Benutzer:UweBabilon/artikel

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Übung: Landesausbau östlich der Elbe – das Beispiel Brandenburg

Dieser Artikelentwurf entsteht als Studienleistung im Sommersemester 2012 im Rahmen der Übung „Landesausbau östlich der Elbe – das Beispiel Brandenburg“ zu einem Thema des hochmittelalterlichen Landesausbaus der Region. Die Übung findet am Fachbereich 2 der TU Darmstadt statt und wird von Martin Bauch geleitet; die technische Betreuung innerhalb der Wikipedia übernimmt Michael Sander.


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Rolle der Stadtrechte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Verleihung der Stadtrechten spielte im Zug der deutschen Ostsiedlung eine wichtige Rolle. Durch die Stadtrechte wurden die Bewohner eines festgelegten Raumes privilegiert, was neue Siedler anzog.[1] Es wurde bereits bestehenden, größeren und wirtschaftlich wichtigen Siedlungen das Stadtrecht verliehen und diese dann umgebaut oder erweitert. Auch kleine, von Altsiedlern bewohnte Siedlungen kamen in den Genuss dieser Rechte oder Lokatoren wurden beauftragt Städte komplett neu zu gründen.[2] Im Vordergrund stand immer das Ziel, möglichst viele Menschen anzulocken, um neue, florierende Zentren zu schaffen.

Ausbreitung der deutschen Stadtrechte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es gab eine Reihe von verschiedenen deutschen Stadtrechten bzw. Stadtrechtsfamilien. Die größte Rolle bei der Ostsiedlung spielten dabei das Magdeburger und das Lübische Recht, welche immer wieder, oftmals in mehr oder weniger abgeänderter Form, als Vorbild für neue Städte dienten. Weitere Stadtrechte die regional von Bedeutung waren, sind u.a. das Nürnberger Recht, das mecklenburgische Recht und das Recht von Iglau. Das Lübische Recht hatte seine Anfänge in der Stadt Lübeck bereits um 1188. Im 13. und 14. Jahrhundert diente es im gesamten See- und Handelsraum der Ostsee als Vorbild für rund 100 Städte, darunter Rostock, Stralsund und Greifswald. Außerdem breitete sich es bis ins Baltikum aus (z.B. Reval und Narwa) und wurde in einige wenige Städten im Ordensland (z.B. Elbing) eingeführt. Nach dem Lübischen Recht lebten Anfang des 15. Jahrhundert ca 350.000 Menschen. Das Magdeburger Recht, welches zum Teil auf Privilegien des Erzbischofs Wichmann von Magdeburg von 1188 zurückgeht, bzw. die Rechte, die auf dem Magdeburger Vorbild fußten ( z.B. das Kulmer Recht und Neumarkter Recht), breiteten sich zuerst in Sachsen und in der Lausitz aus (z.B. Dresden und Leipzig). Später wurde es auch in weiteren Gebieten Ostmitteleuropas wie Brandenburg, Schlesien, Polen, dem Ordensland und bis in die heutige Ukraine, aber auch in Böhmen und Mähren eingeführt.[3]

Veränderungen der Stadtrechtsfamilien in den neuen Siedlungsgebieten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Laufe der Zeit entwickelten sich weitverzweigte Stadtrechtsfamilien. Wenn z.B. das Magdeburger Recht auf eine Stadt übertragen wurde, war es nicht ungewöhnlich, dass diese „Tochterstadt“ im weiteren Verlauf ebenfalls als „Mutterstadt“ fungierte. Die Rechte wurden zum Teil mehr oder weniger stark abgeändert. Diese Änderungen konnten eine Reduzierung oder Erhöhung der Bußgelder betreffen oder gar die Unabhängigkeit von Städten begrenzen. So geschah es z.B. im Ordensland, wo der Deutsche Orden eine abgeänderte Form des Magdeburger Rechts, die Kulmer Handfeste, für seine Städte bevorzugte, weil ihm das Lübische Recht zu weit ging, was die Unabhängigkeit der Städte anging.[4] Magdeburg diente nicht nur als Vorbild für viele Städte, sondern bei rechtlichen Problemen war die Stadt auch als Rechtsaufsicht tätig, d.h. die Tochterstädte wandten sich mit ihren Problemen an den Magdeburger Rat. Da bei der weit verzweigten Stadtrechtsfamilie nur ein Rat überfordert und ineffektiv war, gründeten sich sogenannte Oberhöfe in den verschiedenen Gebieten, an die sich die Städte wenden konnten.[5] In der lübischen Stadtrechtsfamilie waren die Verbindungen noch enger; dort diente bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts Lübeck als Appellationsinstanz für die Tochterstädte.[6] Landes- und Stadtherrn missfiel es oftmals, dass sich Städte in ihrem Einflussbereich an weitentfernte Städte wandten und von dort aus Recht gesprochen wurde. Sie hatten Angst, dass die Autonomiebestrebungen der Städte ihrem Herrschaftsanspruch zuwider liefen und gingen deshalb dagegen vor, hatten aber erst im Spätmittelalter damit größere Erfolge.[7]

