Waggonfabrik Gebrüder Gastell

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Kaiserbalkon an der Chaisenfabrik der Gebrüder Gastell
Gusseisernes Firmenschild an einem Fahrzeug
B-Triebwagen 345 von Gastell im Verkehrsmuseum Frankfurt am Main in Frankfurt-Schwanheim

Die Chaisen- und Eisenbahnwagen-Fabrik der Gebrüder Gastell, besser bekannt als Waggonfabrik Gebrüder Gastell (vormals auch Firma Gastell & Harig), war ein Hersteller von Eisenbahnwagen und Straßenbahn-Fahrzeugen in Mainz. Das ehemalige Firmengelände im Stadtteil Mainz-Mombach trägt heute den Namen Alte Waggonfabrik.

Geschichte

Die Waggonfabrik Gebrüder Gastell entwickelte sich – ähnlich wie andere Waggonbau-Unternehmen in der Frühzeit der Eisenbahnen[1] – aus einer Firma zur Herstellung von Pferdekutschen. Diese war im Jahr 1820 aus einem Sattlereibetrieb hervorgegangen. Die Waggonfabrik wurde 1845 gegründet und ist damit älter als der erste Eisenbahnanschluss in Mainz (siehe Mainz Hauptbahnhof). Firmengründer war Kommerzienrat Otto Gastell. Im Jahr 1848 musste das Unternehmen seine Fabrikation auf ein ländliches Anwesen in Mainz-Mombach verlegen. Thomas Harig trat als Gesellschafter bei, und so firmierte das Unternehmen bis 1872 als Firma Gastell und Harig. Mit Aufgabe der Kutschenproduktion ging das Unternehmen in den alleinigen Besitz der Familie Albert Gastell über und firmierte forthin als Waggonfabrik Gebrüder Gastell.

Als Otto Gastell am 1. April 1877 aus dem Unternehmen ausschied, übernahm sein Sohn Albert Gastell die Leitung. Später bildeten dessen Söhne Josef, Franz und Otto die Geschäftsführung. Zuerst wurden am Standort in der Nähe des Münsterplatzes Wagen für die Taunus-Eisenbahn gebaut. Dafür wurden auf der Ludwigsstraße Bahngleise verlegt, die in Richtung Rhein führten.

Die heutigen historischen Gelbklinkerbauten mit Rotklinkergliederung wurden von 1896 bis 1910 nach Plänen des Architekten Franz Philipp Gill errichtet; die Gebäude stehen heute unter Denkmalschutz (siehe dazu die Liste der Kulturdenkmäler in Mainz-Mombach).

Nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs war die Phönix-Halle die erste Halle des Unternehmens, die wieder aufgebaut wurde. Das Gelände der Waggonfabrik diente danach noch als Sonderfahrzeugwerk (Westwaggon), Omnibuswerk für die Firmen Magirus-Deutz und Iveco und schließlich, nach der Aufgabe des Mainzer Werks durch Iveco, bis 1994 als zweites Mainzer Werk der bis dahin nur in Mainz-Gonsenheim ansässigen MIP Mainz Industries Panzerwerke. Nach dem Scheitern des Konversionskonzeptes und dem daraus resultierenden Konkurs der MIP (beziehungsweise deren Muttergesellschaft MIT Mainz Industrie Technologie GmbH) wurde das Gelände schließlich an die Trierer Wohnungsbaugesellschaft TRIWO verkauft.

Heutige Nutzung

Haltepunkt Waggonfabrik an der Bahnstrecke Alzey-Mainz (2018)

Das Areal der Waggonfabrik mit der Phönix-Halle in Mainz-Mombach, gelegen zwischen Turmstraße und Am Schützenweg, wurde 2008 von der Berliner BEOS GmbH für eine internationale Investorengruppe erworben und wird heute unter anderem von verschiedenen ansässigen Künstlern, der evangelischen Freikirche Equippers e. V., sowie von Handels-, Industrie- und Logistik-Unternehmen genutzt.

Der Haltepunkt Mainz Waggonfabrik an der Bahnstrecke Alzey–Mainz erinnert auch heute noch an dieses Kapitel rheinhessischer Industriegeschichte. Bis 2011 wurde er aus Mitteln des Konjunkturpaketes II barrierefrei umgebaut. Auf einer Länge von 170 Metern und auf einer Breite von 2,75 Metern wurde der Bahnsteig um 50 Zentimeter erhöht. Der Haltepunkt wird in beide Richtungen jeweils im Stundentakt von der Regionalbahnlinie RB 31 und der Regional-Express-Linie RE 13 bedient.

Siehe auch

Literatur

  • Waggonfabrik Gebrüder Gastell. Mainz-Mombach. Eisen- und Straßenbahnen. Firmenkatalog der bereits 1845 gegründeten Chaisen- und Eisenbahnwagen-Fabrik der Gebrüder Gastell. Dargestellt sind zahlreiche Eisenbahn- und Straßenbahnwaggons, Triebwagen und Interieurs, Technik etc.; 50 Blatt mit 50 Abbildungen in Kupfertiefdruck, 17 × 24,5 cm, Mainz um 1912.

Einzelnachweise

  1. Siehe dazu Das Deutsche Eisenbahnwesen der Gegenwart, Ausgabe 1923, Band I, Seite 509

Koordinaten: 50° 0′ 58″ N, 8° 14′ 3″ O