Diskussion:Gleichheit (Mathematik)

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Letzter Kommentar: vor 1 Jahr von Daniel5Ko in Abschnitt Gleichheit in der Mengenlehre
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Gleichheit von Termen[Quelltext bearbeiten]

Terme sind in der Logik nach definierten Regeln aufgebaute Zeichenketten. bedeutet demnach die Gleicheit von Zeichenketten und eine Ersetzung ist uninteressant. Was hier gemeint ist, dass ein Kontext bzgl. einer gewissen Modellklasse vorliegt (z.B. reelle Zahlen oder alle Körper oder alle Gruppen oder ...) und dass die Terme s und t unter jeder Interpretation in dieser Modellklasse gleiche Werte annehmen. Die Gleichheit der Wahrheitswerte der Aussage vor und nach Ersetzung des Terms ist dann richtig, die entsprechende Behauptung über Terme eine Tautologie. So ist es nicht ganz richtig.--FerdiBf (Diskussion) 09:56, 16. Jul. 2017 (CEST)Beantworten

Das würde heißen: Jede Formel der Gestalt s = t macht immer nur eine Aussage über Zeichenketten und ist daher notwendig falsch, wenn s und t nicht dieselbe Zeichenkette sind. Das sehe ich nicht so. Vielmehr wird für jede Struktur, deren es für die zugrundeliegende Sprache viele gibt, neu festgelegt, was mit s und was mit t gemeint ist, woraus sich ergibt, ob s = t in dieser Struktur wahr ist. (Bis an diese Stelle braucht man keine Theorie, die Modelle hat, sondern es genügt eine Sprache, zu der es Strukturen gibt.)
Aber vielleicht habe ich die Kritik bloß nicht verstanden; dann bitte ich um Aufklärung. --Lantani (Diskussion) 23:03, 16. Jul. 2017 (CEST)Beantworten
Die Struktur ist genau der Punkt, übrigens: die Strukturen sind die Modelle. Wenn eine Struktur (ein Modell) vorliegt, dann arbeitest Du in einer Interpretation der Formeln (siehe Artikel Prädikatenlogik erster Stufe). Es sind dann nicht Terme gleich, sondern Interpretationen dieser Terme (bei vorliegender Struktur, durch diese wird festgelegt, was mit s und was mit t gemeint ist, wie Du oben richtig feststelltst). Eine Formel wie gilt in den reellen Zahlen (natürlichen Zahlen, kommutativen Gruppen, ...), x und y sind dann als reelle Zahlen interpretiert. In anderen Interpretationen wird das falsch (nicht-kommutative Gruppen, Matrizenmultiplikation, ...). Deshalb ist eine "Termumformung", wie man sie in der Schule kennenlernt, immer nur im Kontext einer gewissen Modellklasse richtig (in diesem Fall nur in Strukturen, in denen das Kommutativgesetz gilt), in der Schule ist das in der Regel der angeordnete Körper der reellen Zahlen. Man trifft dann keine Aussagen über Terme sondern über reelle Zahlen. Ja, in der Logik sind Terme nichts weiter als wohlgeformte Zeichenketten. Es ist mehr als ein Streit um Worte: nenne mir eine "Termgleichheit", und ich nenne Dir ein Modell, in dem diese falsch ist.--FerdiBf (Diskussion) 22:26, 17. Jul. 2017 (CEST)Beantworten

Ich sehe keine Diskrepanz zwischen FerdiBf und mir in der Sache, wohl aber in der Terminologie, und ich mache die unterschiedliche Terminologie für die Missverständnisse verantwortlich. Insbesondere stimme ich mit der Analyse über die Bedeutung von vollständig überein. Ich habe nie behauptet, dass diese Formel etwa allgemeingültig sei und daher nicht mit Gegenbeispielen widerlegt werden kann. Um das darzustellen, werde ich die Diskussion über die Formel als Beispiel in der mir vertrauten Ausdrucksweise führen und dann die Unterschiede in der Terminologie aufführen, die zu den Missverständnissen geführt haben.

Die Sprache sei die der Prädikatenlogik erster Stufe und enthalte eine zweistellige Operation, die durch Nebeneinanderstellen der beiden Argumente oder durch den Operator notiert wird. Wir können die Sprache durch Regeln definieren wie die, mit denen üblicherweise 0- bis mehrstellige Funktionen und Prädikate sowie Junktoren und Quantoren syntaktisch in die Sprache eingefügt werden. Die schenke ich mir jetzt bis auf die paar, die wir für brauchen, nämlich:

  • Eine freie Variable ist ein Term.
  • Sind und Terme, so ist auch ein Term; dabei dürfen Klammern um einzelne Variable oder Konstante (= 0-stellige Funktionen) weggelassen werden.
  • Sind und Terme, so ist eine Formel.

