Benutzer:Scialfa/Zwangsvereinigung

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Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur SED[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Logo der SED: Der Händedruck sollte die Einheit der Arbeiterbewegung und die Überwindung der Spaltung symbolisieren.

Die häufigste Verwendung des Begriffs aus der politischen deutschen Geschichte ist die Vereinigung von KPD und SPD im Jahr 1946 auf dem Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. Im Rahmen dieser Vereinigung wurden etwa 5000 Sozialdemokraten, die sich widersetzten, in Lagern und Zuchthäusern inhaftiert.[1]

Vorgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In den Kreisen der Arbeiterparteien SPD und KPD bestanden verschiedene Deutungen der Gründe für den Aufstieg der Nationalsozialisten und deren Wahlerfolge. Während ein Teil der Sozialdemokraten die Furcht vor einer bolschewistischen Diktatur als Motiv der Wähler der NSDAP am Ende der Weimarer Republik sah, diagnostierten andere die Spaltung der Arbeiterbewegung in einen sozialdemokratischen und kommunistischen Teil als wesentlichen Faktor, der zur Machtübertragung auf die NSDAP 1933 führte. Diese Spaltung wurde vor allem durch die Sozialfaschismustheorie gestützt, die die KPD erst 1935 unter dem Druck der Illegalität für nicht mehr zutreffend erklärte. Bis 1933 hatte aber die KPD als linksradikale Partei eher gegen die oftmals regierungsbildende SPD auf Reichs- wie auf Landesebene agiert. Ausnahmen wie 1923 in Sachsen gab es dabei dennoch. In den 1930iger Jahren kam es sogar punktuell zur Zusammenarbeit von KPD und NSDAP, wie beim Streik der Berliner Verkehrsbetriebe. Die konsequente Verfolgung der Kommunisten und Sozialdemokraten durch die Nationalsozialisten brachte Vertreter beider mittlerweile verbotenen Parteien regional unterschiedlich einander nahe. Gemeinsamer Nenner war der antifaschistische Widerstandskampf. Die konsequente Forderung aus Sicht vieler Widerstandskämpfer war daher eine Wiedervereinigung der beiden Arbeiterparteien. Beredtes Dokument dafür war unter anderem das 1945 veröffentlichte Buchenwalder Manifest, dessen Unterzeichner Kommunisten wie Sozialdemokraten waren. Dieses Manifest wurde bei einigen führenden Sozialdemokraten zur ersten politischen Nachkriegsrichtlinie erhoben und verdeckte dabei mitunter den Blick auf die reale politische Situation.


Ausgangsbedingungen nach dem Krieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vorbereitung der Zwangsvereinigung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Unter dem massiven Druck der sowjetischen Besatzungsmacht und der KPD-Führung, sowie mit der Unterstützung einiger führender Sozialdemokraten, wurden auf allen Ebenen der beiden Parteien Arbeitsgemeinschaften und Ausschüsse gebildet, deren erklärtes Ziel die organisatorische Vereinigung war. Anfang 1946 wurden in allen Ländern der sowjetischen Besatzungszone viele einheitsunwillige Sozialdemokraten verhaftet.

Vereinigungsparteitag[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 7. April 1946 konstituierten sich die Abstimmungssieger in der Zehlendorfer Zinnowwaldschule auf einem Landesparteitag neu, woraufhin Karl Germer jr., Franz Neumann und Curt Swolinzky Vorsitzende wurden. Gleichfalls mit diesem Datum verband sich der Beschluss zur Vereinigung auf gemeinsamen Parteitagen der Länder und Provinzen der Sowjetischen Besatzungszone. Am 19./20. April beschlossen in Berlin der 15. KPD- sowie der 40. SPD-Parteitag die Gründung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED).
Am 22. April 1946 wurde die Vereinigung auf dem Vereinigungsparteitag in Ost-Berlin vollzogen. Die über 1000 Delegierten wurden zu 47 Prozent von der KPD und zu 53 Prozent von der SPD benannt. 230 Delegierte kamen aus den Westzonen. Allerdings hatten die 103 Delegierten der SPD aus den Westzonen kein demokratisches Mandat. Die vorangegangenen Abstimmungen hatten in der SPD der Westzonen überall eine breite Ablehnung der Vereinigung ergeben.[2]

Der Parteitag beschloss einstimmig die Vereinigung. Die neue Partei wurde danach auf allen Ebenen paritätisch von zwei Repräsentanten geleitet. Ihre Vorsitzenden waren Wilhelm Pieck (KPD) und Otto Grotewohl (SPD), die Stellvertreter Walter Ulbricht und Max Fechner. Der Händedruck der beiden Vorsitzenden des Parteitags bildete in stilisierter Form das Logo der SED.

Während anfangs die Gremien der neuen Partei paritätisch besetzt wurden, spielten die Sozialdemokraten schon ab 1949 kaum noch eine Rolle, die paritätische Besetzung von Gremien wurde abgeschafft und die meisten einflussreichen Posten und Mandate durch ehemalige KPD-Mitglieder besetzt.

