Benutzer:TheMechanist95/Wasser

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Die Wassereinspritzung ist ein Verfahren zur Senkung der Ansauglufttemperatur von Verbrennungskraftmaschinen. Sie kann zur Leistungssteigerung (Downsizing oder Tuning), zur Senkung von Emissionen oder des Kraftstoffverbrauchs eingesetzt. Um die Maximaltemperatur des Katalysators bei Höchstleistung nicht zu überschreiten, wird Wasser in den Ansaugtrakt oder Brennraum eines Kolbenmotors oder eines Verdichters einer Gasturbine eingespritzt. Ein Wasser/Alkohol-Gemisch (siehe dazu auch MW-50) hat einen ähnlichen Effekt. Die verdunstende Flüssigkeit hat eine kühlende Wirkung und vermindert die Verdichtungsarbeit. Auch Einspritzung während des Arbeitstaktes zur Dampfkrafterzeugung und zur Reduktion der Abgastemperatur und damit zur Reduktion des Abgasgegendruckes wird praktiziert. Das Verfahren ist derzeit Bestandteil eines Serienprojekts und vieler Forschungsaktivitäten.[1]

Kolbenmotoren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die eingespritzte Flüssigkeit in den Luft-Ansaugtrakt bewirkt durch die aufzubringende Verdunstungswärme eine effektive Ladeluftkühlung und erreicht dadurch auch eine Innenkühlung des Motors. Neben der Einspritzung in den Luft-Ansaugtrakt kann das Wasser auch direkt in den Brennraum eingespritzt werden. Des Weiteren kann der Zündzeitpunkt weiter in Richtung Frühzündung eingestellt werden, da die kühlere Brennluft weniger zum Klopfen neigt. Beigemischtes Methanol dient bei Flugmotoren vorrangig als Vereisungsschutz. Weil das Gemisch vor dem Kompressor eingespritzt wird, bestünde sonst die große Gefahr der Vereisung des Ansaugtraktes, da die Luft dort die in großer Höhe niedrige Umgebungstemperatur und einen niedrigeren statischen Druck hat.[2]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wassereinspritzung wurde im Zweiten Weltkrieg und in den 1950er Jahren zur Leistungssteigerung von Flugmotoren in der Luftfahrt eingesetzt. Die Anwendung beschränkt sich dabei auf Zeiträume von etwa 5–10 Minuten je nach Motorentyp. Deshalb diente es nur zur kurzzeitigen Erhöhung der Startleistung, oder im Falle von Militärflugzeugen auch zur Steigerung der Flugleistungen im Luftkampf. Der bereits ab 1937 gefertigte sowjetische Kettentraktor SChTS-NATI hatte serienmäßig eine Wassereinspritzung in einem Petroleummotor verbaut.[3] Auch das erste turbogeladene Serienauto, der Saab 99 Turbo, war optional mit Wassereinspritzung zu erwerben. In den 1980er Jahren, als Turbomotoren von der FISA noch erlaubt waren, entdeckte die Formel 1 die Vorzüge von Wassereinspritzungen neu. Aktuell werden Wassereinspritzungen im Motorsport, beispielsweise in der Rallye-Weltmeisterschaft (WRC), eingesetzt.

Auch bei Zweitaktmotoren fand die Wassereinspritzung Anwendung. Durch Eindüsen von Wasser in den Auspuff wurde die Schallgeschwindigkeit im unteren Drehzahlbereich maßgeblich vermindert. Dadurch konnte der Resonanzeffekt des Auspuffs zu niedrigeren Drehzahlen hin verschoben werden, die Drehmomentkurve und damit die Leistungscharakteristik wird flacher und das nutzbare Drehzahlband erhöht. Vor allem Honda verwendete diese Technik in den 1980er-Jahren in Rennmotoren.

Systemaufbau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Motorsteuergerät berechnet eine erforderliche Wassermenge. Eine Pumpe fördert die angeforderte Wassermenge aus einem Wassertank durch einen Filter in eine Wasser-Rail. Je nach Integration wird das Wasser dann dem Kraftstoff beigemischt oder mithilfe eines Einspritzventils in den Brennraum oder Ansaugtakt eingespritzt. Bei einer Einspritzung in den Brennraum kann um Kosten und Bauraum zu sparen die vorhandene Direkt-Einspritzung genutzt werden. Dabei kann Wasser entweder mit dem Kraftstoff gemischt werden oder geschichtet eingespritzt werden. [4][5] Der Wassertank muss dabei vom Fahrer aufgefüllt werden, um dies nach Möglichkeit zu vermeiden werden unterschiedliche Verfahren zur Gewinnung von Wasser während der Fahrt untersucht und angewendet. Neben dem Nachtanken kann das Kondensat aus der Klimaanlage, das Abgaskondensat und Oberflächenwasser der Karosserie zur zusätzlichen Wassergewinnung genutzt werden. Um Kalkablagerung zu vermeiden sollte nach Möglichkeit destilliertes Wasser eingesetzt werden.[6]

