Boxerlied

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Boxerlied (Das Herz eines Boxers) ist der Titelschlager zum frühen deutschen Ton-Sportfilm[1] Liebe im Ring, den Reinhold Schünzel 1930 mit dem Schwergewichts-Champion Max Schmeling gedreht hat.[2] Der Kinokapellmeister Artur Guttmann hat ihn geschrieben und Fritz Rotter, der auch am Drehbuch beteiligt war, hat den Text[3] dazu gedichtet. Das „Boxerlied“ erschien in Berlin im „Alrobi“ Verlag des österreichischen Musikverlegers Armin Robinson.[4]

Der Kehrreim des Liedes lautet:

Das Herz eines Boxers kennt nur eine Liebe:
Den Kampf um den Sieg ganz allein.
Das Herz eines Boxers kennt nur eine Sorge:
Im Ring stets der erste zu sein.
Und schlägt einmal sein Herz für eine Frau,
stürmisch und laut:
Das Herz eines Boxers muß alles vergessen,
sonst schlägt ihn der Nächste knock out!

In der Schallplattenaufnahme von 1930 auf Electrola[5] wird das Marschlied von Max Schmeling, Kurt Gerron und Hugo Fischer-Köppe gemeinschaftlich vorgetragen. Gerron und Fischer-Köppe singen die Verse und Schmeling deklamiert den Refrain.[6]

Das „Boxerlied“ wurde rasch über den Film hinaus ein Schlager, und noch im gleichen Jahr erschienen cover-Versionen von anderen Künstlern, z. B. von dem Kabarett- und Refrainsänger Robert Koppel, den Theo Mackeben und sein Jazzorchester begleiteten.[7] Es war auf dem Victor-label sogar in USA erhältlich.[8]

Kritik und Nachleben

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Der Kabarettist und Literat Hans Reimann besprach die Platte 1930 in seiner Rubrik in der Kulturzeitschrift “Der Querschnitt” unter der Überschrift „Sport auf Schallplatten“.[9]

Weniger nachsichtig gehen heutige Kritiker mit Schmelings Vortrag und dem „Boxerlied“ um. So findet Volker Kluge 2004 die Musik von Guttmann zwar „ausgezeichnet“, Rotters Text darauf aber „infantil“.[10]

Burkhard Sonnenstuhl attestiert 2007 zwar dem Lied ein Fortleben bis in die heutige Zeit, mag Schmelings Leistung als Refrainsänger – wie bereits Kluge – jedoch nur als „Sprechgesang“ bewerten.[11]

In dieselbe Kerbe schlägt auch der Autor „bat“ in der Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 30 vom 5. Februar 2005: er gesteht Schmeling bei seinem „unbeholfenen und doch souveränen Sprechgesang“, dem er immerhin „skurrilen Reiz“ abgewinnen kann, dabei eine “ungelenke, dadurch nur um so beeindruckenderen Würde” zu.[12]

Wolfgang Wicht schrieb am 14. März 2012 in der Zeitung “Thüringer Allgemeine”: “Max Schmeling, Kurt Gerron und Hugo Fischer-Köppe sangen in dem Film „Liebe im Ring“ von 1930 einen Song mit dem Refrain „Das Herz eines Boxers kennt nur eine Liebe, den Kampf um den Sieg ganz allein“. Das Lied ging in das Kulturgut des deutschen Schlagers ein.”[13]

Dieses Lied wurde inzwischen auch von mehreren Gegenwartskünstlern wieder aufgegriffen, u. a. von der hannoveraner punk band “Abstürzende Brieftauben”,[14] von “K.A.O.H. feat. Max”[15] und von Roger Baptist in seinem Projekt „Rummelsnuff“.[16]

Der deutsche Dramatiker Lutz Hübner nannte noch 1996 sein im Ernst Klett-Verlag erschienenes Jugendtheaterstück nach der Refrainzeile des „Boxerliedes“ von 1930 „Das Herz eines Boxers“.[17]

Hinter dem „Boxerlied“ etwas zurück trat der zweite Tonfilmschlager von Will Meisel, von dem auch die Illustrationsmusik zu „Liebe im Ring“ stammte: es war ein Tango mit dem Titel »Heute tanz' ich nur mit dir«, dessen Worte Kurt Schwabach dichtete[18] und der nicht den Bekanntheitsgrad des Boxerliedes erreichte.

