Die Geschichte von Kalif Storch

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Szenen aus dem Märchen (Buchillustration, ca. 1850)

Die Geschichte von Kalif Storch ist ein Kunstmärchen Wilhelm Hauffs aus dem Märchen-Almanach auf das Jahr 1826: Der Zauberer Kaschnur verwandelt den Kalifen Chasid in einen Storch. Dieser erringt am Ende seine menschliche Gestalt und seine Macht wieder und rächt sich am Zauberer. Es ist das erste Märchen in der Rahmenerzählung „Die Karawane“. Die weiteren Beiträge sind: Die Geschichte von dem Gespensterschiff, Die Geschichte von der abgehauenen Hand, Die Errettung Fatmes, Die Geschichte von dem kleinen Muck und Das Märchen vom falschen Prinzen.

Das Märchen

Zusammenfassung

Lesung des Märchens, LibriVox 2008

Der Kalif Chasid zu Bagdad und sein Großwesir Mansor kaufen von einem Krämer ein Pulver, mit dem sie sich in Tiere verwandeln und deren Stimmen verstehen können. Allerdings verstoßen die beiden gegen die Auflage, nicht lachen zu dürfen. Sie müssen Störche bleiben, weil sie durch das Lachen den Zauberspruch vergessen haben, der sie wieder in Menschen zurückverwandelt hätte: „mutabor“ (lat. „ich werde mich verwandeln“). Der Kalif bemerkt dann, dass sie auf seinen alten Feind, den Zauberer Kaschnur, hereingefallen sind, als dessen Sohn die Herrschaft des Kalifen unter dem Vorwand übernimmt, dass dieser gestorben sei. Daraufhin begeben die zwei sich auf eine Reise, auf der sie die Eule Lusa kennenlernen und sich mit ihr verbünden. Diese gibt sich als eine ebenfalls vom Zauberer verwunschene Prinzessin zu erkennen, die nur durch eine Heiratserklärung wieder in ihre menschliche Gestalt zurückverwandelt werden könne. Unter der Voraussetzung, dass einer der beiden – trotz ihrer Gestalt als hässliche Eule – um ihre Hand anhalten muss, zeigt sie den beiden den geheimen Treffpunkt des Zauberers und seiner Verbündeten. Dort berichten die Anwesenden von ihren Untaten, und die beiden Störche können das benötigte Zauberwort aufschnappen, ohne bemerkt zu werden. Endlich zurückverwandelt kehren der Kalif und seine zwei Begleiter nach Bagdad zurück, wo der amtierende Sohn des Zauberers vom Thron gestürzt und nun seinerseits in einen Storch verzaubert wird. Der Zauberer wird erhängt, und Chasid ist wieder Kalif von Bagdad. Die schöne Lusa bleibt an seiner Seite.

Interpretation

Die Verwandlung in Tiere geschieht nur oberflächlich, da die Personen ihr altes Bewusstsein behalten: Kalif und Wesir lachen über die „dummen Tiere“, und die Prinzessin vergießt Tränen über ihre Eulengestalt. Anders als ein Verzauberter im Volksmärchen muss der Kalif mit dem Heiratsantrag an die Eule erst seinen Hochmut ablegen.[1]

Das zentrale Verwandlungsmotiv entlieh Hauff aus dem Märchen "Der König Papagei" aus der Märchensammlung 1001 Nacht, ist aber purifiziert, ohne den schurkischen Wesir.[2]

Einordnung in die Rahmenerzählung

Es ist das erste Märchen in der Rahmenerzählung Die Karawane in Hauffs Märchen-Almanach auf das Jahr 1826: Eine Karawane von Kaufleuten zieht durch die Wüste, immer in Furcht vor dem berüchtigten Räuberhauptmann Orbasan. Ein Reiter, der sich als Selim Baruch, Neffe des Großwesirs von Bagdad ausgibt, stößt zu ihnen. Er sei vor Kurzem aus der Gewalt einer Räuberbande entkommen und bittet, sich anschließen zu dürfen. Dies wird ihm gerne gestattet, umsomehr als er durch ein mysteriöses Zeichen eine Räuberbande vom Angriff abhalten konnte. Er schlägt vor, sich einander als Mittel gegen die Eintönigkeit Geschichten zu erzählen. Er selbst beginnt mit der Geschichte von Kalif Storch.[3] Nach dem Ende der Reise spricht der Fremde allein mit dem ältesten Kaufmann und erklärt den tatsächlichen Grund seiner Mitreise: Er habe ihm vor langer Zeit die Strafe für ein schweres Verbrechen aufgebürdet und bitte um Vergebung. Er sei der Räuber Orbasan.[4]

Adaptionen

Theaterstück

Singspiel

  • Joseph Gabriel Rheinberger (1839–1901) komponierte 1888 auf ein Libretto mit einer freien Adaption des Kunstmärchens durch seine Ehefrau Fanny von Hoffnaaß ein Singspiel "für die jugendliche Welt" op. 153, das als Miniatur-Kinderoper der ersten Stunde gelten darf. Mit insgesamt 5 Solorollen, einigen Sprechrollen, sowie einem bis zur Dreistimmigkeit reichenden Diskantchor verhilft er dem Märchen zur Musiktheaterbühne. Arien, Duette, Terzette und Ensembles sowie eine üppige, mit Orientalismen gespickte Ouverture und zahlreiche instrumentale Zwischenspiele werden von einem vierhändig besetzten Klavier dargestellt.
  • Der Kapellmeister und Konzertpädagoge Thomas Honickel hat das Werk 2006 für Kammerorchester bearbeitet, seither mehrfach mit den Duisburger Philharmonikern, dem Beethoven Orchester Bonn und anderen Orchestern aufgeführt, zuletzt 2015 mit dem KlangHeldenChor vom Oldenburgisches Staatstheater. Mit diesem erfolgte auch die CD-Einspielung des Werkes.
Commons: Die Geschichte von Kalif Storch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Aktuelle Ausgaben

Einzelnachweise

  1. Walter Schmitz: „Mutabor“. Alterität und Lebenswechsel in den Märchen von Wilhelm Hauff., S. 81f. in: Wolfgang Bunzel (Ed.) et al.: Schnittpunkt Romantik: Text- und Quellenstudien zur Literatur des 19. Jahrhunderts. Festschrift für Sibylle von Steinsdorff ISBN 978-3484107533
  2. Wührl, Paul-Wolfgang: Das deutsche Kunstmärchen Geschichte, Botschaft und Erzählstrukturen, Schneider Verlag, Hohengehren, 2012, S. 191
  3. Wilhelm Hauff: Mährchen für Söhne und Töchter gebildeter Stände. Stuttgart: Rieger'sche Verlagsbuchhandlung 1869 S. 11 bis 14
  4. Wilhelm Hauff: Mährchen für Söhne und Töchter gebildeter Stände. Stuttgart: Rieger'sche Verlagsbuchhandlung 1869 S. 124 bis 130
  5. Kalif Storch auf klausuweludwig.de