Pax Americana

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Pax Americana (lat. amerikanischer Friede) ist ein an überkommene historische Friedensordnungen angelehntes politisches Schlagwort, mit dem plakativ auf eine Weltanschauung und ein Konzept der weltpolitischen Dominanz in der heutigen Zeit angespielt werden soll. Die Begriffe „Pax Americana“ und „Pax Sovietica“ werden unter anderem in der wissenschaftlichen Literatur verwendet, um die antagonistischen Lager des Kalten Kriegs nach dem Zweiten Weltkrieg und deren Einflusssphäre zu charakterisieren.[1] Dabei war und ist strittig, inwieweit damit ggf. vorgenommene Vergleiche und Gleichsetzungen plausibel bzw. zulässig sind. Nach dem Ende des Kalten Krieges und dem Untergang der früheren Sowjetunion soll mit dem Begriff der „Pax Americana“ vor allem der amerikanische Gestaltungsanspruch hinsichtlich der Weltordnung zum Ausdruck gebracht werden („Pax Americana – The New World Order“).

Nähere Erklärung des Begriffs[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Laut Neil Smith wurde der Begriff erstmals nach der Pariser Friedenskonferenz 1919 durch den italienischen Politiker Sidney Sonnino geprägt. Während des Zweiten Weltkriegs fand das Konzept der Pax Americana in den Vereinigten Staaten zunehmende Beachtung. Gemäß der traditionellen Überlieferung, der Smith in American Empire widerspricht, wurde der Begriff erstmals in einer Ausschusssitzung im Pentagon im Jahr 1942 durch General George Veazey Strong verwendet.[2]

Die globale Dominanz des „Westens“ und die Freiheit wirtschaftlichen Handelns sollen unter Vorherrschaft der USA gesichert und ausgebaut werden. Organisationen und Staaten, die diese Vormachtstellung und ihre Träger angreifen, müssen mit der Anwendung institutionalisierter und gegebenenfalls militärischer Macht rechnen. Das dahinterstehende Konzept ist das der Befriedung durch wissenschaftliche, wirtschaftliche und technologische Überlegenheit. Seine Verfechter sprechen von einer „wohlwollenden Hegemonie“ der Vereinigten Staaten (Thomas Donnelly), die an die Stelle des in ihren Augen gescheiterten Völkerrechts und seiner Institutionen – etwa der Vereinten Nationen – treten soll. Sie erklären die amerikanischen Werte für universell und fordern die „unipolare Welt“ des „democratic capitalism“.

In der Diskussion wird das Schlagwort als Synonym für einen neuen US-amerikanischen Unilateralismus und (Neo-)Imperialismus gebraucht – von den Gegnern der dahinterstehenden Konzeptionen durchaus auch pejorativ oder gar parodistisch, von den Verfechtern eher euphemistisch. Besonders in der Folge der Anschläge vom 11. September 2001 tauchte es – inspiriert durch US-amerikanische Think-Tanks – vermehrt in der politischen Auseinandersetzung auf.

Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Diese Haltung stößt in weiten Teilen der Welt, besonders in den sozialistisch bzw. sozialdemokratisch regierten Ländern Südamerikas, im arabischen Raum und in den Ländern Afrikas und Asiens auf große Skepsis und Widerstände. Die Pax americana gilt dort als Legitimationsdiskurs für einen US-amerikanischen Neokolonialismus und Imperialismus. Die im Westen im Rahmen von bürgerlicher Demokratie entstandenen Konzepte von Freiheit und liberaler Marktwirtschaft werden dort kritisch betrachtet, besonders da diese wirtschaftlich im US-amerikanischen und europäischen Interesse angewandt werden – etwa im Rahmen der von den westlichen Industrienationen dominierten WTO.

Die Gleichberechtigung von Frau und Mann, die Menschenrechte, die Trennung von Staat und Kirche, die Freiheit der Wissenschaft werden in verschiedenen Ländern unterschiedlich aufgefasst und umgesetzt bzw. nicht umgesetzt. Der Diskurs des Westens, sich als am meisten entwickelt zu sehen, wird von Wissenschaftlern kritisch hinterfragt. Die aus Sicht mancher teilweise mangelhafte Umsetzung der von den USA propagierten Werte im eigenen Land machen die globale Propagierung dieser Werte durch die USA für viele Menschen unglaubwürdig.

Besonders in der „Dritten Welt“ aber auch in westlichen Gesellschaften sind nicht alle Menschen mit der so empfundenen Amerikanisierung der Welt einverstanden: mit der Dominanz amerikanischer Kultur, dem Vorziehen des Eigennutzes und dem damit verbundenen Rückgang von sozialer Solidarität, der Fokussierung auf das diesseitige Glück in der Welt gemäß dem Utilitarismus des Pursuit of Happiness und des American Way of Life. Auch in den christlichen Kirchen zumindest außerhalb der USA, ganz prominent in der katholischen, stößt dieser materialistisch und machtpolitisch gründende Entwurf einer globalen Gesellschafts- und Friedensordnung auf starke Vorbehalte. Die Befürworter schreiben hingegen der Pax Americana eine solche Anziehungskraft zu, dass sie sie für die einzig denkbare und realistische künftige Neue Weltordnung halten.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Doug Bandow: Foreign Follies: America’s New Global Empire. Taschenbuch. Xulon Press, Oktober 2006, ISBN 1-59781-988-3 (vgl. Doug Bandow, America’s budget black hole. In: Japan Times. 3. März 2007, über die Militärausgaben der USA; Doug Bandow war „Special Assistant“ des US-Präsidenten Ronald Reagan)
  • Michael Mandel: Pax Pentagon. Wie die USA der Welt den Krieg als Frieden verkaufen. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-86150-715-3.
  • Christian Hacke: Zur Weltmacht verdammt. Die amerikanische Außenpolitik von J. F. Kennedy bis G. W. Bush. Ullstein, Berlin 2005, ISBN 3-548-36722-4.
  • Konrad Löw, Wolfgang Effenberger: Pax americana. Herbig, 2004, ISBN 3-7766-2360-8.
  • Ronald H. Tuschl: Pax Americana und Pax Europaea. Agenda Verlag, 2004, ISBN 3-89688-221-X.
  • Ernst-Otto Czempiel: Weltpolitik im Umbruch. Die Pax Americana, der Terrorismus und die Zukunft der internationalen Beziehungen. 1. Auflage. C. H. Beck, München 2002, ISBN 3-406-49416-1.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Deutsch

Englisch

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. z. B. in Wilfried Loth: The Division of the World, 1941–1955. dtv, 1988, S. 15–34, 34–59.
  2. Ali Parchami: Hegemonic Peace and Empire: The Pax Romana, Britannica and Americana. Routledge, Oxon/New York 2009, ISBN 0-415-49254-8, S. 176.