Benutzer:WkipediaFWW/Jüdische Kinderheilanstalt Bad Nauheim

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Das Gebäude der heutigen Sophie-Scholl-Schule[1] in der Frankfurter Strasse 103 in Bad Nauheim wurde 1891 von Hannah Mathilde von Rothschild (1832-1924) gestiftet und erfüllte im Laufe der Zeit verschiedene Funktionen. Zunächst als Israelitische Kinderheilanstalt gegründet, wurde es im Zuge der nationalsozialistischen Herrschaft zunächst Jüdische Bezirksschule und als diese 1938 geschlossen wurde, nahm das Gebäude Kinder im Rahmen des Kinderlandverschickungsprogramms auf, bevor es nach 1945 als Auffanglager für Displaced Persons (DP's) diente. In den 1960er Jahren erwarb die Stadt Bad Nauheim das Gebäude zurück, und brachte darin verschiedene Schulen unter, u.a. die Freie Waldorfschule Wetterau[2] und heute die Sophie-Scholl-Inklusionsschule.

Schon im Jahr 1890 hatte die Frankfurterin Freifrau Hannah Mathilde von Rothschild die Gründung einer Kinderheilanstalt für Kinder aus jüdisch-orthodoxen Elternhäusern ins Auge gefasst, zu der es schließlich im Jahr 1898 in Bad Nauheim kam.[3] Das Gebäude, für welches die Baronin eine Millionen Mark spendete, sollte den modernsten Standards der damaligen Zeit genügen, so dass ein Isolationshaus für eventuell ansteckende Krankheiten vorgesehen war, ebenso wie ein ca. 7000 qm großer Garten für die Freizeitgestaltung mit einer überdachten Halle darin. Für den Bau verantwortlich zeichnete der Frankfurter Architekt Michael Moses Mainz (1842-1927). Am 15. Mai 1899 wurde das Gebäude in der Frankfurter Straße 103 in Bad Nauheim als „Israelitische Kinderheilstätte Bad Nauheim“ eingeweiht und der Kurbetrieb offiziell aufgenommen und bot, wie es auch in der Eröffnungsanzeige zu lesen stand, mittellosen Kindern jüdisch-orthodoxer Eltern im Alter zwischen vier und fünfzehn Jahren eine streng an den rituellen Bedürfnissen orientierten Pflege bei mäßigem Preis für Kinder an, die an Blutarmut, Skrofulose, Rachitis, Herzkrankheiten oder Rheumatismus litten. Die erholungsbedürftigen Kinder kamen zur Hälfte aus Frankfurt am Main, zur anderen Hälfte aus dem Wetteraukreis und dessen unmittelbarer Umgebung. Ein Kuraufenthalt dauerte in der Regel vier Wochen, wobei streng auf die Geschlechtertrennung geachtet wurde, so dass sich in einem monatlichen Rhythmus sogenannte "Jungen-" und "Mädchenmonate" abwechselten. Insgesamt bot das Gebäude Platz für 50 Kinder, die von namhaften jüdischen Kurärzten kostenlos betreut wurden.[4]

Erster Weltkrieg

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Durch den Eintritt der Kriegsverhältnisse während des Ersten Weltkrieges, kam der Kurbetrieb in Bad Nauheim nahezu zum Erliegen. Wie bereits während des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/71 (und später auch während des Zweiten Weltkrieges) wurde Bad Nauheim Lazarettstadt, d.h. dass die kaiserlichen Militärbehörden die größten Gebäude der Stadt für Krankentransporte und -pflege requirierten. Auch die Israelitische Kinderheilstätte musste geräumt und zum Lazarett umfunktioniert werden. Derweil wurde die Betreuung der Kinder in weitaus geringerem Umfang von dem Israelitischen Frauenkurheim übernommen. Die Wiederaufnahme des Kurbetriebes erfolgte 1919.

