Benutzer:Wito Hartmann/KMT

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Die Koordinatenmesstechnik ist Teil der Fertigungsmesstechnik. Hierbei werden mit einem Koordinatenmesssystem (weitere Bezeichnung Koordinatenmessgerät KMG) räumliche Koordinaten von Punkten auf einer Werkstückoberfläche erfasst. Diese Messpunkte werden mit einem Rechner weiterverarbeitet und die Werte der ausgewählten, zugeordneten, geometrischen Größen (z. B. Länge, Abstand, Winkel) berechnet.


Prinzip der Koordinatenmesstechnik

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Durch Anwenden von Systemen der Koordinatenmesstechnik kann überprüft werden, ob Werkstücke hinsichtlich ihrer geometrischen Gestalt den Vorgaben des Konstrukteurs entsprechen. Die Gestalt von Werkstücken wird durch Geometrieelemente (Standardgeometrieelemente wie Punkt, Gerade, Kreis, Ebene, Kugel, Zylinder, Kegel, Torus, aber auch Geometrieelemente wie z. B. Gewinde, Verzahnungen oder Freiformflächen) beschrieben, deren Position und Orientierung vom Konstrukteur bemaßt und toleriert sind (z. B. gemäß den Regeln der „Geometrischen Produktspezifikation und Verifikation“ GPS).

In der Vorbereitungsphase der Messung werden die erforderlichen Geometrieelemente zur Erfassung der zu überprüfenden Merkmale sowie die notwendige Anzahl und Verteilung der Antastpunkte auf der Oberfläche des Werkstücks festgelegt.

Bei der Durchführung der Messung werden die Koordinatenwerte der Antastpunkte (Messpunkte) in einem gerätetechnisch vorgegebenen Koordinatensystem durch ein Koordinatenmesssystem erfasst. Daraus werden in einem Rechner die betrachteten Geometrieelemente ermittelt, welche die Oberfläche des realen Werkstücks in einer idealisierten Form beschreiben (Filterung und Zuordnung)[1]. Neben Standardgeometrieelementen können auch andere Oberflächengeometrien wie Gewinde, Verzahnungen oder Freiformflächen erfasst und mathematisch beschrieben werden. Durch weitere Operationen bestimmt man Bezüge zwischen mehreren Geometrieelementen wie z. B. Winkel (z. B. zwischen zwei Ebenen), Abstände (z. B. zwischen zwei Bohrungsachsen) oder erzeugt neue ideale Geometrieelement (z. B. Schnittlinie zweier Ebenen)[2].


Alle bestimmten Koordinatenwerte beziehen sich zunächst auf das Gerätekoordinatensystem des Koordinatenmesssystems. Dies ist ein vom Gerätehersteller vorgegebenes Koordinatensystem, welches bauartabhängig meist parallel zu den orthogonalen Verfahrachsen des Koordinatenmesssystems liegt. Um einen Vergleich der Istwerte mit den geforderten konstruktiven Vorgaben (Sollwerte) durchführen zu können, benötigt man allerdings Koordinatenwerte, die sich auf das Werkstück beziehen. Deshalb werden nach der Messung alle Koordinatenwerte in ein Werkstückkoordinatensystem transformiert, welches vor der Messung vom Bediener entsprechend den Vorgaben der technischen Zeichnung mit unterschiedlichen Ausrichtemethoden (z. B. 3-2-1-Methode [2]) festgelegt wird. Das Prinzip der punktweisen Erfassung und die flexible – auf die jeweilige Messsituation angepasste – Variation der aufgenommenen Punkte gibt dem Koordinatenmessgerät dabei seine große Universalität [3]. Somit ist auch die Lösung komplexer Messaufgaben möglich, wie die Bestimmung von Abweichungen nicht-verkörperter Geometrieelemente (z. B. Winkelabweichungen einer Bohrungsachse, Schneidkanten von Wälzfräsern).


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Die Koordinatenmesstechnik ist nicht zu verwechseln mit der Formmesstechnik, bei der zwar ebenfalls einzelne Messpunkte aufgenommen werden, aber lediglich Abweichungen von einer vorgegebenen idealen Form (meist Zylinder) bestimmt werden können.