Damit ist eine Formel, aufgebaut aus den beiden Termen und und dem Gleichheitszeichen. Der Term ist aus den Teiltermen und aufgebaut, die ihrerseits Terme sind, weil sie freie Variable sind. (Ich habe hier angenommen, dass die Zeichen und freie Variable darstellen sollen und nicht Terme beliebigen Aufbaus.)

Eine Struktur für ist ein Paar aus einer Menge und einer zweistelligen Funktion auf , ganz egal, ob letztere irgendwelchen Regeln genügt und, wenn ja, welchen. Damit allein – keine nichtlogischen Axiome weit und breit, daher keine Theorie und keine Modelle – ist durch die bekannten Interpretationsregeln definiert, ob in einer Struktur bei gegebenem die Formel wahr oder falsch ist. In manchen Strukturen mag sie allgemeingültig, d.h. für alle wahr sein, aber das können wir nicht wissen.

Das alles ist natürlich uninteressant, solange wir über die Klasse der in Frage kommenden Strukturen nichts wissen. Um die einzugrenzen, können wir Axiome festlegen (damit eine Theorie, z.B. die der Halbgruppen) und nur noch diejenigen Strukturen betrachten, in denen die Axiome allgemeingültig sind (die Modelle der Theorie). Und dann kann sich herausstellen, dass in allen Modellen einer Theorie die Formel allgemeingültig ist. (Gar nicht so einfach, eine Theorie zu finden, wo das zutrifft, ohne dass ein Axiom oder anderweitig trivial ist. Geht aber.) – Ende dieses Beispiels

Die verwendete Terminologie (die ich mir ja nicht ausgedacht habe, sondern die man auch in Büchern findet) unterscheidet sich von der im Artikel Prädikatenlogik erster Stufe (PrLog1St) in folgender Weise:

  1. Im Artikel PrLog1St wird zwischen der objektsprachlichen Gleichheit und der metasprachlichen Gleichheit unterschieden. Das ist konzeptionell natürlich richtig, aber in dieser Form ungewöhnlich und nach meinem Geschmack auch irreführend: Wer schreibt denn algebraische Axiome wie die der Gruppentheorie mit statt ? Ist es nicht eigenartig, eine Abschnittsüberschrift Gleichheit zu nennen, für die dort diskutierte Gleichheit aber das Gleichheitszeichen nicht zu verwenden? Und sieht nicht stärker aus als , obwohl es doch schwächer ist: was textuell übereinstimmt (), ist auch gleich (), aber nicht umgekehrt. Und vollends in diesem Artikel hier, wo in den ersten paar Worten das Gleichheitszeichen für die objektsprachliche Gleichheit eingeführt wird, kann man ihm nicht plötzlich eine andere Bedeutung verpassen, die dann noch dazu gar nicht gebraucht wird.
  2. Im Artikel PrLog1St wird statt Formel das Wort Ausdruck verwendet. Hierfür ist es mir gelungen, wenigstens ein Buch zu finden, wo das vorkommt, als Synonym von Formel. Ein unglückliches Wort, weil man sonst unter einem Ausdruck einen Term versteht und nicht eine Formel, also etwas, das nach Interpretation ein Element der Trägermenge bezeichnet und nicht einen Wahrheitswert.
  3. Im Artikel PrLog1St werden Sequenzen im Gentzen-Stil verwendet und nicht Herleitungen im Hilbert-Stil. Ich hoffe, wir müssen, um Gleichheit zu erklären, nicht so tief einsteigen, dass das einen Unterschied macht.

Die von FerdiBf inkriminierten Zeilen über Termersetzung sagen auch gar nichts über die Allgemeingültigkeit irgendwelcher Formeln aus. Vielmehr sagen sie lediglich aus, dass, falls wir schon wissen, dass zwei Terme und in einer Struktur gleich sind, man überall durch ersetzen kann, ohne dass sich am Wahrheitswert einer Formel oder an der Gleichheit von Termen etwas ändert. Sie haben die Gestalt eines Axiomenschemas über Gleichheit (zusammen mit dem nicht genannten Axiomenschema für alle Terme – oder einfacher und auch ausreichend, das Axiom ). Aber hier sollte es ja gar nicht um Herleitbarkeit gehen, sondern um die durch die Termersetzung unveränderte Gültigkeit. Der Satz sollte solche Axiome, die später weiter hinten im Text erwähnt werden sollen, nahelegen und nicht ihre Anwendung zeigen. Es sollte deutlich werden, warum die Algebraiker des Altertums solche Termersetzungen vornahmen und nicht wie.

