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Kleptogamie bezeichnet eine Kopulationsstrategie, in der sich männliche Tiere außerhalb einer Gruppe oder solche mit einem schwachen Status innerhalb einer Gruppe eine Paarung zu erschleichen versuchen.[1] Dabei parasitieren die kleptogamen Männchen Leistungen anderer Männchen, beispielsweise die Brutfürsorge, und Kleptogamie kann daher als eine Form von Kleptoparasitismus angesehen werden.[2] Der Ausdruck wird aber für unterschiedlichstes Verhalten in verschiedenen Taxa gebraucht. Zudem existieren eine Vielzahl von Wörtern, die das Verhalten, aber auch die parasitischen Männchen zu beschreiben versuchen.

Termini und Definitionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der englischsprachigen Literatur wird neben „Kleptogamy“ unter anderem auch der Begriff „Cuckoldry“ verwendet. Oft werden die Wörter Synonym behandelt und es wird in Klammer auf das andere Wort verwiesen. Im gesellschaftlichen Sinne umschreibt „Cuckoldry“ die Situation, wenn der Mann einer fremdgehenden Partnerin zum Cuckold oder Hahnrei wird. Das gesellschaftliche Verständnis des Begriffs „Cuckoldry“ führte zu Diskussionen um den Jargon in der Verhaltensbiologie.[3] [4] In diesem Sinne nennt Patricia Adair Gowaty Kleptogamie einen wertneutralen Fachbegriff, der dem englischen "Cuckoldry" vorzuziehen sei.[5][6] Sie definierte, Kleptogamie würde eintreten, wenn ein Individium unwissentlich die Nachkommen eines anderen erzieht. Harry W. Power bemerkt, dass mit dieser Definition Kleptogamie nicht von Brutparasitismus unterschieden werden könne. Er definiert Kleptogamie als eines Männchens unfreiwilliges Erziehen eines anderen Männchens Nachkommen, weil letzterer das Weibchen des ersteren befruchtet hat.[7] Außerdem entgegnet Power, dass Cuckoldry geeigneter sei das Verhalten zu benennen, da das Wort weniger anthropomorph sei, weil seine Wurzeln bei der Gattung Cuculus liegen, wohingegen jene von Kleptogamie eindeutig bei den Menschen liegen würden.[7] Es wurden aber auch Definitionen aufgestellt, welche Kleptogamie von der Brutfürsorge losgelöst betrachten und sehr weit gefasst sind, beispielsweise jene des Dictionary of Science and Technology (erster Satz in der Einleitung dieses Artikels).[1]

Kleptogamie wurde auch beim Rothirsch (Cervus elaphus) beschrieben, um damit die Entführungen von Kühen aus einem Rudel durch junge Hirsche zu bezeichnen, insbesondere wenn Platzhirsche mit Kommentkämpfen beschäftigt sind.[7]

Männliche Paracerceis sculpta bilden drei Morphen, welche unterschiedliche Kopulationsstrategien verfolgen.

Beschreibung und Vorkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kleptogamie kommt vor bei vielen Wirbeltieren und einigen Wirbellosen.[8] Sie wird meist von schwachen Männchen ausgeübt, welche im direkten Konkurrenzkampf nicht bestehen können oder sie entwickelt sich, weil das Aufwand-Erfolg-Verhältnis für Kleptogamie niedriger ist als für territoriales Verhalten. Es können sich dabei mehrere spezialisierte Morphen von Männchen ausbilden, beispielsweise drei bei der Wasserassel Paracerceis sculpta.[9] Kleptogame Männchen parasitieren die Anstrengungen von territorialen Männchen bei der Balz, die sich gegen andere territoriale Männchen behaupten müssen, um ein Territorium zu halten und ein Weibchen zu gewinnen. Dabei setzen sie sich erhöhtem Risiko aus, erbeutet zu werden, was das kleptogame Männchen umgehen kann. Ausserdem können territoriale Männchen beim Nestbau und bei der Brutfürsorge parasitiert werden. Darüberhinaus entstehen beim territorialen Männchen Kosten, die sich durch die Spermienkonkurrenz[10] ergeben.[9] Es kann ein stabiles Verhältnis von territorialen Männchen bzw. Harem haltenden Männchen und kleptogamen Männchen ausgebildet sein.[11]

