Manus Christi

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist die aktuelle Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 3. Februar 2023 um 15:57 Uhr durch Michael Eyl (Diskussion | Beiträge).
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Namen Manus Christi und Palma Christi (Christushand) wurden seit dem Spätmittelalter in botanischen und pharmakologischen Werken verwendet

  1. zur Bezeichnung des Wunderbaums (Ricinus communis),
  2. zur Bezeichnung von handtellerförmigen Orchideenwurzeln und
  3. zur Bezeichnung von Arzneizubereitungen (etwa Rotulae sacchari), die als Zuckerverreibungen hergestellt wurden.
Wichtiger Bestandteil dieser Zuckerverreibungen waren die sogenannten Flores cordiales (Herzblüten) bzw. Flores cardinales.
Als Flores cordiales bzw. Flores cardinales wurden seit der frühen Neuzeit die Blüten vom Borretsch (Flores Borraginis), die Blüten der Gemeinen Ochsenzunge (Flores Buglossae), die Blüten von Duftveilchen (Flores Violarum) und die Blüten von Rosen (Flores Rosarum) bezeichnet.[1][2][3] Nach der Wiener Pharmacopoe von 1570 zählten dazu auch die Blüten der Melisse (Flores melissae).[4]
Die vom 18. bis 20. Jahrhundert Elaeosacchara genannten Arzneizubereitungen leiten sich von den Manus Christi genannten Zuckerverreibungen ab.
Bezeichnung Zusammensetzung Wirkung / Indikationen Aus der Säftelehre abgeleitete Qualitäten Quellen
Manus Christi simplex = Zuccarum rosatum in tabulis Rosen-Wasser (Destillat) und Zucker Stärkt und kühlt das Herz und alle inneren Organe Zucker. Warm im ersten und feucht im zweiten Grad.

Rosen. Kalt im ersten und trocken im Ende des zweiten Grades.

Ibn Butlan. Taqwim es-sihha. Tacuinum sanitatis in medicina.

Constantinus africanus. Liber de gradibus simplicium = Übersetzung von Liber de gradibus simplicium des Ibn al-Dschazzar. Druck. Opera. Basel 1536, S. 344 (Digitalisat).

Hieronymus Brunschwig. Liber de arte distillandi de compositis. Basel 1512, Blatt 151r-151v (Digitalisat).

Manus Christi boraginatus Borretsch-Wasser ………. und Zucker Trauer und Schwermut, Herzzittern, Räude und Aussatz Borretsch. Warm und feucht im ersten Grad. Constantinus africanus. Druck Basel 1536, S. 348 (Digitalisat).

Brunschwig 1512, Blatt 151v.

Manus Christi buglossatus Ochsenzungen-Wasser und Zucker Stärkt das Herz getemperiert Ochsenzungen. Warm und feucht im ersten Grad. Treibt melancholische Cholera aus bei melancholisch-unsinnigen Menschen Avicenna. De viribus cordis. Ausgabe Alpago 1556, S. 564r: Lingua bovis (Digitalisat).

Brunschwig 1512, Blatt 151v.

Manus Christi violatus Veilchen-Wasser ………… und Zucker Gut bei großer Schwäche und Ohnmacht mit Austrocknung Veilchen. Kalt im Ende des ersten und feucht im Anfang des zweiten Grades. Constantinus africanus. Druck Basel 1536, S. 344 (Digitalisat).

Brunschwig 1512, Blatt 151v.

Eine Variante der Christushände wurde aus Moschus und Zucker zubereitet. Sie sollte Herz und Hirn stärken und dem Gedächtnis nutzen.[5] Besonders kostbare Versionen waren „Manus Christi boraginatum aureum (M. C. mit Blattgold)“, „Rotulae sacchari“,[6] „Manus Christi perlata (M. C. mit Perlmutt[7])“ sowie „Manus Christi de lapidibus preciosis (M. C. mit Edelsteinen)“.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Hieronymus Brunschwig. Großes Destillierbuch. Straßburg 1512, Blatt 151vb: „… Tres sunt flores Cardinales / das ist Ochsen zungen blůmen / Burretsch blůmen / vnd Fyelin. Jedoch sprechen etlich. Quatuor sunt flores Cardinales / dann sie thůnt dar zů Seblůmen [ Gelbe Teichrose oder Weiße Seerose ]. Aber in der warheit sie ist zů vil kalt / vnd were besser rosarum / wann das hertz nit wol leiden mag vberflüssige kelte / wann des menschen leben stot in werme vnd füchte / oder getemperiert / so seint Seeblůmen kalt vnd fücht / Rosen kalt vnd trucken. etc. Darumb so laß ichs by den dryen bleiben …“ (Digitalisat)
  2. Nicolas Lémery. Vollständiges Materialien-Lexicon. Vollständiges Materialien-Lexicon. Zu erst in Frantzösischer Sprache entworffen, nunmehro aber nach der dritten, um ein grosses vermehreten Edition […] ins Hochteutsche übersetzt / Von Christoph Friedrich Richtern, […]. Leipzig: Johann Friedrich Braun, 1721. Sp. 179: Borrago (Digitalisat) Sp. 190: Buglossum (Digitalisat)
  3. Ludwig Vogel. Formel- oder Recept-Lexikon. Keyser, Erfurt 1805, Band 2, S. 5: Flores cordiales quatuor. Die Blüthen von Boretsch (Borago), von Ochsenzunge (Buglossa), Rosen und Veilchen (Viola ororata). Flores cordiales tres. Die vorigen ohne die Rosen. (Digitalisat)
  4. Otto Zekert (Hrsg.): Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570. Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 142.
  5. Brunschwig 1512, Blatt 80r (Digitalisat), 152r (Digitalisat)
  6. Vgl. auch Otto Zekert (Hrsg.): Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570. Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 146.
  7. Johann Peter Eberhard. Onomatologia medica completa oder Medicinisches Lexicon … August Lebrecht, Ulm, Frankfurt und Leipzig 1772, Spalte 403: „Christi manus rotulae, oder saccharum perlatum, Perlenzucker; sind weiße Küchlein oder Zeltlein, wie die weißen Kraftküchlein, die von Zucker mit Rosenwasser aufgelößt, und mit etwas zerriebener präparierter Perlenmutter vermischt gemacht werden: man nimmt sie manchmal unter stärkende und kühlende Pulver, und Milchen von Saamen.“ (Digitalisat)