Benutzer:Artikelwerkstatt/Proteste in Bulgarien 2020

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Ab dem 9. Juli 2020 kam es in Bulgarien zu Protesten gegen die Regierung unter Ministerpräsident Bojko Borissow.[1] Sie brachen fast zeitgleich in mehreren Städten Bulgariens aus, prangerten anfangs nur die Korruption an und forderten den Rücktritt der Regierung. In der Folge traten vier Minister[2][3] zurück.

Verlauf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein Auslöser der Proteste war eine Aktion des Politikers Christo Iwanow der Partei Da, Bulgaria (Ja, Bulgarien), der mit einem Schlauchboot an einem Schwarzmeerstrand, nahe des Ölhafens der Stadt Burgas landete und nach einer Auseinandersetzung mit Sicherheitskräften darauf hinwies, dass das Gelände der Villa des Politikers Ahmed Dogan an einen öffentlichen Strand angrenzt und dieser abgesperrt sei.[4] In den kommenden Tagen kam es auch zu einer Durchsuchung des Büros des Präsidenten Rumen Radew[5] und die vorläufige Festnahme zweier Mitarbeiter.[6] Dieser schloss sich im Anschluss den Demonstranten an.[7]

Nach der anfangs reinen Forderung nach einem Rücktritt Bojko Borissows wurde später auch der Wunsch nach Direkter Demokratie, Ökologie, Armutsbekämpfung und Pressefreiheit laut. Auch gegen den amtierenden Generalstaatsanwalt Iwan Geschew richtenten sich die Proteste.[8][9][10][11] Die Proteste waren weitestgehend friedlich, allerdings versuchten Demonstrierende in der einstigen Zentrale der früheren BKP einzudringen, wo jetzt Arbeitsräume der Parlamentsabgeordneten untergebracht sind.[12][13] Auch wurde die Polizeigewalt gegen Demonstrierende diskutiert.[14][15]

Die Proteste erregten nach kürzester Zeit internationale Aufmerksamkeit.[16][17][18][19][20]. Landesweit solidarisierten sich größere Teile der Bevölkerung mit dem Protest. Laut Gallupp Organization seien 300.000 Menschen also 6 Prozent der Bevölkerung Bulgariens teilgenommen haben.[21] International fanden auch Kundgebungen statt, darunter in London, Brüssel, Wien und Berlin.[22][23][24]

Am 19. Juli 2020 baten die ersten drei Minister der Regierung Borissow III ihren Rücktritt an, was einen Misstrauensantrag gegen die Regierung aber nicht verhinderte.[25]

Auch im Narodno Sabranie, dem bulgarischen Parlament, waren in der Folge die „Ostawka“-Rufe (bulg. Rücktritt) zu vernehmen. Ein Misstrauensantrag gegen Bojko Borissow[26] gestellt durch Michail Mikow[27], Nationalrat der BSP, am 21. Juli 2020 wurde mit den Stimmen der GERB, der Ataka (Partei) und der Patriotischen Front verworfen. Darauf zog die Bulgarische Sozialistische Partei (BSP) mit lauten "Ostawka"-Rufen vor laufender Kamera aus dem Parlament aus. Borissow selbst lehnte einen Rücktritt bis dahin noch ab.[28]

Trotz der Zusage der EU am 22. Juli 2020 an Bojko Borissow und seiner Regierung auf 27 Milliarden € Kredite aus Gründen der Covid-19-Pandemie zu vergeben,[29] kühlte sich die Stimmung nicht ab.[30] Für die Demonstranten handelte es sich hierbei um Geld, welches man zurückzahlen müsse und welches nur den Einfluss ausländischer Investoren auf die Korruption der bulgarischen Regierung erhöhen würde. Dabei verschwinde das Geld in "schwarze Kanäle"[31], somit in korrupte Geschäfte, die man der Regierung Borissow III sowieso in den Protesten bereits nachgesagt hatte.[32]

Am 23. Juli 2020 traten vier Minister der Regierung zurück, nachdem Borissow erklärte er werde die Rücktritte annehmen und das Kabinett umbilden.[33] Dies führte jedoch zu keinem Abbruch der Proteste führte.[34]

Am 27. Juli 2020 stellte Bojko Borissov ein 1 Milliarden schweres Hilfspaket für Tourismusunternehmen, Rentner und Künstler, sowie Ärzte und Pfleger vor.[35]

In Sofia fand am 29. Juli 2020 eine weitere Großkundgebung und Blockaden statt.[36][37] Im Laufe des Protests kam es in Sofia zu Besetzungen durch Protestcamps auf der Adlerbrücke (Orlov Most), der Universität und vor dem Präsidentenpalast. Fünf Demonstrierende traten in einen Hungerstreik.[38] Eine Person musste ins Krankenhaus eingeliefert werden.[39] Landesweit kam es zu weiteren Aktionen, wie zum Beispiel eine Blockade mit Zelten in Warna am Schwarzen Meer, eine ähnliche Barrikade in Plowdiw und eine von Demonstranten in Südbulgarien gesperrte Überlandstraße.[40] Trotz Räumungen durch die Polizei wurden die Barrikaden für die Blockaden in Sofia wiederaufgebaut.[41] Zudem errichteten Krankenschwestern ebenfalls ein Zeltlager vor dem Gesundheitsministerium.[42]