Ottomotoren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wassereinspritzung wird bei Ottomotoren zur Senkung von Emissionen und Kraftstoffverbrauch oder zur Leistungssteigerung verwendet. Dies geschieht inbesondere durch die Senkung der Temperaturen der Luftströme. Hochaufgeladene Ottomotoren entwickeln im Vergleich zu konventionellen Verbrennungsmotoren durch die Aufladung eine signifikant erhöhte Ansauglufttemperatur. Durch diese starke Temperaturerhöhung wird die Klopfgrenze bei hohen Lasten früh erreicht und der Zündzeitpunkt muss in Richtung spät eingestellt werden. Dies führt insgesamt zu einem schlechteren Wirkungsgrad, wodurch die Abgastemperatur ansteigt und die Leistung sinkt. Um den Katalysator zu schützen muss die Abgastemperatur gesenkt werden, dies geschieht bei herkömmlichen Motoren unter anderem mit einer Anreicherung des Kraftstoffgemisches (typischerweise λ=0,8). Der zusätzliche Kraftstoff verdampft und senkt so die Abgastemperatur. Durch die Anfettung verlässt der Katalysator sein Arbeitsfenster, wodurch die Emissionen deutlich ansteigen. Außerdem steigt durch das fette Kraftstoffgemisch ebenso der Kraftstoffverbrauch erheblich an. Abhilfe verschafft hier die Wasser-Einspritzung. Bei Einspritzung des Wassers in die Ansaugbrücke wird die Ansauglufttemperatur signifikant gesenkt, was sich wiederum direkt auf die Abgastemperatur auswirkt. BMW nennt für einen Forschungsmotor eine Reduzierung der Ansauglufttemperatur um 14 K[5]. Bei einer Mischung des Wassers mit Benzin wird dieses durch die Benzindirekeinspritzung direkt in den Brennraum eingespritzt und kann so die Temperatur der Zylinderladung ebenfalls deutlich senken (Bei dem genannten Forschungsmotor um 55 K[5]). Die niedrigen Temperaturen ermöglichen ein stöchiometrisches Kraftstoffgemisch, womit der Katalysator in seinem Arbeitsbereich bleibt. Ebenso sinkt der Kraftstoffverbrauch, da das Gemisch nicht mehr mit überschüssigen Benzin angereichert werden muss. Durch die verschobene Klopfgrenze kann die Verdichtung erhöht werden, wodurch eine Leistungssteigerung, sowie weitere Kraftstoffreduzierung erreicht werden kann. Mit der gesunken Temperatur kann bei einer Erhöhung der Aufladung eine Leistungssteigerung -- zum Beispiel zum Downsizing -- angewendet werden.

Dieselmotor[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beim Dieselmotor befindet sich das System zur Reduzierung der Emissionen derzeit in Forschung. Stickstoffoxide (NOx) werden bei der Diesel-Verbrennung besonders bei hohen Temperaturen gebildet. Durch eine Reduzierung der Brenntemperaturen können diese Emissionen effektiv gesenkt werden. Durch zu hohe Abgastemperaturen wird auch die Funktion des SCR-Katalysators eingeschränkt, wodurch die NOx-Emissionen stark ansteigen. Um diesem Problem Abhilfe zu verschaffen werden bei herkömmlichen Dieselmotoren Systeme zur Abgasrückführung eingesetzt. Diese hat den Nachteil, dass sie eher träge reagiert und die Ruß-Emissionen signifikant erhöht. Eine Wassereinspritzung hat dagegen keinen negativen Einfluss auf die Ruß-Emissionen und lässt sich sehr dynamisch steuern.[7]

Flugzeugturbinen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

KC-135 beim Start mit Wassereinspritzung und deutlich sichtbaren Rauchschwaden.

Besonders nach der Entwicklung der ersten strahlgetriebenen Passagierflugzeuge wurde die Wassereinspritzung zur Schuberhöhung beim Start verwendet. Man sprach in solchen Fällen von einem Nassstart. Dafür wurde destilliertes Wasser oder ein Wasser-Methanol-Gemisch in die Brennkammer der Triebwerke eingespritzt, um deren Leistung für Volllaststarts zu erhöhen. Diese Schuberhöhung kommt durch zwei Faktoren zustande: Zum einen erzeugt die Verdampfung des Wassers zusätzliches Volumen und damit zusätzlichen Schub (Umsetzung von Wärmeenergie in Volumenarbeit). Aus einem Liter Wasser entstehen bei 25 °C und 1013 hPa Druck 1673 Liter Wasserdampf, das entspricht einer Vergrößerung des Volumens um mehr als das Tausendfache. Zum Zweiten wird das Triebwerk durch die Verdampfungsenthalpie des Wassers (Verdampfungswärme bei 100 °C ist 2257 kJ/kg) gekühlt, so dass dort mehr Treibstoff pro Luftmenge eingespritzt werden kann, ohne die zulässige Betriebstemperatur des Triebwerks zu überschreiten. In diesem Betriebsmodus mit überfettetem Gemisch (Lambda < 1) werden starke Rauchschwaden erzeugt wegen unverbrannten Treibstoffs und Rußbildung.

