Benutzer:Uwca/Harley Reagan

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Harley Reagan (* 10. September[1] 1941[2] in Lubbock (Texas)[3], USA; † 10. September 2013 in Phoenix (Arizona)[4], USA) war ein spiritueller Lehrer, der im westlichen Kulturkreis tätig war und dabei den amerikanischen Indianern zugerechnetes Wissen, Rituale und Traditionen verbreitete.

Er trat unter den indianischen Namen SwiftDeer und ThunderStrikes auf, oftmals auch in der Kombination mit seinem Geburtsnamen Harley SwiftDeer Reagan. Weitere von ihm verwendete Namen waren Claude Harley Reagan, Swifthorse, Harley Tarantini und Unhua Oskenonton Anikawi[5].

Er gründete mit seinen Anhängern den Stamm Deer Tribe, später auch die Deer Tribe Metis Medicine Society (DTMMS) und den Deer Tribe Gun Club, und sah sich als Medizinmann dieses Stammes an.

Er hat mehrfach falsche Angaben über sein Leben und die Herkunft seines Wissens gemacht. Später berief er sich auf "geheimes Wissen" von "verschiedenen indianischen Stämmen", das angeblich einer jahrhundertealten Geheimtradition der sogenannten Twisted Hairs entstamme.

Viele Angebote zu Seminaren im Selbsterfahrungsbereich, die sich heutzutage im westlichen Kulturkreis auf indianische Traditionen berufen, gehen auf ihn zurück. Er prägte die Begriffe:

  • Quodoushka / Chuluaqui-Quodoushka
  • Entpanzerung / Body De-Armoring
  • Chulukua-Ryu (Kampfsport)

Herkunft und Jugend[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Reagan war nach eigener Auskunft ein halbblütiger Indianer vom Stamm der Cherokee[6], zur anderen Hälfte irischer Abstammung, geboren und aufgewachsen in einem Indianerreservat[7] in Texas[4]. Vertreter der Cherokee Nation zweifeln dies jedoch an[8].

Zur Herkunft des von ihm bereits als Kind und Jugendlicher erworbenen Wissens beruft er sich vor allem auf zwei Personen: zum einen seine Großmutter "Spotted Fawn", die Medizinfrau der Cherokee gewesen sei, sowie die erwachsene Frau "Phoenix Fire Woman", die ihn als Vierzehnjährigen gemäß alter Tradition in die Kunst der Liebe eingeführt haben soll[8]. Die Authentizität beider Personen ist umstritten.

Die 1960er und 1970er Jahre[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Swift Deer beschäftigte er sich intensiv mit westlichen und östlichen Lehren, erwarb hohe Grade in Kampfkünsten wie Jiu Jitsu, Karate und Aikido und studierte die Psychologie von Wilhelm Reich[9].

Zu Details dieses Lebensabschnitts gab es zahlreiche von ihm selbst verbreitete Angaben, die als falsch nachgewiesen wurden oder sich sogar widersprechen, siehe die folgenden drei Unterabschnitte. In seiner Heimat war bereits seine Familie als „notorische Geschichtenerzähler“ und „die besten Lügner“ bekannt - das wird zumindest in seiner von ihm autorisierten Biographie behauptet[5].

Militär und Vietnamkrieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Reagan kam 1958 zur Luftwaffe, verließ diese jedoch 1959 und ging zur Marine[8]. Dabei nahm am Vietnamkrieg teil[10] und wurde dort 1967 abgeschossen. 1969 verließ er das Militär[8]. Seine Behauptung, im Vietnamkrieg mit je einem bronzenen und silbernen Stern ausgezeichnet worden zu sein, widerspricht den entsprechenden offiziellen Aufzeichnungen[8]. Nicht einmal seine Teilnahme am Vietnamkrieg ist belegbar[5]. Da er trotz entsprechender Aufforderungen die Namen seiner Vorgesetzten nie öffentlich genannt hat, sind seine Angaben nicht weiter überprüfbar.

Kampfsport[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es steht fest, dass Reagan bereits in jungen Jahren Kampfsport betrieben hat und auch später noch mit entsprechenden Fähigkeiten zu beeindrucken wusste[11]. Die Kampfsportart "Chulukua-Ryu" wurde von ihm entwickelt[12].

