegenden des neuen Continents“, dt. v. Hermann Hauff, Band 2, Stuttgart 1859, S. 199: „Naturdenkmale“
  3. a b c d Peter Poschlod: Geschichte der Kulturlandschaft. 2. aktualisierte Auflage. Ulmer, 2017, ISBN 978-3-8001-0926-5, S. 223–233.
  4. Hugo Conwentz: Forstbotanisches Merkbuch für Westpreußen – Nachweis der beachtenswerthen und zu schützenden urwüchsigen Bestände, Bäume und Bestände im Königreich Preußen. Herausgegeben auf Veranlassung des preußischen Ministers für Landwirtschaft, Domänen und Forsten, Berlin 1900. (Online)
    Band II Pommern. 1905 (Online)
    Band III Hessen-Nassau. 1905 (Online)
    Band IV Schleswig-Holstein. 1906 (Online)
    Band Hannover. 1907 (Online).
  5. Zitat IUCN Protected Areas Categories System, iucn.org, abgerufen 3. August 2013;
    Übersetzung Wikipedia, folgt Artenschutz: Naturdenkmäler (IUCN Kategorie III) (Memento vom 27. September 2013 im Internet Archive), animalright.org, abgerufen 3. August 2013
  6. Artenschutz: Naturdenkmäler (IUCN Kategorie III) (Memento vom 27. September 2013 im Internet Archive), animalright.org
  7. siehe § 28 BNatSchG
  8. Hessisches Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz (HAGBNatSchG) abgerufen am 15. Juni 2018
  9. Dritte Verordnung zur Sicherung von Naturdenkmalen vom 2. Dezember 1960 in Bremen
  10. Sächsisches Naturschutzgesetz: § 51 Überleitungen bestehender Schutzvorschriften, abgerufen am 13. Juli 2020
  11. 昭和二十六年文化財保護委員会告示第二号(国宝及び重要文化財指定基準並びに特別史跡名勝天然記念物及び史跡名勝天然記念物指定基準. MEXT, abgerufen am 17. Januar 2015 (japanisch).