Weimarer Republik

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Für das Ende der Weimarer Republik berichtet das Jüdische Jahrbuch für Hessen-Nassau (1932/1933), dass es in Bad Nauheim neben der Kinderheilstätte auch noch das Israelitische Frauenheim gab, welches jüdischen Frauen und Mädchen eine Kur zu ermäßigten Bedingungen anbot, wobei der Verein Israelitisches Frauenheim e.V. unter der miserablen Wirtschaftslage im Zuge der Weltwirtschaftskrise 1929 zu leiden hatte und nur durch die Anwerbung neuer Mitglieder erhalten werden konnte. Auch das Israelitische Männerheim existierte zu diesem Zeitpunkt noch. Es zählte 200 Mitglieder und hatte zum Ziel erholungsbedürftigen Familienvätern einen ermäßigten Kuraufenthalt zu ermöglichen.

Eine Feder mit Rahmen

Nationalsozialismus

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Im Jahr 1935 wurde die "Frankfurter Strasse" in Bad Nauheim, in welcher bisher die Kinderheilanstalt in der Nr. 103 untergebracht war, in "Hermann-Göring-Strasse" umbenannt, und behielt diese Bezeichnung bis 1945. Die Israelitische Kinderheilstätte musste unter der nationalsozialistischen Herrschaft aus politischen und finanziellen Gründen ihre Arbeit im Herbst 1936 einstellen.