Die Oberflächenmesstechnik (z. B. Tastschnittverfahren) ist ebenfalls als eigenes Gebiet zu sehen, da hier nur laterale und vertikale Differenzen zwischen linien- oder flächenhaft erfassten Messpunkten ausgewertet werden. Der Bezug zu einem Gerätekoordinatensystem bzw. Werkstückkoordinatensystem fehlt in diesem Fall. Im Vordergrund steht die Bestimmung von Gestaltabweichungen 2. bis 5. Ordnung (Welligkeitsparameter und Rauheitsparameter einer Oberfläche) mittels standardisierter Filter- und Auswertealgorithmen.


Begrifflichkeiten

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Der Begriff „Messmaschine“ (bzw. „Koordinatenmessmaschine“) ist stets zu vermeiden. Korrekt ist die Bezeichnung „Messgerät“ (bzw. „Koordinatenmessgerät“), da in der Technik ein „Gerät“ als ein signalumsetzendes bzw. informationsverarbeitendes System definiert wird, während eine „Maschine“ ein energie- oder stoffumsetzendes System beschreibt. Da Geräte für Koordinatenmessungen mittlerweile komplexe Systeme sind, d. h. einen Verbund mehrerer Geräte darstellen, hat man sich international im Rahmen des ISO/TC 213 WG10 im Jahr 2013 darauf geeinigt, zukünftig nur noch den Begriff „Koordinatenmesssystem“ in Normen zu verwenden (Englisch: „Coordinate Measuring System“).


VDI/VDE GMA Fachausschuss 3.31 Koordinatenmessgeräte

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Aktuelle Fragen auf dem Gebiet der Koordinatenmesstechnik behandelt der VDI/VDE-Gesellschaft Mess- und Automatisierungstechnik (GMA) Fachausschuss (FA) „3.31 Koordinatenmessgeräte“. Der Fachausschuss wurde 1977 als Arbeitskreis „Richtlinie für die Abnahme von Mehrkoordinaten-Messgeräten“ des Fachausschusses „Fertigungsmesstechnik“ gegründet. Er ist seit April 1979 ein eigenständiger Fachausschuss und seit September 1996 ein Gemeinschaftsausschuss mit DIN/NATG.C.2.12[3]. Arbeitsschwerpunkte des Fachausschusses sind das Erarbeiten von Richtlinien zur Koordinatenmesstechnik für die industrielle Praxis (wesentliches Ergebnis der Arbeiten ist u.a. die Richtlinien-Reihe VDI/VDE 2617) und die Begleitung der internationalen Normung zur Koordinatenmesstechnik im ISO TC 213.

Darüber hinaus wurde die Erstellung dieses Wikipedia-Artikels durch den VDI/VDE GMA FA 3.31 unterstützt, in dem Mitarbeiter des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI), des Deutschen Instituts für Normung (DIN) der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB), von Universitäten, von Messgeräteherstellern, von Kalibrierlaboratorien und von Automobilherstellern (=Messgeräteanwender) vertreten sind.


