Landrecht der Obergrafschaft Katzenelnbogen

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Titelblatt der Ausgabe von 1795

Das Landrecht der Obergrafschaft Katzenelnbogen (auch: „Landesordnung“[1]) war das Partikularrecht der Obergrafschaft Katzenelnbogen.

Die originalen Unterlagen zur Entstehungsgeschichte des Landrechts der Obergrafschaft Katzenelnbogen und viele Unterlagen zu seiner Anwendung sind im Zweiten Weltkrieg im Staatsarchiv Darmstadt verbrannt. Die Kenntnisse darüber sind deshalb fragmentarisch und nur über ältere – sich in ihren Angaben teilweise auch widersprechende – Literatur zu erschließen.[2] So ist durch den nicht geklärten Verlauf des Entstehungsprozesses auch unklar, in welche Richtung die Beeinflussungen zu anderen, im gleichen Zeitraum entstandenen Gesetzgebungsprojekten in der Nachbarschaft der Landgrafschaft wirkten, etwa zum Solmser Landrecht, oder zu Einzelgesetzen, die Georg I. erlassen hat.[3]

1479 starb das Grafengeschlecht von Katzenelnbogen mit Philipp I. in der männlichen Linie aus, und die Grafschaft kam als Erbe mit Philipps Tochter Anna an den Landgrafen Heinrich III. von Hessen. Mit dem Tod des letzten gesamthessischen Landgrafen, Philipp I. des „Großmütigen“ 1567 wurde die Landgrafschaft Hessen unter seinen vier Söhnen aufgeteilt. Dabei erhielt Georg I. den in der Folge als Landgrafschaft Hessen-Darmstadt bezeichneten südlichen Landesteil.

Georg I. beauftragte seinen Kanzler, Johann Kleinschmidt[Anm. 1] mit einer Sammlung des in seinem Herrschaftsbereich geltenden Rechts[4], die frühestens 1569 abgeschlossen wurde[5][Anm. 2] und in der sich, wie damals üblich, öffentliches und privates Recht mischten. Diese Rechtssammlung wurde zunächst nicht veröffentlicht, da die damals vier regierenden hessischen Landgrafen versuchten, eine für alle vier Landesteile verbindliche Rechtsordnung zu vereinbaren. Dazu lag ein Entwurf von Reinhard Scheffer vor. Das Projekt scheiterte jedoch 1588/89.[6] Georg I. holte deshalb 1589 Kleinschmidts Entwurf wieder aus der Schublade und sandte ihn an das Hofgericht in Marburg mit der Bitte, ihn unter Hinzuziehung der Juristen der hessischen Landesuniversität Marburg zu prüfen und Verbesserungsvorschläge zu machen. Das Hofgericht hatte aber Bedenken, verzögerte die Angelegenheit und es dauerte bis 1591, bis der Landgraf den Entwurf aus Marburg zurückerhielt.

Wie und wann der Landgraf den Entwurf tatsächlich einführte, ist unbekannt. Der Landesordnung ist zwar der Entwurf eines Publikationspatentes vorangestellt, doch ist sie nie öffentlich in Kraft gesetzt worden, vielleicht um die gesamthessischen Einheitsbemühungen nicht zu unterlaufen. Nach damaliger Auffassung war eine Veröffentlichung auch nicht erforderlich: Es genügte, wenn der Landesherr das Gesetz an die für die Rechtsanwendung zuständigen Organe übersandte.[7] Gedruckt wurde das Landrecht der Obergrafschaft Katzenelnbogen so zunächst auch nicht[8], es existierten nur handschriftliche Kopien. Da es sich wahrscheinlich weitestgehend um eine Sammlung geltenden Rechts handelte[9], war der Inhalt für die Rechtsanwender auch nicht neu.[10] Diese nur handschriftliche Verbreitung hatte allerdings zur Folge, dass das Landrecht der Obergrafschaft Katzenelnbogen weitestgehend auf den Bereich der Obergrafschaft, in dem Umfang, wie sie auf Hessen übergegangen war, beschränkt blieb und kaum Wirkung darüber hinaus entfaltete, wie etwa das benachbarte Solmser Landrecht. Einzige Ausnahme scheint das Amt Seeheim zu sein.[11]

