Europäische Rundfunkunion

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Europäische Rundfunkunion
Union Européenne de Radio-Télévision
(EBU)
Logo
Gründung 12. Februar 1950 in Torquay,
Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich
Sitz Genf, Schweiz Schweiz
Vorläufer Weltrundfunkverein
Zweck Kooperation und Entwicklung des unabhängigen Rundfunks und der Medien in Europa
Schwerpunkt Rundfunk in Europa
Vorsitz Frankreich Delphine Ernotte (Präsidentin)[1]
Mitglieder 69 Vollmitglieder
Website www.ebu.ch

Die Europäische Rundfunkunion (englisch European Broadcasting Union, EBU; französisch Union Européenne de Radio-Télévision, UER) ist ein Zusammenschluss von derzeit 69 Rundfunkanstalten in 56 Staaten Europas, Nordafrikas und Vorderasiens mit Sitz in Genf (Stand: Mai 2022).[2] Hinzu kommen etwa halb so viele assoziierte Sender aus der ganzen Welt (31 aus 20 Staaten).[3]

Im Oktober 2020 wurde Delphine Ernotte – Präsidentin von France-Télévisions – als erste Frau zur Präsidentin der EBU gewählt. Sie trat am 1. Januar 2021 für einen Zeitraum von zwei Jahren die Nachfolge von Tony Hall an. Vizepräsident ist Petr Dvořák, der Generaldirektor des Tschechischen Fernsehens.[4]

  • Staat mit mindestens einem EBU-Mitglied
  • Staat mit assoziiertem Mitgliedssender
  • Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Ehemaliges Logo der EBU (bis 2012)

    Vorgänger der EBU war der Weltrundfunkverein (Internationale Rundfunkunion; englisch: International Broadcasting Union, IBU; französisch: Union Internationale de Radiophonie, UIR) mit Sitz in Genf und technischem Büro in Brüssel (1925–50).

    Die Europäische Rundfunkunion wurde am 12. Februar 1950 auf einer Konferenz im britischen Torquay mit dem Ziel gegründet, ein Netzwerk zum Austausch von Nachrichtenfilmen aufzubauen. Des Weiteren soll die EBU technische Entwicklungen im Radio- und Fernsehbereich vorantreiben und standardisieren. Gründungsmitglieder waren 23 Rundfunkanstalten aus Europa und dem Mittelmeerraum.

    Im Jahre 1953 übertrug die EBU als erste internationale Livesendung überhaupt die Krönung von Königin Elisabeth II. Die erste „offizielle“ Eurovisionssendung war die Übertragung des Narzissenfestivals am 6. Juni 1954 aus Montreux.[5] 1956 fand die Ausstrahlung des ersten Eurovision Song Contest statt.

    1993 schloss sich die EBU mit ihrem Pendant OIRT zusammen.

    Im November 2011 hat Andorra wegen finanzieller Schwierigkeiten seine Mitgliedschaft gekündigt.[6] Allerdings wurde die Kündigung nicht umgesetzt, weshalb Andorra immer noch ein Mitglied ist.

    Am 31. Mai 2021 teilte die EBU den Vorstandsbeschluss mit, die Mitgliedschaft der belarussischen Rundfunkanstalt Belaruskaja Tele-Radio Campanija (BTRC) zu suspendieren.[7] Begründet wurde die Entscheidung damit, dass von ebenjener Rundfunkanstalt Interviews gesendet worden sind, die offenbar unter Druck zu Stande gekommen sind. Im Zusammenhang mit den Protesten in Belarus ab 2020 hatte die Europäische Rundfunkunion bereits zuvor den Schutz von Journalisten in dem Staat gefordert.[8] Am 30. Juni 2021 wurde die Belaruskaja Tele-Radio Campanija vollständig aus der EBU ausgeschlossen.[9]

    Am 25. Februar 2022 wurde Russland wegen des Überfalls auf die Ukraine vom Eurovision Song Contest 2022 ausgeschlossen.[10] Daraufhin erklärten die russischen Sender Perwy kanal,[11] WGTRK und das Radiozentrum Ostankino den Austritt aus der EBU.[12]

    Projekte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Hörfunk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    1991 wurde das Hörspiel „Das Treffen in Valladolid“ des britischen Schriftstellers Anthony Burgess (A Clockwork Orange, dt. Uhrwerk Orange) als Auftragsarbeit der EBU von allen ihren Mitgliedsländern in ihrer jeweiligen Sprache produziert und zeitgleich mit allen Sendeanstalten der ARD urgesendet.[13]

    Fernsehen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Mehrere Fernsehsender der EBU betreiben gemeinsam den weltweit sendenden Nachrichtenkanal Euronews.

