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Ludwig Funder (* 15. Januar 1845 in Graz, Österreich; † 12. Dezember 1917 ebenda) war ein literarisch begabter Grazer Zuckerbäcker, der durch sein im Jahr 2000 publiziertes Tagebuch seiner Bildungsreisen und Wanderjahre bekannt wurde. Er ist der Vater des österreichischen Publizisten und Historikers Friedrich Funder (1872-1959) und Großvater von Univ.Prof. Wolfgang Funder, der das Tagebuch 1998 zur Veröffentlichung vorbereitete.

Ludwig sollte ursprünglich Priester werden, musste aber sein Studium abbrechen und in den elterlichen Betrieb eintreten, aus dem sein älterer Bruder ausgeschieden war. Ein geplantes Wanderjahr dehnte sich zu einer langen Bildungsreise durch halb Europa aus, die er in seinem Tagebuch und in einer späteren Ergänzung aufzeichnete.

Die recht flüssig geschriebene Autobiografie erschien unter dem Titel "Aus meinem Burschenleben. Gesellenwanderung und Brautwerbung eines Grazer Zuckerbäckers 1862-1869". Sie beschreibt das achtjährige Vazieren -- die Walz des jungen Bäckergesellen -- von Graz über die Mariazeller Berge und Wien nach Bayern, Schwaben, Stuttgart und ins Rheinland. Mit nur wenig Geld aus Gelegenheitsarbeiten oder als Bäcker schlug er sich weiter nach Hessen und Lüneburg durch und wanderte bis Hamburg, Münster und Bremen. Danach ging es über Holland nach London, wo er u.a. bei der Handelsmarine anheuerte, aber später in seinem Brotberuf über 100 Taler ersparen konnte und sich einen Abstecher nach Paris leistete. Die Schilderungen geben einen genauen Einblick in das typische Leben eines Wandergesellen, die Probleme bei der Arbeitssuche und die sozialen Verhältnisse seines Standes.

Nach mehreren Verbrühungen beim Zuckerkochen kehrte Funder etwa 1865 aus England nach Hamburg zurück. Im Freimaurer-Hospital wurde er von einem schweren Nervenleiden kuriert und verliebte er sich im Hafen-Vorort Harburg in die mittellose Julie. Nach einer langwierigen, zunächst vergeblichen Brautwerbung, die von seinen Eltern und der Verwandtschaft strikt abgelehnt wurde, durfte er seine Liebe nach der Rückkehr in die Steiermark schließlich doch heiraten. Um weiteren Zerwürfnissen zu entgehen, machte er sich unter großen Schwierigkeiten als Bäcker selbständig. Seine große, auf den Reisen erworbene Allgemeinbildung und gepflegte Ausdrucksweise verhalf ihm zuletzt zu einer angesehenen Archivar-Stellung in der Obersteiermark.

Dass die im 19.Jahrhundert teilweise noch üblichen Wanderjahre bei Ludwig Funder fast ein Jahrzehnt dauerten, ist zwar untypisch, aber durch seine verstreute Verwandtschaft und die Neugier an fremden Ländern und Kulturen ausgelöst. Funders Beobachtungs- und literarische Gabe machen sein Tagebuch zu einem lebendigen Zeugnis des damaligen Alltags eines armen, aber reiselustigen Handwerkers und des im 19. Jahrhundert beginnenden Tourismus.

Literatur

• Ernst Bruckmüller (Hsg.), Ludwig Funder: Aus meinem Burschenleben. Gesellenwanderung und Brautwerbung eines Grazer Zuckerbäckers 1862-1869. Böhlau-Verlag, Wien 2000.
• G.Freihofner, Zuckerbäcker und Poet

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