Jüdische Bezirksschule

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Im Januar 1937 wurde in den Räumen der ehemaligen Kinderheilstätte unter der Trägerschaft des Landesverbandes der Jüdischen Religionsgemeinschaften die "Jüdische Bezirksschule Bad Nauheim" als einzügige Volksschule gegründet.[5] Der Vertreter des Landesverbandes Jüdischer Religionsgemeinden Hessens, Rabbiner Dr. Levi hielt bei der Neueröffnung im Februar 1937 die Einweihungsrede. Die Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinden von Bad Nauheim und Friedberg, Emil Rosenthal und Siegfried Rothschild überbrachten Grüße und Glückwünsche ihrer jeweiligen Gemeinde, ebenso Jakob Strauß der Vertreter der jüdischen Lehrerschaft Hessens aus Offenbach. Der Schulleiter der neugegründeten Schule wurde Karl Bettmann , sein Bruder Hermann Bettman übernahm das Amt des Direktors der Jüdischen Bezirksschule. Eine Schule für jüdische Kinder war nötig geworden, da Kinder aus jüdischen Haushalten zum einen der Besuch bestimmter Fächer aus weltanschaulichen Gründen an Staatsschulen verboten war. Zum anderen waren sie mehrfachen Repressionen und Diskriminierungen von Seiten der Behörden, der Lehrerschaft oder der Mitschüler ausgesetzt. Schüler berichteten Jahre später von jenen Diskriminierungen, denen sie an öffentlichen Schulen ausgesetzt waren, wie das isolierte Sitzen auf der hintersten Bank im Klassenraum. Oft wurden die jüdischen Schüler und Schülerinnen in entlegenen Dörfern auf dem Weg in die nächste Schule überfallen und mit Waffen bedroht, aber auch in größeren Städten wie Gießen auf dem Schulweg zusammengeschlagen. Daher entschlossen sich viele jüdische Eltern ihre Kinder 1937 in die Bezirksschule Bad Nauheim zu bringen, wo ihnen ein weiterer Schulbesuch ermöglicht werden konnte. Währenddessen bemühten sich die Eltern vieler Schüler und Schülerinnen um Ausreisemöglichkeiten nach Süd- oder Nordamerika. Nach anfänglichen Irritationen lebten sich die Kinder in der Bezirksschule und im angegliederten Internat schnell ein. Bad Nauheim war als Standort einer solchen Schule geeignet, da die in den umliegenden, in 76 verschiedenen Ortschaften lebenden jüdischen Kinder mit der Bahn zur Schule fahren konnten. Von der gesamten Schülerschaft waren nur sieben Schüler tatsächlich in Bad Nauheim wohnhaft, die anderen kamen aus den umliegenden Ortschaften. Hinzu kam, dass das politische Klima in Bad Nauheim wegen des internationalen Kurbetriebs in dieser Zeit noch als relativ gemäßigt angesehen werden konnte. Insgesamt wohnten 74 Kinder und Jugendliche im Wohnheim der Schule, während die anderen zwischen Heimatort und Schule pendelten. Damit aber auch Schüler und Schülerinnen aus weiter entfernten Orten die Schule besuchen konnten, stellte diese Schlafräume zur Verfügung. Ebenso gab es Verpflegung, für die ein eigener Koch zuständig war, der in der Erinnerung der Schüler und Schülerinnen, die bei ihm regelmäßig Küchendienst machen mussten, als sehr freundlich beschrieben wurde. Der große, der Schule angegliederte Garten gewährleistete in diesen schwierigen Zeiten der Ausgrenzung eine minimale Freizeitgestaltung. Die Eltern der Schüler und Schülerinnen der Bezirksschule waren oft Kaufleute, Viehhändler und Handwerker und zum größten Teil nicht in der Lage die Fahrt-, Schul-oder Unterbringungskosten zu bezahlen, so dass der Schulbetrieb nur durch finanzielle Unterstützung von jüdischen Sozialeinrichtungen möglich war.