    Eine der bekanntesten Produktionen der EBU ist der jährlich stattfindende Eurovision Song Contest, welcher jeweils von der Sendeanstalt des Staates produziert wird, die den Vorjahresgewinner gestellt hat.

    Von 1965 bis 1999 wurde von der EBU die Spielshow Spiel ohne Grenzen ausgestrahlt. Darüber hinaus produziert sie in Eigenregie den Wettbewerb Eurovision Young Dancers sowie verschiedene Kinderprogramme und Dokumentarfilme.

    Darüber hinaus betreibt die EBU einen Satellitenkanal, über den die Mitglieder-Sender sich gegenseitig eigenes (Video-)Material zur Verfügung stellen.

    Erkennungsmelodien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Die EBU verwendet verschiedene Erkennungsmelodien zur Kennzeichnung ihrer Sendungen. Die bekanntesten sind die Eurovisions-Fanfare mit einem Motiv aus dem Präludium zum Te Deum des französischen Komponisten Marc-Antoine Charpentier und die Euroradio-Fanfare nach einem Motiv aus der Ouvertüre zur Oper L’Orfeo von Claudio Monteverdi.

    Technische Entwicklungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Zur Übertragung von Audiodateien in die einzelnen Mitgliedsländer wird das FLAC-Format verwendet.[14][15] Außerdem beteiligt sich die Organisation aktiv an der Forschung und Entwicklung von neuen Standards wie DAB, DVB und HDTV und konzipierte u. a. das Radio Data System (RDS).

    Mitglieder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Die EBU hat 69 Vollmitglieder aus 56 Staaten und 31 assoziierte Mitglieder aus 20 weiteren Staaten – unter anderem aus Kanada, Japan, Mexiko, Brasilien, Indien, Hongkong und den Vereinigten Staaten. Die meisten Vollmitglieder sind öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten oder private mit einem öffentlichen Informationsauftrag.

    In Deutschland gehören der EBU die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ARD und ZDF an; Österreich ist mit dem ORF, die Schweiz mit der SRG SSR und Südtirol mit Rai Südtirol vertreten.

    In Georgien gibt es sowohl assoziierte als auch Vollmitgliedssender.