Fazit: Ich halte den jetzigen Artikel in dieser Hinsicht nicht für falsch, so dass man ihn sofort ändern müsste. Er ist aber verbesserungsfähig insofern, dass einige Begriffe nicht vorausgesetzt werden können und der Leser möglicherweise irreführende Assoziationen bekommt. Folgendes wäre zu tun:

  1. Ich möchte dabei bleiben, dass das Gleichheitszeichen das bedeutet, was es sonst in der Mathematik bedeutet, nämlich Gleichheit von Termen hinsichtlich der Objekte, die sie bezeichnen und nicht hinsichtlich ihrer Textgestalt, sprich: es steht für objektsprachliche Gleichheit, die extensional aufgefasst wird.
  2. Der Eindruck, dass es sich um im passenden Kontext allgemeingültige Formeln handelt (wie etwa die aus einer Formelsammlung), sollte vermieden werden. Deswegen sollte auch das Wort Formel nicht ohne Erläuterung benutzt werden.
  3. Dem Eindruck, dass es immer um Zahlen oder um Ausdrücke mit Zahlen geht, sollte man entgegentreten. Der wird zwar nicht erweckt, aber der nicht mathematisch gebildete Durchschnittsleser denkt mesit an Rechnen mit Zahlen und Variablen, und die antiken Algebraiker zu zitieren, bestärkt ihn darin.
  4. Die Frage, was Gleichheit ist (der modelltheoretische, semantische Teil) sollte noch sauberer davon getrennt werden, wie man sie beweist (der beweistheoretische, syntaktische Teil). Das ist schwierig, weil es nirgends in der WP gut steht, hier aber nicht am willkürlichen Beispiel „Gleichheit“ vorexerziert werden soll. (Der Artikel PrLog2St geht in die Richtung, erklärt aber nur, wie man es macht, nicht was man macht und warum.)
  5. Der Einleitungsabschnitt sollte besser ohne Formalismus auskommen, ohne deswegen an Klarheit zu verlieren. Mal sehen.

Ich habe nicht die Zeit, ständig daran zu arbeiten und bitte deshalb um etwas Geduld. Dieser Artikel steht aber oben auf meiner Prioritätenliste, soweit ich überhaupt Zeit für die WP habe. --Lantani (Diskussion) 12:34, 25. Jul. 2017 (CEST)Beantworten

Du schreibst oben ganz richtig ... dass zwei Terme s und t in einer Struktur gleich sind... . Genau auf diesen Zusatz "in einer Struktur" kommt es mir an. Ich bin überzeugt davon, dass wir hier dasselbe Verständnis haben, aber die Formulierung im Artikeltext macht das meiner Meinung nach noch nicht ausreichend deutlich. Ich habe nicht von falsch gesprochen und die geforderte Geduld werde ich aufbringen.--FerdiBf (Diskussion) 20:35, 25. Jul. 2017 (CEST)Beantworten

Gleichheit in der Mengenlehre[Quelltext bearbeiten]

Nach dem heute üblichem Aufbau der Mathematik ist Gleichheit immer Gleichheit von Mengen, und das ist definiert über die in ihnen enthaltenen Elemente. Dass hier tatsächlich Gleichheit vorliegt, steckt in der Mengenaxiomatik, siehe Extensionalitätsaxiom. Das fehlt leider völlig.--FerdiBf (Diskussion) 09:59, 16. Jul. 2017 (CEST)Beantworten

