Menzlin

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 19. September 2023 um 20:57 Uhr durch Aka (Diskussion | Beiträge) (Tippfehler entfernt, Links optimiert, Kleinkram). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Menzlin
Gemeinde Ziethen
Koordinaten: 53° 53′ N, 13° 38′ OKoordinaten: 53° 53′ 12″ N, 13° 37′ 35″ O
Höhe: 17 m ü. NHN
Eingemeindung: 1. Juli 1950
Schiffssetzungen
Infotafel Siedlung Menzlin

Menzlin ist ein Ortsteil der Gemeinde Ziethen nahe Anklam im Landkreis Vorpommern-Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern.

Geschichte

Auf dem Gemeindegebiet lag im 9. Jahrhundert eine etwa 18 Hektar große Ansiedlung nahe der Peene und neben dem „Alten Lager“. Die Siedlung, deren Standort heute den Flurnamen Peeneberg trägt, gehörte mit zu den größten Handelsplätzen des 9. und 10. Jahrhunderts im Ostseeraum. Ausgrabungen und Oberflächenfunde erbrachten große Mengen von Artefakten aus den genannten Zeiten. Wie auch in Wollin (Jumne, Jomsburg, Vineta) war hier eine gemeinsame Ansiedlung von Slawen und Wikingern, nachgewiesen durch die Schiffssetzungen und viele Funde.

Archäologisch nachgewiesen wurde von dieser Siedlung eine Steinpflasterstraße zur Peene, eine Brücke über die Peene und eine Fortsetzung der Steinpflasterstraße von dieser Brücke in Richtung Görke. Die dendrochronologischen Untersuchungen der bei der Straße und der Brücke verbauten Hölzer beweisen den zeitlichen Zusammenhang. Ein Hafen wird vermutet, ist aber noch nicht nachgewiesen. Die Via Regia von Stettin über Menzlin nach Wismar und weiter nach Lübeck und Hamburg war die „bedeutendste Ost-West-Straße im Norden“ des mittelalterlichen westslawischen Siedlungsgebietes. Bei Menzlin querte sie das Peenetal mittels der beschriebenen Steinstraße und der Brücke über den Fluss.

Der Ort Menzlin wurde erstmals urkundlich 1231 erwähnt, als Herzog Wartislaw III. dem Kloster Stolpe das Dorf mit Namen Mancelin = Menzlin übereignete.[1] Außerdem 1257, als der Bischof Hermann von Cammin den Ort Mantselin neben anderen Dörfern als Dotation zur neu geweihten Kirche von Ziethen gab.[2]

Rittergut Menzlin um 1875/77, Sammlung Alexander Duncker
Gutsanlage Menzlin
Polder Menzlin

In der Schwedenzeit kamen sechs der sieben im Ort vorhandenen Bauernhöfe als Rittergut in den Besitz[3] der adligen Familie von Owstin auf Quilow. Der siebente blieb aufgrund eines schwedischen königlichen Privilegs als freier Hof bestehen. Angeblich soll der Bauer Köppen (oder Koeppen) dem König Karl XII. von Schweden während dessen Rückkehr von Bender Hilfe geleistet hatte. Hierbei handelt es sich um eine ähnlich falsch interpretierte Legende wie an der Gützkower Fähre. Karl XII. war 1714 nicht von Bender hier vorbeigekommen, sondern auf seinen Inspektionsritten im schwedisch-vorpommerschen Grenzgebiet zu Brandenburg-Preußen.