Während anfangs nur 90 Schüler und Schülerinnen die Schule besuchten, stieg die Zahl rasch auf 151 Kinder und 14 Fortbildungsschüler, die allesamt von sechs, stets als sehr freundlich und hilfsbereit beschriebenen Lehrern und Lehrerinnen unterrichtet wurden.[6] So z.B. von Adolf Bauer aus Gedern, der viele Familienmitglieder später im ehemaligen KZ Auschwitz-Birkenau durch den Gastod verlieren sollte. Ebenfalls positiv erwähnt wurden immer wieder: Erich Levi und Fräulein Meyer. Diesen gelang es durch ein – wie es ein Überlebender beschreibt – richtiges Maß an Disziplin, die Jugendlichen zu verantwortungsbewussten, unabhängigen und selbstbewussten Menschen zu erziehen. In der Rückschau vermutete der überlebende Schüler Max Bettman, dass viele der jungen Lehrer, die in der jüdischen Schule in Bad Nauheim arbeiteten, direkt vom jüdischen Schulseminar kamen, dass Mitte der 1930er Jahre noch Lehrer ausbildete. Zusätzlich zum Lehrpersonal beschäftigte die Schule auch eine Hausmutter, Rossi Spier, und die ausgebildete Krankenschwester, Schwester Oberin Friedel Fröhlich , die sich insbesonders um die Kinder kümmerten, deren Eltern weiter weg wohnten. Beide werden in den Erinnerungen der Überlebenden als wichtige Persönlichkeiten beschrieben. Der Schulrahmen bot den Schülern und Schülerinnen die Möglichkeit sich sicher zu fühlen, auch wenn der Schulbetrieb nicht immer einfach war.
Neben dem Schulbetrieb bot die Jüdische Bezirksschule in Bad Nauheim auch Fortbildungen für jüdische Lehrer aus Hessen und Nassau an, von denen viele aufgrund von Suspendierungen aus dem staatlichen Schuldienst und anderen Arbeitsbereichen im Zuge des nationalsozialistischen Arisierungsprozesses im Berufs-, Beamten- und Wirtschaftsleben unfreiwilligen Arbeitspausen ausgesetzt waren. Neben dem wichtigen sozialen Aspekt die Fortbildungsmaßnahmen auch als eine lebensnotwendige Möglichkeit zu nutzen, um in einen Austausch mit anderen jüdischen Lehrern in Deutschland zu treten, waren wichtige Themen solcher Fortbildungen die Vorstellung von Lerninhalten und Schwerpunkten in den verschiedenen Fächern, wie dies die Ankündigung einer Fortbildung aus dem Jahr 1937 nahelegt. Allerdings mussten auch wichtige Problemfelder betrachtet werden, wie der teilweise sehr unterschiedliche Wissensstand der Jugendlichen, der verschiedene Ursachen hatte. Entweder waren die Kinder und Jugendlichen an den öffentlichen Schulen von bestimmten Unterrichtsfächern aus weltanschaulichen Gründen bereits seit längerem ausgeschlossen gewesen ehe sie nach Bad Nauheim kamen, so dass sich dadurch in manchen Fächern größere Wissenslücken auftaten. Oder sie hatten aufgrund antisemitischer Anfeindungen vonseiten ihrer Lehrer und Mitschüler bereits seit geraumer Zeit nicht mehr an einem geregelten Unterricht teilnehmen können.
In der Bad Nauheimer Bezirksschule selbst nahm die Vermittlung von Fremdsprachen einen großen Raum im Stundenplan ein. Dennoch beschreibt der ehemalige Schüler Max Bettman, dem später die Auswanderung in die USA gelang, die Schulaufgaben und die Leistungsanforderungen als nicht sonderlich hoch – eine Feststellung, die er rückblickend darauf zurückführt, dass viele der Lehrer und Lehrerinnen, sowie die Jugendliche und ihre Familien damit beschäftigt waren ihre Ausreise vorzubereiten. . Zum gewöhnlichen Lehrplan gehörte aber auch das Lesen, Schreiben und Singen auf Hebräisch. Bereits in den Jahren der Israelischen Kinderheilstätte hatte die Einhaltung jüdisch-orthodoxer Sitten eine wichtige Rolle gespielt, und fand auch weiter im Schulalltag ihre Berücksichtigung. So wurde, auch in den Schulferien, vor den Mahlzeiten und am Sabbat gebetet, und zusätzlich stand am Sabbat der Besuch der Bad Nauheimer Synagoge an. Ziel dieses Rahmenprogrammes war nicht nur die Wahrung der eigenen kulturellen Identität in einem äußerst schwierigen Umfeld, sondern auch dass die Schüler und Schülerinnen das Leben in einem Kibbuz erlernten, damit sie im Falle einer Auswanderung in das britische Mandatsgebiet Palästina gut auf ihr späteres Leben vorbereitet sein würden.

