Constantin Canaris

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Constantin Canaris, auch als Konstantin Canaris bezeichnet, (* 8. November 1906 in Duisburg; † 29. Dezember 1983) war ein deutscher Jurist, Gestapobeamter und SS-Führer.

Leben

Constantin Canaris war der Neffe von Admiral Wilhelm Canaris.[1] Nach dem Schulbesuch studierte Canaris Rechtswissenschaften und promovierte 1932 an der Universität zu Köln mit der Dissertation Der Elektrizitätslieferungsvertrag zum Dr. jur.

Canaris trat der NSDAP (Mitgliedsnr. 1.032.858) und der SS (SS-Nr. 280.262) bei.[2] In der SS wurde Canaris 1942 zum SS-Standartenführer befördert.[1]

Nach dem 1935 bestandenen Assessorexamen war Canaris im Geheimen Staatspolizeiamt in Berlin tätig. 1936 wurde er mit der Leitung der Staatspolizeistelle Liegnitz betraut.[3]

Von November 1940 bis 26. November 1941 war Canaris Beauftragter des Befehlshabers der Sicherheitspolizei und des SD (BdS) in Brüssel.[4] In dieser Funktion war er für die Einweisungen in das Auffanglager Breendonk verantwortlich.[5]

Von November 1941 bis Februar 1944 war er Inspekteur der Sicherheitspolizei und des SD in Königsberg und in Personalunion Leiter der Staatspolizeileitstelle Königsberg.[3] In dieser Funktion unterstand ihm auch das Arbeitserziehungslager Soldau, in dem tausende Häftlinge starben.[1]

Vom 1. Februar 1944 bis 15. September 1944 war er wieder Beauftragter des Befehlshabers der Sicherheitspolizei und des SD in Brüssel.[4] Canaris, der als Standartenführer auch bis zum Oberst der Polizei befördert wurde, wurde im September 1944 nach Berlin beordert und von dort nach Kroatien versetzt.[6]

Nach Kriegsende befand sich Canaris in alliierter Internierung und sagte mehrfach vor britischen Vernehmern aus. Später wurde er in Belgien vor Gericht gestellt. Canaris musste sich dort für die Mitverantwortung von Verschleppungen, Geiselmorden und Misshandlungen von Häftlingen im Auffanglager Breendonk verantworten. Canaris berief sich auf Befehlsnotstand und darauf, dass er durch die Lagerleiter über die wahren Umstände in Breendonk getäuscht worden sei.[7] Canaris wurde zu zwanzig Jahren Zuchthaus verurteilt. Das Urteil wurde am 23. August 1951 rechtskräftig, da weder Verteidigung noch Staatsanwaltschaft dagegen Berufung einlegten.[8] Canaris wurde 1952 aus der Haft entlassen.[7] Danach arbeitete Canaris bei den Henkel-Werken in Düsseldorf.[1] Wegen der Judendeportationen aus Belgien wurde seit den 1960er Jahren durch die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen ermittelt. Nach Übergabe der Vorermittlungsergebnisse übernahm die Staatsanwaltschaft Kiel die Ermittlungen. Im Februar 1975 wurde Anklage gegen Constantin Canaris, seinen ehemaligen Vorgesetzten Ernst Ehlers sowie Kurt Asche erhoben. Eine Beschwerde der Angeklagten beim Bundesverfassungsgericht gegen die Eröffnung eines Gerichtsverfahrens wegen Verletzung ihrer Grundrechte wurde abgelehnt. Am 26. November 1980 begann vor dem Landgericht Kiel die Hauptverhandlung. Ehlers hatte kurz zuvor Suizid begangen und Canaris schied wegen Verhandlungsunfähigkeit aus dem Verfahren aus. Lediglich Asche wurde wegen Beihilfe zum Mord zu sieben Jahren Haft verurteilt.[9]

Canaris war mit Ilse Krenzer (1909–2003) verheiratet. Aus der Ehe gingen unter anderem die Söhne Claus-Wilhelm und Volker Canaris hervor.

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b c d Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt am Main 2007, S. 90
  2. Constantin Canaris auf www.dws-xip.pl
  3. a b Christian Tilitzki: Alltag in Ostpreußen 1940–1945. Die geheimen Lageberichte der Königsberger Justiz. Sonderausgabe. Flechsig, Würzburg 2003, ISBN 3-88189-481-0, S. 56
  4. a b Wolfram Weber: Die innere Sicherheit im besetzten Belgien und Nordfrankreich 1940–44, Droste-Verlag, Düsseldorf 1978, S. 40
  5. Wolfgang Benz, Barbara Distel: Terror im Westen – nationalsozialistische Lager in den Niederlanden, Belgien und Luxemburg 1940–1945. Reihe Geschichte der Konzentrationslager 1933–1945; Bd. 5 Metropol Verlag: Berlin 2004, S. 27
  6. Michael Mueller: Canaris – Hitlers Abwehrschef. Propyläen, Berlin 2006, ISBN 978-3-549-07202-8, S. 520.
  7. a b NS-Prozesse – Zur Maschine gemacht. In: Der Spiegel Ausgabe 12/1980, S. 85-89. Abgerufen auf Spiegel Online am 17. März 2012
  8. www.chroniknet.de
  9. Kerstin Freudiger: Die juristische Aufarbeitung von NS-Verbrechen, Tübingen 2002, S. 203.