AES/EBU
AES/EBU (Audio Engineering Society/Europäische Rundfunkunion) ist die übliche Bezeichnung der AES3-Schnittstelle nach DIN EN 60958 zur unidirektionalen, selbstsynchronisierenden und seriellen Übertragung digitaler Stereo-, Zweikanal- oder Mono-Audiosignale zwischen verschiedenen Geräten.[1] Sie wird hauptsächlich im professionellen Tonstudio-Umfeld verwendet.
Nicht zu verwechseln ist die Bezeichnung mit dem Verschlüsselungsalgorithmus Advanced Encryption Standard.
Allgemeines
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Bereich | Digitaltechnik | ||
Titel | Digitalton-Schnittstelle Teil 1: Allgemeines Teil 3: Allgemeingebrauch Teil 4: Professioneller Gebrauch | ||
Erstveröffentlichung | August 2000 | ||
Letzte Ausgabe | Dezember 2015, Januar 2017, Januar 2017 | ||
Übernahme von | ISO IEC 60958 |
AES3 wird in IEC 60958 (früher IEC 958:1989) definiert. In Deutschland ist diese Norm als DIN EN 60958 in drei Teilen veröffentlicht.
Der einzige Unterschied zwischen AES3 und AES/EBU liegt in der Isolierung von Sender und Empfänger durch induktive Übertrager, die nach der AES/EBU-Spezifikation vorgeschrieben sind, während sie in AES3 nur optional sind.[2]
In den 1980er-Jahren entwickelte eine Arbeitsgruppe der Audio Engineering Society einen Standard zur digitalen Übertragung von Audiosignalen. Dieser wurde der Europäischen Rundfunkunion (EBU) und der japanischen EIAJ zur Zustimmung vorgelegt.[3] 1985 wurde der Standard als AES3 von dem amerikanischen ANSI und der EBU und der EIJA unter eigenen Bezeichnungen mit kleinen Anpassungen veröffentlicht. Deshalb wird er teilweise auch als AES/EBU-Standard bezeichnet.
Parallel arbeitete die IEC unter wesentlichem Einfluss von Sony und Philips an der Implementation eines entsprechenden Standards für Verbraucher-Anwendungen. Die IEC 958 wurde zur IEC 60958 bzw. DIN EN 60958. Diese Norm deckt einen professionellen (professional mode, Type I) und einen Endverbrauchermodus (consumer mode, Type II) ab. In heimischen HiFi-Geräten kommt der Endverbraucher-Typ S/PDIF zur Anwendung.[4] Die wesentlichen Unterschiede bestehen in einer unterschiedlichen physischen Schnittstelle und dem sogenannten Kanalstatus („C-Bit“) von AES3, das bei S/PDIF zu Übermittlung von Kopierschutzdaten verwendet wird.[5] Die restlichen Datenfelder, insbesondere das Format der Audiodaten, der Aufbau von Frames und Subframes, ist zwischen S/PDIF und AES3 identisch.
Physische Schnittstelle
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]AES3 verwendet symmetrische Kabel mit 110 Ohm oder in der AES3 id spezifizierte unsymmetrische Koaxialkabel mit 75 Ohm Wellenimpedanz und Twisted-Pair-Kabel. Als Steckverbinder wird bei symmetrischen Kabeln XLR und bei unsymmetrischen Koaxialkabeln BNC eingesetzt. Bei Einsatz von hochwertigen Koaxialkabeln (und Steckverbindern mit 75 Ohm Wellenimpedanz) können die Längen über 300 Meter betragen.
Durch die zunehmende Qualität bei LAN-Systemen werden im beginnenden 21. Jahrhundert zunehmend hochwertige Twisted-Pair-Kabel (Kategorie 5 oder 6, umgangssprachlich auch LAN-Kabel genannt) für die AES/EBU-Verkabelung eingesetzt. Ihre Wellenimpedanz liegt innerhalb der für AES3 festgelegten Werte.
Die üblichen Abtastfrequenzen des Audiosignals sind 32 kHz, 44,1 kHz, 48 kHz und 96 kHz. Darüber hinaus werden noch selten verwendete Abtastraten wie 88,2 kHz und 192 kHz unterstützt. Die Wortbreite der Abtastwerte kann im Bereich von 16 Bit bis 24 Bit liegen.
Die Kanalkodierung der Audiodaten wird mittels Biphase-Mark-Kodierung vorgenommen. Das zu übertragende Signal ist gleichanteilsfrei und kann zur Vermeidung von Brummschleifen galvanisch getrennt über Impulstrafos übertragen werden. Elektrisch verwendet die AES3-Schnittstelle Pegel und Treiber nach der Norm EIA-422 (RS422). Durch die Art der Kanalkodierung kann auf der Empfangsseite der Abtastratentakt mittels einer PLL aus dem AES3-Signal wiedergewonnen werden.