Nassstarts werden nur noch selten durchgeführt.[8] Ein Grund ist, dass heute in hohem Maße zweistrahlige Flugzeuge zum Einsatz kommen. Diese müssen für den Fall eines Triebwerksausfalls hohe Leistungsreserven vorhalten, weshalb sie meist stark genug motorisiert sind, um auch ohne Wassereinspritzung problemlos starten zu können. Ein weiterer Grund liegt in einer verstärkten Materialermüdung durch die Wassereinspritzung: Beim Start wurde das Wasser in die bereits laufenden und dementsprechend heißen Triebwerke eingespritzt, durch die schlagartige Kühlung sind die den hohen Temperaturen ausgesetzten Triebwerksteile thermomechanischen Spannungen ausgesetzt. Wichtige Flugzeugtypen, bei denen Wassereinspritzung zum Einsatz kam, waren die Boeing 707, die Douglas DC-9, die Sud Aviation Caravelle und der bekannte Bomber Boeing B-52 der US Air Force. Auch die ersten Baureihen der Boeing 747 nutzten diese Technik, insbesondere in Triebwerken vom Typ Pratt & Whitney JT9D. Die entsprechenden Anlagen wurden jedoch später aus den meisten Flugzeugen entfernt.[9] Zur Leistungssteigerung in der Startphase an einzelnen heißen Tagen war die Wassereinspritzung auch in jüngerer Zeit wieder bei der Boeing 777X im Gespräch.[10]

Ein missglückter Nassstart war die Ursache für die spektakuläre Notlandung einer BAC 1-11 auf der A7 nördlich von Hamburg am 6. September 1971. Anstelle von demineralisiertem Wasser wurde eine brennbare Kerosin-Wasser-Mischung in die entsprechenden Tanks gefüllt, so dass beide Triebwerke wegen Überhitzung ausfielen.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hochschule Trier zu Diesel-Wasser-Einspritzung
  • [1] Bericht im Spiegel über wieder aufgenommene Forschung an der Hochschule Köln

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Wassereinspritzung. BMW, 5. Mai 2016, abgerufen am 5. Mai 2016.
  2. Graham White: R 2800: Pratt & Whitney's Dependable Masterpiece. ISBN 0-7680-0272-9, S. 215–220,311–313.
  3. Horst Hintersdorf: Typenkompass. Traktoren und Landmaschinen DDR-Importe aus den RGW-Staaten. Motorbuch Verlag, 1. Auflage 2006, S. 31.
  4. Bosch Wassereinspritzung. Robert Bosch GmbH, 31. August 2016, abgerufen am 8. Juli 2018.
  5. a b c Martin Böhm, Werner Mährle, Hans-Christian Bartelt und Stephan Rubbert: Funktionale Integration einer Wassereinspritzung in den Ottomotor, in: MTZ 77 (2016), Nr. 1, S. 38–43, Springer Vieweg, Wiesbaden
  6. Martin Böhm, Bodo Durst, Georg Unterweger, Stephan Rubbert: Ansätze zur Onboard-Wassergewinnung für eine Wassereinspritzung, in: ATZ 118 (2016), Nr. 1, S. 54-59, Springer Vieweg, Wiesbaden
  7. Robert Plöntzke: Der Verbrennungsmotor – ein Antrieb mit Vergangenheit und Zukunft. Springer, 2017, ISBN 978-3-658-19291-4, S. 347–362 (https://doi.org /10.1007/978-3-658-19291-4_19).
  8. Luftfahrt-Lexikon: W. luftpiraten.de, 13. Oktober 2010, abgerufen am 8. August 2009.
  9. Willy J. G. Bräunling: Flugzeugtriebwerke. Springer, 2004, ISBN 3-540-40589-5, S. 179 (S.179 in der Google-Buchsuche)., abgerufen am 8. August 2009
  10. FlightGlobal: Emirates boss wants more power from 777X engines. Abgerufen am 8. November 2013.

Kategorie:Einspritztechnik Kategorie:Leistungssteigerung (Verbrennungsmotor)