Zufall

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Man spricht man von Zufall, wenn ein Ereignis nicht notwendig oder nicht beabsichtigt auftritt, oder wenn das Auftreten des Ereignisses nicht absehbar ist.

Ein zufälliges Ereignis muss mindestens zwei Alternativen aufweisen.

Zufall kann ein seltenes, unerwartetes Ereignis bezeichnen: Beispielsweise treffen sich zwei alte Freunde zufällig nach Jahren wieder auf der Straße.
Hierbei kreuzen sich zwei Ereignisfolgen, wobei ein Ereignis durch einen Ortspunkt und einen Zeitpunkt bestimmt sein muss. Das Zufallsereignis tritt dann ein, wenn sowohl Ortspunkt als auch Zeitpunkt zweier Ereignisse nahe beieinander liegen.

Zufall kann aber durchaus auch sehr häufig und wiederholt auftreten, z.B. beim Würfeln oder Münzwerfen.

Eine systematische Untersuchung des 'Phänomen Zufall' geschieht in der Philosophie (was ist Zufall), in der Mathematik (wie lässt sich Zufall quantitativ fassen), in der Physik (welche Prozesse sind zufällig, welche determiniert) und in der Psychologie (warum haben Menschen Erwartungen (und welche), über das, was geschehen wird).


Was ist Zufall

Eine Anmerkung zur Vorsicht: Schon die umgangssprachliche Formulierung wie "etwas zufällig Geschehenes hatte keine (bekannte) Ursache" impliziert eine deterministische Denkweise, denn man nimmt an, dass Alles eine Ursache haben müsse. Daher wird das Wesen des Zufalls am besten im Zusammenhang mit Überlegungen zur Kausalität beleuchtet.


Zufallsprozesse in der Welt

Die Naturwissenschaften versuchen herauszufinden, ob unsere Welt im innersten deterministisch oder zufällig ist. Man will wissen, ob ein Ereignis zufällig ist, weil der Beobachter nicht genügend Daten hatte, um eine exakte Vorhersage zu machen, oder ob das beobachtete System in sich zufällig ist. Beide Arten von Systemen lassen sich mathematisch modellieren.

Die erste Art von Systemen sind solche, in denen angenommen wird, dass das Ergebnis eines Experiments bei festen Bedingungen immer gleich sein muss, und dass die auftretenden Variationen des Ergebnises auftreten, weil der Beoachter das System nicht genau genug kontrolliert hat. Solche Systeme werden als deterministisch angesehen.

Es ist heute bekannt, dass (theoretisch exakt) deterministische Systeme zufälliges Verhalten zeigen können. Solche Systeme werden in der Chaostheorie untersucht.

Die Quantenphysik hat eine neue Diskussion darüber ausgelöst, ob die Welt fundamental deterministischen oder fundamental zufälligen Prinzipien gehorcht. Die akzeptierte Interpretation der Quantentheorie sagt, dass identische Experimente unterschiedliche Ergebnisse haben können. Das beste Beispiel hierfür ist der radioaktive Zerfall. Es ist keine Möglichkeit bekannt, den Zerfallszeitpunkt eines instabilen Atomkernes vorherzusagen.

Es gibt Wissenschaftler, die Alternativen (etwa verborgene Variablen) vorschlagen, um doch noch eine deterministische Welt zu beschreiben.
Daneben gibt es die Möglichkeit, aus mikroskopischen Theorien, die zufällig erscheinen, makroskopische Theorien aufzubauen, die (quasi)deterministisch sind.


Zufall quantitativ

In der formalen Welt der Mathematik lassen sich abstrakte Strukturen definieren, die aus der menschlichen Vorstellung bzw. Erwartung von Zufall motiviert sind. Glücksspiele motivierten die ersten mathematischen Wahrscheinlichkeitstheorien, und werden auch heute noch oft zu ihrer Illustration eingesetzt.