Schließung der Jüdischen Bezirksschule

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Schon vor der Reichspogromnacht am 9. November 1938 war die Schule immer wieder Anfeindungen und Angriffen ausgesetzt gewesen. So meldete ein unzufriedener Angestellter der Bezirksschule der Bad Nauheimer Polizei einen Vorfall in der Schule, woraufhin SA-Mitglieder die Schule stürmten, um den angeblichen Vorfall zu untersuchen. Das Erscheinen der SA verschüchterte die Kinder und führte laut Quellenlage zu keinem Ergebnis. Weitere Vorkommnisse waren das Einschlagen von Fenstern der Schule, sowie ein Graffiti mit antisemitischem Inhalt an der Wand des Gebäudes. Mit der Reichspogromnacht endete das kurze Leben der jüdischen Schule abrupt. Über diese Nacht berichtete die Überlebende und in die USA emigrierte Ruth Hess, dass die hauseigene Synagoge (ein als Synagoge benutzter Raum in der Schule) gestürmt und allerlei kultische Gegenstände aus den Fenstern geworfen wurden, die anschließend vor den Augen der Betroffenen verbrannt wurden. Die Schüler und Schülerinnen, denen zu diesem Zeitpunkt die Flucht in ein Nachbarland oder nach Amerika noch nicht gelungen war, mussten ihre Koffer packen, sich im Hof versammeln und im Gänsemarsch auf das Bad Nauheimer Polizeirevier marschieren, wobei ihnen die Behörden immer wieder sagten, dass ihre Eltern nicht mehr zu finden seien, sie über ihr Ziel aber weitestgehend im Unklaren ließen. Sie sollten wenige Tage später in zwei als überfüllt beschriebene Waisenhäuser in Frankfurt gebracht werden. Die Überfüllung erklärt sich dadurch, dass die Jüdische Bezirksschule von Bad Nauheim nach der Reichspogromnacht nicht die einzige von den Nationalsozialisten geschlossene jüdische Bezirksschulen war, sondern auch andere in Hessen ein vergleichbares Schicksal erlitten hatten und ihre Schützlinge nach Frankfurt gebracht wurden. Als Begründung für die Verschleppung bekamen die betroffenen Kinder und Jugendlichen immer wieder zu hören, dass ihre Eltern nicht zu finden seien oder diese sie nicht mehr haben wollten. Von diesen Waisenhäusern aus begannen im Januar 1939 Rettungsmaßnahmen für jüdische Kinder durch das Deutsche Rote Kreuz, aber auch durch das „Schweizerische Hilfswerk für Emigrantenkinder“ (SHEK).[7] Diese vermittelten die Kinder, ohne Beteiligung der Eltern von Frankfurt aus nach Frankreich, England oder in die Schweiz. Die Lehrer und Lehrerinnen, die zum Zeitpunkt der Reichspogromnacht noch nicht geflohen waren, wurden in die ehemaligen Konzentrationslager Dachau oder Buchenwald verschleppt. Am Nachmittag nach dem Pogrom und der gewaltsamen Schließung der Schule durch SA und SS vernagelten Schreiner aus Bad Nauheim die zerstörten Fenster der Schule mit Holzplatten, während vermutlich SA und SS viele Akten der Jüdischen Bezirksschule vernichteten. Offiziell endete der Schulbetrieb im Jahr 1939 und im Zuge der Zwangsenteignungen jüdischen Besitzes im Jahr 1940 auch die Trägerschaft des Landesverbandes der Jüdischen Religionsgemeinschaft.[8] Der Besitz wurde verstaatlicht und ging in die Hände der Stadt Bad Nauheim über. In Bad Nauheim selber lebten zu diesem Zeitpunkt noch einige Juden, deren Rechte jedoch immer massiver beschnitten wurden. Sie lebten in der Frankfurter Straße 103, bis sie 1942 von der Gestapo ins ehemaliges Konzentrationslager Theresienstadt und in ungenannte Arbeitslager auf heute polnischen Boden gebracht wurden, während ihr verbleibendes Eigentum 1941 verstaatlicht wurde. Das Gebäude in der Frankfurter Strasse 103 überließ die Stadt Bad Nauheim am 1. November 1941 mietsweise der NSDAP, welche die Räumlichkeiten für ihr Kinderlandverschickungsprogramm benutzte.