1841 wurde das Rittergut an Magnus von Wedell (1806–1885), verheiratet mit Wilhelmine von Owstien, verkauft, der hier ein heute nicht mehr bestehendes Herrenhaus errichten ließ. 1857 ist die Familie von Wedell in alten Güter-Matrikeln auf Menzlin erwähnt.[4] 1867 war der Sohn[5] und Erbe Hans von Wedell-Menzlin (1836–1900) Ehrenritter des Johanniterordens, königlicher Landrat und Major a. D.[6] 1914 weist das Güter-Adressbuch Pommern die die Königliche Klosterkammer zu Hannover, deren Rechtsnachfolgerin bis heute besteht, als Eigentümer aus. Der Besitz des Rittergutes mit dem Kirchenacker umfasste zu jener Zeit 750 ha, davon anteilig 20 ha für das erwähnte Zubehör. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges war das Gut an die ursprünglich aus Westfalen stammende und auch in Württemberg nobilitierte Familie von Malchus verpachtet. Zunächst agierte spätestens ab 1910 der Leutnant und Ober-Amtmann[7] Viktor Freiherr sen. von Malchus (1867–1940) als Pächter und bis 1939 als Bewohner[8] der Klosterdömane vor Ort. Dann übernahm nach dem 1939 letztmals amtlich publizierten Landwirtschaftlichen Güter-Adressbuch Pommern sein gleichnamiger Sohn die Gutsgeschäfte.[9]

1952 wurde in Menzlin eine LPG gegründet, die nach der Wende privatisiert wurde. In den 1960er Jahren entstand hier ein Dorf- bzw. LPG-Kulturhaus mit Gaststätte und Tanzsaal, das nach 1990 nicht mehr betrieben wurde und jetzt langsam verfällt.

Sehenswürdigkeiten

  • Menzlin ist vor allem durch den etwa 1,5 km südlich des Ortes innerhalb des Flächennaturdenkmals „Altes Lager“ gelegenen wikingerzeitlichen und slawischen Handelsplatz bekannt.
  • Südlich des Alten Lagers befindet sich der seit 2000 wiedervernässte Polder Menzlin. Ein als Bestandteil der Initiative Vorpommersche Dorfstrasse errichteter Beobachtungsturm ermöglicht die Beobachtung der Tier- und Pflanzenwelt des Polders und der Peene.[10]