Die folgenden Begriffe sind zentral zur formalen Beschreibung des Zufalls:

(Zufalls)experiment
Die durchgeführten und/oder beobachteten Vorgänge. (z.B. zweimaliges Werfen eines Würfels)
Ergebnis oder Elementar-Ereignis
Beobachtung (z.B. erster Wurf '3', zweiter Wurf '5').
Wahrscheinlichkeit
Jedem Elementarereignis wird ein Zahlenwert zwischen 0 (tritt nie ein) und 1 (tritt immer ein) zugeordnet (z.B. Gleichverteilung: Die Wahrscheinlichkeit für jede Zahl auf dem Würfel ist gleichgroß, nämlich 1/6). Bei einem Kontinuum möglicher Ergebnisse spricht man von einer Wahrscheinlichkeitsverteilung.

Offensichtlich sind nur solche Zufallsexperimente interessant, die mehr als ein mögliches Ergebnis haben.

Die Statistik versucht, zu einem gegebenen Zufallsexperiment die zugrundeliegende Wahrscheinlichkeitsverteilung zu ermitteln.


Beispiel eines Zufallsexperimentes

Die Stufen eines Zufallsexperiments sind

  1. Vor dem Experiment: Mindestens 2 Ergebnisse sind möglich, es ist aber noch nichts entschieden.
  2. Das Zufallsexperiment wird durchgeführt.
  3. Aus den mindestens 2 möglichen Ergebnissen wurde eines zufällig ausgewählt.

Das einfachste Zufallsexperiment hat zwei mögliche Ergebnisse, die die gleiche Wahrscheinlichkeit besitzen.

Man kann mit einer Münze diese Art von Zufallsexperiment durchführen und selber Zufallszahlen erzeugen. Dabei ordnet man der einen Seite der Münze die Zahl 0, der anderen die Zahl 1 zu. Durch notieren vieler Wurfergebnisse erhält man eine Folge von 0 und 1. Eine solche Folge ist das Ergebnis eines sehr einfachen Zufallsprozesses.

Die so erhaltenen Zufallsfolgen von 0 und 1 sind leicht statistisch untersuchbar. Dabei kann man Eigenschaften dieser Zufallsfolgen feststellen, die bei nicht-zufälligen Folgen (also Folgen, die deterministisch nach irgendeinem Gesetz ermittelt werden) nicht auftreten. Auf diese Weise kann man Zahlenfolgen auf echte Zufälligkeit prüfen.

Auffällige statistische Abweichungen von reinen Zufallsfolgen können zum Beispiel verwendet werden, um wissenschaftliche Fälschungen zu enttarnen, da Messungen stets auch einen zufälligen Meßfehler beinhalten, während erfundene Zufallsfehler oft gerade durch den Versuch, sie möglichst zufällig erscheinen zu lassen, deutliche Abweichungen vom Zufallsergebnis enthalten.

Je länger eine Zahlenfolge ist, desto klarer kann unterschieden werden, ob es sich um eine zufällige oder nicht zufällige Folge handelt. Theoretisch kann auch ein Zufallsexperiment eine Folge von hundert Nullen hintereinander liefern, nur ist das so unwahrscheinlich, dass man in diesem Fall mit gutem Recht von einer Regelmäßigkeit ausgehen darf. Auf der anderen Seite gibt es deterministische Algorithmen, deren Ergebnisse sehr ähnlich denen eines Zufallsexperiments sind, sogenannte Pseudozufallsgeneratoren. Bei guten Pseudozufallsgeneratoren braucht man eine sehr lange Zahlenreihe, um den Unterschied zu echtem Zufall erkennen zu können.

Eine Folge, die die Realität abbildet, ist nicht immer rein deterministisch oder rein zufällig, sondern es liegt häufig eine Mischung von beidem vor. Ein einfaches Beispiel wäre, wenn man z.B. stets eine Ziffer per Münzwurf bestimmt, die nächste als den Unterschied zwischen den beiden vorhergehenden Ziffern, dann wieder Münzwurf, und so fort. Durch Untersuchung solcher Folgen bekommt man ein recht gutes Verständnis für den Zufall und die Mischung von Zufälligem und Nichtzufälligem, wie es ja oft in der Realität anzutreffen ist.