Völlig unklar ist auch, in welchem Umfang der Text von Kleinschmidt in der Gerichtspraxis tatsächlich angewandt wurde. Es spricht viel dafür, dass das nicht der Fall war und nur einzelne Rechtsbereiche praktische Bedeutung erlangten.[12]

1779 erschien das Landrecht der Obergrafschaft Katzenelnbogen erstmals im Druck, dann noch einmal vor und einmal nach der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert.[13] Die Ausgabe von 1795/96 war zudem die erste, die im Geltungsbereich des Landrechts erschien.[14]

Der Entwurf von Kleinschmidt umfasste vier Teile[15]:

  1. Kirchen- und Polizeiordnung. Dieser Teil entspricht den diesbezüglich 1572 veröffentlichten Ordnungen mit einigen Ergänzungen.
  2. Verträge[16]
    1. Kredit
    2. Wucher
    3. Kaufvertrag
    4. Abtrieb und Näherkauf
    5. Bürgschaft
    6. Pfandrecht
    7. Priorität der Gläubiger
    8. Dingliche Sicherheiten
    9. Hilfe in Schuldsachen
  3. Bestimmungen zu Lebensmitteln, Handwerkern, Tagelöhnern und Dienstboten
  4. Eigentliches „Landrecht der Obergrafschaft Katzenelnbogen“[17]:
    1. Eheschließung
    2. Einkindschaft
    3. Erbe unter Eheleuten
    4. Hinterlassene Schulden
    5. Letztwillige Verfügung
    6. Intestaterbschaft
    7. Erbschaftsannahme und Aufteilung des Erbes
    8. Vormundschaft
    9. Eid der Vormünder
    10. Eid des Curatoris bonorum
    11. Form des Inventars der Vormundschaft
    12. Form der Abrechnung der Vormundschaft

Soweit das Landrecht der Obergrafschaft Katzenelnbogen für einen Sachverhalt keine Regelung enthielt, galt das Gemeine Recht subsidiär.

Das Landrecht der Obergrafschaft Katzenelnbogen galt in der gesamten Obergrafschaft Katzenelnbogen, die die nachfolgenden Ämter umfasste[18]:

Das Landrecht der Obergrafschaft Katzenelnbogen behielt seine Geltung auch, nachdem die Landgrafschaft zum Großherzogtum Hessen erhoben worden war, im gesamten 19. Jahrhundert.[19] Es wurde zum 1. Januar 1900 von dem einheitlich im ganzen Deutschen Reich geltenden Bürgerlichen Gesetzbuch abgelöst.

Sekundärliteratur

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  1. Nicht zu verwechseln mit einer Reihe gleichnamiger Juristen, siehe Johann Kleinschmidt (Begriffsklärung).
  2. Weiter werden dafür auch die Jahre 1572 und 1578 genannt (Diestelkamp, Sp. 672). Diestelkamp, Sp. 672, will nur ein Jahr ab 1573 dafür gelten lassen, dem Jahr, in dem Kleinschmidt Kanzler wurde. Warum dieser den Entwurf allerdings erst als Kanzler verfasst haben soll, lässt er offen.

Einzelnachweise

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  1. Diestelkamp, Sp. 671.
  2. Diestelkamp, Sp. 672.
  3. Diestelkamp, Sp. 672.
  4. Löhr: Kleinschmidt.
  5. So: Schmidt, S. 68.
  6. Diestelkamp, Sp. 673.
  7. Diestelkamp, Sp. 674.
  8. Schmidt, S. 69f; Diestelkamp, Sp. 674.
  9. So die Darstellung in der Literatur. Diestelkamp, Sp. 675, weist allerdings darauf hin, dass dies noch nie ernsthaft untersucht wurde.
  10. Schmidt, S. 70.
  11. Schmidt, S. 109, Anm. 43.
  12. Diestelkamp, Sp. 674.
  13. Siehe: Quellen.
  14. Diestelkamp, Sp. 674.
  15. Vgl.: Diestelkamp, Sp. 675.
  16. Vgl.: Schmidt, S. 70f, Anm. 51.
  17. Vgl.: Schmidt, S. 70f, Anm. 51.
  18. Schmidt, S. 67–72 und beiliegende Karte.
  19. Schmidt, S. 67–72 und beiliegende Karte.
  20. Schmidt, S. 71 und Anm. 53.
  21. So auch in Hebis.
  22. Schmidt, S. 71 und Anm. 55.
  23. So in Hebis.
  24. Schmidt, S. 71f.