Es ist schon spät, aber ich will doch eine erste Antwort geben. Hoffentlich wird es zu so später Stunde nicht allzu großer Mist.
Bei dem Versuch, da etwas nicht Falsches, aber doch Allgemeinverständliches (so sehr, dass es jemand versteht, der es noch nicht vorher wusste) zu formulieren, komme ich so langsam voran, dass ich mich entschlossen habe, eine erste Vorversion jetzt vom Stapel zu lassen, um jetzt sofort im Artikel Gleichheit die bisherige Aussage entfernen zu können, Gleichheit sei dasselbe wie Äquivalenz. Da ist alles besser, was wenigstens wahr ist, und sei es noch so unglücklich formuliert oder unvollständig.
In dem Artikel fehlt vieles, was noch auf meiner To-Do-Liste steht:
  1. Was heißt innerhalb einer Menge (oder Struktur) Gleichheit?
  2. Wie sehen dann die logischen Axiome für die Gleichheit aus?
  3. Wird durch sie Gleichheit definiert? (meiner Ansicht nach nein, aber das muss man so begründen, dass es jemand versteht)
  4. Kann es zwei Objekte geben, die gleich sind, aber nicht identisch? (nein, es sei denn man wirft verschiedene Strukturen in einen Topf, von denen eine ein homomorphes Bild der anderen ist)
  5. Gleichheit von Termen: Übereinstimmung der Zeichenreihe oder der gemeinten Objekte? (der vorangehende Abschnitt hier in der Diskussion)
  6. Was heißt Gleichheit (der Elemente), wenn verschiedene Mengen beteiligt sind? (Da werden munter Dinge identifiziert, die nun wirklich nicht identisch sind, z.B.: wenn reelle Zahlen als Äquivalenzklassen von Cauchy-Folgen definiert sind, kann doch eine Folge rationaler Zahlen Element einer reellen Zahl sein?)
  7. Was heißt Gleichheit von Mengen?
  8. Als Ausblick ohne Erläuterung: wie unterscheidet sich Isomorphie von Gleichheit? (Hat nicht direkt miteinander zu tun, kann aber verwechselt werden, spätestens, wenn man hört "das ist wieder die gleiche Gruppe", wenn eine isomorphe gemeint ist)
Zu diesem speziellen Kritikpunkt möchte ich noch nachdenken, deswegen nur kurz und unvollständig. Ich denke, das auf Zermelo/Fraenkel zurückgehende Prinzip (salopp: was Element ist, ist dadurch Menge) ist völlig unverständlich für den normalen Leser, und wie ich in Punkt 6 zu illustrieren versucht habe, auch für den normal arbeitenden Mathematiker, der, sobald er eine passende Menge für seine Zwecke hat, alsbald vergisst, dass ihre Elemente alles Mengen sind. Nein, für deren Elemente (und damit für die Anwendbarkeit der Extensionalität) interessiert er sich nicht mehr, durchaus aber noch dafür, dass sie paarweise verschieden sind.
Ich begrüße durchaus Unterstützung von jemandem, der mehr Ahnung hat als ich selbst. Wie man das praktisch macht, weiß ich nicht. Vielleicht ist mich (oder jemand anderen) machen lassen und dann korrigieren besser als völlig "kooperativ" jeden unkoordiniert ein paar Sätze schreiben lassen. Jedenfalls vielen Dank für die Kritikpunkte. --Lantani (Diskussion) 22:37, 16. Jul. 2017 (CEST)Beantworten
Ein paar Gedanken dazu:
  • Ich glaube kaum, dass die meisten Mathematiker überhaupt ernsthaft in Erwägung ziehen (außer halt speziell in Formalisierungsbetrachtungen bzgl. materialen und reinen Mengenlehren mit globalem usw.), dass mathematische Objekte Mengen-all-the-way-down sind. Vielmehr arbeiten sie in einer nicht genau spezifizierten (aber verhandelbaren, wenn sie mal sehr detailliert kommunizieren müssen) Typtheorie; nach Gleichheit zwischen Dingen verschiedener Typen zu fragen ergibt à priori i.A. keinen Sinn ("ist ?").
  • Über Termgleichheit und verwandtes braucht man m.E. nicht zu sprechen. Man kann auf der semantischen Seite bleiben (also da, wo sich die meisten Mathematiker auszukennen glauben). Substitution als syntaktisches Ding braucht man da nicht.
Mit Leibniz-Gleichheit auf Typen , d.h. per-Definition-gdw. für alle einstelligen Relationen auf : , oder mit dem von Martin-Löf stammenden "Gleichheit auf ist die kleinste zweistellige reflexive Relation auf ." dürfte eigentlich für die allermeisten alles gesagt sein.
  • @FerdiBfs Eingangseinlassung: Damit ist Gleichheit ja nicht definiert, sondern man einigt sich lediglich darauf, dass gleiche Extension schon "Gleichheit" (die irgendwie abstrakt gegeben ist; zumindest hat man aber syntaktischen Zugriff drauf) implizieren soll. --Daniel5Ko (Diskussion) 19:34, 11. Aug. 2022 (CEST)Beantworten