Kleptogamie bei Fischen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Unter Fischen ist Kleptogamie weit verbreitet.[9] Unter ihnen wird die Kleptogamie durch die äussere Befruchtung begünstigt, währenddessen die Eier nicht nur vom Weibchen auserwählten Männchen, sondern auch für kleptogame Männchen befruchtbar sind. Zunächst beobachtet das kleptogame Männchen ein Paarungsritual, bei dem ein Weibchen sich einem großen Artgenossen anbietet, der erfolgreich ein Territorium behaupten kann. In einem günstigen Zeitpunkt während des Laichvorgangs ejakuliert das kleptogame Männchen die Spermien nahe des laichenden Weibchens. Entdeckt das territoriale Männchen das kleptogame Männchen, wird es vertrieben. Sollte dem kleptogamen Männchen die Ejakulation aber gelingen, wird ein Teil der Brut vom kleptogamen Männchen abstammen.[12] Territoriale Männchen lassen weniger Spermien frei, als für die Befruchtung der Eier notwendig sind. Dadurch erhöht das Männchen seinen insgesamten reproduktiven Erfolg, es ist aber vorteilhaft für die Kleptogamie.[13]

Bei Symphodus ocellatus ist kleptogames Verhalten nachgewiesen

Wenn kleptogame Männchen das Aussehen und das Verhalten von Weibchen annehmen um sich an ein laichendes Weibchen anzuschleichen, betreiben sie Automimikry, genauer auch sexuelle Mimikry oder Weibchenmimikry genannt. Der Farbwechsel unterstützt Männchen bei der Imitation von Weibchen.[14] Solche Männchen werden auch als „Sneaker“ (Schleicher[15]) beziehungsweise deren Verhalten als „Sneaking Mating“[10] bezeichnet. Demgegenüber gibt es kleptogame Männchen, die aus einem Versteck hervorschnellen, ein laichendes Paar überraschen und neben ihnen ejakulieren; deren Taktik wird auch als Satellitentaktik bezeichnet.[14][16] Kleptogame Fische können verfolgt oder getötet werden oder das Laichgeschäft kann vom Weibchen unterbrochen werden, wenn es ein kleptogames Männchen ausmacht.[12]

Die Wahl der Taktik vom Individuum beziehungsweise die Häufigkeit der Taktik in einer Population ist in erster Linie abhängig vom Weibchen/Mänchen- oder starke-Männchen/schwache-Männchen-Verhältnis. Daneben wirkt sich auch der Prädationsdruck aus, da die Kleptogamie weniger Risiken gegenüber Fressfeinden birgt als das innerartliche Kämpfen um Territorien.[17] Die Fertilisationsraten schwanken von Art zu Art sowie von Population zu Population. Beim Atlantischen Lachs (Salmo salar) beispielsweise wurde eine Fertilisationsrate von 5 % experimentell nachgewiesen.[9]

Kleptogamie bei Vögeln[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei Vögel erlaubt vor allem promiskuöses Verhalten der Weibchen die Kleptogamie. Brutkolonien und größere Populationsdichten erhöhen das Risiko für Kleptogamie.[18] Um Kleptogamie entgegenzuwirken, können männliche Vögel das Weibchen in ihrer fertilen Phase bewachen (Paarbewachung[10]) und so Fertilisationen von anderen Männchen verhindern. Das Männchen kann fremde Männchen attackieren und verscheuchen. Beim Eichelspecht (Melanerpes formicivorus) kommt es, wenn Bruthelfer an der Brut beteiligt sind, zur aktiven Kontrolle des Hauptweibchens durch das Hauptmännchen, um Kleptogamie vorzubeugen.[19] Alternativ können Vogel-Männchen mit regelmässigen Kopulationen die wahrscheinlichkeit erhöhen, dass die Eier von ihnen befruchtet werden. Kopulationen wiederholen sich artabhängig zwischen ein bis 500 Mal. Gegenstrategien sind vermehrt bei Arten anzutreffen, deren Männchen eine aufwändige Brutpflege betreiben und sich daher versichern wollen, dass die Nachkommen von ihm stammen.[20] Dieses Verhalten endet mit der fertilen Phase des Weibchens, häufig schon vor dem Schlüpfen der Nachkommen.[21]

Wegen der Kleptogamie ist es meist schwierig abzusichern, ob alle Nachkommen vom selben Männchen stammen.[22]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stehen Einzelnachweise bei einem Wort, Referenzieren sie nur dieses. Stehen die Einzelnachweise nach einem Punkt, referenzieren sie den vorangehenden Satz, mehrere Sätze oder einen ganzen Abschnitt, sofern sie nicht durch andere Nachweise am Ende eines Satzes unterbrochen werden.