Tondokumente (Beispiele)

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  • Electrola E.G.1765 (mx. BLR 6054-I) Boxerlied aus dem Terra-Tonfilm “Liebe im Ring” (Guttmann – Rotter) Max Schmeling, Hugo Fischer-Koeppe und Kurt Gerron, mit Orchester, Leitung Clemens Schmalstich, aufgenommen 13. Februar 1930, Berlin Beethovensaal
  • Ultraphon A 379 (mx. 10 701) Boxerlied aus dem Tonfilm “Liebe im Ring” (Guttmann – Rotter) Theo Mackeben mit seinem Jazz-Orchester. Refraingesang: Robert Koppel. Aufgenommen Mitte Februar 1930, Berlin, Studio Wilhelmsaue

Wiederveröffentlichung:

  • Das Herz eines Boxers 7" Single EMI Odeon E 21 775 (45/min) – 1959
  • Schmeling. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. Nr. 30, 4. Februar 2005, S. 37. (faz.net)
  • Berliner Debatte Initial: Zeitschrift für socialwissenschaftlichen Diskurs. Band 17, Verlag Volk & Welt, 2006, S. 94.
  • Sophie Fetthauer: Musikverlage im „Dritten Reich“ und im Exil. (= Musik im „Dritten Reich“ und im Exil. Band 10). von Bockel, Hamburg 2004. (2. Auflage. von Bockel, Hamburg 2007)
  • Gudrun Gloth: Ich dachte, das sei mein Ende...: Gespräche mit Zeitzeugen über ihre Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg. Verlag Langen Mueller Herbig, 2015, ISBN 978-3-7766-8223-6.
  • Adolf Moritz Hofmeister (Hrsg.); Carl Friedrich Whistling: Hofmeisters Handbuch der Musikliteratur. Band 18, Teil 1, 1934, S. 233 zu Guttmann, Artur.
  • Horst Jaedicke: Der gute alte Südfunk: seine Radio- und Fernsehprogramme von 1924 bis zum Sendeschluss 1998. Hohenheim 2005, ISBN 3-89850-126-4, S. 34.
  • Volker Kluge: Max Schmeling: eine Biographie in 15 Runden. Aufbau-Verlag, 2004.
  • Martin Kraus: Vom Vorkämpfer des sportlichen Schlagers. Zu Max Schmelings „Das Herz eines Boxers“ (1930). In: Deutsche Lieder, Bamberger Anthologie. 13. August 2013. (deutschelieder.wordpress.com)
  • N.N. : Max Schmeling – Mehr als das Herz eines Boxers. In: Süddeutsche Zeitung. 19. Mai 2010. (sueddeutsche.de)
  • David Pfeifer: Max Schmeling: Berufsboxer, Propagandafigur, Unternehmer : die Geschichte eines deutschen Idols. Verlag Campus, 2005, ISBN 3-593-37546-X, S. 122 f., 158.
  • Hans Reimann: Sport auf Schallplatten. In: Der Querschnitt. Das Magazin der aktuellen Ewigkeitswerte. Ullstein, Berlin 1930.[19]
  • Daniela Schulz: Wenn die Musik spielt ...: Der deutsche Schlagerfilm der 1950er bis 1970er Jahre. transcript Verlag, 2014, ISBN 978-3-8394-1882-6.
  • Burkhard Sonnenstuhl: Prominente in Berlin-Westend: und ihre Geschichten. Berlin Edition, 2007.
  • Monika Sperr: Das Grosse Schlager-Buch: deutsche Schlager 1800-heute. Verlag Rogner & Bernhard, 1978, ISBN 3-8077-0066-8, S. 105 und 166