Mitte August 2020 stellte Borissow das erste Mal seinen Rücktritt in Aussicht, allerdings erst nach einer Entscheidung des Parlaments für die Wahl einer verfassungsgebenden Volksversammlung.[43][44] Diese hätte jedoch frühestens im November 2020 stattfinden können.[45]

Nach fast vier Monaten ließen die Proteste im November nach. Gründe seien unter anderem die Pandemie.[46]

Orte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Proteste fianden in den größeren Städten Sofia, Warna und Plowdiw, Burgas und Russe statt,[47] aber auch in kleineren Orten, wie Chaskowo und Stara Sagora. Die US-Botschaft in Sofia und die EU-Kommission äußerten sich in Bezug auf den Protest positiv.[48] Die Demonstrationen swaren dabei vor allem durch Slogans und Ausrufe wie „Ostawka!“ (Rücktritt) und „Mafia!“ geprägt.

Politischer Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Teilnehmer der Proteste stammen aus Angehörigen und Unterstützern der Parteien Bulgarische Sozialistische Partei, Grüne Bewegung, da! bulgaria und Demokratia, aber auch vielen Menschen, die sich keiner Partei zugehörig fühlen. Die Protestierenden kommen aus vielen unterschiedlichen Gesellschaftsschichten und politischen Lagern[49], darunter auch eine größere Anzahl von Bulgaren die sonst im Ausland arbeiten.[50] Einige der Organisatoren nennen sich das ''Gift Trio'', darunter der Anwalt Anwalt Nikolaj Chadschigenow.[51]