Er behauptete, Kampfsport-Weltmeister gewesen zu sein[7] bzw. Jiu Jitsu Champion von 1967 bis 1970. Dies widerspicht seinen eigenen Angaben, wonach er 1967/68 im Vietnamkrieg verletzt im Krankenhaus lag[5]. Nach seinen eigenen Angaben hat er den 4. Grad des schwarzen Gürtels im Judo erreicht. Nach offizellen Aufzeichnungen erlangte er lediglich den 1. Grad, und das auch erst im Oktober 1970[5]. Außerdem hatte er behauptet, bei den olympischen Spielen 1964 als Judoka der Ersatzmann für das US-amerikanische Team gewesen zu sein, was auch widerlegt werden konnte[5].

Studium der Psychologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Er studierte Psychologie[7]. Es wird auch berichtet, dass er viel las und eine hohe Kenntnis entsprechender Literatur hatte. Ein offizieller Abschluss ist nicht bekannt. Früher gab er an, den Doktortitel einer kalifornischen Hochschule zu besitzen, wobei sich nach genauerer Prüfung herausstellte, dass diese gar nicht existiert[8][5].

Persönliche Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In den späten 1970er Jahren war Reagan ein Mormone[8] und es kam es zu einer Scheidung[8], seine spätere Ehefrau hieß Dianne[11]. Er hatte fünf Kinder und beschrieb nachträglich selbst, aufgrund von Traumatisierungen aus dem Vietnamkrieg gelegentlich unangemessen aggresiv mit ihnen umgegangen zu sein.[7] Hinzu kamen Alkohol- und Drogenprobleme. In dieser Situation brachte ihn ein alter indianischer Schamane, den Swift aus seiner Jugend kannte, auf den schamanischen Weg[7].

Deer Tribe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Reagan gründete in den 1970er Jahren den Stamm der „Deer Tribe“ und trat danach öffentlich als Medizinchef dieses Stammes auf. Kritisiert wurde, dass er dadurch den Eindruck erweckte, in einer indianischen Tradition zu stehen[13]. Reagan warb in seinen Büchern mit einem Foto, das ihn Anfang der 1970er Jahre gemeinsam mit dem Navajo-Medizinmann Tom Wilson zeigte und behauptete, dieser sei sein Ausbilder gewesen und überdies identisch mit der Figur Don Genaro aus den Büchern des damals populären Carlos Castaneda. Der deutschsprachige Navajo-Experte Friedrich Abel, Autor mehrerer Bücher über Navajo-Kultur, suchte 2014 die Nachfahren des 1981 verstorbenen Wilson auf und erfuhr, dass Reagan Anfang der 1970er Jahre die Freundschaft zu Wilson gesucht und auf dessen Gelände mehrmals gezeltet hatte, ohne dass es zu näherem Kontakt kam[14]. Reagan wurde nirgendwo indianisch zum Medizinmann ausgebildet, auch nicht bei einem anderen Stamm. Die Verleihung indianischer Namen durch Reagan wird als aus indianischer Sicht bedeutungslos beschrieben[15].

Die „Deer Tribe Metis Medicine Society“ (DTMMS) wurde Ende der 1970er Jahre[16] oder 1986[10] gegründet[4]. Es ist unklar, ob der „Deer Tribe“ parallel weiter existiert oder mit der DTMMS als identisch anzusehen ist.

Der bekennende Waffennarr Reagan wurde zunehmend militanter. Er gründete auch den „Deer Tribe Gun Club“, der regelmäßige Schießwettbewerbe veranstaltete.[11] Um 1996 verlangte er von allen Mitgliedern seiner Organisation, regelmäßige Schießübungen abzuhalten. Damit traf er in Europa weitgehend auf Unverständnis. Ein Großteil der europäischen Mitglieder verließ den Deer Tribe und gründete eigene Gruppen, die sich jedoch weiterhin auf die durch den Deer Tribe vermittelte Tradition beriefen, wie die 1998 gegründete „Beyond – Vereinigung für individuelles Wachstum und kollektive Evolution“[17].

Reagan bezeichnete sich selber als „Shooting Shaman“ („schießenden Schamanen“) und trug den Spitznamen "Gunnie". Vor den Präsidentschaftswahlen 2000 sah er im damaligen Kandidaten Al Gore einen möglichen Tyrannen, gegen den das „Kollektiv aller Waffenbesitzer“ im Fall eines Wahlsieges mit „weiteren Maßnahmen“ vorgehen sollte. Das läßt sich durchaus als Befürwortung eines bewaffneten Angriffs auf einen späteren Präsidenten Gore (der ja dann doch in der Wahl knapp unterlag) interpretieren[18].