Normen und Richtlinien mit Bezug zur Koordinatenmesstechnik

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  • DIN EN ISO 10360-Reihe: Geometrische Produktspezifikation (GPS) - Annahmeprüfung und Bestätigungsprüfung für Koordinatenmeßgeräte (KMG) mit folgenden Teilen:
  • Teil 1: Begriffe, 2002
  • Teil 2: KMG angewendet für Längenmessungen, 2009
  • Teil 3: KMG mit der Achse eines Drehtisches als vierte Achse, 2000
  • Teil 4: KMG im Scanningmodus, 2002
  • Teil 5: Prüfung der Antastabweichungen von KMG mit berührendem Mess-kopfsystem, 2010
  • Teil 6: Fehlerabschätzung beim Berechnen zugeordneter Geometrieelemente nach Gauß, 2008
  • Teil 7: KMG mit Bildverarbeitungssystemen, 2011
  • Teil 8: KMG mit optischen Abstandssensoren, 2012
  • Teil 9: KMG mit Multisensoren, 2011
  • Teil 10: Lasertracker, 2012
  • DIN EN ISO 15530-3: Geometrische Produktspezifikation und -prüfung (GPS) - Verfahren zur Ermittlung der Messunsicherheit von Koordinatenmessgeräten (KMG) - Teil 3: Anwendung von kalibrierten Werkstücken oder Normalen, 2011
  • DIN ISO/TS 23165: Geometrische Produktspezifikation (GPS) - Leitfaden zur Ermittlung der Testunsicherheit von Koordinatenmessgeräten (KMG), 2008
  • VDI/VDE 2617-Reihe: Genauigkeit von Koordinatenmessgeräten - Kenngrößen und deren Prüfung
  • Blatt 2.1: Leitfaden zur Anwendung von DIN EN ISO 10360-2 zur Prüfung von Längenmaßen, 2012
  • Blatt 2.2: Formmessung, 2000
  • Blatt 2.3: Annahme- und Bestätigungsprüfung von Koordinatenmessgeräten großer Bauart, 2006
  • Blatt 4: Leitfaden zur Anwendung von DIN EN ISO 10360-3 für Koordinatenmessgeräte mit zusätzlichen Drehachsen, 2006
  • Blatt 5: Überwachung durch Prüfkörper, 2010
  • Blatt 5.1: Überwachung mit Kugelplatten, 2011
  • Blatt 6.1: Leitfaden zur Anwendung von DIN EN ISO 10360 für Koordinatenmessgeräte mit optischen Sensoren für laterale Strukturen, 2007
  • Blatt 6.2: Leitfaden zur Anwendung von DIN EN ISO 10360 für Koordinatenmessgeräte mit optischen Abstandssensoren, 2005
  • Blatt 6.3: Koordinatenmessgeräte mit Multisensorik, 2008
  • Blatt 7: Ermittlung der Unsicherheit von Messungen auf Koordinatenmessgeräten durch Simulation, 2008
  • Blatt 8: Prüfprozesseignung von Messungen mit Koordinatenmessgeräten, 2006
  • Blatt 9: Annahme- und Bestätigungsprüfung von Gelenkarm-Koordinatenmessgeräten, 2009
  • Blatt 10: Annahme- und Bestätigungsprüfung von Lasertrackern, 2011
  • Blatt 10.1: Lasertracker mit Multisensorik, 2012
  • Blatt 11: Ermittlung der Unsicherheit von Messungen auf Koordinatenmessgeräten durch Messunsicherheitsbilanzen, 2011
  • Blatt 12.1: Annahme- und Bestätigungsprüfungen für Koordinatenmessgeräte zum taktilen Messen von Mikrogeometrien, 2011
  • Blatt 13: Leitfaden zur Anwendung von DIN EN ISO 10360 für Koordinatenmessgeräte mit CT-Sensoren, 2011
  • VDI/VDE 2630 Blatt 2.1: Computertomografie in der dimensionellen Messtechnik - Bestimmung der Messunsicherheit und der Prüfprozesseignung von Koordinatenmessgeräten mit CT-Sensoren, 2013
  • VDI/VDE 2631 Blatt 2: Formprüfung – Überprüfung der Signalübertragungskette, 2013


  • Weckenmann, Albert (Hrsg.): Koordinatenmesstechnik: Flexible Strategien für funktions- und fertigungsgerechtes Prüfen. 2. Auflage. Hanser, 2012
  • Hocken, Robert J.; Pereira, Paulo H. (Hrsg.): Coordinate Measuring Machines and Systems (Manufacturing, Engineering and Materials Processing). CRC Press, 2011.
  • Dutschke, Wolfgang; Keferstein, Claus P.: Fertigungsmesstechnik: Praxisorientierte Grundlagen, moderne Messverfahren. 5. Auflage. Vieweg+Teubner, 2005
  • Christoph, Ralf; Neumann, Hans J.: Multisensor-Koordinatenmesstechnik – Produktionsnahe optisch-taktile Maß-, Form- und Lagebestimmung. Die Bibliothek der Technik, Band 248. Verlag Moderne Industrie, 2006


Einzelnachweise

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  1. DIN EN ISO 8015: Geometrische Produktspezifikation (GPS) - Grundlagen - Konzepte, Prinzipien und Regeln, 2011
  2. DIN EN ISO 8015: Geometrische Produktspezifikation (GPS) - Grundlagen - Konzepte, Prinzipien und Regeln, 2011
  3. http://www.vdi.de/technik/fachthemen/mess-und-automatisierungstechnik/fachbereiche/fertigungsmesstechnik/gma-fa-331-koordinatenmessgeraete/