Nach den Wahlen in Bulgarien 2021 verlor die Partei GERB mit Bojko Borissow an Stimmen, blieb jedoch stärkste Kraft.[52]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. US-Botschaft: Proteste zeugen von vitaler Zivilgesellschaft. In: bnr.bg. 14. Juli 2020, abgerufen am 28. Juli 2020 (bulgarisch).
  2. Rücktrittsangebote von Ministern nach Protesten gegen Regierung. In: Zeit.de. 15. Juli 2020, abgerufen am 28. Juli 2020.
  3. tagesschau.de: Bulgarien: Regierungschef Borissow tauscht Minister aus. Abgerufen am 10. August 2020.
  4. ORF at/Agenturen guti: Oligarchen, Proteste und Strände: Machtkampf in Bulgarien eskaliert. 10. Juli 2020, abgerufen am 28. Juli 2020.
  5. Machtkampf in Bulgarien eskaliert. In: orf.at. 20. Juli 2020, abgerufen am 28. Juli 2020.
  6. Bulgarien hat ein Problem mit Demokratie und Rechtsstaat. Abgerufen am 28. Juli 2020.
  7. Bürger protestieren in Unterstützung von Präsident Radew. In: bnr.bg. 9. Juli 2020, abgerufen am 28. Juli 2020.
  8. tagesschau.de: Proteste in Bulgarien: "Gift-Trio" gegen Borissow. Abgerufen am 29. Juli 2020.
  9. Barbara Oertel: Schriftsteller über Protest in Bulgarien: „Demokratie ist nur eine Fassade“. In: Die Tageszeitung: taz. 20. Juli 2020, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 12. August 2020]).
  10. Deutsche Welle (www.dw.com): Kommentar: Protest gegen den "Schattenstaat" in Bulgarien | DW | 05.08.2020. Abgerufen am 12. August 2020 (deutsch).
  11. Proteste in Bulgarien - Sehnsucht nach dem Rechtsstaat. Abgerufen am 12. August 2020 (deutsch).
  12. ZEIT ONLINE | Lesen Sie zeit.de mit Werbung oder im PUR-Abo. Sie haben die Wahl. Abgerufen am 12. August 2020.
  13. 15 07 2020 Um 06:36: Bulgarien: Ausschreitungen bei Protesten gegen die Regierung. 15. Juli 2020, abgerufen am 12. August 2020.
  14. Die Wut der Rückkehrer. Abgerufen am 12. August 2020.
  15. Tobias Zick: Gemeinsam gegen die Mafia. Abgerufen am 12. August 2020.
  16. Angst vor versickernden EU-Geldern. In: tagesschau.de. 22. Juli 2020, abgerufen am 28. Juli 2020.
  17. Proteste in Bulgarien setzen sich fort. In: zeit.de. 22. Juli 2020, abgerufen am 24. Juni 2020.
  18. Angst vor versickernden EU-Geldern. In: tagesschau.de. 22. Juli 2020, abgerufen am 24. Juni 2020.
  19. Proteste gegen Regierung. In: ORF.at. 22. Juli 2020, abgerufen am 28. Juli 2020.
  20. Vor Misstrauensvotum: Neue Proteste gegen Regierung in Bulgarien. In: aargauerzeitung.ch. 19. Juli 2020, abgerufen am 28. Juli 2020.
  21. 6 Prozent der Bulgaren haben sich an den Protesten beteiligt. In: bnr.bg. 16. Juli 2020, abgerufen am 28. Juli 2020.
  22. Bulgaren in London protestieren erneut. In: bnr.bg. 25. Juli 2020, abgerufen am 28. Juli 2020.
  23. Bulgaren protestieren vor CDU-Zentrale in Berlin. In: bnr.bg. 23. Juli 2020, abgerufen am 27. Juli 2020.
  24. Die Wut der Rückkehrer. Abgerufen am 9. August 2020.
  25. ZEIT ONLINE | Lesen Sie zeit.de mit Werbung oder im PUR-Abo. Sie haben die Wahl. Abgerufen am 10. August 2020.
  26. Misstrauensantrag gegen Regierung Borissow gescheitert. In: deutschlandfunk.de. 21. Juli 2020, abgerufen am 28. Juli 2020.
  27. „Wir haben es satt!“ – Leitmotiv der Proteste in Bulgarien. In: bnr.bg. 21. Juli 2020, abgerufen am 28. Juli 2020.
  28. tagesschau.de: Bulgarien: Regierungschef Borissow tauscht Minister aus. Abgerufen am 10. August 2020.
  29. Weitere Proteste in Bulgarien trotz Corona-Geldern. In: telebasel.ch. 27. Juli 2020, abgerufen am 28. Juli 2020.
  30. Wohin mit dem ganzen Geld? In: zeit.de. 22. Juli 2020, abgerufen am 28. Juli 2020.
  31. Korruption, Verpuffung von EU-Geldern: Proteste gegen bulgarische Regierung. In: wiwo.de. 23. Juli 2020, abgerufen am 28. Juli 2020.
  32. "Ich schäme mich für unsere Politik": Junge Bulgaren demonstrieren gegen Korruption. In: euronews.com. 23. Juli 2020, abgerufen am 28. Juli 2020.
  33. tagesschau.de: Bulgarien: Regierungschef Borissow tauscht Minister aus. Abgerufen am 21. August 2020.
  34. tagesschau.de: Proteste in Bulgarien: "Gift-Trio" gegen Borissow. Abgerufen am 10. August 2020.
  35. Versuche der Besänftigung. In: sueddeutsche.de. 28. Juli 2020, abgerufen am 28. Juli 2020 (deu).
  36. Proteste gegen Bulgariens Regierung: Blockaden angekündigt. In: süddeutsche.de. 26. Juli 2020, abgerufen am 27. Juni 2020.
  37. Proteste gegen Bulgariens Regierung: Blockaden angekündigt. In: morgenpost.de. 26. Juli 2020, abgerufen am 28. Juli 2020.
  38. Proteste in Sofia und im ganzen Land dauern an. Abgerufen am 9. August 2020.
  39. ORF at/Agenturen red: Bulgarien-Proteste: Borrisow stellt Rücktritt in den Raum. 5. August 2020, abgerufen am 9. August 2020.
  40. DER SPIEGEL: Bulgarische Polizei räumt Straßenblockaden von Regierungsgegnern - DER SPIEGEL - Politik. Abgerufen am 12. August 2020.
  41. ZEIT ONLINE | Lesen Sie zeit.de mit Werbung oder im PUR-Abo. Sie haben die Wahl. Abgerufen am 12. August 2020.
  42. Neue Proteste in Bulgarien: Borissow will Verfassung ändern. In: Die Tageszeitung: taz. 18. August 2020, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 21. August 2020]).
  43. Bulgarien: Ministerpräsident Borissow stellt Rücktritt in Aussicht. 15. August 2020, abgerufen am 15. August 2020.
  44. Augsburger Allgemeine: Bulgariens Regierungschef stellt Rücktritt in Aussicht. Abgerufen am 15. August 2020.
  45. ZEIT ONLINE | Lesen Sie zeit.de mit Werbung oder im PUR-Abo. Sie haben die Wahl. Abgerufen am 21. August 2020.
  46. Ende der Abendproteste gegen Bulgariens Regierung. Abgerufen am 15. April 2021 (deutsch).
  47. Die Wut der Rückkehrer. Abgerufen am 10. August 2020.
  48. Europäische Kommission unterstützt friedliche Proteste in Bulgarien. In: bnr.bg. 14. Juli 2020, abgerufen am 28. Juli 2020.
  49. Barbara Oertel: Dokumentarfilmer über Proteste in Bulgarien: „Mehr Druck aus Brüssel“. In: Die Tageszeitung: taz. 18. Juli 2020, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 12. August 2020]).
  50. Die Wut der Rückkehrer. Abgerufen am 10. August 2020.
  51. tagesschau.de: Proteste in Bulgarien: "Gift-Trio" gegen Borissow. Abgerufen am 10. August 2020.
  52. Резултати :: Парламентарни избори 4 април 2021. Abgerufen am 14. April 2021.

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