Twisted Hairs[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

SwiftDeer wurde nach eigenen Angaben 1975 von einem jahrhundertealten Zusammenschlusses der Ältesten verschiedener Indianerstämme namens „Twisted Hairs“ beauftragt, deren Wissen (auch „süße Medizin“, englisch „Sweet Medicine“ genannt) in der nicht-indianischen Welt weiterzuverbreiten[10]. Ab 1992 will er unter seinem Ältestennamen "Thunder Strikes" selbst Mitglied im Ältestenrat der „Twisted Hairs“ gewesen sein[10]. Jedoch war er nie in der Lage, außer sich selbst auch nur ein weiteres Mitglied der „Twisted Hairs“ zu benennen, so dass die Existenz dieses Gremiums angezweifelt wird[13].

Die „Twisted Hairs“ sollen 1254 n. Chr. in Oaxaca/Mexiko aus der Klapperschlangen-Schule entstanden sein.[19] Die DTMMS datierte den zeitlichen Beginn der Klapperschlangen-Schule auf 1250 v. Chr.[20]. Nichts davon kann belegt werden.

Ab 2018 modifizierte die DTMMS ihre Website. Sie beruft sich immer noch auf die „Twisted Hairs“ und sieht sich als „moderne Vertreter einer alten Linie heiligen Wissens“, das „über Jahrtausende hinweg entwickelt“ wurde, vermeidet aber darüber hinausgehende konkrete Angaben[21]. Seminarveranstalter berufen sich auf das „Wissen der Twisted Hairs“ als „Schule der Erleuchtung, die seit vielen Jahrhunderten in ungebrochener Linie existiert.“[22]

Fernsehsendung "Real Sex"[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach einer Fernsehsendung 1992 im US-amerikanischen Privatsender Home Box Office unter dem Titel "Real Sex", bei der Reagan nackte Paare beim Praktizieren angeblicher Cherokee-Sex-Rituale präsentierte, protestierte deren Häuptling Wilma Mankiller gegen diese Darstellung, die mit ihrem Volk nichts zu tun habe und es entehre[23]. Der Cherokee Dr. Allen sagte dazu: "Er hat es erfunden. Wir lernen über Sex wie alle anderen, hinter der Scheune."[8].

Quodoushka[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Unter dem Namen Quodoushka (oder Chuluaqui-Quodoushka) entwickelte er (nach einigen Quellen gemeinsam mit seiner Ehefrau) die Lehre vom der indianischen Kultur zugerechneten Wissen um die Zusammenhänge von Lebensenergie und Sexualität.[6] Angeblich sind dies die ehedem komplett geheimen Lehren einer indianischen Geistestradition, in die er teilweise bereits als Vierzehnjähriger eingeweiht worden sei.[8] Sie wurden von ihm nur den Teilnehmern der Seminare bei autorisierten Lehrern des „Twisted Hairs Sweet Medicine Sundance Path“ mitgeteilt.

Quodoushka-Rituale sollen zu besserem Sex, zu mehr Wertschätzung für sich selbst und zu intensiverem und liebevollerem Erleben der Partnerschaft führen.[24] Dazu gehören theoretische Grundlagen, wie ein Medizinrad zur Systematisierung von jeweils neun weiblichen und männlichen Genitaltypen.[25] Dabei gibt die genitale Anatomie eines Menschen Aufschluss über sexuelle Präferenzen.[24] So sei beispielsweise die Hirschfrau im Osten aufgrund eines geringen Abstandes von Klitoris und Vaginalöffnung leicht und schnell erregbar, die Büffelfrau im Westen hingegen liebt ein langes und sinnliches Spiel[25]. Auch werden fünf verschiedene Level von Orgasmen unterschieden, erst beim fünften und höchsten Orgasmuslevel verlassen beide Beteiligte Zeit, Raum und Körper[24]. Annie Sprinkle verfasste in den 1990er Jahren einen Bericht über ein Quodoushka-Seminar, das damals noch von Reagan persönlich angeleitet wurde[26].

Zu Reagans umstrittenen Behauptungen zählt auch, die sexuelle Initation durch Weitergabe von sexuell-spirituellem Wissen von erwachsenen, speziell dazu ausgebildeten Menschen entgegengesetzten Geschlechts an pubertierende Kinder bzw. Jugendliche, wozu auch der Geschlechtsverkehr gehöre, sei eine indianische Tradition[27].

