Benutzer:INM/Brandenburgische Konzerte (Bach)

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Christian Ludwig, Markgraf von Brandenburg

Die Brandenburgischen Konzerte sind eine Gruppe von sechs Konzerten von Johann Sebastian Bach (BWV 1046–1051). Sie sind dem Markgrafen Christian Ludwig von Brandenburg-Schwedt (1677–1734) gewidmet, den Bach im Winter 1718/1719 in Berlin kennengelernt hatte. Im September 1721 schickte er ihm die Partitur mit einer umfangreichen Widmung.

Der Titel Brandenburgische Konzerte wurde von Philipp Spitta in seiner 1873–1879 entstandenen Bach-Biografie geprägt und hat sich heute allgemein durchgesetzt. Bachs Originaltitel lautet „Six Concerts Avec plusieurs Instruments“.

Die sechs Konzerte stellen ohne Frage einen der ganz großen Höhepunkt barocker Instrumentalmusik dar. In ihrer stilistischen und strukturellen Vielfalt und der kompositorischen Durchdringung des Materials lassen sie zeitgenössische Komponisten weit hinter sich. Ihre Mischung der verschiedensten historischen und zukunftsweisender Elemente bilden eine ganz persönliche und trotzdem allgemeingültige Ausdrucksform, wie sie nur Johann Sebastian Bach hat schaffen können.

Entstehung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Bach 1721 seine Partitur an den Widmungsträger schickte, komponierte er die Werke aus diesem Anlass nicht neu. Vielmehr stellte er die Sammlung aus vorhandenen Kompositionen zusammen, und es gilt heute als wahrscheinlich, dass er dazu vor allem auf Konzerte zurückgriff, die bereits in seiner Amtszeit in Weimar (1708 bis 1717) entstanden waren. Die ältere Bachforschung ging noch davon aus, dass diese Kompositionen ausnahmslos erst in Köthen entstanden sind – aber um dort entstandene Werke einem anderen Fürsten zu widmen, hätte Bach höchstwahrscheinlich seinen Arbeitgeber, Fürst Leopold von Anhalt-Köthen, um Erlaubnis fragen müssen.

In Köthen begann Bach, seine Kompositionen zu umfangreichen Zyklen zusammenzustellen, indem er übergreifende Ordnungsprinzipen entwarf wie etwa planvolle Abfolgen von Tonarten oder Einzelsätzen – das Wohltemperierte Clavier oder die Englischen und Französischen Suiten sind Musterbeispiele hierzu. Von einer derartigen Durchgestaltung eines Zyklus' ist bei den Brandenburgischen Konzerten aber noch nichts zu bemerken – außer vielleicht in dem Bestreben, möglichst jedes gängige Instrument mit einer Solopartie zu bedenken.

Von fünf der Konzerte sind auch Abschriften unabhängig von der Widmungspartitur erhalten; keine davon enthält aber mehrere Werke. Man darf davon ausgehen, dass Bach die Sammlung nur für die Widmungspartitur zusammenstellte und die Einzelkonzerte weder davor noch danach als zusammengehörig betrachtete. Mit anderen Worten, die Konzerte bilden also nur eine lose Sammlung ohne jeden Versuch einer weiteren Gestaltung als eine Gesamtheit – Bach wäre es sicher nicht in den Sinn gekommen, die Konzerte bei einer Veranstaltung zusammen aufzuführen.

Umgekehrt zeigt sich Bachs sorgfältige Arbeit und damit die Wertschätzung, die er den Konzerten entgegenbrachte, in der feinen Differenzierung der Partien von Violoncello, Violone und Continuo, die er oft mit getrennten Stimmen bedenkt. Auch die sorgfältige Schreibweise der Partitur lässt dies erkennen; die Taktstriche sind fast ausnahmslos mit dem Lineal gezogen.

Weitere Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neben dem weggegebenen Widmungsexemplar besaß Bach natürlich von den Einzelkonzerten auch – nicht mehr erhaltene – Kompositionspartituren, die er in mehreren Fällen für spätere Fassungen, etwa als Einleitungssinfonien in Kantaten, nutzte. Indizien sprechen dafür, dass sein Sohn Carl Philipp Emanuel von einigen Konzerten Abschriften besaß und diese Musik so auch in Berlin bekannt machte.

Die Widmungspartitur lag bis 1850 unentdeckt zunächst in der Bibliothek des Markgrafen und dann in der Königlichen Bibliothek in Berlin. Sie wurde erst bei Erscheinen der Bach-Gesamtausgabe allgemein bekannt.

Übersicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Konzert Tonart BWV Besetzung
1. Konzert F-Dur BWV 1046 2 Hörner, 3 Oboen, Fagott, Violino piccolo, Streicher, Basso Continuo
2. Konzert F-Dur BWV 1047 Trompete, Violine, Blockflöte, Oboe, Streicher, Basso Continuo
3. Konzert G-Dur BWV 1048 3 Violinen, 3 Violen, 3 Celli, Continuo
4. Konzert G-Dur BWV 1049 Violine, 2 Blockflöten, Streicher, Continuo
5. Konzert D-Dur BWV 1050 Cembalo, Violine, Traversflöte, Streicher, Continuo
6. Konzert B-Dur BWV 1051 2 Violen, Violoncello, 2 Gamben, Violone, Continuo

Stil[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Konzerte sind hochgradig individuell in Instrumentation und allen kompositorischen Details. Dennoch lassen sich in stilistischer Hinsicht deutlich zwei Gruppen unterscheiden:

  • Das erste, dritte und sechste Konzert folgen der Form einer italienischen Ouvertüre aus Konzertsatz, langsamem Mittelsatz und Tanz – das erste Konzert in seiner Urform BWV 1071 ist wohl auch tatsächlich als eine solche Ouvertüre verwendet worden. Die langsamen Sätze enden hier jeweils in einer phrygischen Kadenz (einem Halbschluss in der Dominante). Zumindest das erste und dritte Konzert vertreten deutlich die ältere Form eines Gruppenkonzerts, in dem nicht solistische Instrumente einem Orchester, sondern Orchestergruppen einander gegenübergestellt werden.
  • Das zweite, vierte und fünfte Konzert stellen eine kleine Gruppe von Soloinstrumenten einem Streichorchester gegenüber und repräsentieren damit die modernere Form eines Concerto grosso; hier sind die Schlussätze immer Fugati oder gar voll ausgebaute Fugen. Die zweite Gruppe wirkt aus stilistischer Sicht moderner; das bedeutet aber nicht notwendigerweise, dass Bach diese Konzerte erst nach der Fertigstellung der drei anderen geschrieben haben kann.

Häufig behandeln die Konzerte die Instrumente nicht von vorne bis hinten in identischer Weise – so wird oft ein solistisches Instrument in einem anderen Satz überhaupt nicht oder in einer reinen Begleitfunktion eingesetzt, und im ersten und vierten Konzert löst sich die Violine, im fünften das Cembalo aus der Gruppe zunächst gleichrangiger Solisten udn drängt sich in den Vordergrund. Offensichtlich bestand für Bach noch kein Bedarf an einer aus heutiger Sicht „sauberen“ Trennung der instrumentalen Funktionen.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Malcolm Boyd: Bach: Die Brandenburgischen Konzerte, Cambridge University Press, 1993, ISBN 0-521-38276-9