Bezirk Mährisch Ostrau

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Karte des Bezirkes aus dem Jahr 1902

Der Bezirk Mährisch Ostrau (tschechisch Politický okres Moravská Ostrava) war ein Politischer Bezirk im Nordosten von Mähren. Sein Gebiet umfasste den mährischen Keil im Kronland Mähren in der Gabelung der Flüsse Oder im Westen und Ostravice im Osten, der vor 1918 das Kronland Österreichisch-Schlesien in Cisleithanien auf zwei Teile trennte. Der Bezirk bestand weiter in der Tschechoslowakei und wurde im Protektorat Böhmen und Mähren 1941 durch Eingemeindungen nach Mährisch-Ostrau in die Stadt Ostrau umgewandelt. Er umfasste 99,37 km², darunter 37,5 % des Gebiets der heutigen Stadt Ostrava, sowie die Gemeinde Krmelín und die Katastralgemeinde Stará Ves nad Ondřejnicí (Moravskoslezský kraj).

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bevölkerung nach der Umgangssprache im Jahr 1910

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam es zu einem starken Aufschwung des Steinkohleabbaus (etwa 1/4 des Ostrau-Karwiner Kohlengebiets) und Industrialisierung sowie Germanisierung der Gemeinden um die Stadt Mährisch-Ostrau. Nach dem Gründerkrach aus den 1870er Jahren kam dazu in die Gegend eine große Welle von Einwanderern aus Westgalizien. Der unabhängige politische Bezirk, der durch Ausgliederung des Gerichtsbezirks Mährisch Ostrau aus dem Bezirk Mistek im Jahr 1900 entstand, hatte die größte Anzahl (über 10 %) von nicht tschechisch- oder deutschsprachigen Einwohnern im ganzen Kronland, gleichwohl entflammte im frühen 20. Jahrhundert ein nationaler Konflikt zwischen Polen und Tschechen im Industriegebiet und die polnische Bevölkerung wurde schnell tschechisiert bzw. germanisiert.

Zum 1. Januar 1924 wurden insgesamt sieben Gemeinden des Bezirkes: die Städte Mariánské Hory (Marienberg), Přívoz (Oderfurt) und Vítkovice (Witkowitz) mit weiteren drei Gemeinden (Hrabůvka (Klein Grabau), Nová Ves (Neudorf) und Zábřeh nad Odrou (Heinrichsdorf)) nach Moravská Ostrava eingemeindet.[1] Die neue Stadt hatte eine Fläche von 4029 Hektar und 113.709 Einwohner.

Zwischen 1939 und 1945 gehörten Mährisch Ostrau und Schlesisch Ostrau als Teil des Protektorats Böhmen und Mähren zum Großdeutschen Reich. 1941 wurden Mährisch Ostrau und Schlesisch Ostrau offiziell vereinigt und die weiteren Gemeinden des Bezirkes Hrabowa, Neubiela, Altbiela und Wischkowitz wurden eingemeindet. Der Bezirk wurde zum Gerichtsbezirk Mährisch-Ostrau West (Moravská Ostrava – západ) reduziert. Proskovice, Stará Ves nad Ondřejnicí und Krmelín kamen zum Bezirk Mistek. 1948 wurde der Gerichtsbezirk im neuen Regime endgültig aufgelöst.

Bevölkerung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Insgesamt Umgangssprache / Nationalität Religion
Jahr Fläche [ha] Zahl der Häuser Zahl der Bewohner tschechisch deutsch polnisch jüdisch andere Ausländer römisch-katholisch evangelisch tschechoslowakisch israelitisch andere ohne Religion
1869[2] 11 164 ? 20 916 20 198 307 410 1 0
1890[3] 9 809 2 714 48 544 29 990 12 512 [in der Rubrik andere] 3 579 ? 45 001 1 289 2 232 22 0
1900[4] 9 938 4 128 87 126 46 532 24 029 [in der Rubrik andere] 13 757 ? 79 886 2 222 4 985 33 0
1910[5] 9 938 5 051 111 186 52 254 43 246 12 849 57 2 780 101 625 3 229 6 115 217 0
1921[6] 9 938 5 622 123 227 83 423 22 227 1 440 2 601 114 13 422 96 789 5 274 3 714 6 872 529 10 049
1930[7] 9 937 7 429 136 949 103 525 21 914 471 2 267 2 845 8 665 90 852 6 296 17 193 6 872 578 15 158

Gemeinden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 1900:

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Geschichte Ostravas Webseite der Stadtverwaltung, aufgerufen am 6. Dezember 2012.
  2. Bevölkerung und Viehstand der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder, dann der Militärgränze nach der Zählung vom 31. December 1869. I (Bevölkerung nach Geschlecht, Religion, Stand und Aufenthalt). K.-k. Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1871 (edu.pl).
  3. Special-Orts-Repertorium von Mähren. K. k. statistischen Central-Commission, Wien 1893 (deutsche-digitale-bibliothek.de).
  4. Gemeindelexikon der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder, bearbeitet auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung vom 31. Dezember 1900, X. Mähren. Verlag der k. k. Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1906 (genealogy.net).
  5. Specialortsrepertorium von Mähren. Bearbeitet auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung vom 31. Dezember 1910. Verlag der k. k. Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1917.
  6. Statistický lexikon obcí na Moravě a ve Slezsku. Státní úřad statistický, Praha 1924 (archive.org).
  7. Statistický lexikon obcí v zemi Moravskoslezské. Ministerstvo vnitra – Státní úřad statistický, Praha 1935.