"Quodoushka" ist auch der Name eines Pornofilmes von 1991, der Sexszenen indianischer Pornodarstellerinnen mit zumeist weißen Männern zeigt[28]. Angeblich sollen dadurch authentische traditionelle indianische Liebestechniken dokumentiert werden.

Entpanzerung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Reagan entwickelte das Konzept des zweiwöchigen Seminars der "Entpanzerung" (óder englisch "Body De-Armoring"), bei dem die Teilnehmer angeblich von einem seit frühester Kindheit aufgebauten körperlichen Panzer dauerhaft befreit werden. Dieses Seminarkonzept wird als genaue und nachhaltig wirksame Übersetzung einer alten Technik für die modernen Welt beworben[9].

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Harley SwiftDeer auf eldvinda.blogspot.de (englisch, mit genauem Geburtsdatum und zahlreichen Fotos von 1985)
  2. Harley SwiftDeer Reagan 1941 – 2013, In Memoriam
  3. Jace Weaver: Other Words: American Indian Literature, Law, and Culture, S. 136 auf books.google.de (2001, englisch)
  4. a b c Harley SwiftDeer Reagan - In Memoriam auf www.dtmms.org (englisch)
  5. a b c d e f g The Martial Arts Encyclopedia: Claude Harley Reagan (englisch) (Memento vom 6. September 2017 im Internet Archive)
  6. a b Quodoushka auf www.sein.de (1998)
  7. a b c d e Bill Wahlberg: Sternenkrieger. Die Geschichte von SwiftDeer (Juni 2000), Rezensionen auf amazon.com
  8. a b c d e f g h i j Susy Buchanan: Sacred Orgasm Phoenix New Times 13. Juni 2002 (englisch)
  9. a b Body De-Armoring / Entpanzerung auf www.lust-und-wissen.de (abgerufen am 13. August 2015)
  10. a b c d Harley SwiftDeer Reagan (Homepage, wird offenbar nicht mehr aktualisiert)
  11. a b c Harley SwiftDeer Reagan auf www.forevermissed.com
  12. American Indian Fighting Arts Association: Chulukua-Ryu
  13. a b Peter Weinfurth: „Traditionen“ des Mr. Reagan (2001)
  14. Friedrich Abel: Harley SwiftDeer Reagan's theft of a spiritual lineage from a Navajo family
  15. Helene E. Hagan: The Plastic Medicine People Circle (Memento vom 1. Januar 2005 im Internet Archive) (ursprünglich veröffentlicht im Institute of archetypal ethnology newsletter, September 1992, englisch)
  16. Peter Weinfurth: Die Quelle des Wissens – SwiftDeer – Thunder Strikes (2001)
  17. Die Leitung von Quetzalcoatl (Memento vom 26. Oktober 2016 im Internet Archive)
  18. Harley Reagan: The Shooting Shaman Speaks (Memento vom 9. September 2014 im Internet Archive), ursprünglich veröffentlicht am 28. April 2000 (englisch)
  19. Anke Mrosla: Herkunft des Wissens (private Website einer Heilpraktikerin), abgerufen am 8. Oktober 2018
  20. The Lineage of the Twisted Hairs and the Sweet Medicine SunDance Path (englisch), DTMMS bis 2017 (Memento vom 28. Dezember 2017 im Internet Archive)
  21. About us (englisch), DTMMS ab 2018, abgerufen am 4. Oktober 2018
  22. Das Wissen der Twisted Hairs auf dreamers.ch, abgerufen am 8. Oktober 2018
  23. Tim Giago: Phony Indians Baltimore Sun, 27. Januar 1993 (englisch)
  24. a b c Vanessa Schwake: Himmlische Höhepunkte auf www.glamour.de (3. Juni 2013)
  25. a b Einige Geheimnisse von Yoni und Lingam (Memento vom 7. August 2015 im Internet Archive)
  26. Peter Weinfurth: Erlebnisbericht von einem „spirituellen“ Sexseminar mit Mr. Reagan
  27. http://freethoughttantra.blogspot.de/2013/08/quodoushka-american-indian-pseudo-tantra.html
  28. Der Film Quodoushka (1991) in einer Pornofilm-Datenbank (englisch)