Sonderfall Berlin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Durch das Viermächte-Besatzungsrecht hatte Berlin gegenüber der sie umgebenden sowjetischen Besatzungszone (SBZ) einen Sonderstatus, den die SPD zu einer Urabstimmung über die (von ihr selber so genannte) Zwangsvereinigung nutzte. Diese Abstimmung am 31. März 1946 wurde im Ostsektor unterdrückt, erbrachte in den Westsektoren jedoch eine überwältigende Ablehnung der sofortigen Vereinigung von 82 % der Teilnehmer.[3] Bei den anschließenden am 20. Oktober 1946 durchgeführte allgemeinen Wahlen[4] zur ersten Stadtverordnetenversammlung errang die SPD bei einer Wahlbeteiligung von 92,3 % aller Wahlberechtigten einen Stimmenanteil von 48,7 % gegenüber der SED mit 19,8 %, die CDU errang als Mitbewerber 22,2 % und die LDP 9,3 %. Dies war die einzige freie Wahl in Gesamtberlin, weitere Wahlen fanden nicht mehr statt, sondern die Sowjetunion bzw. die SED betrieben nunmehr die Spaltung der Stadt, die in der Nichtanerkennung des gewählten Oberbürgermeisters Ernst Reuter durch den sowjetischen Stadtkommandanten, der Sprengung der Stadtverordnetenversammlung durch die „Volksmassen“, dem Auszug des sowjetischen Stadtkommandanten aus der Alliierten Kommandantur und der Blockade West-Berlins offenkundig wurde.[5][6]

Die SPD existierte auch im Ostsektor weiter, wurde aber durch das Konstrukt „Nationale Front des demokratischen Deutschland“ an der Beteiligung bei den Wahlen gehindert, die Öffentlichkeitsarbeit wurde unterdrückt. Die Mitglieder beteiligten sich jedoch weiter an der Arbeit der Landespartei. So wurde z. B. der Friedrichshainer Kreisvorsitzende Kurt Neubauer 1952 zum Mitglied des Deutschen Bundestages gewählt. Mit dem Mauerbau 1961 schloss die Partei ihre Büros im Ostsektor ohne aber ihren Anspruch dort aufzugeben.

Die SED spielte in den Westsektoren bis zur Vereinigung 1990 zuerst als SED, später als SED-W und dann als SEW eine nur marginale Rolle. Ihre Einflussnahme auf die 68er-Bewegung blieb ohne nachhaltigen Erfolg.

Folgen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Neugründung einer Sozialdemokratischen Partei durch diejenigen Sozialdemokraten, die der Vereinigung kritisch entgegenstanden, wurde durch die SMAD verhindert, indem eine Konzessionierung sozialdemokratischer Parteien nicht vorgenommen wurde. Erst 1989 wurde mit der SDP erstmals wieder eine sozialdemokratische Partei auf dem Territorium der ehemaligen SBZ und späteren DDR gegründet.

Bei den Landtagswahlen in der SBZ 1946 wurden die neuen Machthaber enttäuscht. Trotz massiver Unterstützung durch die Besatzungsbehörden erreichte die SED in keinem Land über 50 Prozent der Stimmen. Das Wahlrecht in der sowjetischen Besatzungszone wurde bei den Landtagswahlen in der DDR 1950 dahingehend geändert, dass nur noch Einheitslisten aufgestellt wurden und die SED dadurch auch ohne die Blockparteien eine Mehrheit hatte.

Die Sozialdemokraten spielten nach der Zwangsvereinigung in der SED schon ab 1949 kaum noch eine Rolle, die paritätische Besetzung von Gremien wurde abgeschafft und die meisten einflussreichen Posten und Mandate durch ehemalige KPD-Mitglieder besetzt.

Die SPD-Mitglieder, die der Zwangsvereinigung kritisch gegenüber standen mussten ihre Ämter aufgeben. Vielfach wurden sie politisch verfolgt oder zur Flucht gezwungen. Das Ostbüro der SPD organisierte bis zur Auflösung der Außenstelle in Berlin 1981 die politische Arbeit der verfolgten und geflüchteten Parteivorstände und -Mitglieder.

Siehe auch: Sozialdemokraten in der DDR.

  1. Focus 24/2007, Seite 51: Halb faule Lösung: Die große Koalition verbessert nach heftiger Kritik die Opferpensionen für Verfolgte des DDR-Regimes
  2. Martin Broszat, Gerhard Braas, Hermann Weber: SBZ-Handbuch, München 1993, ISBN 3-486-55262-7, Seite 481 ff.
  3. 1946: Urabstimmung in den Westsektoren. In: Willy-Brandt-Haus. Abgerufen am 11. März 2008.
  4. Der Landeswahlleiter in Berlin: Wahlergebnisse zur Stadtverordnetenversammlung 1946[1]
  5. Gerhard Kunze: Grenzerfahrungen: Kontakte und Verhandlungen zwischen dem Land Berlin und der DDR 1949–1989, Akademie Verlag, 1999, S. 16.
  6. Eckart Thurich: Die Deutschen und die Sieger. In: Informationen zur politischen Bildung, Heft 232 der Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.), Bonn 1991.