Logische Schnittstelle
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Übertragungsformat der AES3-Schnittstelle gliedert sich in Blöcke, Frames und Subframes, wie in nebenstehender Abbildung dargestellt. Ein Block enthält 192 Frames, dabei besteht jeder Frame aus 2 Subframes. Pro Subframe wird ein Audiosample mit 16, 20 oder maximal 24 Bit Dynamik und mit 4 Informationsbits übertragen. In den Informationsbits wird unter anderem ein sogenannter Kanalstatus übertragen, der Informationen über die Art der Audiodaten umfasst. Die restlichen Bits eines 32 Bit langen Time Slots dienen zum Synchronisieren der Frames und der Sicherung gegen Fehler. Pro Frame kann ein Stereokanal übertragen werden.
Signalqualität
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die digitale Signalübertragung kann vor allem bei langen und minderwertigen Kabeln zu einer Signalverstümmelung führen: Kann der Empfänger den Bitstrom auch mit Hilfe der Prüfsumme nicht mehr zu 100 % rekonstruieren, kommt es zur Signalverschlechterung. Sie äußert sich durch Verlust an Amplitudenauflösung (Dynamik) und zeitlicher Desynchronisation (Glitch). Das Signal klingt dann gegebenenfalls rau und ist durch Knackser unterbrochen. Abhilfe schaffen in diesem Fall höherwertige Kabel, die für die digitale Übertragung spezifiziert sind (Wellenimpedanz von 110 Ohm) sowie die Vermeidung von Adaptern und Verlängerungen im digitalen Signalweg.
In der Regel ist die Qualität der digitalen Übertragung jedoch verlustfrei und somit unter den meisten Umständen wesentlich besser als bei analoger Übertragung.
Synchronisation des Audiotaktes
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Werden in einer Produktionsumgebung mehrere digitale Signalquellen genutzt, so müssen die PCM-Ströme taktsynchronisiert werden. In diesem Fall lassen sich professionelle PCM-Signalquellen (A/D-Wandler, digitale Bandmaschinen etc.) durch einen sogenannten Haustaktgenerator extern betakten, um einen Gleichlauf der PCM-Bitströme sicherzustellen. Desynchronisierte digitale Signalquellen äußern sich durch hörbare Knackser bis hin zum Rauschen bei komplettem Signalverlust (siehe auch Jitter).
Sonstiges
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Weiterhin werden über diese Schnittstelle nicht nur PCM-kodierte Audiosignale übertragen, sondern beispielsweise auch Dolby-E- oder Dolby-Digital-kodierte Mehrkanalaudiodaten – diese Definitionen sind aber nicht mehr Teil der AES3-Spezifikation und sind im Standard SMPTE 337M festgelegt.
Der in AES3 festgelegte Bitstrom kann auch in diversen anderen Schnittstellen-Protokollen getunnelt werden, das heißt, das AES3-Signal wird innerhalb des anderen Protokolls noch einmal verpackt, und gegebenenfalls auch mehrfach gebündelt. Beispiele dafür sind MADI, IEEE 1394, AES50.
Die Schnittstelle AES/EBU wurde von mehreren Organisationen in annähernd gleicher Weise genormt:
Der Standard AES42 für digitale Mikrofone baut auf dem Standard von AES3 auf.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Michael Dickreiter, Volker Dittel, Wolfgang Hoeg, Martin Wöhr: Handbuch der Tonstudiotechnik. 8. Auflage. de Gruyter, 2014, ISBN 978-3-11-028978-7, S. 688 f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
- ↑ AES3, AES/EBU. (pdf) Comparing AES3 and AES/EBU. NTiAudio, 12. Januar 2024, S. 2, abgerufen am 9. August 2024 (englisch).
- ↑ John Emmett: Engineering Guidelines - The EBU/AES Digital Audio Interface. (PDF; 300 kB) European Broadcasting Union, 1995, abgerufen am 9. August 2024 (englisch).
- ↑ DIN EN 60958-1:2015 DE - Digitalton-Schnittstelle - Teil 1: Allgemeines (IEC 60958-1:2008 + A1:2014); Deutsche Fassung EN 60958-1:2008 + A1:2014 (Foreign Standard). Abgerufen am 25. Juni 2022.
- ↑ AES3-2003. AES Standard for digital audio – Digital input-output interfacing – Serial transmission format for two-channel linearly represented digital audio data. Überarbeitete Version von dem Standard AES3-1992. Audio Engineering Society Inc., New York 2003.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Spezifikation (Draft) bei der EBU (PDF-Datei; 302 kB)