Satz über den Einsetzungshomomorphismus

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist die aktuelle Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 27. Juni 2022 um 05:54 Uhr durch Georg Hügler (Diskussion | Beiträge).
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Der Satz vom Einsetzungshomomorphismus ist ein mathematischer Satz aus der Ringtheorie, der es erlaubt, in die Polynome im Sinne der abstrakten Algebra anstelle von andere Objekte (Elemente einer Ringerweiterung) einzusetzen.

Formulierung des Satzes

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Aussage des Satzes lautet

Sei ein kommutativer, unitärer (d. h. mit Einselement 1) Ring, der Polynomring über und eine Ringerweiterung. Dann ist für jedes Element die Abbildung
ein Homomorphismus von Ringen. Man bezeichnet als den Einsetzungshomomorphismus zu .

Für und schreibt man anstelle von auch kurz . Mit dieser Notation lauten die Homomorphieeigenschaften und für alle .

Die Homomorphieeigenschaften von prüft man leicht nach. Der Ring muss deswegen unitär sein, weil dann ein Element von ist und sich dadurch jedes Polynom eindeutig in Form mit für fast alle darstellen lässt.

Man kann auf die Forderung, dass kommutativ ist, verzichten. Es genügt vorauszusetzen, dass mit allen Elementen aus vertauschbar ist.

Im Sinne der abstrakten Algebra sind Polynome keine Funktionen, wie in der Analysis, sondern (unendliche) Folgen von Ringelementen und keine Unbekannte, sondern die konkrete Folge . Der Satz vom Einsetzungshomomorphismus zeigt jedoch, wie man auch in Algebra anstelle von verschiedene Objekte einsetzen kann. Dabei dient das Polynom als "Muster" zur Bildung von .

Dies soll am folgenden Beispiel veranschaulicht werden.

Sei das Polynom über dem Körper der reellen Zahlen und sei eine (2x2)-Matrix mit reellen Einträgen . Damit ist ein Element des Matrizenringes , der als eine Ringerweiterung des Körpers der reellen Zahlen aufgefasst werden kann (denn die reellen Zahlen sind isomorph zu dem Ring der Matrizen der Form mit , der ein Unterring des Matrizenringes ist). Somit können wir berechnen:

Historischer Ausblick

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die ganze moderne Algebra ist hervorgegangen aus dem Studium algebraischer Gleichungen, zum Beispiel des Typs , wobei für die unbekannte Größe steht und die Koeffizienten aus einem Körper oder ganz allgemein aus einem Ring stammen. Eine solche Gleichung heißt polynomial. Will man sie lösen, betrachtet man meist die zugehörige polynomiale Funktion , welche einem Element den Funktionswert zuordnet, und bemüht sich darum, deren Nullstellen zu bestimmen. Streng genommen muss man dabei auch den Definitionsbereich festlegen, in dem variieren darf. Dies kann selbst sein, oder für auch reelle oder komplexe Zahlen (allgemeiner eine Körper- bzw. Ringerweiterung des Koeffizientenbereichs).

Ein Problem ist dabei das Auffinden eines geeigneten Definitionsbereiches für , der möglichst "alle" Nullstellen erhält. Ein anderes Problem ergibt sich, wenn man als etwa einen endlichen Körper mit Elementen betrachten möchte. Dann ist beispielsweise eine polynomiale Funktion, die auf ganz verschwindet, obwohl ihre Koeffizienten nicht alle Null sind. Hieraus folgt, dass man je nach betrachtetem Definitionsbereich der polynomialen Funktion , die der algebraischen Gleichung zugeordnet ist, nicht unbedingt auf die Koeffizienten dieser Gleichung schließen kann.

Um solche Probleme zu vermeiden, betrachtet man Polynome nicht nur als polynomiale Funktionen mit einem bestimmten Definitionsbereich, sondern versucht die zwei Gesichtspunkte gleichzeitig zu realisieren. Zum einen charakterisiert man die Polynome in umkehrbar eindeutiger Weise durch ihre Koeffizienten, siehe dazu den Artikel über den Polynomring. Zum anderen soll auch der Funktionscharakter der Polynome erhalten bleiben, und zwar in der Weise, dass man in Polynome anstelle von Elemente aus den Körpern oder Ringen, die den Koeffizientenbereich erweitern, einsetzen kann. Dies wird erreicht durch den Einsetzungshomomorphismus, wobei nach dem Muster des abstrakten Polynoms eine reale Polynomfunktion entsteht.

  • Albrecht Beutelspacher: Lineare Algebra. Eine Einführung in die Wissenschaft der Vektoren, Abbildungen und Matrizen. Mit liebevollen Erklärungen, einleuchtenden Beispielen und lohnenden Übungsaufgaben, nicht ohne lustige Sprüche, launigen Ton und leichte Ironie, dargestellt zu Nutzen der Studierenden der ersten Semester. 6. durchgesehene und ergänzte Auflage. Vieweg, Braunschweig u. a. 2003, ISBN 3-528-56508-X (Mathematik für Studienanfänger).
  • Siegfried Bosch: Algebra. 7. Auflage. Springer-Verlag, 2009, ISBN 3-540-40388-4, doi:10.1007/978-3-540-92812-6.
  • Rolf Busam, Thomas Epp: Prüfungstrainer der Linearen Algebra. Spektrum, Heidelberg 2009, ISBN 978-3-8274-1976-7.