  1. a b Dictionary of Science and Technology. Academic Press, Inc., 1992, ISBN 0-12-200400-0, S. 1185; Stichwort "kleptogamy" (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche). Abgerufen am 17. Mai 2011.
  2. Nishimura, K.: Kleptoparasitism and Cannibalism (englisch). Hokkaido University, Hakodate, Japan, 2010 Elsevier Ltd. Abgerufen am 18. Juni 2011.
  3. Cynthia Chris: Watching wildlife. University of Minnesota Press, 2006, ISBN 978-0-8166-4546-6, S. 149 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche). Abgerufen am 20. Juni 2011.
  4. Jimmie Killingworth, Jacqueline Palmer: Ecospeak. Souther Illinois University, 1992, ISBN 0-8093-1750-8, S. 115 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche). Abgerufen am 20. Juni 2011.
  5. Gowaty, P.A.: Sexual Terms in Socio-Biology : Emotionally, Evocative, and Paradoxically Jargon. Animal Behaviour 1982, 30. S. 630-631.
  6. Patricia Adair Gowaty: Cuckoldry: The limited scientific usefulness of a colloquial term. Animal Behaviour, Volume 32, Issue 3, August 1984, Pages 924-925. doi:10.1016/S0003-3472(84)80175-X
  7. a b c Power, Harry W. Why "kleptogamy" is not a substitute for "cuckoldry." in Animal Behaviour, Vol 32(3), Aug 1984, 923-924. doi:10.1016/S0003-3472(84)80174-8
  8. Klaus Immelmann: Dictionnaire de l'éthologie. Verlag Paul Parey, 1990, ISBN 2-87009-388-8, 53; Stichwort "Cleptogamie, Kleptogamie, Cleptogamy, sneaking mating" (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche). Abgerufen am 18. Juni2011.
  9. a b c d Michael Taborsky: Sneakers, Satellites, and Helpers: Parasitic and Cooperative Behavior in Fish Reproduction (englisch). Advances in the Study of Behavior, VOL. 23, 1994.
  10. a b c Fachbegriffe wurden übersetzt mithilfe von: Manfred Eichhorn et al.: Langenscheidt Fachwörterbuch Biologie Englisch: englisch-deutsch, deutsch-englisch. Cambridge University Press, 1981, ISBN 0 521 23316 X.(?!) – (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)."cleptobiosis"/"Kleptobiosie, Lestobiose" S. 164; "cuckoldry"/"Brutparasitismus" S. 196; "kleptogamy"/"Kleptogamie" S. 399; "kleptoparasitism"/siehe "cleptobiosis" S. 399; "mate guarding"/"Paarbewachung" S. 436; "sneaky mating"/siehe "kleptogamy" S. 616; "sperm competition"/"Spermienkonkurrenz" S. 624. Abgerufen am 26. Februar 2011.
  11. Dennen, van der, J.: The origin of war: the evolution of a male-coalitional reproductive strategy. Origin Press, 1995. S. 42.
  12. a b Stéphan Reebs: The sex lives of fishes (englisch). Université de Moncton, Canada 2008. S. 2.
  13. Tim Birkhead: Promiscuity. Faber and Faber, London 2000, ISBN 0-571-19360-9. S. 128.
  14. a b Klaus Lunau: Warnen, Tarnen, Täuschen. Völlig überarbeitete Neuauflage 2011 der 1. Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, ISBN 978-3-534-23212-3. S. 90-93.
  15. Klaus Lunau: Warnen, Tarnen, Täuschen. Völlig überarbeitete Neuauflage 2011 der 1. Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, ISBN 978-3-534-23212-3. S. 93.
  16. Robert R. Lauth et al.: Behavioral Ecology of Color Patterns in Atka Mackerel, (englisch). Marine and Coastal Fisheries: Dynamics, Management, and Ecosystem Science 2: 399-411. 2010..
  17. Mart R. Gross: Alternative reproductive strategies and tactics: diversity within sexes (englisch). Elsevier Science Ltd, 1996. S. 96
  18. Zoltán Barta, Luc-Alain Giraldeau: Breeding colonies as information centers: a reappraisal of information-basad hypotheses using the producer-scrounger game, (englisch). Behavioral Ecology Vol 12. No. 2: 121-127.
  19. Mumme, R.L. et al.: Mate Guarding in the Acorn Woodpecker (englisch). Anim. Behav. 1983, 31, 1094-1106
  20. Tim Birkhead: Promiscuity. Faber and Faber, London 2000, ISBN 0-571-19360-9. S. 55.
  21. Hiatt, L.R.: On Cuckoldry. Journal of Social and Biological Systems. Volume 12, Issue 1, January 1989, Pages 53-72. doi:10.1016/0140-1750(89)90020-1
  22. Bendall, D.S.: Evolution from molecules to men. Cambridge University Press, 1983, ISBN 0-521-24753-5, S. 463 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche). Abgerufen am 17. Mai 2011.

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