Bullaun

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Der Bullaun Lydacan

Bullaun (irisch bullán oder bollán – von englisch bowl; oder französisch bol) ist der irische Name für einen Felsvorsprung, Steinbrocken oder tragbare Steine mit einem oder mehreren runden, von Menschenhand geformten Löchern. Sie werden manchmal als heilige Quellen angesprochen.[1]

Begriff[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ursprünglich bezeichnete ballân oder bullán in Connacht runde Löcher in Felsen, die oft mit Wasser gefüllt waren. Der Begriff bedeutete Trinkgefäß, Milchkanne oder kleines Loch. Frühe Antiquare verwendeten den Begriff lose, sei es für Schälchensteine, sei es für Steinschalen in Megalithgräbern.[2] Im 19. Jahrhundert war der Begriff rock basin, also „Felsschale“, für die heute als Bullauns bezeichneten Gegenstände geläufiger.[3]

Falkiner nahm an, dass Bullauns durch Gletscher entstanden und verweist auf seine diesbezüglichen Beobachtungen im Gletschergarten Luzern.[4]

Corlett weist darauf hin, dass der Begriff Bullaun schlecht definiert ist und fordert eine Unterteilung in verschiedene Varianten, etwa bedrock mortar für Aushöhlungen in gewachsenen Fels und stone mortar für solche in tragbaren Einzelsteinen.[3] Einzelne Bullauns haben auch konische Löcher.[3]

Andere Namensbedeutungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Nach Mills kann Bullaun einen runden Hügel bezeichnen, wie in dem Ortsnamen Ballán in Galway.[5]

Zweck[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bullauns dienten zum Mahlen oder Zermalmen.[6] Aushöhlungen im gewachsenen Fels dienten als Mörser[3] Tragbare Steine mit runden Aushöhlungen können auch zum Zerkleinern von Erz gedient haben[7]. Dies hält Corlett besonders bei Bullauns mit konischen Löchern für wahrscheinlich.[3] Manchmal wird eine Verwendung von Bullauns als Taufbecken angenommen, Ray hält dies aber für unwahrscheinlich.[8] Collins nimmt unter Berufung auf volkskundliche Quellen an, dass einige Bullauns zur Verarbeitung von Stechginster dienten.[9] Auch Farbstoffe könnten hier zerkleinert worden sein.[10] In Schottland wurden bis zum Ende des 19. Jahrhunderts ähnliche Steine als Getreidemörser benutzt.[10]

Datierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bullauns können prinzipiell aus jeder Zeitperiode stammen.[3] Es ist unklar, auf wen die Datierung in die „heidnische Vorzeit“ zurückgeht. Bereits Falkiner lehnt sie als unbelegt ab und nimmt einen natürlichen Ursprung an.[4] Nach dem irischen Sites and Monuments Record datieren Bullauns vorwiegend ins Frühmittelalter, d. h. ins 5. bis 12. Jahrhundert.[10]

Fundstellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im irischen Denkmalregister[11] sind 995 Bullauns verzeichnet, 95 in der nordirischen Liste,[12] darunter sieben zweifelhafte.[2] Besonders zahlreich sind sie in der Provinz Leinster und dort in den Grafschaften Carlow (Busherstown) und Wicklow (Glendalough). In Glendalough selbst gibt es über 30 Bullauns[13]. Im Burren werden sie unter anderem in Erdbefestigungen (caher) gefunden.[14] Die Bullans in der Grafschaft Wicklow befinden sich fast alle im gewachsenen Granitfelsen.[3]

Frühchristliche Periode[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Viele Bullauns wurden in der Nähe von frühchristlichen Kirchen und Klöstern gefunden und wurden daher vielleicht für religiöse Zwecke verwendet.[10]

Ein Bullaun wird daher heute oft als Indiz für eine verschwundene Kirche betrachtet.[15]

Mehrfach-Bullauns[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dreifach-Bullaun von Clonmore, Grafschaft Carlow

Bullauns im gewachsenen Felsen können bis zu sechs Löcher haben.[3]

  • Doppelt-Bullaun in Park, Grafschaft Waterford.[16]
  • St Mobhí, Rusheens, Grafschaft Mayo, Felsen mit drei runden Aushöhlungen in einer Reihe.[17]
  • Dreifach-Bullaun in einem gewachsenen Felsen in Rathdrum.[18]
  • Dreifach-Bullaun in einem länglichen Felsen, Clonmore, County Carlow.
  • Sechsfach Bullaun in Kilbeg.[19]
  • „Ninehole Stone“ (OF017-018), Meelaghan townland, Co. Offaly, Felsen mit 10 Löchern.[10]
  • Der Bullaun im St. Bridget's stone in Termon bei Blacklion, Kirchspiel von Killinagh in der Grafschaft Cavan hat neun runde Löcher mit Steinen darin, er wurde als Fluchstein verwendet.[20]

Einzelbeispiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Killina westlich von Tullamore in der Grafschaft Offaly liegen nahe beieinander eine Heilige Quelle, ein Mass Rock und ein Bullaun. Bei der Kirche von Toureen Peacaun in der Grafschaft Tipperary umschließt der niedrige Steinkreis Beakan’s Cell mit vier Metern Durchmesser zwei Bullauns. Der größere ist unregelmäßig und scheint nicht zum Mahlen genutzt worden zu sein. Vor dem aufrechten Saint Brigid's Stone im County Laois liegt ein „Kneeling stone“, auf dem gekniet und gebetet wurde, bevor der Stein geküsst wurde.

Verbreitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bullauns gibt es auch in England, Cornwall, Wales und Schottland, Frankreich (pierres à bassin[21] oder pierre à cupule) und Litauen bei Zarasai (Akmuo su debeniu, Šilalės Aukuro akmuo, Lūžų akmuo su dubeniu).

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Celeste Ray: The Origins of Ireland’s Holy Wells. Archaeopress, Oxford 2014, ISBN 1-78491-044-9, S. 65.
  2. a b Brian Dolan: ‘Mysterious waifs of time‘: some thoughts on the functions of Irish bullaun stones. In: The Journal of the Royal Society of Antiquaries of Ireland. Band 142/143, 2012/2013, S. 42–58, hier S. 42, JSTOR:24892509.
  3. a b c d e f g h Chris Corlett: Life is a Grind. In: Archaeology Ireland. Band 23, Nummer 2, 2009, S. 32–33, JSTOR:20617992.
  4. a b William F. Falkiner: Bullaun. In: The Journal of the Royal Society of Antiquaries of Ireland. Series 5, Band 16 = Band 36, Nummer 4, 1906, S. 420–421, JSTOR:25507561.
  5. Bullaun. In: Anthony D. Mills: A Dictionary of British Place Names. Revised edition. Oxford University Press, Oxford 2011, ISBN 978-0-19-960908-6.
  6. „could have served any number of functions related to crushing or grinding“. Chris Corlett: Life is a Grind. In: Archaeology Ireland. Band 23, Nummer 2, 2009, S. 32–33, JSTOR:20617992.
  7. Vgl. Brian Dolan: ‘Mysterious waifs of time‘: some thoughts on the functions of Irish bullaun stones. In: The Journal of the Royal Society of Antiquaries of Ireland. Band 142/143, 2012/2013, S. 42–58, JSTOR:24892509.
  8. Celeste Ray: The Origins of Ireland’s Holy Wells. Archaeopress, Oxford 2014, ISBN 1-78491-044-9, S. 91.
  9. J. F. Collins: Bullauns – relict agricultural processing utensils? In: Archaeology Ireland. Band 27, Nummer 3, 2013, S. 9–11, JSTOR:41982494.
  10. a b c d e Matt Kelleher, Caimin O’Brien: Between a Rock and a Hard Place. In: Archaeology Ireland. Band 22, Nummer 3, 2008, S. 8–9, hier S. 9, JSTOR:20617926.
  11. National Monuments Database.
  12. Northern Ireland Sites and Monuments Record.
  13. Liam Price: Rock-Basins, or „Bullauns“, at Glendalough and elsewhere. In: The Journal of the Royal Society of Antiquaries of Ireland. Band 89, Nummer 2, 1959, S. 161–188, JSTOR:25509363.
  14. Thomas J. Westropp: Prehistoric Remains in the Burren, County Clare (Carran, and Kilcorney). In: The Journal of the Royal Society of Antiquaries of Ireland. Series 5, Band 8 = Band 28, Nummer 4, 1898, S. 352–366, hier S. 355, JSTOR:25508557.
  15. Seán Duffy (Hrsg.): Medieval Ireland. An Encyclopedia (= Routledge Encyclopedias of the Middle Ages. 10). Routledge, New York NY u. a. 2005, ISBN 0-415-94052-4, S. 253.
  16. P. Lyons: Double-Bullaun at Park, Parish of Rathgormuck, Co. Waterford. In: The Journal of the Royal Society of Antiquaries of Ireland. Band 78, Nummer 2, 1948, S. 178, JSTOR:25510661.
  17. Celeste Ray: The Origins of Ireland’s Holy Wells. Archaeopress, Oxford 2014, ISBN 1-78491-044-9, Abb. 11.
  18. Bullaun-Stone at Rathdrum. In: The Journal of the Royal Society of Antiquaries of Ireland. Series 6, Band 3 = Band 43, Nummer 2, 1913, S. 170, JSTOR:25517383.
  19. David McGuinness, Markus Redmond: Two Bullaun Stones in Kilbeg Townland, County Wicklow. In: The Journal of the Royal Society of Antiquaries of Ireland. Band 125, 1995, S. 129–131, JSTOR:25549793.
  20. Liam Price: Rock-Basins, or „Bullauns“, at Glendalough and elsewhere. In: The Journal of the Royal Society of Antiquaries of Ireland. Band 89, Nummer 2, 1959, S. 161–188, hier S. 166, JSTOR:25509363.
  21. Roger Mathieu: Le mystère des pierres à bassins. Éditions Per Lous Chamis, Yssingeaux 1984.