Im Jahr 1945 musste die Stadt Bad Nauheim das Gebäude an die sich allmählich wieder gründeten jüdische Gemeinde in Bad Nauheim zurückgeben. Diese zählte etwa 300 Mitglieder und benutzte die Räume der ehemaligen Israelitischen Kinderheilstätte, sowie dem ehemaligen Israelitischen Frauen- und Männerheim. Während der amerikanische Stadtkommandant Benjamin Wellins (1915-1981)[9] ehemaligen Nationalsozialisten aus Bad Nauheim und Umgebung befahl die Synagoge wieder herzurichten, gründete der aus Polen stammende Shlomo Dzialdow (geb. ca. 1885-Todesdatum unbekannt)[10] den Kibbuz "Chofetz Chaim" in den Räumen der ehemaligen Jüdischen Bezirksschule Bad Nauheim. Hier sollten die jüdischen Gemeindemitglieder eine handwerkliche und landwirtschaftliche Berufsausbildung erhalten, um sich auf das Leben in einem Kibbuz in Israel vorzubereiten. Die meisten der ausreisewilligen jüdischen DP's hatten bis 1949 Bad Nauheim verlassen, das Kibbuz wurde aufgelöst und es folgte für die in Bad Nauheim verbleibenden Juden die Eröffnung einer jüdischen Schule, die mit der Auswanderung der letzten Bad Nauheimer Jugendlichen 1959 wieder geschlossen wurde.
Im Jahr 1964 erwarb die Stadt Bad Nauheim das Gebäude in der Frankfurter Straße 103 von der verbleibenden kleinen jüdischen Gemeinde in Bad Nauheim zurück und richtete hier eine kaufmännische Berufsschule und später die Sonderschule des Wetteraukreises ein. Im Jahr 1984 wurde der Verein der Waldorfschule Wetterau Eigentümer des Hauses und beherbergte hier ab 1986 für zwölf Jahre die Freie Waldorfschule Wetterau. [11] Die intensiven Recherchen zur Geschichte des Gebäudes und zu den Jugendlichen in den Jahren der Bezirksschule durch die Historikerin und Mutter an der Freien Waldorfschule Wetterau Monica Kingreen führten dazu, dass die Freie Waldorfschule Wetterau im Herbst 1988 eine Gedenktafel am Eingang des Gebäudes in der Frankfurter Strasse 103 anbrachte. Weitere Recherchen von Monica Kingreen ermöglichten es im Oktober 1992 überlebende ehemalige Schüler und Schülerinnen der Jüdischen Bezirksschule Bad Nauheim ausfindig zu machen, einzuladen und mit ihnen einen Baum im Schulhof der Freien Waldorfschule Wetterau zu pflanzen, an dessen Fuß ein Gedenkstein platziert wurde.
Zwischen 1998 und 2007 wurde das Gebäude von der Stadt Bad Nauheim als Grundschule geführt und beherbergt seit 2007 die Sophie-Scholl-Inklusionsschule Bad Nauheim.

Einzelnachweise

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  1. https://www.sophie-scholl-schulen.de/sophie-scholl-schule-wetterau/aktuelles.html (03.07.2013)
  2. http://www.waldorfschule-wetterau.de (03.07.2013)
  3. Zur Bedeutung Bad Nauheims als Kurort, insbesondere in Bezug auf die herausragende Rolle jüdischer Ärzte für den Aufbau und die Entwicklung des Kurbetriebes, vgl.: Kolb, Stephan, Die Geschichte der Bad Nauheimer Juden. Eine gescheiterte Assimilation, (Bad Nauheim: 1987), 98-106.
  4. Die in diesem Artikel genannten Quellen beziehen sich alle auf das Archiv von Monica Kingreen, Mitarbeiterin am Fritz-Bauer-Institut in Frankfurt a.M. http://www.fritz-bauer-institut.de/start.html (03.07.2013).
  5. Artikel der Wetterauer Zeitung vom 15.11.1988
  6. Artikel der Wetterauer Zeitung vom 15.11.1988.
  7. Vgl. hierzu näher die Studienarbeit von Mattli, Angela, Der Bund Schweizerischer Jüdischer Frauenvereine im Spannungsfeld zwischen Solidarität und Resignation. Politik und Engagement in den Jahren der Bedrohung 1933-1945, (GRIN-Verlag, 2008)
  8. Artikel der Wetterauer Zeitung vom 15.11.1988.
  9. http://www.ancientfaces.com/person/benjamin-wellins/5314420 (01.07.2013)
  10. http://www.geni.com/people/Shlomo-Dzialdow/6000000003038169703 (01.07.2013)
  11. Artikel: "Damit Finsternis das Licht begreift", in: Wetterauer Zeitung vom 15.11.1988

KOLB, Stephan, Die Geschichte der Bad Nauheimer Juden. Eine gescheiterte Assimilation, (Bad Nauheim: 1987). ISBN 3-924145-09-1.
MATTLI, Angela, Der Bund Schweizerischer Jüdischer Frauenvereine im Spannungsfeld zwischen Solidarität und Resignation. Politik und Engagement in den Jahren der Bedrohung 1933-1945, (GRIN-Verlag, 2008). ISBN 3-638-95288-6.

http://www.fritz-bauer-institut.de (03.07.2013)
http://www.alemannia-judaica.de (03.07.2013)
http://www.vor-dem-holocaust.de (03.07.2013)
http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/ (03.07.2013)