Unterschiede zwischen Alt- und Neusiedlern[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In einigen Städten im Osten, die zu deutschem Recht gegründet wurden, hatten Alt- und Neusiedler die gleichen Rechte und Pflichten oder die Altsiedler bekamen sie im Laufe des 13. Jahrhunderts zugesprochen.[8] In einigen polnischen Gebieten wurde es der einheimischen Landbevölkerung dagegen verboten, in die Städte zu ziehen, da die Landesherrn Angst davor hatten, ihre Landgüter könnten entvölkert werden.[9] Auch wurde Slawen in einigen Städten die Bürgerrechte gänzlich verwehrt.[10] Den größten Unterschied zwischen Alt- und Neusiedlern kann man anhand der Rechtsprechung in den Städten feststellen. Deutsche Neusiedler waren in der Regel gegenüber den einheimischen Altsiedlern im Vorteil. Dies machte sich vor allem bei der Festlegung von Bußgeldern bemerkbar, so musste man z.B für eine Verwundung eines Esten nur ein Drittel der Summe zahlen, die bei Verwundung eines Deutschen fällig war.[11] Auch bei den zu Gericht zulässigen Sprachen gab es ethnische Ungleichbehandlung, so mussten z.B. Angeklagte beweisen, dass sie der deutschen Sprache nicht mächtig waren.[12] In Breslau wurde 1329 sogar das Polnische vor Gericht gänzlich verboten.[13] Die einzigen Neusiedler, die ebenfalls systematisch benachteiligt wurden, waren die Juden, wie dies im Altsiedelgebiet ebenfalls üblich war. Robert Bartlett fasste die Situation in vielen Städten der damaligen Zeit wie folgt zusammen: „Soziale und ethnische Diskriminierung gingen in den Randgebieten Europas eine komplexe Symbiose ein, doch zeigt sich im Spiegel ethnischer Gesetzgebung eines ganz klar: wie die jeweiligen Kräfteverhältnisse zwischen den einzelnen Volksgruppen beschaffen waren.“[14]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Bartlett, S.326.
  2. Bartlett, S.320.
  3. Higounet, S.292-294.
  4. Bartlett, S.329-332.
  5. Higounet, S.294.
  6. Bartlett, S.328.
  7. Bartlett, S.332f.
  8. Janicka, S.68.
  9. Bartlett, S.339.
  10. Higounet, S.317.
  11. Bartlett, S.393.
  12. Bartlett, S.396.
  13. Bartlett, S.320.
  14. Bartlett, S.394.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bartlett, Robert: Die Geburt Europas aus dem Geist der Gewalt. Eroberung, Kolonisation und kultureller Wandel von 950 bis 1350, München 1998, ISBN 3426606399.

Dilcher, Gehard: Bürgerrecht und Stadtverfassung im europäischen Mittelalter, Köln u.a. 1996, ISBN 3412026964.

Higounet, Charles: Die deutsche Ostsiedlung im Mittelalter, Berlin 1990, ISBN 978342604540.

Janicka, Danuta: Zur Topographie der Städte des Magdeburger Rechts in Polen: das Beispiel Kulm und Thorn, in: Heiner Lück u.a.(Hrsg): Grundlagen für ein neues Europa. Das Magdeburger und Lübecker Recht in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, Köln u.a. 2009,(=Quellen und Forschungen zur Geschichte Sachsen Anhalts 6), S. 67-81.

Lück, Heiner u.a.(Hrsg): Grundlagen für ein neues Europa. Das Magdeburger und Lübecker Recht in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, Köln u.a. 2009,(=Quellen und Forschungen zur Geschichte Sachsen Anhalts 6), ISBN 9783412128067.

Rüther, Andreas: Stadtrecht, Rechtszug, Rechtsbuch: Gerichtsbarkeit im östlichen Mitteleuropa seit dem 12. Jahrhundert, in: Klaus Herbers / Nikolas Jaspert(Hrsg): Grenzräume und Grenzüberschreitungen im Vergleich. Der Osten und der Westen des mittelalterlichen Lateineuropa, Berlin 2007, S. 123-143, ISBN 9783050041551.