    Aktive Vollmitglieder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Staat Rundfunkanstalt Abkürzung
    Agypten Ägypten National Media Authority NMA
    Albanien Albanien Radio Televizioni Shqiptar RTSH
    Algerien Algerien Entreprise nationale de radiodiffusion sonore ENRS
    Entreprise nationale de télévision ENTV
    Télédiffusion d’Algérie TDA
    Andorra Andorra Ràdio i Televisió d’Andorra RTVA
    Armenien Armenien ARMR ARMR
    ARMTV ARMTV
    Aserbaidschan Aserbaidschan İctimai Televiziya və Radio Yayımları Şirkəti İTV
    Belgien Belgien Vlaamse Radio- en Televisieomroep VRT
    Radio-télévision belge de la Communauté française RTBF
    Bosnien und Herzegowina Bosnien und Herzegowina Bosanskohercegovačka radiotelevizija BHRT
    Bulgarien Bulgarien Bulgarischer Nationaler Hörfunk BNR
    Bulgarisches Nationales Fernsehen BNT
    Danemark Dänemark Danmarks Radio DR
    TV2 Danmark DK/TV2
    Deutschland Deutschland Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (einschließlich Deutschlandradio) ARD
    Zweites Deutsches Fernsehen ZDF
    Estland Estland Eesti Rahvusringhääling ERR
    Finnland Finnland Yleisradio YLE
    Frankreich Frankreich Groupement des radiodiffuseurs français de l'UER: GRF
    Europe 1 E1
    Georgien Georgien Öffentlicher Rundfunk Georgiens SSM
    Griechenland Griechenland Elliniki Radiofonia Tileorasi ERT
    Irland Irland Radio Telefís Éireann RTÉ
    TG4 TG4
    Island Island Ríkisútvarpið RÚV
    Israel Israel Israeli Public Broadcasting Corporation IPBC
    Italien Italien Rai – Radiotelevisione Italiana RAI
    Jordanien Jordanien Jordan Radio and Television Corporation JRTV
    Kroatien Kroatien Hrvatska Radiotelevizija HRT
    Lettland Lettland Latvijas Radio LR
    Latvijas Televīzija LTV
    Libanon Libanon Télé Liban TL
    Litauen Litauen Lietuvos nacionalinis radijas ir televizija LRT
    Luxemburg Luxemburg RTL Télé Lëtzebuerg (ehem. Compagnie Luxembourgeoise de Télédiffusion) RTL
    Radio 100,7 (Établissement de Radiodiffusion Socioculturelle
    du Grand-Duché de Luxembourg)
    100,7
    Libyen Libyen Libya's Channel LC
    Malta Malta Public Broadcasting Services Ltd PBS
    Marokko Marokko Société nationale de radiodiffusion et de télévision SNRT
    Nordmazedonien Nordmazedonien Makedonska Radio-Televizija MRT
    Moldau Republik Moldau Teleradio-Moldova TRM
    Monaco Monaco Groupement de Radiodiffusion monégasque: GRMC
    Montenegro Montenegro Radio Televizija Crne Gore RTCG
    Niederlande Niederlande Nederlandse Publieke Omroep: NPO
    Norwegen Norwegen Norsk rikskringkasting NRK
    TV 2 AS NO/TV2
    Osterreich Österreich Österreichischer Rundfunk ORF
    Polen Polen Telewizja Polska TVP
    Polskie Radio PR
    Portugal Portugal Rádio e Televisão de Portugal RTP
    Rumänien Rumänien Societatea Română de Radiodifuziune SRR
    Televiziunea Română TVR
    San Marino San Marino San Marino RTV SMRTV
    Schweden Schweden Sveriges Television och Radio Grupp: STR
    Schweiz Schweiz Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft SRG SSR
    Serbien Serbien Radio-Televizija Srbije RTS
    Slowakei Slowakei Rozhlas a televízia Slovenska RTVS
    Slowenien Slowenien Radiotelevizija Slovenija RTV SLO
    Spanien Spanien Radiotelevisión Española RTVE
    Sociedad Española de Radiodifusión SER
    Tschechien Tschechien Český rozhlas ČR
    Česká televize ČT
    Tunesien Tunesien Établissement de la radiodiffusion-télévision tunisienne
    (Radio tunisienne und Télévision Tunisienne)
    ERTT
    Turkei Türkei Türkiye Radyo ve Televizyon Kurumu TRT
    Ukraine Ukraine Natsionalna Telekompanija Ukraïny NTU
    Ungarn Ungarn Duna Médiaszolgáltató Zártkörűen Működő Nonprofit Részvénytársaság Duna Média
    Médiaszolgáltatás-támogató és Vagyonkezelő Alap MTVA
    Vatikanstadt Vatikanstadt Radio Vatikan RV
    Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich British Broadcasting Corporation BBC
    United Kingdom Independent Broadcasting UKIB
    Zypern Republik Zypern Cyprus Broadcasting Corporation CyBC
  • Staat liegt geografisch in Afrika
  • Staat liegt geografisch in Asien
  • Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Commons: Europäische Rundfunkunion – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

    Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    1. Press Release, Delphine Ernotte and Petr Dvořák elected as President and Vice-President of the EBU. EBU, 2. Oktober 2020, abgerufen am 16. Mai 2022.
    2. Mitgliedsliste, Mai 2022
    3. ebu.ch, abgerufen am 16. Mai 2022.
    4. Delphine Ernotte and Petr Dvořák elected as President and Vice-President of the EBU. EBU, 2. Oktober 2020, abgerufen am 27. Juli 2021.
    5. Computer & Medien: Ein vereintes Fernsehpublikum – badische-zeitung.de. Abgerufen am 6. Juni 2014.
    6. Nachruf auf ein tapferes Land (Memento vom 13. Juli 2012 im Webarchiv archive.today)
    7. EBU: EBU suspendiert Mitgliedschaft von Belarus. 31. Mai 2021. eurovision.de (31. Mai 2021)
    8. EBU EXECUTIVE BOARD AGREES TO SUSPENSION OF BELARUS MEMBER BTRC. Abgerufen am 9. Juni 2021.
    9. Белтэлерадыёкампанію выключылі з Еўрапейскага вяшчальнага саюза. Eurapejskaje Radyjo dlja Belarussi, 30. Juni 2021, archiviert vom Original am 1. Juli 2021; abgerufen am 1. Juli 2021 (belarussisch).
    10. Russland vom Eurovision Song Contest ausgeschlossen – ntv.de. Abgerufen am 25. Februar 2022.
    11. https://www.diepresse.com/6104408/song-contest-ausschluss-russische-medien-verlassen-ebu
    12. Joachim Huber: Redaktion auf ESC-Ausschluss Russlands – Russische Sender verlassen EBU. In: Tagesspiegel Online. Der Tagesspiegel, 26. Februar 2022, abgerufen am 26. Februar 2022.
    13. Deutschlandfunk, Das Hörspiel, 11. Februar 2012. In: dradio.de (12. Februar 2012)
    14. EBU.CH: Frequently Asked Questions (Memento vom 10. Oktober 2009 im Internet Archive)
    15. Pro-Linux News: „European Broadcasting Union verwendet FLAC“