Einzelnachweise

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  1. “Liebe im Ring” wurde noch stumm begonnen und auch in stummer Fassung ausgeliefert, jedoch ‘nachgetont’, als der Markt es verlangte. Der Ton wurde nach dem “Aufnahme-Verfahren der Lignose Hörfilm System Breusing auf Artiphon Record” festgehalten (vgl. Jllustrierter Film-Kurier. Nr. 1371, 12. Jahrgang 1930, S. 2); doch wurden nur einzelne Szenen mit Dialogen versehen: es wurde ein part talkie, ein Teiltonfilm.
  2. vgl. IMDb, filmportal.de und Murnau-Stiftung
  3. wiedergegeben bei Deutsche Lieder
  4. eigtl. Armin Lackenbach Robinson, geb. 1900, gest. am 12. Sept. 1985 in Bad Ischl, Österreich, Librettist, Texter, Musikverleger. Vgl. lexm.uni-hamburg.de
  5. E.G.1765 (Matr. BLR 6054-1), aufgen. im Beethoven-Saal zu Berlin Jan./Febr. 1930 ; anzuhören bei YouTube
  6. vgl. Schulz S. 83: „Schmeling ‘spricht’ den Refrain mehr als daß er ihn singt …“
  7. vgl. Aufnahme auf Ultraphon A 379, anzuhören bei YouTube
  8. vgl. Victor V-6071-A (Memento vom 8. September 2015 im Webarchiv archive.today) mit Hinweis recorded in Berlin (Matrizenübernahme von HMV/Electrola)
  9. vgl. Matthias Henke: Milhaud und andere (2013), S. 15–16.
  10. Kluge S. 130, 132 : “...das »Boxerlied« mit einem infantilen Text von Fritz Rotter und einer ausgezeichneten Musik von Artur Guttmann klang hohl … März 1930 in den Berliner »Terra-Lichtspielen« spendete das Publikum lebhaften Beifall. … Das einzige aber, was die Nachwelt noch von dem Film kennt, ist der Song, der von Schmeling in einer Art Sprechgesang vorgetragen wurde.”
  11. vgl. Sonnenstuhl S. 281 : “1930 hatte Max Schmeling sein Filmdebüt mit »Liebe im Ring«. Sein hier im Sprechgesang zelebriertes Lied »Das Herz eines Boxers« ist noch heute gut bekannt.”
  12. auf Seite 37 äußert er: “Mit derselben Ruhe und ungelenken, dadurch nur um so beeindruckenderen Würde absolvierte er alle Narreteien des Unterhaltungsgeschäfts, denen er sich, durchaus geschäftstüchtig, unterzog – belanglose Filme, eine Schallplatte – „Das Herz eines Boxers“ –, die noch heute durch den unbeholfenen und doch souveränen Sprechgesang skurrilen Reiz hat.”
  13. vgl. suhl.thueringer-allgemeine.de
  14. anzuhören bei YouTube
  15. anzuhören bei YouTube
  16. Nr. 10 im Album »Sender Karlshorst« 2010, anzuhören auf YouTube
  17. vgl. Thomas Kraus: Das Herz eines Boxers begeistert in der Rimstinger Werkstatt. In: Chiemgau Zeitung. 10. März 2006. (werkstatt-rimsting.de (Memento vom 11. Oktober 2015 im Internet Archive))
  18. Er ist in einer Aufnahme mit Paul Godwin und seinem Tanzorchester und dem Refrainsänger Leo Monosson auf Grammophon erhalten geblieben, anzuhören auf YouTube
  19. Matthias Henke: Milhaud und andere – Musik im Querschnitt. Sendung in SWR 2, Montag 1. April 2013, 22.03 – 23.00 Uhr. Manuskript bei SWR2Essay S. 15–16 (zitiert Refrain)