Eingeweideknochen

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Penisknochen vom Walross

In der Tiermedizin sind Eingeweideknochen oder Vizeralknochen (Ossa visceralia) knöcherne Bildungen, die keine Beziehung zum Skelett besitzen, sondern in den Eingeweiden (Viscera) bzw. im Weichteilgewebe auftreten. Sie treten nur vereinzelt bei bestimmten Tiergruppen auf. Beispiele sind der Penisknochen bzw. ein Klitorisknochen vieler Säugetiere sowie der Herzknochen des Rindes.[1]

Humanmedizin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der älteren anatomischen Literatur wurde das menschliche Zungenbein zu den Viszeralknochen gezählt.[2][3] Denn Viszeralknochen oder Viszeralknorpel waren diejenigen menschlichen Skelettabschnitte, die aus den Branchialbögen (embryonale Kiemenbogen) hervorgehen.[4] Analog war das „Visceralskelet[t] [die] Gesamtheit der knorpligen und knöchernen Visceralbögen beziehungsweise das aus ihnen entstehende Skelet.“[5][6] Ebenso ist das Viszerokranium (Visceralschädel,[7] Viscerocranium, Splanchnocranium, Gesichtsskelett[8]) bei Mensch und Tier die Skelettkapsel für Gehirn, Nase, Augen und Ohren.[9]

Als historische Zweitbedeutung wurde ein Viszeralknochen oder Viszeralknorpel beim Menschen früher als ein aus einer Kiemenbogenanomalie resultierender Knochen beziehungsweise Knorpel über einer angeborenen seitlichen Halsfistel definiert,[10][11] also als „gewucherte Reste von Kiemenknorpeln bei angeborener Halsfistel.“[12]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. John-Albrecht Keiler: Bergung und Präparation pleistozäner Wirbeltierreste unter Berücksichtigung des Fossilmaterials der Komplexfundstelle Untermaßfeld/Südthüringen. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1995, ISBN 978-3-8062-1191-7, S. 6.
  2. Karl Langer (Ritter von Edenberg): Carl v. Langers Lehrbuch der systematischen und topographischen Anatomie. Verlag Wilhelm Braumüller, Wien 1920, S. 87.
  3. Harry Sicher, Julius Tandler: Anatomie für Zahnärzte. Verlag von Julius Springer, Berlin 1928, S. 45.
  4. Roche Lexikon Medizin., Roche Lexikon Medizin, 5. Auflage. Urban & Fischer, München / Jena 2003, ISBN 3-437-15156-8, S. 1943.
  5. Walter Guttmann: Medizinische Terminologie. 1. Auflage, Urban & Schwarzenberg, Berlin / Wien 1902, Spalte 1086 f.
  6. Walter Guttmann (alias Walter Merle): Kurt Hoffmann (Bearbeiter), Herbert Volkmann (Hrsg.): Guttmanns Medizinische Terminologie. 35. Auflage. Verlag Urban & Schwarzenberg, München / Berlin 1951, Spalte 1092.
  7. Alfred Benninghoff, Kurt Goerttler: Lehrbuch der Anatomie des Menschen. 10. Auflage, 1. Band, Verlag Urban & Schwarzenberg, München / Berlin / Wien 1968, S. 494.
  8. Jan Langman: Medizinische Embryologie. 5. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1977, ISBN 3-13-446605-8, S. 146.
  9. Alfred Benninghoff, Kurt Goerttler, Helmut Ferner, Jochen Staubesand: Lehrbuch der Anatomie des Menschen. 12. Auflage, 1. Band, Verlag Urban & Schwarzenberg, München / Wien / Baltimore 1978, ISBN 3-541-00242-5, S. 479.
  10. Otto Dornblüth: Klinisches Wörterbuch. 6. Auflage. Verlag von Veit & Comp., Leipzig 1916, S. 350 f.
  11. Günter Thiele, Heinz Walter (Hrsg.): Reallexikon der Medizin und ihrer Grenzgebiete, Verlag Urban & Schwarzenberg, Loseblattsammlung, München / Berlin / Wien 1974, Band 6 (S–Zz), ISBN 3-541-84006-4, S. V 71.
  12. Otto Roth: Roth's klinische Terminologie. Bearbeitet von Karl Doll und Hermann Doll, 10. Auflage, Verlag von Georg Thieme, Leipzig 1925, S. 562.