Persönlichkeiten

Literatur

  • Rolf Bahler: Menzlin ist immer eine Reise wert. in: Heimatkalender ANKLAM und Umgebung 2007, Jahrg. 78, N.F. 16. Begründet von Max Sander. Schibri-Verlag, Uckerland 2006, S. 18–21, Abb., ISBN 3-937895-38-8
  • Manfred Niemeyer: Ostvorpommern. Quellen- und Literatursammlung zu den Ortsnamen, Bd. 2: Festland. (=Greifswalder Beiträge zur Ortsnamenkunde. Bd. 2), Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Institut für Slawistik, Greifswald 2001, ISBN 978-3-86006-149-7. S. 88.
  • Lutz Mohr: Die „Wikinger-Toten-Steinschiffe“ nördlich der Peene bei Menzlin unweit Anklam in Ostvorpommern und ihre Zeit. In: Steinkreuzforschung (SKF). Studien zur deutschen und internationalen Flurdenkmalforschung, hg. von Rainer H. Schmeissner. Reihe B (Sammelbände), Jg. 18, Nr. 24 (NF. 9), Regensburg 1997, S. 59–67.
  • Heinrich Berghaus: Landbuch des Herzogtums Pommern und des Fürstentums Rügen, IV. Teils Band II, Anklam 1868, S. 1140 ff.
Commons: Menzlin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Robert Klempin: Pommersches Urkundenbuch 1. Band, Hrsg. Königliches Staats-Archiv zu Stettin, In Commission bei Th. von der Nahmer, Stettin, 1868, S. 216, Nr. 272.
  2. Rodgero Prümers: Pommersches Urkundenbuch. 3. Band, Friedrich Nagel, Stettin 1891, S. 438–439.
  3. Carl Gesterding: Genealogien und beziehungsweise Familienstiftungen Pommerscher, besonders ritterschaftlicher Familien. Erste Sammlung, II. Die Familie von Owstin. G. Reimer, Berlin 1842, S. 42–63 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 31. März 2022]).
  4. Hand-Matrikel der in sämmtlichen Kreisen des Preussischen Staats auf Kreis- und Landtagen vertretenen Rittergüter. In: Karl Friedrich Rauer (Hrsg.): GAB-Vorgänger. 1. Auflage. Provinz Pommern. Greifswald (Kreis), Menzlin. Selbstverlag, Berlin 1857, S. 179 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 31. März 2022]).
  5. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser. 1901. Der in Deutschland eingeborene Adel (Uradel). In: "Der Gotha" - Hofkalender. Zweiter Jahrgang Auflage. Adelige Häuser nach alphabetischer Ordnung, Wedell. Justus Perthes, Gotha 15. November 1900, S. 908 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 31. März 2022]).
  6. Gymnasium zu Anklam. 1867. Zu der am 4. April stattfindenden öffentlichen Prüfung aller Klassen und zur Gedächtnisfeier der durch die göttliche Gnade bewirkten Errettung der Stadt Anklam vor drohender Einäscherung im Jahre 1713 Freitag vor Judica, den 5. April ladet im Namen des Lehrer-Collegii ergebenst ein Dr. C. Haeckermann, Director. In: Schul-Nachrichten. Band XX, Nr. 3. W. Dietze, Anclam 1867, S. 5 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 31. März 2022]).
  7. Walter v. Hueck: Genealogisches Handbuch der Adeligen Häuser. B. 1974. In: Deutsches Adelsarchiv (Hrsg.): GHdA, Nachfolger des Gotha, Vorgänger des GGH. Band XI, Nr. 57. C. A. Starke, 1974, ISSN 0435-2408, S. 48 (google.de [abgerufen am 2. April 2022]).
  8. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Freiherrlichen Häuser. 1939. Zugleich Adelsmatrikel der Deutschen Adelsgenossenschaft. Teil B (Briefadel). In: "Der Gotha" - Hofkalender. 89. Auflage. Malchus. Justus Perthes, Gotha Oktober 1938, S. 330–331 (genealogy.net [abgerufen am 2. April 2022]).
  9. Landwirtschaftliches Adreßbuch der Provinz Pommern 1939. Verzeichnis von ca. 20000 landwirtschaftlichen Betrieben von 20 ha aufwärts mit Angabe der Besitzer, Pächter und Verwalter, der Gesamtgröße des Betriebes und Flächeninhalt der einzelnen Kulturen. Nach amtlichen Quellen und auf Grund direkter Angaben bearbeitet. In: H. Seeliger (Hrsg.): Letzte Ausgabe der Reihe von Paul Niekammer. 9. Auflage. Band I f. Ausgabe Pommern, Landkreis Greifswald. Verlag von Niekammer’s Adreßbüchern G.m.b.H., Leipzig 1939, S. 69 (google.de [abgerufen am 2. April 2022]).
  10. Wiedervernässter Polder Menzlin (Memento des Originals vom 2. April 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/vorpommern-sued.de
  11. MyHeritage Limited Company (Hrsg.): Viktor Heinrich von Malchus. 1. Auflage. Eigenverlag, Or Jehuda 2. April 2022, S. 1–2 (myheritage.de [abgerufen am 2. April 2022]).
  12. Gymnasium zu Anklam (Prov. Pommern, Kgr. Preussen) Ostern 1915. Bericht über das Schuljahr 1914/1915. Schulnachrichten. 68. Auflage. Verzeichnis der Schüler. Unter-Tertia, 19. v. Malchus, Viktor , Menzlin. Buchdruckerei von Richard Poettke Nachfolger, Anklam 1915, S. 34 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 31. März 2022]).
  13. Viktor von Malchus erhält Verdienstkreuz erster Klasse für internationales Engagement in der Raumplanung. In: Ministerium für Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, Oliver Wittke (Hrsg.): Pressemitteilung. Online Auflage. Eigenverlag, Düsseldorf, Unna 28. Mai 2008, S. 1 (nrw.de [abgerufen am 2. April 2022]).