Benutzer:Ömmerjöönche/Krätzche

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Krätzche (Musik)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Krätzche (Kölsch, auch Krätzje, Krätzge, Mehrzahl: Krätzcher, Krätzjer, bzw. Krätzger, rheinischen Regiolekt Krätzchen) oft auch als Kölsches Krätzche bezeichnet eine Liedgattung im Kölner Raum, die lustige Begebenheiten oder Streiche zum Inhalt hat. Das Krätzche ist dem bayerisch-österreicherischen Gstanzl wesensverwandt.

Herkunft des Begriffes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Begriff ist auf "Krätzche" (kölsch), respektive Krätzchen (rheinisch), für kleinen Riss, Schrämmchen, Streich, Schlag, Stoß, Hau, Hieb; im übertragenen Sinne für Ulk, lustigen Streich, Schnurre oder Schwank zurückzuführen.[1] [2] Es handelt sich hierbei um einen Begriff, den es ausschließlich im Kölner Sprachraum gibt und der im Hochdeutschen kein echtes Synonym hat. Aus dem Bereich der Erzählung wurde das Krätzche zu einer Form des Gesangsvortrags weiterentwickelt, wobei sich der Beginn dieser Entwicklung zeitlich nicht genau lokalisieren läßt. Es erscheint naheliegend, dass diese Gattung aus ursprünglichen Wortbeiträgen (Büttenreden) auf den Kölner Karnevalssitzungen entstanden ist. Dafür spricht die Tatsache, dass sich schon im 19. Jahrhundert Beispiele finden lassen (etwa bei Joseph Roesberg), in denen erzählte Krätzcher zu gesungenen Vorträgen umgearbeitet wurden.

Dokumentation und Ausprägungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Gegensatz zum Gstanzl ist das Krätzche bis heute nicht umfassend erforscht. Er scheint vor allem seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts in Bezug auf kölschsprachige Liedvorträge in Gebrauch zu sein, wobei sich von Beginn an eine Bedeutungsdualität erkennen läßt. In diesem Zusammenhang ist auch der Begriff „Krätzchersänger“ (Krätzchensänger/Krätzchessänger) zu nennen, der zusätzlich zur Ungenauigkeit des Verständnisses beigetragen hat und in seinem heutigen Gebrauch wenig eindeutig ist. Dies scheint mehrere Gründe zu haben.

Zum einen ist offenbar seit Willi Ostermann der Begriff Krätzchersänger (oder auch Krätzchensänger, Krätzchessänger) gängig. Diese solistischen Sänger wurden damals in der Regel mit der Musikkapelle im Sitzungssaal orchestral begleitet. Viele der Texte Ostermanns sind auch durchaus als Krätzcher einzustufen, wenn man sich deren reinen Textinhalt vergegenwärtigt. In seiner Nachfolge handelte es sich hierbei jedoch oftmals einfach um Refrainlieder, die zu Karnevalsschlagern wurden wohl auch, weil sie aufgrund ihres eingängigen Refrains vom Publikum mitgesungen werden konnten.

Es läßt sich heute nicht mehr eindeutig klären, ob auch die Kleidung eine Rolle für die Ausprägung des Begriffs Krätzchersänger gespielt hat: Diese solistischen Sänger trugen Abendanzug oder Frack und auf dem Kopf die Narrenkappe. Diese Narrenkappe wurde in Köln aber auch als Krätzche bezeichnet. (Bis heute heißt die erste, noch aus einfachem Wollfilz bestehende Narrenmütze der unteren Ränge der Roten Funken „et wölle Krätzche“.) Der Sänger sang mit einem Krätzche, also nannte man ihn „Krätzchessänger“. Aus dieser Tradition heraus gelangten viele Karnevalssänger in der Nachfolge Ostermanns bis heute zu der Bezeichnung Krätzchessänger, so etwa August Batzem, Karl Berbuer, Jupp Schlösser, Jupp Schmitz, Toni Steingass bis hin zu heute noch aktiven Karnevalssängern wie Ludwig Sebus oder Marie-Luise Nikuta.

Zum anderen entwickelte sich seit den 1920er Jahren eine eigenständige Lied- und Vortragsgattung „Krätzche“ auf den Karnevalsbühnen in Köln. Zwei unterschiedliche Entwicklungstränge liefen zeitgleich ab und machen es heute sehr schwer, sie konkret zu bezeichnen.

Vortragsweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Art und Weise des Krätzcher-Vortrags ist kaum schriftlich zu fixieren. Entsprechend sind frühe Formen nicht dokumentiert. Auch die Vertreter dieser Gattung vom Anfang des 20. Jahrhunderts sind nur ungenau überliefert. Durch die Bindung an den Karnevalsauftritt scheinen die Krätzcher ursprünglich an eine bestimmte Vortragsart gebunden gewesen zu sein: In clownesker Weise kostümierte Personen, oftmals ein Duett mit äußerlich komischen Gegensätzen (wie „dick und dünn“ oder „groß und klein“) und beide in der Regel in der Rolle des dummen August trugen diese Krätzcher – oft mehrstimmig vor und begleiteten sich selbst auf minimalistische Weise auf Gitarre, Akkordeon oder Mandoline. Der Vortrag war meist übertrieben: Extrem leiernd gesungene, langsame Passagen wechselten mit abgehackten oder sehr schnellen Teilen, gerne auch im Telegrammstil. Die Pause, im Sinne eines Anhaltens aller Vorgänge auf der Bühne, mit „eingefrorenem Gesichtsausdruck“ erhielt dabei eine wichtige Funktion für das Entstehen des Lachens beim Publikum. Komische Bewegungsmomente in Mimik, Gestik und Körperbewegung wurden verstärkend hinzugenommen. Dokumentiert sind Bühnenauftritte mit Krätzchervorträgen seit den 1920er Jahren.

Dieses Kölsche Krätzche ist in besonderer Form an den Vortrag gebunden. Erst durch die Interaktion mit dem Publikum entwickelt es seine eigentliche Wirkung.

Aktuelle Formen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Krätzche erlebte nach jahrzehnte langer Vergessenheit seit den 1980er Jahren eine Renaissance, die ausgelöst wurde von den Bläck Fööss, die bei Konzerten diese alte Form des Vortrages als kurze Einlage in ihr Programm aufnahmen. Sie bedienten sich dabei historischer Vorlagen der „Zwei Drüje“, ein Krätzcher-Duo, das in der 1950er Jahren große Erfolge im Kölner Karneval feierte. Seitdem gibt es vielfältige Ansätze, dieser Gattung innerhalb und außerhalb des Karnevals wieder zu neuem Leben zu verhelfen. Eine Sonderform des Krätzcher-Vortrags entwickelten Gerd Köster und Frank Hocker als "Köster & Hocker" mit ihren „dreckelijen Krätzcher“, es sind aber auch neue Formen der alten Tradition zu finden bei Gruppen wie: „SakkoKolonia“, „Knubbelfutz un Schmalbedaach“ oder „Quetsch un Flitsch“.

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Fritz Hönig: Kölner Wörterbuch, Köln: Maternus Verlag, 1. Auflage 2002 (= überarbeitete Fassung des Wörterbuch der Kölner Mundart von 1877, erste Überarbeitungen von 1905 und 1952), ISBN 3-88735-211-4
  • Adam Wrede: Neuer Kölnischer Sprachschatz, Köln: Greven Verlag, 12. Auflage 1999, (erste Auflage 1958), ISBN 3-7743-0243-X
  • August Hoursch (Hrsg.), Kölsche Krätzcher, Köln: Hoursch & Bechstedt, 6. Auflage 1921
  • Paul Mies, Das Kölnische Volks- und Karnevalslied von 1823-1923, Düsseldorf: Musikverlag Schwann, 1964 (=zweite, erweiterte Auflage des gleichen Titels, Köln/Krefeld: Staufen, 1951)
  • Heinrich Lützeler: Philosophie des Kölner Humors, Honnef: Peters, 1954
  • Renate Matthaei: Der kölsche Jeck. Zur Karnevals- und Lachkultur in Köln. Köln: Dabbelju, 2009, ISBN 978-3-939666-11-0
  • Walter Oepen : E Krätzje - wat es dat eijentlich?, Programmheft des Kölsch Hännesche-Thiater zu En kölsche Talentprob, 1996
  • Reinold Louis: Jetz weede ahl Krätzcher geresse. Zur Historie der Krätzchen und von den Inhalten der Lieder. Vorwort zur CD Jetz weede ahl Krätzcher geresse, CD "Kölsche Evergreens 32" der Kreissparkasse Köln

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Fritz Hönig: Kölner Wörterbuch, S. 107
  2. Adam Wrede: Neuer Kölnischer Sprachschatz, 2. Band, S. 88