Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg

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Der Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) nahm seit 1940 umfangreiche Beschlagnahmungen in den von der deutschen Wehrmacht besetzten Gebieten aus Gütern von Juden und Freimaurern vor. Der ERR, eine Abteilung des Außenpolitischen Amtes der NSDAP, das Alfred Rosenberg seit 1933 leitete, sollte ausführendes Organ von Rosenbergs Hoher Schule sein.

Chronik

Mit Führerbefehl vom 5. Juli 1940 ermächtigte Adolf Hitler den ERR:

  • die Staatsbibliotheken und Archive nach für Deutschland wertvollen Schriften,
  • die Kanzleien der Kirchenbehörden und Logen nach gegen Deutschland gerichteten Vorgängen zu durchforschen und das Material beschlagnahmen zu lassen
  • alle sonstigen wertvoll erscheinenden Kulturgüter herrenlosen jüdischen Besitzes zu erfassen

Im Juli 1940 wurde der ERR in Paris eingerichtet, das Zentralamt jedoch am 1. März 1941 nach Berlin verlegt. Von April 1941 bis Juli 1944 bringen 29 Transporte Beschlagnahmungen aus Paris nach Deutschland, wo der ERR im Schloss Neuschwanstein sein Hauptdepot unterhielt. Bis zum 17. Oktober 1944 wurden, nach Einschätzung des ERR, insgesamt 1.418.000 Bahnwaggons mit Büchern und Kunstwerken und 427.000 Tonnen per Schiff nach Deutschland geschafft.

Der ERR in Frankreich (ab 1940)

An über 50 verschiedenen Orten wurden Kunstgegenstände konfisziert und in 7 Ausstellungen im Jeu de Paume gezeigt, vor allem um Rosenberg und Hermann Göring, mit dem der ERR in Paris eng zusammenarbeitete, einen Überblick über die wertvollsten Gegenstände zu verschaffen. Die beschlagnahmten Bibliotheken, darunter "Polnische Bibliothek", die "Turgenjew-Bibliothek" und die Bibliotheken zahlreicher Pariser Logen, sollen der Zentralbibliothek der ‘‘Hohen Schule‘‘ zugute kommen. Mitte 1941 ist die Arbeit des ERR in Frankreich weitgehend abgeschlossen. Laut Arbeitsbericht umfassen die Beschlagnahmungen 21.903 Objekte aus 203 Sammlungen.

Der ERR in Osteuropa (ab 1941)

In Osteuropa, wo der ERR zahlreiche Außenstellen unterhielt, arbeitete der Einsatzstab in Konkurrenz zu anderen dort operierenden nationalsozialistischen Institutionen, insbesondere dem Sonderkommando Künsberg und der Forschungs- und Lehrgemeinschaft Ahnenerbe, die Heinrich Himmler unterstanden. Alle drei Organisationen kümmerten sich in Zusammenarbeit mit der Wehrmacht und der SS um das Aufspüren, Klassifizieren und den Abtransport bzw. die Zerstörung von Kunstwerken und Archiven.

Struktur des ERR

Zentralamt Berlin

Das Zentralamt Berlin unter der Leitung Georg Ebert (bis 1941), später Gerhard Utikal, gliederte sich in drei Abteilungen:

  • Hauptabteilung III - Sonderaufgaben
  • Hauptabteilung IIIa - Organisation der Sicherstellung von jüdischem Besitz
  • Hauptabteilung IIIb - Geschäftsführung für den Sonderstab Bildende Kunst

Hauptarbeitsgruppe Frankreich

Unter den Leitern Gerhard Utikal, Dr. Gerhard Wunder, Dr. Karl Brethauer, dem stellvertretender Leiter Franz Seiboth und Inspekteur Hans Hagemeyer koordinierten fünf Sonderstäbe von Paris aus die Aktivitäten des Einsatzstabs:

Außenstellen

Der ERR unterhielt Außenstellen in Amsterdam, Brüssel, Belgrad, Riga, Reval, Wilna, Dorpat, Minsk, Gorki, Smolensk, Kiew, Charkow, Dnjepropetrowsk, Simferopol und Hohenschwangau.

Siehe auch

Literatur

  • Auf Transport! Deutsche Stationen "sichergestellter" jüdischer und freimaurerischer Bibliotheken aus Frankreich und den Niederlanden (1940 - 1949) (Reihe: Lesesaal - Kleine Spezialitäten aus der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek - Niedersächsische Landesbibliothek, 18) Beschreibt den Buchraub des ERR aus den beiden Ländern und die Restitution ISBN 3827188180 ISSN 1610-4439
  • Rainer Strzolka: Vernichtung jüdischer Identität durch den nationalsozialistischen Raub von Wort und Schrift. In: AKMB news 9.3003.1, 3-7
  • Rainer Strzolka: Jüdischer Buchbesitz als Beutegut. Zum Symposium im Niedersächsischen Landtag am 14. November 2002. In: AKMB news 9.2003.1, 7-13
  • Rainer Strzolka: Die Ausstellung “Seligmanns Bücher” In: AKMB news 9.2003.1, 14-15
  • Rainer Strzolka: Beiträge zur Provenienzforschung. Wiener Symposium zu Raub und Restitution in Bibliotheken. In: Buch und Bibliothek 55.2003.10/11, 650-651
  • Rainer Strzolka: Jüdischer Buchbesitz als Raubgut. Neue Forschungsbeiträge zur Restituierung jüdischer Bibliotheken. Ein Bericht zum 2. Hannoverschen Symposium. In: Buch und Bibliothek 57.2005.7/8, 530-532. – Nachdruck in: L.Aktiv. Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek N.F. 4.2005.28, 2-4
  • Rainer Strzolka: