Charité-Kirche

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Charité-Kirche, ca. 1902
Entwurfszeichnung 1901, Nord-Ansicht
Kapelle (markiert) auf dem Straube-Plan 1910
Kapelle (Nr. 11, links unten) auf einem Lageplan der Charité, 1900

Die Charité-Kirche war seit 1901 die Krankenhauskapelle der Charité in Berlin, sie stand an der Luisenstraße in der Friedrich-Wilhelm-Stadt. Nach teilweiser Zerstörung durch Bombentreffer 1943 wurde sie 1962 abgerissen.

Geschichte und Bauwerk

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Bereits die Keimzelle der Charité, das 1709 gegründete Pesthaus, verfügte über eine Stelle für einen (evangelischen) Prediger.[1] Mit seiner Umwandlung in die Charité im Jahr 1727 wurden eine evangelisch-lutherische sowie 1739 eine evangelisch-reformierte Pfarrstelle geschaffen.[2] Als wohl bekanntester evangelisch-reformierter Prediger wirkte Friedrich Schleiermacher hier von 1796 bis 1802. Gottesdienste fanden anfangs in den Anstaltsgebäuden sowie im Speisesaal statt.[3]

Während des umfangreichen Ausbaus der Charité ab 1896 wurde dann ein erster eigenständiger Kapellenbau an der Ecke Schumannstraße / Luisenstraße errichtet. Die 1900–1901 nach einem Entwurf als Kapelle der Königlichen Charité zu Berlin[4] von Georg Diestel und Joseph Redlich[2] erbaute Kapelle wurde am 3. September 1901 mit einem Festgottesdienst eingeweiht,[5] die Baukosten lagen bei 75.000 Mark, eine vergleichbar geringe Summe.[1]

Die auf 240 Personen ausgelegte Anstaltskapelle war mit Klinkern verblendet, die von Harold Bengen[2] gestalteten Farbverglasungen der Chorfenster zeigten Szenen aus dem Neuen Testament[1]. Sie war einschiffig mit einem Kreuzrippengewölbe, die Wände selbst waren schmucklos.[1]

In der Kapelle waren anfangs drei von der Charité bezahlte evangelische Seelsorger tätig. Die katholische Seelsorge übernahm ein Geistlicher der nahegelegenen Domgemeinde St. Hedwig, bis 1913 eine weitere Stelle für einen katholischen Seelsorger eingerichtet wurde. Dessen Gottesdienste sollten zunächst in der dafür umzubauenden Begräbniskapelle der Pathologie stattfinden, man einigte jedoch stattdessen auf eine gemeinsame Nutzung der bestehenden Kapelle. Zu den Aufgaben der Geistlichen zählten neben Gottesdiensten der Besuch von Kranken, die Durchführung von Betstunden, die Krankensalbung, die Taufe von Neugeborenen und auch Trauungen.[1]

Während des Zweiten Weltkriegs zerstörten schwere Bombentreffer im Jahr 1943 unter anderem das Dach der Kapelle. Für die Gottesdienste wurde daher zunächst auf Hörsäle der Charité ausgewichen, die Kirche selbst verfiel zunehmend. Freiwerdende Predigerstellen wurden nicht mehr nachbesetzt, 1949 wurde der letzte Geistliche im Zuge von Sparmaßnahmen gekündigt.[1]

Ebenso wie die Charité-Kapelle war auch die nahgelegene Philippus-Apostel-Kirche im Krieg schwer beschädigt worden. Während Anfang der 1950er-Jahre noch der Wiederaufbau beider Kirchen geplant war, schlug das Konsistorium angesichts der stärkeren Zerstörung der Philippus-Apostel-Kirche vor, die Charité-Kapelle wiederaufzubauen und zugleich als Krankenhaus- wie auch als Gemeindekirche der Philippus-Apostel-Gemeinde und einer katholischen Gemeinde zu nutzen.[1] In diesem Sinn schlossen 1954 die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg und die Universität einen Nutzungsvertrag bis 1974 ab, es gelang jedoch nicht, von der Stadt eine Baugenehmigung für die Instandsetzungsarbeiten zu bekommen. Bereits ein Jahr später wurde der eigentlich nicht kündbare Pachtvertrag durch die Universität gekündigt, woraufhin die Kirche einen Rechtsstreit begann.[6]

Die Pläne zur städtebaulichen Neugestaltung des Berliner Zentrums ab 1958 sahen vor, dass das Gebiet um die Charité „ein reines Forschungsgebiet“ werden solle.[1] Daher wurde die Charité-Kapelle 1962 abgerissen, auch der Rechtsstreit um den Pachtvertrag endete damit.[6] Das Gelände sollte für eine Erweiterung der Polikliniken verwendet werden, zu der es jedoch nicht kam. Zeitweise wurde das Areal als Tennisplatz genutzt, heute ist es ein Teil der Grünanlage hinter dem Verwaltungsgebäude.[1]

Anfang der 1990er-Jahre wurde nach dem Ende der DDR an der Charité in Mitte mit der Wiedereinführung einer kirchlichen Krankenseelsorge ein Gottesdienstraum im Bettenhaus der Charité eingerichtet.[3][2] Ein eigenständiger Kirchenbau existiert dort heute nicht mehr, stattdessen stehen der christlichen Seelsorge zwei konfessionell ungebundene „Räume der Stille“ zur Verfügung. Die 1995 bzw. 2003 der Charité angeschlossenen, zuvor selbstständigen Häuser Campus Virchow-Klinikum in Berlin-Wedding und Campus Benjamin Franklin in Berlin-Steglitz verfügen über eigene Kapellen.[7]

Commons: Kapelle der Charité Berlin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i Volker Hess: Die Charité in Berlin. Fotografien um 1910. Berlin Edition im Be.bra Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-8148-0177-3, S. 104–106 (cloudfront.net [PDF]).
  2. a b c d Charité-Kirche. In: Berliner Bezirkslexikon, Mitte. 7. Oktober 2009, abgerufen am 20. August 2024.
  3. a b Kapelle der Charité: # Verlorene Kirchen. In: churchdesk.com. 2. Oktober 2017, abgerufen am 20. August 2024.
  4. https://architekturmuseum.ub.tu-berlin.de/index.php?p=79&POS=1
  5. An einem 3. September. In: Zur Stadtgeschichte Berlins - Berliner Ereignisse aus acht Jahrhunderten Tag für Tag. Historischer Informationsdienst Berlin beim Luisenstädtischen Bildungsverein e.V., abgerufen am 23. August 2024.
  6. a b Peter Voswinckel, M. Freund, Diana Lüftner, Martin Wilhelm, Hugo Döblin: Erinnerungsort Krebsbaracke: Klarstellungen um das erste interdisziplinäre Krebsforschungsinstitut in Deutschland (Berlin, Charité): mit Erstveröffentlichung eines Theaterstücks von Hugo Döblin "Goliath erschlägt David" (1935). DGHO, Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie, Berlin 2014, ISBN 978-3-9816354-2-3, S. 106.
  7. Seelsorge in der Charité: Kapellen und Raum der Stille an den drei Charité-Standorten. In: charite.de. Abgerufen am 14. Juli 2024.

Koordinaten: 52° 31′ 29,6″ N, 13° 22′ 44″ O