Aerugit

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Aerugit
Hell- bis dunkelgrüner Kristallrasen aus Aerugit aus Johanngeorgenstadt, Erzgebirge, Sachsen (Gesamtgröße: 1,7 cm × 0,9 cm × 0,8 cm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1965 s.p.[1]

IMA-Symbol

Aru[2]

Chemische Formel
  • Ni8.5(AsO4)2As5+O8[3]
  • Ni8.5As[6][O8|(AsO4)2][4]
  • ≈ Ni9[O4|(AsO4)3][5]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Phosphate, Arsenate und Vanadate
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VII/B.06
VII/B.09-010

8.BC.15
38.05.09.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem trigonal
Kristallklasse; Symbol ditrigonal-skalenoedrisch; 32/m
Raumgruppe R3m (Nr. 166)Vorlage:Raumgruppe/166
Gitterparameter a = 5,95 Å; c = 27,57 Å[4]
Formeleinheiten Z = 3[4]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 4[6]
Dichte (g/cm3) gemessen: 5,85(7); berechnet: 5,772[6]
Spaltbarkeit fehlt
Bruch; Tenazität spröde
Farbe dunkelgrasgrün, blaugrün, hellbraun[6]
Strichfarbe hellgrün bis hellblaugrün[6]
Transparenz durchscheinend[6]
Glanz schwacher Glas- bis Diamantglanz, Harzglanz[7]

Aerugit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ mit der chemischen Zusammensetzung Ni8.5As[6][O8|(AsO4)2][4] und ist damit chemisch gesehen ein Nickel-Arsenat mit zusätzlichen Sauerstoffionen.

Aerugit kristallisiert im trigonalen Kristallsystem, konnte aber bisher nur in Form feinkörniger Kristalle, derber Massen und krustiger Überzüge bis etwa zwei Millimeter Dicke gefunden werden. Das durchscheinende Mineral ist von dunkelgrasgrüner bis blaugrüner oder hellbrauner Farbe und hat eine ähnliche, hellgrüne bis hellblaugrüne Strichfarbe.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstmals beschrieben wurde das Mineral 1858 von Carl Wilhelm Bergemann. Er entdeckte es an einer Probe aus der Umgebung von Johanngeorgenstadt im Erzgebirge, die er von dem Mineralogen und Mineralienhändler Adam August Krantz erhalten hatte. Dieser wiederum hatte die Probe in einer 1857 in Schneeberg aufgekauften Sammlung gefunden.[8]

Bergemann beschrieb das Mineral als undurchsichtige, dunkelgrasgrüne, kristalline Masse, die an einzelnen Stellen ins Mattbräunliche übergeht und dort amorph wirkt. Neben einigen chemischen und physikalischen Angaben gab Bergemann mit der Formel Ni5As2O10 (berechnet aus den anteiligen Oxidverbindungen)[9] bereits eine recht genaue chemische Zusammensetzung an. Er zögerte allerdings, dem neuen Mineral einen Namen zu geben, weil es ihm zweckmäßiger erschien, damit zu warten, bis es in größerer Menge aufgefunden wird.[8]

Seinen bis heute gültigen Namen Aerugit erhielt das Mineral vermutlich 1869 durch den französischen Mineralogen Gilbert Joseph Adam (1795–1881)[10], der es in einer tabellarischen Übersicht in seiner Publikation Tableau Mineralogique aufführt. Adam gibt jedoch keine Erklärung für den Namen ab und einige der in der Tabelle angegebenen Eigenschaften wurden mit denen von Xanthiosit verwechselt, obwohl er auf die Beschreibungen von Bergemann verwies. Nach William H. Blackburn und William H. Dennen (1997) soll der Name allerdings eine Ableitung des lateinischen Wortes aeruquo (auch aerugo[11]) für Grünspan in Anlehnung an die Farbe des Minerals sein.[9]

Das Typmaterial des Minerals wird im Natural History Museum (NHM-London) in London (England) unter den Katalog-Nr. 32590 und 1907,103[6] oder BM 1963,481[12] und in der Technischen Universität Bergakademie Freiberg (TU-BA-Freiberg) unter der Katalog-Nr. 10471[12] aufbewahrt.

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Aerugit zur Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort zur Abteilung der „Wasserfreien Phosphate, mit fremden Anionen“, wo er zusammen mit Angelellit und Grattarolait die „Aerugit-Angelellit-Gruppe“ mit der System-Nr. VII/B.06 bildete.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VII/B.09-10. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Wasserfreie Phosphate, mit fremden Anionen F,Cl,O,OH“, wo Aerugit zusammen mit Grattarolait und Angelellit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet.[13]

Auch die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[14] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Aerugit ebenfalls in die Abteilung der „Phosphate usw. mit zusätzlichen Anionen; ohne H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen und dem Stoffmengenverhältnis der zusätzlichen Anionen (OH etc.) zum Phosphat-, Arsenat- bzw. Vanadatkomplex (RO4), so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit ausschließlich mittelgroßen Kationen; (OH usw.) : RO4 > 1 : 1 und < 2 : 1“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 8.BC.15 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Aerugit in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung „Wasserfreie Phosphate etc.“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 38.05.10 innerhalb der Unterabteilung „Wasserfreie Phosphate etc., mit verschiedenen Formeln“ zu finden.

Chemismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Entsprechend der letzten, von Michael E. Fleet and Jacques Barbier 1989 durchgeführten, Strukturanalyse hat Aerugit die idealisierte chemische Zusammensetzung Ni17As6O32 (auch Ni8.5As3O16).[15] In den vier Proben aus der Typlokalität Johanngeorgenstadt fanden sich allerdings auch geringe Fremdbeimengungen von Bismut, Cobalt, Eisen, Kupfer und Phosphor.[6]

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aerugit kristallisiert trigonal in der Raumgruppe R3m (Raumgruppen-Nr. 166)Vorlage:Raumgruppe/166 mit den Gitterparametern a = 5,95 Å und c = 27,57 Å sowie drei Formeleinheiten pro Elementarzelle. Die Parameter für den Rhomboeder sind r = 9,8105 Å und α = 35,312°[15]

Kristallstruktur von Aerugit nach Fleet und Barbier
Farblegende: 0 _ Ni 0 _ As 0 _ O

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aerugit bildet sich als Sekundärmineral in hydrothermalen Ni-As-U-Erzlagerstätten. Als Begleitminerale treten je nach Fundort unter anderem gediegen Bismut, Bunsenit und/oder Xanthiosit auf.

Außer an seiner Typlokalität Johanngeorgenstadt konnte das Mineral in Sachsen noch in der Umgebung der nahe gelegenen Stadt Marienberg und etwa 1,5 km nordwestlich davon auf der Abrahamhalde am Schacht 139 (nicht zu verwechseln mit dem Vater Abraham Schacht, Wismutschacht 152) bei Lauta entdeckt werden.

Der bisher einzige weitere Fundort (Stand 2022) liegt im Distrikt Ratnapura auf der Insel Sri Lanka.[16]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • C. Bergemann: XXVI. Ueber einige Nickelerze. In: Journal für Praktische Chemie. Band 75, 1858, S. 239–244 (rruff.info [PDF; 222 kB; abgerufen am 18. Mai 2022]).
  • R. J. Davis, M. H. Hey and A. W. G. Kingsbury: Xanthiosite and Aerugite. In: Mineralogical Magazine. Band 35, 1965, S. 72–83 (rruff.info [PDF; 2,8 MB; abgerufen am 18. Mai 2022]).
  • Michael E. Fleet and Jacques Barbier: Structure of aerugite (Ni8.5As3O16) and interrelated arsenate and germanate structural series. In: Acta Crystallographica Section B. Band 45, 1989, S. 201–205, doi:10.1107/S0108768189002727.
  • Richard V. Gaines, H. Catherine W. Skinner, Eugene E. Foord, Brian Mason, Abraham Rosenzweig: Dana’s New Mineralogy. 8. Auflage. John Wiley & Sons, New York (u. a.) 1997, ISBN 0-471-19310-0, S. 734.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Aerugite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: May 2022. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Mai 2022, abgerufen am 18. Mai 2022 (englisch).
  4. a b c Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 447 (englisch).
  5. Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 630 (Erstausgabe: 1891).
  6. a b c d e f g Aerugite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org [PDF; 63 kB; abgerufen am 18. Mai 2022]).
  7. Aerugite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 18. Mai 2022 (englisch).
  8. a b C. Bergemann: XXVI. Ueber einige Nickelerze. In: Journal für Praktische Chemie. Band 75, 1858, S. 239–244 (rruff.info [PDF; 222 kB; abgerufen am 1. April 2018]).
  9. a b Thomas Witzke: Die Entdeckung von Aerugit. In: strahlen.org/tw. Abgerufen am 18. Mai 2022.
  10. ADAM, Gilbert-Joseph (1795–1881). The Mineralogical Record, abgerufen am 18. Mai 2022.
  11. Latein-Deutsch Übersetzung für „aerugo“. Langenscheidt, abgerufen am 18. Mai 2022.
  12. a b Catalogue of Type Mineral Specimens – A. (PDF 357 kB) Commission on Museums (IMA), 9. Februar 2021, abgerufen am 18. Mai 2022.
  13. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  14. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 18. Mai 2022 (englisch).
  15. a b Michael E. Fleet and Jacques Barbier: Structure of aerugite (Ni8.5As3O16) and interrelated arsenate and germanate structural series. In: Acta Crystallographica Section B. Band 45, 1989, S. 201–205, doi:10.1107/S0108768189002727.
  16. Fundortliste für Aerugit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 18. Mai 2022.