Ein elementares Zufallsereignis beruht auf Gleichheit und Ungleichheit

  • Die zwei möglichen Varianten müssen gleich (gleichberechtigt) sein
  • Trotzdem müssen sie irgendwie ungleich, nämlich unterscheidbar sein.

(Münze: beide Seiten müssen mit derselben Wahrscheinlichkeit auftreten können, trotzdem müssen beide Seiten verschieden geprägt sein, sonst könnte man sie nicht unterscheiden.)
(...was soll gleichberechtigt heißen?..gleichberechtigt = gleichwahrscheinlich.)


Einige wichtige Basisaussagen über den Zufall:
('...bitte überarbeiten, bzw. klarer formulieren... Es wurden bewusst kurze Sätze formuliert, die zum Nachdenken anregen sollen. Erklärungen dazu finden sich im Gesamttext))

  • Ein elementarer Zufallsprozess ist der Münzwurf, denn er liefert eine zufällige Entscheidung zwischen 2 Alternativen.
  • Der Zufall hat kein Gedächtnis. (Vergleiche den Begriff Unabhängigkeit in der Stochastik)
  • Je geordneter ein System ist, desto geringer ist der Anteil an Zufall .
  • Eine echte Zufallsfolge von 0 und 1 lässt sich ohne Verlust kaum komprimieren.
  • Echten Zufall kann man sehr genau testen, wenn man das zugrundeliegende Verfahren beliebig wiederholen kann.
  • Zufall heißt nicht, das alles möglich ist. Ein zufälliger Münzwurf kann nur Kopf oder Zahl ergeben.
  • Wenn die Zukunft völlig festgelegt und vorherbestimmt ist, dann gibt es keinen Zufall. (Determinismusproblem)
  • Die Mischung aus zufälligen und gesetzmäßigen Ereignissen wird der Realität am besten gerecht.
  • Bevor man ein Ereignis als zufällig ansieht, sollte man sich eingehende Gedanken darüber machen, ob es wirklich rein zufällig ist. Manchmal ist der Zufall eine allzu bequeme Erklärungsvariante.
  • Ein Maß für die Menge an Zufall, die in einer Zahlenfolge oder einem physikalischen System steckt, ist die Gesamtzufallsmenge oder Entropie

Zufallsgeneratoren können zum Beispiel sein: Münze, Würfel, Roulette, Urne oder Reißnagel


Literatur

  • Lew W. Tarassow: Wie der Zufall will? Vom Wesen der Wahrscheinlichkeit. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1998 ISBN 3827404746
  • Gerd Gigerenzer, Zeno Swijtink, Theodore Porter u.a.: Das Reich des Zufalls: Wissen zwischen Wahrscheinlichkeiten, Häufigkeiten und Unschärfen. Spektrum Akademischer Verlag 1999. ISBN 3-8274-0101-1
    (Buch über die Geschichte der Wahrscheinlichkeitsrechnung)
  • Manfred Eigen und Ruthild Winkler: Das Spiel. Naturgesetze steuern den Zufall. Piper. ISBN 3-492-20410-4
  • Karl Bosch: Statistik für Nichtstatistiker. Zufall oder Wahrscheinlichkeit ISBN 3486247506
  • Allan Combs/Mark Holland: Die Magie des Zufalls ISBN 3499191776

Alte Bücher zum Thema Zufall

  • Aristoteles: Physika
  • Heinrich Emil Timerding: Die Analyse des Zufalls
  • Jakob Bernoulli: Wahrscheinlichkeitsrechnung Ars conjectandi. Reihe Ostwalds Klassiker, Bd. 107. ISBN 3-8171-3107-0
  • Pierre Simon de Laplace: Philosophischer Versuch über die Wahrscheinlichkeit. Reihe Ostwalds Klassiker, Bd. 233. ISBN 3-8171-3233-6


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